M. 288
Fenrsprecher-S.-A. 73A—53.
„HoideOerHer RAte-fie Rachrichterr' — „HewMevgW-LKyelgsi?'
DtNrstag, 2S. Septevcker l936
Seite 5
Der Gttett.
Cine Skizze von
Auch am diesjährigen Reichsparteitag nahm
wieder eine Chrenabordnung von 7 9 Reichs-
autobahnarbeitern teil, die von der
„Sonderaktion für Reichsautobahnen usw."
des Amtes „Feierabend" in der NS.-Gemein-
schaft Kraft durch Freude betreut wurde!
Als er in das Lager zurückkehrte, fragten ihn seine
Kameraden, was er erlebt habe. Du lieber Himmel, das
war so viel, und er wußte beim besten Willen nicht, wo
er beginnen sollte.
Ob ste denn nicht die Zeitungen gelesen hätten,
meinte er unwillig; es hätte alles, was von fo einem ge-
waltigen Partsitag wifsenswert sei, in der Zeitung ge-
standen.
Hans Schmodde.
Ia, ja, ste sollten es nur glaüben. Cr habe nicht
direkt mit ihm gestritten, sondern sozusagen indirekt. Und
er sei rn diesem Streit umerlegen.
„Auf welche Weise denn?", fragten ste.
Cr dachte wieder lange nach. Schließlich sagte er:
„Ich habe doch manchmal gezweifelt, Männer. Ich habe
gedacht, unser Lohn ist zu klein, wir müssen einen höheren
Lohn haben. Da sagt der Führer: „Nicht das Cinkom-
men spielt in unserem Lebsn die Hauptsache, sondern
das Auskommen." Ich denke: „Mer eine kleine
Lohnerhöhung könnte es doch geben." — Da sagt der
Führer: „ilm das Auskommen des deutschen Arbeiters
auch nur um zehn Prozent zu erhöhen, müffsn zehntau-
send Fabriken und Anternehmungen mehr produzieren."
Rachher denke iche „M schva, wenn wir unsern Sch»
wenigftens behalten; aber so geht es doch uicht sLr alle
Aeit weiter." Da sagt der Führer: „Ich gehSre uicht z
den Männern, die stch fagen laffeu: Cs gsht uicht. <Z
muß gehen, denu Deutschland muß lÄum." „Wird
es auch gehen?", denke ich gerade — da sagt er: „Die
Fabriken werden aus dem Boden schießen." Ich deuke:
„Das ist gerade das Problem" — da antwortet er: „Das
deutsche Volk wird die Probleme lösen, weil fie gestellt
sind, und weil wir wollen, daß fie gelöst werden."
„Ich sage euch, Männer, es ist mir heiß und kalt über
den Nücken gelaufen. Der Führer sprach zu dreißigtau-
send Menschen, aber mir war das so, als hätte er zu mir
allein gesprochen."
Die andern waren sehr still geworden. Endlich sagte
einer: „Da kannst du dich sreuen, weil du in diesem Streit
unterlegen bist."
„Gott sei gedankt, Männer," antwortete or, „jawohl,
ich freue mich auch."
Nun gewiß, antworteten sie, in den Zeitungen hät-
ten fie natürlich vom Parteitag qelesen, aber fie dächten
doch, man habe ihn von der Baustelle als Ab-
gesandten eingeladen, damit die Kameraden eine Art
Bericht fordern könnten.
Cr sagte verlegen „ja". Cr werde natürlich Bericht
erstatten, aber man müfle ihm ein wenig Ruhe qebsn.
Da ließen ihn die Kameraden in Frieden. Cs wäre
ihnen vielleicht nicht anders ergangen, wenn fle plötzlich
eines Tages — mitten von ihrer Arbeit auf der Auto-
bahn — zum Delegierten des Lagers für den Partei -
tag in Nürnberg bestimmt worden wären und wenn
ste dann bei ihrer Rückkehr Rede und Antwort hätten
stehen müffen.
„Cs ist zu viel für ihn gewesen," sagten sie von ihrem
Kameraden und geduldeten sich, bis er seine fünf Sinne
wieder einigermaßen beisammen hatte.
„Hast du auch den Führer gesehen?", fragten sie
ihn des andern Tages.
Cr sah sie der Reihe nach an und machte verwunderte
Augen: „Pah," sagte er dann, „gesehen?! So dicht
habe ich ihn gesehen!" klnd er faßte den nächsten beftsn
an der Vrust und zog ihn dicht zu sich heran. „So dicht,"
wiederholte er noch einmal. Und nach einem Weilchen
fügte er hinzu: „Der Führer hätte beinahe auch mit
mir qesprochen."
Wieso denn das, wollten sie wiflen. Wieso beinahe?
Cr antwortete: „Menschen, da waren doch neunund-
fiebzig Aütobahncr, aus jedcm Lager einer. ilnd wenn er
mit allen nur eine Minute gesprochen hätte, dann wären
das neunundsiebzig Minuten gewesen!"
Die Kameraden begrifsen, daß der Führer nicht mit
einem jeden sprechen konnte. „Bist du gut unterge-
bracht gewesen?", sragten sie nach einer Weile.
Cr sagte: „Prima! ilnterkunft und Verpflegung —
einfach prima! Wir hatten sogar unsere eigenen Omni-
buffe. ilnd zu jeder Veranstaltung freien Cintritt. Also,
was das anbelangt, nichts zu reden."
Die Kameraden ärgerten sich: „Mensch, wenn es
nichts dabei zu reden gibt, dann HLtte doch lieber ein an-
derer mitsahren sollen."
„Wenn ein anderer mitgefahren wäre," meinte er
nachdenklich, „der wüßte auch nicht, wo sr anfangen
sollte."
Dann ging er auf Schicht. ilnd während er arbeitete,
als wäre nichts gewesen, dachte er fortwährend darüber
nach, was denn den stärksten Cindruck hinterlaffen habe.
Aber er kam zu keinem Crgebnis, denn der Cindruck war
noch zu frisch und zu nachhaltig, als daß er eine Cntschei-
dung hätte tresfen können.
Cinige Zeit später jedoch, als die Kameraden schon
nicht mehr fragten, weil sie es doch für zwecklos hielten,
begann er plötzlich am Feierabend hiervon und davon
zu sprechen, wie man von cinem Crlebnis spricht, das
in seiner Wirkung allc Zeit unmittclbar bleibt.
Wir tratcn an," sagte er, „wir marschicrten, wir
wußten garnicht, warum. 'Plöhlich kam der Führer. Wir
riefen ,öeil". Da stand er vor uns, sprach mit uns, von
den Baustellen, wußte ganz genau Vescheid, plöhlich war
er wieder sort. Wir gingen nach Haus. Das wird kei-
ner vergeffen."
Die Kameradcn nickten schweigcnd und warteten, daß
er mehr erzählen sollte. Nach einer Weile fragte jemand:
Das ist wohl dsin größtes Criebnis gewesen, nicht
wahr?"
Cr dachte lange nach. Schlicßlich mcinte er: „Nein,
er habe noch ein größercs Crlebnis gehabt."
„Was denn für ein Crlebnis?", fragten sie.
Nun, er habe gewiffermaßen mit dem Führer gestrit-
ten. Das glaubten sie nicht.
Dr. Goebbels in Delvbi.
Auf seiner Grsechenlandreise besuchte der Reichs-
propagandaminister auch die alte Stätte von Delphi.
Ein griechischer Lnrte spielt ihm helmatliche Weisen
auf der Schalmei vor. Daneben ein Klnd in Evzo-
nentracht und Frau Magda Goebbels.
lSeinrich Hofrmann, K.)
..Zeure Beruse....
Der ZusWrer, -er em Bermögen verfahren hat. - Eine Srau ttagt tttetder für Z6voo Matt.
Das sonst nur von dem nüchternen, strengen Geist der
Arbeit erfüllte Dienstzimmer eines höheren Beamten der
Neichsbahndirektion Berlin hat kürzlich eine heitere
Szene erlebt: Stand da ein Zugführer vor seinem
Vorgesehten, um sich von ihm zu verabschieden, da er nach
45jähriger Dienstzeit in üen wohlverdienten Ruhe-
stand trat. Herzliche Worte bekam er zu hören für seine
lange aufopfernde Tätigkeit, die Kollegen hielten einige
Blumen bereit und schlietzlich lag noch ein Dankschreiben
von der Reichsbahndirektion da. Als dann der Vorgesehte
dem treuen Zugführer die Hand zum Abschied -rückte.
brachte dieser die überraschende Frage vor: „Und nicht
wahr, die 132000 Mark, die ich der Reichsbahn
schulde brauche ich doch nicht zu lbezahlen?" Ob er denn
etwa in der Jnflationszeit ein Darlehen aufgenommen
habe, wurde ihm verwundert entgegnet. Der Zugführer
aber lächelte nur vergnügt und platzte dann mit dieser
überraschenden Rechnung heraus: 45 Jahre lang sei er
im Bahndienst. sagte er, und davon 30 Jahre als Zugfüh-
rer. Täglich habe er durchschnittlich 400 Kilometer
im Zug zurückgelegt; rechne er nun den Kilometer zu
vier Pfennig, so ergäbe sich ein Betrag von 16 Mark. Bei
35 Arbeitstagen im Monat wären das schon 400 Mark
und, da er nach Abzug der Urlaubszeit etwa 11 Monate
im Jahr Dienst getan habe, immerhin 4 400 Mark jähr-
lich. Multiplizierte man diese Summe mit der Zahl sei-
ner Dienstjahre als Zugführer, nämlich mit dreitzig, so
lietzen sich eben 132 000 Mark errechnen, die er
der Reichsbahn „schuldig" gMieben wäre.
Diese seltsame Mathematik des Zugführers lätzt uns
in der Tat manche Beruse in einem ganz neuen Licht er-
scheinen. Da ist beispielsweise die S o u f f l e u s e. Tag
für Tag sieht sie Theaterstücke von einem befferen Platz
aus als den, der dem Znschauer in der ersten Parkett-
reihe immerhin mindestens 6 Mark kostet. Wenn man
das Spieljahr im Durchschnitt zu 250 Vorführungen an-
nimmt, so hat sich die Frau mit der Flüsterstimme doch
1500 Mark jährlich an Eintrittsgeldern „gespart"
Die Damen unter dem Blechgehäuse, die schon somanchen
Mimen vor dem „Schwimmen" retteten, pflegen meist
lange im Amt zü sein, sodaß ihre Tätigkeit zweifellos zu
den „teuren" Berufen gehört.
Nicht anders ist es bei den B o r f ü h rd a m e n, je-
nen graziösen, immer lächelnden Geschöpfen. die sich der
Frauenwelt in den neuesten Modeschöpfungen präsentie-
ren. Ein Mannequin zeigt jedes Frühjahr und jeden
Herbst etwa 18 verschiedene Modelle. Bei einem durch-
schnittlichen Preis von 100 Mark, „trägt" sie demnach
jährlich Kleider im Wert von 8600 Mark, bei zehn Be-
rufsjahren also von 36000 Mark. Welche Frau
möchte nicht um diesen „Kleideretat" neidisch sein?
Man braucht nur an die Schiffahrt zu denien, um
sofort auf eine Fülle jener Berufe zu stotzen, deren Aus-
übung kostspielige Annehmlichkeiten vermittelt, di'e einem
gewöhnlichen Sterblichen versagt sind. 5 000 Mark kostet
die Weltreise mit einem Luxusdampfer. Nun, der Ste-
ward, der Friseur, der Verkäufer. der Gärtner, alle die
Leute, die nicht zum sützen Nichtstun, sondern um zu
arbeiten. mitfahren, sparen diesen Betrag. Und das Er-
gebnis dieser Betrachtungen, die den einen ewig ein
Wunschtraum bleibt, für den andern oft nüchterne Selbst-
verständlichkeit goworden ift.
LtLLLrrs ^Är?«>rrrL.
Leopold Wölflings Frau als Vettlerin gestorben.
Jn diesen Taaen starb im Warschauer Armen-
hospital eine hsjährige Vettlerin Wilhelmine Adamo-
witsch. Crst aus den Aufzeichnungen, die man bei ihr
vorfand, erkannte man, datz es sich um jcne Frau han-
delte, die vor mehr als 30 Iahren in Wien eine wich-
tige Rolle gespielt hat. Im Alter von 20 Iahren vcrlicß
sie ihr Heimatdorf in den Karpathen mit dem Cntschlutz,
zum Theater zu gehen. Da ste hübsch war, sand ste eine
Anstcllung als Chormädchcn bci dsr Wiener Opcr und
glaubte nun, daß ihr dcr Himmel dör Kunst offenstehe.
Die erste sreudige Uebcrraschung ließ nicht lange auf sich
warten. Crzherzog Leopold Ferdinand wurde
mit ihr bekannt, und schon nach drei Tagen erklärte er
seiner „Seelengefährtin", daß er sie heiräten werde.
Wilhelmine nahm diesen Antraq nicht so ernst wie
der Crzherzog und hätte sich auch ebensoleicht wieder von
ihm qetrennt. Aber für Leopold bedeutete dieser Schritt
den Anfanq seiner Tragödie. Cr ging zu Kaiser Franz
Ioseph, erklärtc, daß er das Chormädchcn heiraten werde
und legte seinen Titel als Crzherzog ab. Na-
türlich wurde er aus der Armee und aus der Familie der
Habsburger ausgestoßen. Cr nannte sich nunmehr Lco-
pold Wölfling. Zu ihrer großen Ueberraschung
mußte aber Wilhelmine jetzt dcm glllcklichen Lcbcn in
Wien Valet sagen und kehrte mit Leopold Wölfling zur
Natur zurück. In cincr ciniamcn Waldung crrichte-
ten sie gemcinsam eine Hütte, sie trug ein Kleid aus
grobcm Leinen und cr licß Haare und Äart wachsen, und
die Bauern der Umgegcnd crzähltcn sich, daß sie im
Walde eincn gcwaltigcn Gorilla gesehen hätten. Diesc
Waldidylle daüertc drci Iahrc, dä hatte Leopold Wölf-
ling gcnug davon, er ging zunächst zum Darbier und dann
zu dcm bcstcn Anwalt in Wien, um scine Schcidung
zu bctrcibcn.
Wilhelmine kehrte ebcnfalls nach Wicn zurück, aber
sür die Vühne war sie nun schon zu alt gcwordcn, und so
begann cin fröhliches Leben vollcr Skandale und L i e-
b c s g es ch i ch t e n, dic von Iahr zu Iahr stärkeres Auf-
sehcn machten, sodaß die Polizei ihr bedcutcte, das Feld
in Ocsterreich zu räumcn. Sic war indcffcn 40 Iahrc alt
geworden. Acbcr Prag und Lodz führte ihr Wcg nach
Warschau, und ihr Abstieg machtc rasche Fortschritte. In
den lchtcn Iahrcn war sie cine bekannte Crscheinung vor
den Cingangstürcn zu dcn Warschaucr Caföhüüscrii, wo
sie die Desücher anbcttelte und schon alücklich war, wenn
i ihr jcmand ein Gcldstück zuwarf. Niemand wußte von
I ihrer Vcrgangenhcit, bis sic schlicßlich im Warschauer
Armcnspitäl einer Krankhcit zum Opfer sicl.
Nächtlichcs Ständchen sür eine Tote.
Dic Bewohncr eincs stillen Villenviertcls dcr unga-
rischen Stadt Miskolc wurdcn diescr Tage durch die
Klänge eincr Zigeuncrkapellc aus ihrer nächtlichen Ruhe
qestört. Die Käpelle gab osscnsichtlich aus dem in dcr
Nähe gclcgenen rcformicrten Friedhos ihre Wciscn zum
Vestcn. Empört ricsen die aus dem Schlaf gcwccktcn
Vürger die Polizei an und verlangtcn dic sofortige Ab-
stellung dieses Unfugs. Schon schwangen sich einige Po-
lizisten auss Rad, um nachzusehcn, wcr eigentlich äuf dem
Friedhof Serenaden aufführt. llnd da entdeckte man vor
einem alten großen Grab zwei junge Leute und eine Zi-
gcuncrbande, die abwechselnd trauriqe und heitere unga-
rische Volkslieder spielte. Schnell wurde dem nächtlichen
Spuk ein Cnde bereitet und die ganze Gesellschast auf die
Wache gebracht. Dort erklärten'die beiden jungen Leute,
sie hätten nur der schönen Cster ein Ständchen
bringen wollen. In Miskolc lebte vor mehr als 80 Iah-
ren die Tochter des dortigen reformierten Pfarrers Ste-
san Vatho mit Namen Cster. Sie war wegen ihrer
Schönheit in der ganzen Gegend bekannt und wegen ihrer
Mildtätigkeit berühmt. Ihr Vater liebte sis abgöttisch,
und als sie in jungen Iahren starb, ließ ihr Vater im
Turm der resormierten Kirche eine kleine Glocke aufhän-
gen, die den Namen „Cster" erhielt.
Cster Batho ist auch heute noch in Miskolc berühmt,
und die beiden Miffetäter, die ihr an ihrem Grab, das
ihr der Vater in prunkvoller Weise errichten ließ, eine
kleine Nachtmusik dargebracht hatten, erklärten, die
schöne Cster habe sich sichcr über die Musik gesreut in
ihrem kalten Grab. Leider war die Miskolcer Polizei
andercr Ansicht und zcigte so wcnig Verständnis für der-
artige musikalische Chrüngcn toter Schönheiten, daß sie
die beiden Aebcltüter einspcrrte und sie wegen nächtlichcr
Ruhestörung und grobcn llnfugs gerichtlich belangcn ließ.
Der verdächtige Handkuß.
Die GPA., die Nachsolgerin der berüchtigten Tscheka,
hat sich in Moskau kürzlich mit einem sehr schweren
Fall besaflen müffen: Der Direktor dss Technischen In-
stituts in Moskau hatte den Studenten Khrepkow ange-
zeigt und staatsseindlicher und „feudaler" Gesinnung ge-
zichcn, weil cr — dcr Hcrr Direktor — —beobachtet habe,
daß K. sich in sine Mitstudierende verliebt habe und ihr
das durch dauernde — Handküsse kundgebe. Dicse
Geste sei cin mehr als verwerflicher Rücksall in Gebräuche
des „feudalcn" Zcitalters, und deshalb habe man dem
Studcnten K. die Tür des Instituts gewiesen.
Ueberraschenderweise jedoch kam die Kommission der
GPU., die diesen schweren Fall bearbeitete, zu «incm
vernüftigeren llrteil als der Direktor, der hier einmal
päpstlicher als der Papst sein wollte. Die ließ sich von
den leidenschaftlichen Liebesbeteucrungen des Studenten
erweichen, bezeichnete diese Handküffe als „ausgesprochene
Individualhandlungen unpolitischen Charakters" und er-
laubte Khrepkow, seine Studien an der Technischen Hoch-
schule fortzusetzen.
Nie vorletzie Maulfchelle.
Der Sohn des Leuchtturmwärters Hein hatte Ge-
burtstag. Siebzehn Iahre wurde dsr Iunge alt! Mut-
ter hatte einen Kuchen gebacken, Sonnabend war dazu,
und Hein spendierte extra ein Stück Geld, daß sich der
Iunge im Hafen etwas Vesonderes leisten konnte.
Siebzeh.n Iahre! Dunnerlittchen, sinnierte Hein, wie
die Zeit vergeht! Cr dachte zurück an seine eigene Iu-
gend, und mit einem Male schmunzelte er: „Iung, kömm
mal hcr!"
Crwartungsvoll qing der Sprößling hin, auch Mut-
ter unterbrach ihre Herdarbeit und — bums! hatte der
arme Kerl eine mächtige Maulschelle weg!
„Wißt ihr, wat det war?" lachte Hein, „det war der
Ritterschlag! Iunge, wie ick so alt war wie du, hab ick
ook eene von Vattern bekommen! Ct war die letzte —
und es ook deine letzte gewesen!"
Der Iunge fuhr an Land. Später als sonst kam er
wieder. Hein stand schon da, streckte ihm die Hand hin:
das erste, was ihm der Iunge geben mußte, war der
Priem, das zweite die Zeitung. Das war immer so ge-
wesen — jeden Sonnabend vollzoq sich die gleiche, beinahe
feicrliche Handlung. Heute jcdoch mußte Hein seine Hand
wieder leer in die Tasche schieben, das Geburtstagskind
hatten zu stark gefeiert und — einfach vergeffen!
Hein brauchte eine Weile, um das zu fasscn, dann sah
er dem Sündcr in die Augcn: „Iunge, die Sachc mit dcm
Priem is schlimm, und der Rittcrschlag war vicllcicht 'n
bisken übereilt; aber — cin Mann, ein Wort! Cr bleibt
bestehen! Aber . . ." und hier nahm Hein seine mächtige
Pranke aus der Tasche, „wenn de nochmal de Zeitung
vergißt, denn is det hier" und gleichzeitig hieb er ihm
einc mächtige heruntcr, „noch immer deine vorlehte Maul-
schelle gewesen!"
„Ohne Zeitung lebt man aus dem Mond."
Mit diesem originellen Werbestempel stellt sich die Reichspost in den Dienst der Zei-
tungswerbung, um jeden Staatsbürger auf die Bedeutung hinzuweisen, die die Zei-
tung für ihn als Privatmann sowohl als auch als Staatsbürger besitzt.
(Scherl Bilderdienst, K.)
Bild links:
Erntcdankfcst.
Hase « hi«g der Himmel
voller Geigen
al« er de« fette« Brief geöffaei hatle. Sei»»« in Hollawd
vrrheiratete Tante, Fra« Emmy Knotlenkerk, gebore»«
Has«, sandte ihm mit de» besten Grüße» drei Hundert-
markscheinr alr Geburtsiags-Präsentl
Fü»f Tage später komurt ei» Herr vo« der Drvisen-
Ueberivachungsstell«. WaS der Brief enthaltea hättek
„Gottlob, ZVO Mark!" sagt Hase lächelnd. „Beschlag-
nahmtl" ist di« Antwort. Da hilft kein Lamentieren, die
Bestimmungea übrr AuSlandS - Sendunge» waren ja
schwarz anf weiß vrröffentlicht worde«!
Aber Has« bleibt Has« nnd weiß »o» aichtS ... Doch
Unkenntnis schützt nicht vor Strafe ...
Tja — hätte er Zeitung geleserr!
Da liest maa zeitig stet«, was »ützt,
und wi« man sich vor Schadea fchützt.
-lus aller welt.
— Ein Zeiß-Planetarium auch fLr Tokio. Soeben
wurde ein Bertrag über Lieferung des Nnstruments mst
Zubehör und Zusatzgeräten sür ein Zeitz-PIaneta-
rium in Toiio, der Stadl der 12. Olhinpischen Spiele,
unterzeichnet. Dieses neue Zeitz-PIanetarium wird in
einem Kuppelraum auf dem Gebäude des Zeitungsver-
lages „^jj Shinposha" in Tokio-Marunuochi aufgestellt
und belrieben werden. Später wird es in das Eigentum
des Astronomical-Education-Museums in Tokio ohne
Veränderung des Standorts übergshen. Mitte Oktober
werden das Jnstrument und die Zusatzgeräte auch für ein
Zeitz-Planetarium, das in Osaka errichtet werden soll,
nach Japan verichifft werden. Das Zeitz-Planetarium in
Tokio wird also das zweite sein, das im Fernen Osten
gebaut wird, und das 25. seiner Art, das in der Welt be-
steht.
— Handwerkcr-Abordnung nach Nenyork abgereist.
Mit dem Schnelldampfer „Dcutschland" der Hamburg-
Amerika-Linie hat sich eine Abordüung des deut-
schen Handwerks zur Ueberfahrt nach Nordamerika
eingeschifft, um an dem „De utschen Tag" in Neu-
york am 4 Oktober teilzunehmen. Eine grotze Kundge-
bung soll an die Landung der ersten deutschen Einwande-
rer vor 250 Ighren erinnern: die in Amerika lebenden
auslandsdeutschen Voiksgenossen erwarten zu diesem Tag
mit besonderer Freude das Ericheinen der reichsdeutichen
Gäste. Anschlietzend wird die HandwLrker-Abordnnng
eine Studienreise durch Amerika antreten.
— „Die Var blcibt geössnet." Dcr englische 15 000-
Tonnendampfer „Ormonde", der 320 Paffagiere an
Vord hatte, geriet abends auf dcr Fahrt von Melbourne
nach Sydnen auf hohem Meer in Vrand. Vald war
das ganze Schifs vcrqualmt, und untcr den Fahrgästen
brach cine Panik aus. Der Kapitän bernhigte aber die
verängstigten Leute und sagte ihnen, es würde eine heihe
Nacht an Vord gebcn, deshalb wäre es nötig, kaltc Ge-
tränke zu sich zu nehmen. Aus diesem Grunde, so fügte
er lachend hinzu, werde die Bar die ganzc Nacht
geösfnet blciben. Der Humor des Kapitäns hatte
eine sehr beruhigende Wirkung, und während
sich die Paffagiere an der Var labten, gelang es der
Mannschaft, das Feuer vor der Crreichung seines Destim-
mungshafens unter Kontrolle zu bekommen.
— Clektrischer Stuhl für Geflügel. Schlachtung am
laufenden Vand. Aus San Franzisko kommt bie Mel-
dung, daß ein Tierfreund, der die bisherigen Schlachttm-
gen des Geslügels nicht mehr mit ansehen konnte, für
diese Tiere einen „elektrischen Stuhl" erfunden hat. Das
zum Schlachten bestimmte Geflügel wird an den Veinen
geseffelt auf ein lausendes Band gelegt, das so an
einem Apparat vorbeigleitet, daß der Kopf der Tiere
gcgen eine Clektrode gcdrückt wird und so der elek-
trische Strom das Tier sofort tötet.
— Riesiger Waldbrand in Kalisornicn. Cin ungs-
heurer Waldbrand wütet an der Grenze der Staaten
Kalisornien und Oregon an dcr Westküstc dcr Vereinig-
ten Staaten. Vishcr sind fünf Personcn ums Lebcn ge-
kommen. Cine ganze Reihc von Orten ist durch die
Feuersbrunst von der Umwelt abgeschnitten. Der
Ort Vandon im Staat Oregon mußte von seinen ettva
1500 Cinwohnern geräumt werden. Zur Bekämpfung des
Feuers sind mehrere tauscnd Mann aufgeboten worden;
dcnnoch greiscn die Flammcn immcr wciter um sich. Der
Sachschaden geht bereits in die Millionen.
Deutschlands Polizer im Fünfkanipf.
Der Sieger, SS-Hauptscharführer Kretschmann
(Berlin) beim Handgranatenwurf.
(Schstner. S.)
(Preffephoto, K.)
Fenrsprecher-S.-A. 73A—53.
„HoideOerHer RAte-fie Rachrichterr' — „HewMevgW-LKyelgsi?'
DtNrstag, 2S. Septevcker l936
Seite 5
Der Gttett.
Cine Skizze von
Auch am diesjährigen Reichsparteitag nahm
wieder eine Chrenabordnung von 7 9 Reichs-
autobahnarbeitern teil, die von der
„Sonderaktion für Reichsautobahnen usw."
des Amtes „Feierabend" in der NS.-Gemein-
schaft Kraft durch Freude betreut wurde!
Als er in das Lager zurückkehrte, fragten ihn seine
Kameraden, was er erlebt habe. Du lieber Himmel, das
war so viel, und er wußte beim besten Willen nicht, wo
er beginnen sollte.
Ob ste denn nicht die Zeitungen gelesen hätten,
meinte er unwillig; es hätte alles, was von fo einem ge-
waltigen Partsitag wifsenswert sei, in der Zeitung ge-
standen.
Hans Schmodde.
Ia, ja, ste sollten es nur glaüben. Cr habe nicht
direkt mit ihm gestritten, sondern sozusagen indirekt. Und
er sei rn diesem Streit umerlegen.
„Auf welche Weise denn?", fragten ste.
Cr dachte wieder lange nach. Schließlich sagte er:
„Ich habe doch manchmal gezweifelt, Männer. Ich habe
gedacht, unser Lohn ist zu klein, wir müssen einen höheren
Lohn haben. Da sagt der Führer: „Nicht das Cinkom-
men spielt in unserem Lebsn die Hauptsache, sondern
das Auskommen." Ich denke: „Mer eine kleine
Lohnerhöhung könnte es doch geben." — Da sagt der
Führer: „ilm das Auskommen des deutschen Arbeiters
auch nur um zehn Prozent zu erhöhen, müffsn zehntau-
send Fabriken und Anternehmungen mehr produzieren."
Rachher denke iche „M schva, wenn wir unsern Sch»
wenigftens behalten; aber so geht es doch uicht sLr alle
Aeit weiter." Da sagt der Führer: „Ich gehSre uicht z
den Männern, die stch fagen laffeu: Cs gsht uicht. <Z
muß gehen, denu Deutschland muß lÄum." „Wird
es auch gehen?", denke ich gerade — da sagt er: „Die
Fabriken werden aus dem Boden schießen." Ich deuke:
„Das ist gerade das Problem" — da antwortet er: „Das
deutsche Volk wird die Probleme lösen, weil fie gestellt
sind, und weil wir wollen, daß fie gelöst werden."
„Ich sage euch, Männer, es ist mir heiß und kalt über
den Nücken gelaufen. Der Führer sprach zu dreißigtau-
send Menschen, aber mir war das so, als hätte er zu mir
allein gesprochen."
Die andern waren sehr still geworden. Endlich sagte
einer: „Da kannst du dich sreuen, weil du in diesem Streit
unterlegen bist."
„Gott sei gedankt, Männer," antwortete or, „jawohl,
ich freue mich auch."
Nun gewiß, antworteten sie, in den Zeitungen hät-
ten fie natürlich vom Parteitag qelesen, aber fie dächten
doch, man habe ihn von der Baustelle als Ab-
gesandten eingeladen, damit die Kameraden eine Art
Bericht fordern könnten.
Cr sagte verlegen „ja". Cr werde natürlich Bericht
erstatten, aber man müfle ihm ein wenig Ruhe qebsn.
Da ließen ihn die Kameraden in Frieden. Cs wäre
ihnen vielleicht nicht anders ergangen, wenn fle plötzlich
eines Tages — mitten von ihrer Arbeit auf der Auto-
bahn — zum Delegierten des Lagers für den Partei -
tag in Nürnberg bestimmt worden wären und wenn
ste dann bei ihrer Rückkehr Rede und Antwort hätten
stehen müffen.
„Cs ist zu viel für ihn gewesen," sagten sie von ihrem
Kameraden und geduldeten sich, bis er seine fünf Sinne
wieder einigermaßen beisammen hatte.
„Hast du auch den Führer gesehen?", fragten sie
ihn des andern Tages.
Cr sah sie der Reihe nach an und machte verwunderte
Augen: „Pah," sagte er dann, „gesehen?! So dicht
habe ich ihn gesehen!" klnd er faßte den nächsten beftsn
an der Vrust und zog ihn dicht zu sich heran. „So dicht,"
wiederholte er noch einmal. Und nach einem Weilchen
fügte er hinzu: „Der Führer hätte beinahe auch mit
mir qesprochen."
Wieso denn das, wollten sie wiflen. Wieso beinahe?
Cr antwortete: „Menschen, da waren doch neunund-
fiebzig Aütobahncr, aus jedcm Lager einer. ilnd wenn er
mit allen nur eine Minute gesprochen hätte, dann wären
das neunundsiebzig Minuten gewesen!"
Die Kameraden begrifsen, daß der Führer nicht mit
einem jeden sprechen konnte. „Bist du gut unterge-
bracht gewesen?", sragten sie nach einer Weile.
Cr sagte: „Prima! ilnterkunft und Verpflegung —
einfach prima! Wir hatten sogar unsere eigenen Omni-
buffe. ilnd zu jeder Veranstaltung freien Cintritt. Also,
was das anbelangt, nichts zu reden."
Die Kameraden ärgerten sich: „Mensch, wenn es
nichts dabei zu reden gibt, dann HLtte doch lieber ein an-
derer mitsahren sollen."
„Wenn ein anderer mitgefahren wäre," meinte er
nachdenklich, „der wüßte auch nicht, wo sr anfangen
sollte."
Dann ging er auf Schicht. ilnd während er arbeitete,
als wäre nichts gewesen, dachte er fortwährend darüber
nach, was denn den stärksten Cindruck hinterlaffen habe.
Aber er kam zu keinem Crgebnis, denn der Cindruck war
noch zu frisch und zu nachhaltig, als daß er eine Cntschei-
dung hätte tresfen können.
Cinige Zeit später jedoch, als die Kameraden schon
nicht mehr fragten, weil sie es doch für zwecklos hielten,
begann er plötzlich am Feierabend hiervon und davon
zu sprechen, wie man von cinem Crlebnis spricht, das
in seiner Wirkung allc Zeit unmittclbar bleibt.
Wir tratcn an," sagte er, „wir marschicrten, wir
wußten garnicht, warum. 'Plöhlich kam der Führer. Wir
riefen ,öeil". Da stand er vor uns, sprach mit uns, von
den Baustellen, wußte ganz genau Vescheid, plöhlich war
er wieder sort. Wir gingen nach Haus. Das wird kei-
ner vergeffen."
Die Kameradcn nickten schweigcnd und warteten, daß
er mehr erzählen sollte. Nach einer Weile fragte jemand:
Das ist wohl dsin größtes Criebnis gewesen, nicht
wahr?"
Cr dachte lange nach. Schlicßlich mcinte er: „Nein,
er habe noch ein größercs Crlebnis gehabt."
„Was denn für ein Crlebnis?", fragten sie.
Nun, er habe gewiffermaßen mit dem Führer gestrit-
ten. Das glaubten sie nicht.
Dr. Goebbels in Delvbi.
Auf seiner Grsechenlandreise besuchte der Reichs-
propagandaminister auch die alte Stätte von Delphi.
Ein griechischer Lnrte spielt ihm helmatliche Weisen
auf der Schalmei vor. Daneben ein Klnd in Evzo-
nentracht und Frau Magda Goebbels.
lSeinrich Hofrmann, K.)
..Zeure Beruse....
Der ZusWrer, -er em Bermögen verfahren hat. - Eine Srau ttagt tttetder für Z6voo Matt.
Das sonst nur von dem nüchternen, strengen Geist der
Arbeit erfüllte Dienstzimmer eines höheren Beamten der
Neichsbahndirektion Berlin hat kürzlich eine heitere
Szene erlebt: Stand da ein Zugführer vor seinem
Vorgesehten, um sich von ihm zu verabschieden, da er nach
45jähriger Dienstzeit in üen wohlverdienten Ruhe-
stand trat. Herzliche Worte bekam er zu hören für seine
lange aufopfernde Tätigkeit, die Kollegen hielten einige
Blumen bereit und schlietzlich lag noch ein Dankschreiben
von der Reichsbahndirektion da. Als dann der Vorgesehte
dem treuen Zugführer die Hand zum Abschied -rückte.
brachte dieser die überraschende Frage vor: „Und nicht
wahr, die 132000 Mark, die ich der Reichsbahn
schulde brauche ich doch nicht zu lbezahlen?" Ob er denn
etwa in der Jnflationszeit ein Darlehen aufgenommen
habe, wurde ihm verwundert entgegnet. Der Zugführer
aber lächelte nur vergnügt und platzte dann mit dieser
überraschenden Rechnung heraus: 45 Jahre lang sei er
im Bahndienst. sagte er, und davon 30 Jahre als Zugfüh-
rer. Täglich habe er durchschnittlich 400 Kilometer
im Zug zurückgelegt; rechne er nun den Kilometer zu
vier Pfennig, so ergäbe sich ein Betrag von 16 Mark. Bei
35 Arbeitstagen im Monat wären das schon 400 Mark
und, da er nach Abzug der Urlaubszeit etwa 11 Monate
im Jahr Dienst getan habe, immerhin 4 400 Mark jähr-
lich. Multiplizierte man diese Summe mit der Zahl sei-
ner Dienstjahre als Zugführer, nämlich mit dreitzig, so
lietzen sich eben 132 000 Mark errechnen, die er
der Reichsbahn „schuldig" gMieben wäre.
Diese seltsame Mathematik des Zugführers lätzt uns
in der Tat manche Beruse in einem ganz neuen Licht er-
scheinen. Da ist beispielsweise die S o u f f l e u s e. Tag
für Tag sieht sie Theaterstücke von einem befferen Platz
aus als den, der dem Znschauer in der ersten Parkett-
reihe immerhin mindestens 6 Mark kostet. Wenn man
das Spieljahr im Durchschnitt zu 250 Vorführungen an-
nimmt, so hat sich die Frau mit der Flüsterstimme doch
1500 Mark jährlich an Eintrittsgeldern „gespart"
Die Damen unter dem Blechgehäuse, die schon somanchen
Mimen vor dem „Schwimmen" retteten, pflegen meist
lange im Amt zü sein, sodaß ihre Tätigkeit zweifellos zu
den „teuren" Berufen gehört.
Nicht anders ist es bei den B o r f ü h rd a m e n, je-
nen graziösen, immer lächelnden Geschöpfen. die sich der
Frauenwelt in den neuesten Modeschöpfungen präsentie-
ren. Ein Mannequin zeigt jedes Frühjahr und jeden
Herbst etwa 18 verschiedene Modelle. Bei einem durch-
schnittlichen Preis von 100 Mark, „trägt" sie demnach
jährlich Kleider im Wert von 8600 Mark, bei zehn Be-
rufsjahren also von 36000 Mark. Welche Frau
möchte nicht um diesen „Kleideretat" neidisch sein?
Man braucht nur an die Schiffahrt zu denien, um
sofort auf eine Fülle jener Berufe zu stotzen, deren Aus-
übung kostspielige Annehmlichkeiten vermittelt, di'e einem
gewöhnlichen Sterblichen versagt sind. 5 000 Mark kostet
die Weltreise mit einem Luxusdampfer. Nun, der Ste-
ward, der Friseur, der Verkäufer. der Gärtner, alle die
Leute, die nicht zum sützen Nichtstun, sondern um zu
arbeiten. mitfahren, sparen diesen Betrag. Und das Er-
gebnis dieser Betrachtungen, die den einen ewig ein
Wunschtraum bleibt, für den andern oft nüchterne Selbst-
verständlichkeit goworden ift.
LtLLLrrs ^Är?«>rrrL.
Leopold Wölflings Frau als Vettlerin gestorben.
Jn diesen Taaen starb im Warschauer Armen-
hospital eine hsjährige Vettlerin Wilhelmine Adamo-
witsch. Crst aus den Aufzeichnungen, die man bei ihr
vorfand, erkannte man, datz es sich um jcne Frau han-
delte, die vor mehr als 30 Iahren in Wien eine wich-
tige Rolle gespielt hat. Im Alter von 20 Iahren vcrlicß
sie ihr Heimatdorf in den Karpathen mit dem Cntschlutz,
zum Theater zu gehen. Da ste hübsch war, sand ste eine
Anstcllung als Chormädchcn bci dsr Wiener Opcr und
glaubte nun, daß ihr dcr Himmel dör Kunst offenstehe.
Die erste sreudige Uebcrraschung ließ nicht lange auf sich
warten. Crzherzog Leopold Ferdinand wurde
mit ihr bekannt, und schon nach drei Tagen erklärte er
seiner „Seelengefährtin", daß er sie heiräten werde.
Wilhelmine nahm diesen Antraq nicht so ernst wie
der Crzherzog und hätte sich auch ebensoleicht wieder von
ihm qetrennt. Aber für Leopold bedeutete dieser Schritt
den Anfanq seiner Tragödie. Cr ging zu Kaiser Franz
Ioseph, erklärtc, daß er das Chormädchcn heiraten werde
und legte seinen Titel als Crzherzog ab. Na-
türlich wurde er aus der Armee und aus der Familie der
Habsburger ausgestoßen. Cr nannte sich nunmehr Lco-
pold Wölfling. Zu ihrer großen Ueberraschung
mußte aber Wilhelmine jetzt dcm glllcklichen Lcbcn in
Wien Valet sagen und kehrte mit Leopold Wölfling zur
Natur zurück. In cincr ciniamcn Waldung crrichte-
ten sie gemcinsam eine Hütte, sie trug ein Kleid aus
grobcm Leinen und cr licß Haare und Äart wachsen, und
die Bauern der Umgegcnd crzähltcn sich, daß sie im
Walde eincn gcwaltigcn Gorilla gesehen hätten. Diesc
Waldidylle daüertc drci Iahrc, dä hatte Leopold Wölf-
ling gcnug davon, er ging zunächst zum Darbier und dann
zu dcm bcstcn Anwalt in Wien, um scine Schcidung
zu bctrcibcn.
Wilhelmine kehrte ebcnfalls nach Wicn zurück, aber
sür die Vühne war sie nun schon zu alt gcwordcn, und so
begann cin fröhliches Leben vollcr Skandale und L i e-
b c s g es ch i ch t e n, dic von Iahr zu Iahr stärkeres Auf-
sehcn machten, sodaß die Polizei ihr bedcutcte, das Feld
in Ocsterreich zu räumcn. Sic war indcffcn 40 Iahrc alt
geworden. Acbcr Prag und Lodz führte ihr Wcg nach
Warschau, und ihr Abstieg machtc rasche Fortschritte. In
den lchtcn Iahrcn war sie cine bekannte Crscheinung vor
den Cingangstürcn zu dcn Warschaucr Caföhüüscrii, wo
sie die Desücher anbcttelte und schon alücklich war, wenn
i ihr jcmand ein Gcldstück zuwarf. Niemand wußte von
I ihrer Vcrgangenhcit, bis sic schlicßlich im Warschauer
Armcnspitäl einer Krankhcit zum Opfer sicl.
Nächtlichcs Ständchen sür eine Tote.
Dic Bewohncr eincs stillen Villenviertcls dcr unga-
rischen Stadt Miskolc wurdcn diescr Tage durch die
Klänge eincr Zigeuncrkapellc aus ihrer nächtlichen Ruhe
qestört. Die Käpelle gab osscnsichtlich aus dem in dcr
Nähe gclcgenen rcformicrten Friedhos ihre Wciscn zum
Vestcn. Empört ricsen die aus dem Schlaf gcwccktcn
Vürger die Polizei an und verlangtcn dic sofortige Ab-
stellung dieses Unfugs. Schon schwangen sich einige Po-
lizisten auss Rad, um nachzusehcn, wcr eigentlich äuf dem
Friedhof Serenaden aufführt. llnd da entdeckte man vor
einem alten großen Grab zwei junge Leute und eine Zi-
gcuncrbande, die abwechselnd trauriqe und heitere unga-
rische Volkslieder spielte. Schnell wurde dem nächtlichen
Spuk ein Cnde bereitet und die ganze Gesellschast auf die
Wache gebracht. Dort erklärten'die beiden jungen Leute,
sie hätten nur der schönen Cster ein Ständchen
bringen wollen. In Miskolc lebte vor mehr als 80 Iah-
ren die Tochter des dortigen reformierten Pfarrers Ste-
san Vatho mit Namen Cster. Sie war wegen ihrer
Schönheit in der ganzen Gegend bekannt und wegen ihrer
Mildtätigkeit berühmt. Ihr Vater liebte sis abgöttisch,
und als sie in jungen Iahren starb, ließ ihr Vater im
Turm der resormierten Kirche eine kleine Glocke aufhän-
gen, die den Namen „Cster" erhielt.
Cster Batho ist auch heute noch in Miskolc berühmt,
und die beiden Miffetäter, die ihr an ihrem Grab, das
ihr der Vater in prunkvoller Weise errichten ließ, eine
kleine Nachtmusik dargebracht hatten, erklärten, die
schöne Cster habe sich sichcr über die Musik gesreut in
ihrem kalten Grab. Leider war die Miskolcer Polizei
andercr Ansicht und zcigte so wcnig Verständnis für der-
artige musikalische Chrüngcn toter Schönheiten, daß sie
die beiden Aebcltüter einspcrrte und sie wegen nächtlichcr
Ruhestörung und grobcn llnfugs gerichtlich belangcn ließ.
Der verdächtige Handkuß.
Die GPA., die Nachsolgerin der berüchtigten Tscheka,
hat sich in Moskau kürzlich mit einem sehr schweren
Fall besaflen müffen: Der Direktor dss Technischen In-
stituts in Moskau hatte den Studenten Khrepkow ange-
zeigt und staatsseindlicher und „feudaler" Gesinnung ge-
zichcn, weil cr — dcr Hcrr Direktor — —beobachtet habe,
daß K. sich in sine Mitstudierende verliebt habe und ihr
das durch dauernde — Handküsse kundgebe. Dicse
Geste sei cin mehr als verwerflicher Rücksall in Gebräuche
des „feudalcn" Zcitalters, und deshalb habe man dem
Studcnten K. die Tür des Instituts gewiesen.
Ueberraschenderweise jedoch kam die Kommission der
GPU., die diesen schweren Fall bearbeitete, zu «incm
vernüftigeren llrteil als der Direktor, der hier einmal
päpstlicher als der Papst sein wollte. Die ließ sich von
den leidenschaftlichen Liebesbeteucrungen des Studenten
erweichen, bezeichnete diese Handküffe als „ausgesprochene
Individualhandlungen unpolitischen Charakters" und er-
laubte Khrepkow, seine Studien an der Technischen Hoch-
schule fortzusetzen.
Nie vorletzie Maulfchelle.
Der Sohn des Leuchtturmwärters Hein hatte Ge-
burtstag. Siebzehn Iahre wurde dsr Iunge alt! Mut-
ter hatte einen Kuchen gebacken, Sonnabend war dazu,
und Hein spendierte extra ein Stück Geld, daß sich der
Iunge im Hafen etwas Vesonderes leisten konnte.
Siebzeh.n Iahre! Dunnerlittchen, sinnierte Hein, wie
die Zeit vergeht! Cr dachte zurück an seine eigene Iu-
gend, und mit einem Male schmunzelte er: „Iung, kömm
mal hcr!"
Crwartungsvoll qing der Sprößling hin, auch Mut-
ter unterbrach ihre Herdarbeit und — bums! hatte der
arme Kerl eine mächtige Maulschelle weg!
„Wißt ihr, wat det war?" lachte Hein, „det war der
Ritterschlag! Iunge, wie ick so alt war wie du, hab ick
ook eene von Vattern bekommen! Ct war die letzte —
und es ook deine letzte gewesen!"
Der Iunge fuhr an Land. Später als sonst kam er
wieder. Hein stand schon da, streckte ihm die Hand hin:
das erste, was ihm der Iunge geben mußte, war der
Priem, das zweite die Zeitung. Das war immer so ge-
wesen — jeden Sonnabend vollzoq sich die gleiche, beinahe
feicrliche Handlung. Heute jcdoch mußte Hein seine Hand
wieder leer in die Tasche schieben, das Geburtstagskind
hatten zu stark gefeiert und — einfach vergeffen!
Hein brauchte eine Weile, um das zu fasscn, dann sah
er dem Sündcr in die Augcn: „Iunge, die Sachc mit dcm
Priem is schlimm, und der Rittcrschlag war vicllcicht 'n
bisken übereilt; aber — cin Mann, ein Wort! Cr bleibt
bestehen! Aber . . ." und hier nahm Hein seine mächtige
Pranke aus der Tasche, „wenn de nochmal de Zeitung
vergißt, denn is det hier" und gleichzeitig hieb er ihm
einc mächtige heruntcr, „noch immer deine vorlehte Maul-
schelle gewesen!"
„Ohne Zeitung lebt man aus dem Mond."
Mit diesem originellen Werbestempel stellt sich die Reichspost in den Dienst der Zei-
tungswerbung, um jeden Staatsbürger auf die Bedeutung hinzuweisen, die die Zei-
tung für ihn als Privatmann sowohl als auch als Staatsbürger besitzt.
(Scherl Bilderdienst, K.)
Bild links:
Erntcdankfcst.
Hase « hi«g der Himmel
voller Geigen
al« er de« fette« Brief geöffaei hatle. Sei»»« in Hollawd
vrrheiratete Tante, Fra« Emmy Knotlenkerk, gebore»«
Has«, sandte ihm mit de» besten Grüße» drei Hundert-
markscheinr alr Geburtsiags-Präsentl
Fü»f Tage später komurt ei» Herr vo« der Drvisen-
Ueberivachungsstell«. WaS der Brief enthaltea hättek
„Gottlob, ZVO Mark!" sagt Hase lächelnd. „Beschlag-
nahmtl" ist di« Antwort. Da hilft kein Lamentieren, die
Bestimmungea übrr AuSlandS - Sendunge» waren ja
schwarz anf weiß vrröffentlicht worde«!
Aber Has« bleibt Has« nnd weiß »o» aichtS ... Doch
Unkenntnis schützt nicht vor Strafe ...
Tja — hätte er Zeitung geleserr!
Da liest maa zeitig stet«, was »ützt,
und wi« man sich vor Schadea fchützt.
-lus aller welt.
— Ein Zeiß-Planetarium auch fLr Tokio. Soeben
wurde ein Bertrag über Lieferung des Nnstruments mst
Zubehör und Zusatzgeräten sür ein Zeitz-PIaneta-
rium in Toiio, der Stadl der 12. Olhinpischen Spiele,
unterzeichnet. Dieses neue Zeitz-PIanetarium wird in
einem Kuppelraum auf dem Gebäude des Zeitungsver-
lages „^jj Shinposha" in Tokio-Marunuochi aufgestellt
und belrieben werden. Später wird es in das Eigentum
des Astronomical-Education-Museums in Tokio ohne
Veränderung des Standorts übergshen. Mitte Oktober
werden das Jnstrument und die Zusatzgeräte auch für ein
Zeitz-Planetarium, das in Osaka errichtet werden soll,
nach Japan verichifft werden. Das Zeitz-Planetarium in
Tokio wird also das zweite sein, das im Fernen Osten
gebaut wird, und das 25. seiner Art, das in der Welt be-
steht.
— Handwerkcr-Abordnung nach Nenyork abgereist.
Mit dem Schnelldampfer „Dcutschland" der Hamburg-
Amerika-Linie hat sich eine Abordüung des deut-
schen Handwerks zur Ueberfahrt nach Nordamerika
eingeschifft, um an dem „De utschen Tag" in Neu-
york am 4 Oktober teilzunehmen. Eine grotze Kundge-
bung soll an die Landung der ersten deutschen Einwande-
rer vor 250 Ighren erinnern: die in Amerika lebenden
auslandsdeutschen Voiksgenossen erwarten zu diesem Tag
mit besonderer Freude das Ericheinen der reichsdeutichen
Gäste. Anschlietzend wird die HandwLrker-Abordnnng
eine Studienreise durch Amerika antreten.
— „Die Var blcibt geössnet." Dcr englische 15 000-
Tonnendampfer „Ormonde", der 320 Paffagiere an
Vord hatte, geriet abends auf dcr Fahrt von Melbourne
nach Sydnen auf hohem Meer in Vrand. Vald war
das ganze Schifs vcrqualmt, und untcr den Fahrgästen
brach cine Panik aus. Der Kapitän bernhigte aber die
verängstigten Leute und sagte ihnen, es würde eine heihe
Nacht an Vord gebcn, deshalb wäre es nötig, kaltc Ge-
tränke zu sich zu nehmen. Aus diesem Grunde, so fügte
er lachend hinzu, werde die Bar die ganzc Nacht
geösfnet blciben. Der Humor des Kapitäns hatte
eine sehr beruhigende Wirkung, und während
sich die Paffagiere an der Var labten, gelang es der
Mannschaft, das Feuer vor der Crreichung seines Destim-
mungshafens unter Kontrolle zu bekommen.
— Clektrischer Stuhl für Geflügel. Schlachtung am
laufenden Vand. Aus San Franzisko kommt bie Mel-
dung, daß ein Tierfreund, der die bisherigen Schlachttm-
gen des Geslügels nicht mehr mit ansehen konnte, für
diese Tiere einen „elektrischen Stuhl" erfunden hat. Das
zum Schlachten bestimmte Geflügel wird an den Veinen
geseffelt auf ein lausendes Band gelegt, das so an
einem Apparat vorbeigleitet, daß der Kopf der Tiere
gcgen eine Clektrode gcdrückt wird und so der elek-
trische Strom das Tier sofort tötet.
— Riesiger Waldbrand in Kalisornicn. Cin ungs-
heurer Waldbrand wütet an der Grenze der Staaten
Kalisornien und Oregon an dcr Westküstc dcr Vereinig-
ten Staaten. Vishcr sind fünf Personcn ums Lebcn ge-
kommen. Cine ganze Reihc von Orten ist durch die
Feuersbrunst von der Umwelt abgeschnitten. Der
Ort Vandon im Staat Oregon mußte von seinen ettva
1500 Cinwohnern geräumt werden. Zur Bekämpfung des
Feuers sind mehrere tauscnd Mann aufgeboten worden;
dcnnoch greiscn die Flammcn immcr wciter um sich. Der
Sachschaden geht bereits in die Millionen.
Deutschlands Polizer im Fünfkanipf.
Der Sieger, SS-Hauptscharführer Kretschmann
(Berlin) beim Handgranatenwurf.
(Schstner. S.)
(Preffephoto, K.)