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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

DOI issue:
Heft 4
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Brieger, Lothar: Ludwig Meidner
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0094

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Ludwig Meidner


Ludwig Meidner, Nächtliche Feuersbrunft.
Mit Genehmigung von Paul Cafprer, Berlin.

Eine unendlich fdr>reckl>afte, in ewiger Aufgeregtheit empfindliche Seele behorcht
fich felbft nicht nur im Mitmenfcßen, fondern in der ganzen Natur, in Raum und Fjaus,
in Straße und Atmosphäre, zerreißt die Form, fließt das unendliche Vibrieren der
eigenen Seele in allem zu belaufchen und zu faffen und ballt fie, wenn er es ge-
funden zu haben glaubt, in Schöpferwolluft zu neuen Formen zufammen. Der Kosmos
der dielt und der Kosmos des Innern decken fich, werden eins, tönen in Fanfaren
von Farben aus. Der eigene innere Kampf projiziert fich in die erfcheinende dielt
des Kunftwerks. Der Künftler wird wieder einmal zum Propheten, er hat wieder
einmal nicht auszufagen, fondern zu dichten.
Gnd er empfindet all den Raufe!) und all die ünfießerheit diefes 3uftandes, den
Raufch des Schaffenden, dem fich frühlingshaft neues gebiert, und die Unficherßeit
deffen, der fich in diefer neuen dielt als ihr erfter Bewohner bewegt und nicht recht
weiß, ob das alles „richtig“ ift. Meidner teilt mit vielen, gerade mit den beften
Künftlern feiner Generation, deren fießerfte Künftler nicht gerade ihre fcßöpferifchften
find, «liefen Raufch und diefe önfießerßeit. dlas Mombert einmal gedichtet hat, das erlebt
diefer Künftlerftamm jet}t viele Jahre nachher in feiner eigenen Arbeit. Der Glaube an
die Berufung ift wieder da und damit auch der Ernft der Verpflichtung und die Schwäche
gegenüber diefer Verpflichtung. Die Bilder find mit eigenem Blut und eigenen Nerven

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