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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 7
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Kunstpolitik
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0211

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Kunft politik

Entfcbeidungen in wichtigen Kunftangelegen-
beiten ohnedies gefiebert. GCIie es aber mit der
Ständigkeit des Leiters jenes Kunftamtes aus-
feben würde, möge man an dem warnenden
ßeifpiele Frankreichs erfeben; dort fei der je-
weilige durch das Glücksfpiel der Kammer-
majorität geftütjte ünterftaatsfekretär der febönen
Künfte das ftändige Gefpött aller ülibbolde.
Übrigens ift diefer Vorfcblag der bildenden
Künftler nicht der einzige in diefer Angelegen-
heit, der der Nationalverfammlung feinerzeit
vorliegen wird. Von ganz anderer Seite wird
zu diefem Staatsamt ein Entwurf ausgearbeitet,
der nicht den Privatintereffen der Perfon der
Künftler, fondern der Kunft felbft nütjen will.
Karl Kraus, Adolf Loos und Arnold Schönberg
follen ihm nabefteben. Darüber wird noch zu
berichten fein! G.GU.
Ausfuhrverbot in Oft er reich
3u dem in Fjeft 3 des „Cicerone“ Seite 62
wiedergegebenen öfterreiebifeben Staatsgefetj,
betreffend Ausfuhr von Kunftgegenftänden vom
5. Dezember 1918 ift nachträglich vom Staats-
denkmalamt nachstehende Erläuterung gebracht
worden: »Auf Grund des Gefe^es vom 5. De-
zember 1918 ift die Ausfuhr von Gegenftänden
von gefcbicbtlicher, künftlerifcher oder kultureller
Bedeutung verboten. Als folcbe find anzufeben:
Antiquitäten aller Art, wie Möbel und Ein-
riebtungsftücke von Kircben,Paläften,Güobnungen
ufw., Kirchengewänder, Erzeugniffe der Volks-
kunft, Gold- und Silberfcbmiedearbeiten, Kera-
mik (Porzellan, Steinzeug, Eon, Fayence), Er-
zeugniffe aus Stein, Metall, Glas, F>olz, Bein
und Elfenbein, Leder, alte Eextilien, Gobelins,
Stickereien, alte Stoffe, Spieen und andere Ge-
webe, alte Bilder, Buchmalereien und Miniaturen,
Güerke der Graphik (Aquarelle, 3eicbnungen,
Kupferftiche, Radierungen, Schal kunftblätter,
Aquatintablätter, Stablfticbe, Fjolzfcbnitte und
Liibograpbien), Erzeugniffe der Plaftik (holz,
Stein, Eon, Metall, öüaebs ufw.), wie Statuen,
Reliefs,Medaillen und alteMünzen,arcl)äologifche
und präbiftorifebe Gegenftände, Ärcbivalien,
handfehriften und Drucke. — Über die Frage,
ob einem Gegenftände gefcbicbtlicbe, künftlerifcbe
oder kulturelle Bedeutung zukommt, entfebeidet
das Staatsdenkmalamt, beziehungsweife die
Landesdenkmalämter, wobei im allgemeinen
als Grundfat} gilt, daß ficb § 1 diefes Gefet^es
nur auf folcbe Gegenftände bezieht, deren Er-
haltung im Inlande im öffentlichen Intereffe ge-
legen ift. Ctlerke lebender Künftler und folcber
Künftler, feit deren Eode noch nicht zwanzig
Jahre vergangen find, find im Sinne des § 3

des Gefe&es vom Ausfuhrverbot ausgenommen.
Ausgenommen find ferner alle nicht illuftrierten
Druckfcbriften und Bücher, die nach dem Jahre
1515, fowie alle illuftrierten Druckfcbriften und
Bücher, die nach dem Jahre 1600 erfebienen
find, mit Ausnahme der Auftriaca. — Cüer
Gegenftände der obenbezeichneten Art aus
Deutfch-Öfterreicb auszuführen beabfiebtigt, hat
unter Benü^ung der in Güien beim Staatsdenk-
malamt, in den übrigen Landesbauptftädten bei
den Landesdenkmalämtern aufliegenden amt-
lichen Formulare, womöglich unter Anfchluß von
Abbildungen, ein genaues Verzeichnis der Gegen-
ftände vorzulegen, und zwar für Niederöfterreicb
beim deutfeböfterreiebifeben Staatsdenkmalamte,
1. Bezirk, Am hof Nr. 4, in den übrigen Ländern
bei den Landesdenkmalämtern. Falls das Staats-
denkmalamt die Ausfuhr bewilligt, wird das
Gefucb zur Schlußbehandlung der 3^ntralftelle
für Ein- und Ausfuhr übergeben. Für die ein-
zelnen Grenzbezirke hat das Staatsdenkmalamt
befondere Sacbverftändige ernannt, deren Auf-
gabe es in erfter Linie ift, die bei den Grenz-
zollämtern ohne amtliche Ausfuhrbewilligung
pafßerenden Gegenftände zu begutachten. G. Gü.
Die Auf J)ebung des eng 1 i fd)en Ku nft-
ausf uhjrverbotes
ln der großen Lifte der Gegenftände, für die
England nunmehr das Ausfuhrverbot aufhebt,
befinden fi<±> auch Kunftwerke, und zwar Kunft-
werke aller Art und jedes Preifes. Damit ift
das englifebe Kunftausfubrverbot ohne jede Ein-
febränkung aufgehoben worden, es ift nicht ein-
mal eine Klaufel geblieben, die bei GUerken aller-
erften Ranges eine Einfprucbsmöglicbkeit des
Staates vorfiebt. GGIie England der erfte Staat
war, der im Kriege ein Kunftausfubrverbot er-
ließ, fo ift er damit auch der erfte, der es wieder
aufhebt. Nun geht England zweifellos finanziell
fo geftärkt aus diefem Kriege hervor, daß es
eine Kunftausfubr aus materiellen Gründen nach
den europäifeben Staaten, die alle in keiner all-
zugünftigen materiellen Lage Zurückbleiben, kaum
zu befürchten hat, und es hat andererfeits ein
Intereffe daran, hier fowobl befondere Gebiete
feines eigenen nicht ganz einwandfreien, alten
Kunftgewerbes zu pouffieren, wie als Vermittler
überfeeifeber Kunft eine vorberrfebende Rolle
zu fpielen (afiatifebe Kunft, Englands Verfucb,
den orientalifchen Eeppichhandel zu monopoli-
fieren). 3weifelbaft bleibt freilich, ob der eng-
lifcbe Kunftbefih unter diefen ümftänden nicht
doch von der amerikanifeben Nachfrage, die
durch das amerikanifebe Einfuhrverbot nicht allzu
ftark gezügelt wird, manches zu befürchten hat.

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