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Fernsprecher-S.-A. 7351 —53.
Zerdelberger Neueste NachnchtenE — „Herdelberger Anzeiger*
Mtttwoch. 21. Ottober 1936
Nr. 247
zen und Sanktronen des Locarnogedankens ein-
schneidend zu ändern, sei jetzt noch die Tatsache der
Cnthaltung Velgiens hinzugekommen. Ncben diesen
Schwierigkeiten sei auch an den Versuch Cnglands zu er-
innern, seine Garantenstellung zu seinen Gunsten zu er-
weitsrn und dadurch Italien zu isolieren.
Auch das Völkerbundsproblem, soweit es
die durch den Sanktionsartikel geficherte kollektive
Sicherheit betreffe, habs sich, so führt das Vlatt
dann auS, erneut verschärst. Die Stellung
Deutschlands und Italiens dem Völkerbund
qegenübcr weise hsute ebenfalls eine innere Verwandt-
schaft auf. Deutschland habe den Völkerbund cndgültig
verlassen, Italien habe seine Mitarbeit de facto,
wenn auch noch nicht de jure eingestcllt. Das Fern-
bleiben bsider Großmächte gehe aüf die gleiche Art von
Gründen zurück, nämlich auf eine unausrottbare
Verständnislosigkeit des Genfer Instituts für
die Lebensinteressen beider Staaten. Disse Ver-
ständnislostgkeit bestehe wsiter und habe sich sogar noch
verschärft. Weitere Clemente dcr europäischen An-
ordnung seien in den Creigniflen in Spanien und in
dem lärmenden Auftreten Sowjetrußlands im
Londoner Nichteinmischungskomitee, sowie in der immer
mehr um sich grcifenden kommunistischcn Zerschung und
in dem Versuch zu sehen, den K l a s s e n k a m p s, der
in Italien, Deutschland und anderen Ländern zum Glück
ihrer Völker ausgerottet worden sei, in die inter-
nationalen Beziehungen hineinzutragen. Gegenüber die-
sen Versuchen wollen die starken und gesunden Völker
aktiven Widerstand auf ihrer Vertcidigungslinie
leisten. Cs sei nur natürlich, wenn diese Nationen bei
der Abwicklung ihrer täglichen Aufgaben und Arbeiten
zusammenhielten. 'Das sei aüch zwischen Italien
und Deutschland der Fall. Diese gesunde Arbeit als
nationales Recht und nationale Pflicht
stclle zwischen ihnen natürliche Veziehungen für den
Schuh dieser Arbeit und für den Austausch
ihrer Crzeugnisse her.
Dsr Aufsatz erinnert zum Schluß an das Problem
dss Donauraumes, wo außer den italienischen wich-
tige deutsche Interessen zusammenfließen, die Ita-
lien immer anerkannt habe und mit den eigenen Inter-
eflen und den allgemeinen Bedürfnifle im Donaugebiet
in Asbereinstimmung bringen wolle. Aus allen diesen
Zusammenhängen der europäischen Politik sei die Reise
des italienischen Außenministers nach Deutschland reich
an idealer Vedeutung und realpolitischen Möglichkeiten.
3m Syiegel des Auslands.
Pariser Interefle an der Reise Lianos.
Paris, 20. Oktbr. Der Reiss des italienischen
Außenministers Graf Ciano nach Verlin wird von dsr
französischen Oeffentlichkeit weitgchcnde Vcachtung ge-
schenkt. Die Prefle widmet den bevorstehenden italie-
nischen Besprechungen in Verlin und Berchtes-
gaden großes Intereffe und läßt ihre römischen und
Berliner Verichterstatter ausführlich zu Worte kommen.
Ileber die auf der Tagesordnung stshenden Fra-
gen gehen allerdings die Meinungen auseinander. Ciner-
seits will man der Reise Lianos nur einen allgemeincn
Lharakter zubilligen; andererseits „befürchtct" man, daß
Deutschland und Italien doch viellcicht irgcnd-
wie feste Vindungen eingehen könnten, deren Aus-
wirkungcn für die französischs Politik nur neue Unan-
nehmlichkeiten mit sich bringcn würden. Iedenfalls
berichten verschiedene Vlätter, daß Bsrlin dem Schwieger-
sohn des Duce einen sehr herzlichen Cmpfang
bereiten werde und daß die deutschen Zeitungen Ciano
ausführliche Vegrüßungsartikel widmcn.
Der Außsnpolitikcr des „Iournal", Saint-Vrice, stcllt
bei seinen Äetrachtungen die Reise Cianos in den großen
Zusammenhang der europäischen Politik. Cr
schreibt u. a„ daß diese Reise sich in einer an Ueberraschun-
gen so reichcn Zsit durch eine langeVorbereitung
auszeichne.
London zum Vesuch Cianos.
London, 20. Oktober. Die englischen Blätter
sehen dem Vesuch des italienischen Außenministers
Liano in Deutschland mit großcm Interefls entgegen
und stellen in Meldungen aus Rom und Verlin weit-
gehende Vcrmutungen über das voraussichtliche Ausmatz
der Vesprechungen auf.
Der Berliner Korrespondent des „Daily Telegraph"
gibt die allgemeine Auffaffung dahin wisder, daß mit
einer engeren Verständ'igung zwischen Deutsch-
land und Italien zu rechnen sei. Folgende vier Haupt-
punkte würdsn erörtert werden: dis geplanten Fünf-
mächtebesprcchungen, die Möglichkcit einer deutsch-italie-
nischen Vercinbarung über Ocsterreich, die zukünftige
Stellungnahme Verlins und Roms zum Völkerbund und
die spanische Frage. Der römischc Vertreter der „Mor-
ningpost" crwartet, daß" eine gemeinsame Front
in der Frage der Völkerbundsvcrfahren und hinsichtlich
Spaniens und Sowjetrußlands gebildet werde.
Kleine Meldungen
— Der sranzösische Außenminister Delbos hatte am
Dienstag eine neue Üntcrrcdung mit dem belgischcn
Dotschafter in Paris.
— Die Herbsttagung des ungarischen Parlaments
wurde am Dienstag feierlich eröffnet. Ministerpräsident
Daranyi und dis Mitglieder der neuen Regierung
wurden mit Beifall begrüßt. Die erste Sihung dsr bei-
den HLuser war eins Trauerfeier für den verstorbenen
Ministerpräsidenten Gömbös.
— Die Ruhe in Vombay ist wieder hergestellt wor-
den. Dem rücksichtslosen Durchgreifen der Bombayer
Polizei ist es, wie Reuter meldet, gelungen, dis reli-
aiösen Unruhen völlig n ie d e rz u s ch l a g e n.
Cine amtliche Mitteilung der Polizei besagt, daß bei den
Ilnruhen insgesamt 58 Personen getötet und mehr als
500 verletzt worden seien. An 60 an den Anruhen betei-
ligten Indern wurde die Verurteilunq zur Auspeit -
schung vollstreckt.
Drr BormarfK -er Rationallsten.
BerOelle dei ömMli ersliirml
Ein neuer Erfolg südlrch von Eibar.
Vurgos, 21. Oktbr. (Cig. Funkmeldung.) Augen-
blicklich sind die militärischen Operationen an
der Front von Aragonien von erhöhtem Intereffe.
Seit einigen Tagen wurden die katalanischen roten
Milizen in den Vergen östlich von Saragoffa von den
Truppen der Nationalisten immer mehr zurückge-
drängt. Am Dienstag nahmen nunmehr die Nationa-
listen die Vergkette von Alentisque im Sturm. Der
Gegner ist aus der Flucht und hinterließ eine große
Zahl von Toten und Verwundeten, sowie eine große
Menge Kriegsmaterial. Die Rationalisten beherrschen
nach der Croberung dieser Stellung, die von den Roten
stark besestigt war und von großer strategischer Vedeutung
ist, das ganze Gebirge von Alcubierre an der Grenze der
Provinzen Hueska und Saragofla.
Auch an der Biscaya-Front haben die nationali-
stischen Truppen einen Crfolg zu verzeichnen. Sie er-
stürmten am Montag den Berg Susquiza, der die
Straße und Vahnlinie von Mondragon südlich von Cibar
beherrscht. Die Roten wurden acht Kilometer zurückge-
drängt. Diese Stellung war durch vorzüglich ausgebaute
Schützengräben und 12 Maschinengewehrnester gesichert.
*
Die rote Madrider Flotte vor Malaga.
London, 20. Oktbr. „Daily Telegraph" meldet aus
Gibraltar daß sich die rote Madrider Flotte, die
mehrere Wochsn lang an der spanischen Nordküste zufam-
mengezogen war, jeht wieder im Mittelmeer befinde.
Die Schiffe seien im Dunkel der Nacht ungesehen durch
die Meerenge von Gibraltar gefahrsn und befänden sich
nun auf der Höhe von Malaga. Anterseeboote der
Roten seien während des Wochenendes in der Nähs von
Gibraltar beobachtet worden.
Eine Note der Madrider Regierung in London
überreicht.
London, 20. Oktbr. Der Votschafter der
Madrider Marxistenregierung in London sprach am
Dienstag nachmittag im englischen Außenministerium vor
und überreichts hierbei eine Note, die dem Vernehmen
nach wsitere Behauptungen über angebliche Ver-
lehungen des Nichteinmischungsabkommens zugunsten
der Nationalisten enthält.
10«0 rrmien ols Geisel».
Vo« den Roten in Madrid verhaftet.
London, 20. Oktbr. Der Sonderberichterstatter der
„Times" in Valencia meldet, die M a r x i st e n in M a -
drid machten neuerdings IagdaufFrauen. Inden
vergangenen Wochen seien in dem Madrider Stadtviertel
Salamanca annähernd 1000 Frauen vsrhaftet
und in zwei beschlagnahmte Häuser untergebracht worden.
Ihren Gatten und Söhnen werde nicht erlaubt, sich mit
ihnen in Verbindung zu sehen oder ihnen zu helfen. Cs
sei möglich, datz die Marxisten beabsichtigten, die verhaf-
teten Frauen im Fall einer Velagerung Madrids als
Geiseln zu verwenden. An der spanischen Grenze und in
den spanischen Häfen sei die Parole ausgegeben worden,
daß keine spanische Frau Spanien verlaflen dürfe.
In einem Leitartikel schreibt die „Times", es würde
eine katastrophale Wirkung auf die Meinung
des Auslands haben, wenn diesen verhafteten Frauen
ein Leid geschehe.
Deotscher Bes«ch i« Ailie«.
General der Flieger Milch in Turin und Mailand.
Mailand, 20. Oktober. Staatssekretär General der
Flieger, Milch, wurde, von Rom kommend, bei seinem
Cintreffsn im Flughafen Turin am Montag von den Be-
hörden dsr Stadt und Vertretern der Faschistischen Par-
tei empsangsn. Cins Chrenkompagnie hatte auf dem
Flughasen Aufstellung genommen.
Am Nachmittag besichtigte General Milch in Ve-
gleitung des italiemschen Staatssekrstärs für die Luft-
fahrt die Lingotto-Werks und unternahm darauf
in einer neuartigen italisnischsn zweimotorigen Ma-
schine einsn Rundslug übsr der Stadt. Dänn sehte
er in Begleitung des General Christiansen und des
Obsrst Adet, sowie der anderen Herren seiner Veglei-
tung im Kraftwagen die Reise nach Mailand fort.
Dis dsutschen Gästs wurden beim Cintritt der Autobahn
m die Stadt Mailand von dem Kommandanten der 4.
Vomber-Brigade bsgrüßt.
Im Lauf des Tages besichtigten die deutschen Flieger
die 4. Vomber-Vrigäde in Lonate Pozzolo, sowie die
Flugzeugfabriken in Sesto Calende. Am Abend wurde zu
Chren von Staatssekretär Milch und seiner Vegleitung
ein osfiziellss Festeflen vsranstaltet.
Im Lauf des Mittwochs werden sich die deutschsn
Fliegsr nach Desenzano am Garda-See begeben, wo sis
die dort stationierte Fliegerabteilung bssichtigen wsrden.
Von dort aus trsten sie mit dem Flugzeug den Rück -
flug nach Münchenan.
Die deutsche Polizeiabordnung in Rom.
Rom, 20. Oktbr. Die Ankunst des Reichsführsrs SS
und Chefs der deutschen Polizei Himmler wird von
der italienischen Prefle an bevorzugter Stelle veröffent-
licht. In bebilderten Verichten begrüßen die römischen
Vlätter den Reichsführer SS als eins der bekanntestsn
Persönlichkeiten der Vewegung und schildern, wie die
Abordnung der deutschen Polizei bei den feierlschen Ver-
anstaltungen zum Iahrestag der italienischsn Sichsrheits-
polizei von Muffolini und vom Außenminister Graf
Ciano mit ganz besondsrer Aufmerksamksit behandelt
wurde.
Aus den bisherigen Veranstaltungen zu Chren der
Abordnung der dsutsichen Polizei ist besonders zu erwäh-
nen ein Cflen, zu dem der Staatssekretär des Inneren
Vussarini eingeladen hatte und zu dsm sich alle
Spihen der polizeilichen, militärischsn und Zivilbehörden
Roms vereinigt hatt^n. Bei der Parade und bei den
gymnastischsn Aebungen des Corps dei Metropolitani,
das am Sonntag sein elfjährigss Iubiläum seisrte, rief
Mussolini den Reichsführcr an seine Ssite und
unterhielt sich mit ihm über den Verlauf der einzelncn
Uebungen.
Votschafter von Hassell gab zu Chren der Abord-
nung der deutschen Polizei einen Cmpsang auf der Bot-
schaft, an dem auch der italisnische Propagandaminister
Alfieri, der Leitsr der italienifchsn Polizei Vocchini, dsr
Staatssekretür im Außemninisterium, Vastianini, der Gc-
neral der Carabinieri, Milizo, und andere italienische
Veamte teilnahmen.
Anschließend folgten die Mitglieder der deutschen
Delegation und die übrigcn Gäste dcs Votschafters einer
Cinladung des Propagandaministers zu sinem Besuch
der Filmstadt zwischen Rom und Frascati, wo sie
den neuesten Aufnahmen für den Film „Scipio Africa-
nus" beiwohnen konnten.
— 100 000 Mark aus Nr. 3162. In der gestrigen
Zishung der Preußisch-Süddsutschen Klassenlotterie fiel
der 106 000-Mark-Gcwinn auf die Nummer 3162, die in
der ersten Abteilung in Achteln im Rheinland, in der
zweiten Abteilung in Vierteln in Westfalen gespielt
wird.
— Die Iäger und das WHW. Reichsjägermeister
Göring hat an die deutsche Iägerschaft einen Aufruf
erlaflsn, ihre Opferwilligkeit auch bsim diesjährigen
Winterhilfswerk zu beweisen. Cr spricht die Cr-
wartunq aus, daß in der Zsit vom 1. November bis 20.
Dezember aus jedem Revier eine Wildmenge an das
WHW. abgegeben wird, die mindestens fünf Pro-
zent der Nutzwildjahresstrecks dss Revicrs
bcträgt. Dic Abgabs hat nach Möglichksit in Schalen-
wild, Hasen, Kaninchen und Fasanen zu erfolgen.
— Eine fünfzehnfach« Giftmörderin in Vrüffel ver-
hastet. Cine 56jährige Modistin, die Witws Vackaers,
dis in Lüttich im Zusamemnhang mit einem unter
seltsamen klmständen vorgekommenen Todesfall verhaftet
wurde, steht im dringenden Verdacht, fünfzehn Per-
sonen vergiftet zu habsn. Die Witwe Veckaers,
dis bei alten allsinstehendsn Frauen als Pflegerin
disnte, soll diese vsrgiftet haben, um größsre Dar-
lehen, die sie stch geben ließ, nicht zurückzah-
len zu müflen. Außerdem soll die Veschuldigte die
Sckmucksachen der Toten geraubt habsn. Äei dsr Fest-
nahme wurde im Vesitz der Frau ein kleines Fläschchen
mit Digitalis gefunden. Das Gericht hat die Ausgra-
bung der mutmaßlichen Opfer der Giftmörderin ange-
ordnet.
— „Elisabeth..." Der 17jährige Vela Szabo,
der in einer Vudapester Drucksrei Schriftsstzer lernt,
hat sich in die Tochter seinss Chsfs verliebt, die ihm aber
einen Korb gab. Darauf setzte der Lshrling die neun
Buchstabsn des Namens „Clisabeth" in Großbuch-
staben und schluckts fis hinunter. Als er nach Feier-
abend nach Hause ging, wurde er aus der Straße ohn-
mächtig. Auf der Rettungsstelle beichtete er seinen eigen-
artigen Selbstmordversuch und eine schleunige Operation
rettete ihm das Leben.
— Das „fliegende Ehepaar" läßt sich scheiden. Die
cnglische Fliegerin Amy Mollison crlitt am Diens-
tag bei einer Notlandung in der Nähe von Orpington
einen Nassnbeinbruch und andsrs Verlshungsn. Sie
tcilte fpätsr mit, daß sie sich von ihrem Fliegergattsn
Iim Mollison getrennt habe und in Zukunft wiedsr
unter ihrem Mädchennamen fliegen werde.
— Zu Tod getanzt. In Gateshead starb der 74jäh-
rige George Smith an einem Herzschlag, nachdem
er auf Grund einer Wette mit einer jungen TLnzerin
nicht weniger als zehn Walzer hintereinander ge-
tanzt hatte.
— „Fräulein Fliegerleutnant." In der Türkei hat
eins junge Sportflregerin ihre Prüfung als Mi-
litärfliegerin abgelegt, nachdsm sie drei Monate in einsm
Militärfliegerlager geübt hatts. Dieses „Fräulein
Fliegerleutnant", wie die türkische Preffe sie
nsnnt, heißt Bayan Sahiba Gökcen und ist eins Adop-
tivtochter des Staatspräsidenten Kemal Atatürk
I -
Heidelierger ötSdtischen Theiter.
„Ein idealer Gatte."
Schauspiel von Oskar Wilde.
Heidelberg, 21. Oktober 1936.
Der englische Dichter Oskar Wilde gilt als einer
der Hauptvertreter des literarischsn Aesthstentums, als
der Repräsentant einer dskadentsn Kultur und dsr ver-
hätschelte Lisbling jener literarisch intercflierten Gssell-
schaftskreise, dencn es nichts ausmachte, wenn sis sich
selbst in einer wenig schmsichelhaften Form auf der
Bühne erblickte. Die englische Gesellschaft vsrzieh ihm
vieles, weil er Witz hatte und er konnte sich daher als
Dichter alles erlauben. Gerichtet war er freilich für sie
in dsm Augenblick, als ihn menschliche Versehlungen
schwerster Art außerhalb ihres Kreisss stellten, jenes Krei-
ses, in dsn zu kommen ihm der Dichter nur ein Mittel
zum Zweck war. Man kann Oskar Wilde einesteils nur
von der englischen Gessllschast dss ausgehcnden vorigen
Iahrhunder'ts her begreisen, in der dis sür uns heute er-
ledigte Formel der „Kunst um der Kunst willen" nicht
nur in der Dichtung, sondern auch im Lcben eine sehr
starke Gsltung hatte.
In Deutschland wurde Oskar Wilde zusrst bekannt
durch sein einaktigss Drama „Salome", das — mag man
von seincm Inhalt auch noch so sehr abgestoßcn werden
— als Bühnsnstück zweifellos ein Kunstiverk ist und alle
anderen dramatischen Vchandlungen dieses Stoffes in js-
dsr Hinsicht überragt. Hier schus Wilde ein wirklich dra-
matisches Kunstwerk, aber auch^lsieht man von der leidsr
nur Fragment gehliebenen „Florentinischen Tragödie"
ab) sein einziges. Denn seine übrigen Schauspiele und
Komödien, diese Satiren auf dis cnglische Gessllschaft,
sind vielfach unmöglich in dsr Crsindung dsr Fabsl, stnd
sogar bisweilen von einer roh zurccht gezimmertcn hand-
lung und meist sehr schwach in dcr Charaktcrzeichnung.
Aber sis haben ctwas, was uns immer wieder an ihnen
Gefallen sinden läßt: einen glänzenden Dialog von
sprühendsm, wcnn auch scharfen Witz, ein Feuerwcrk von
qeiftreichen Vemerkungen, dis um so erhsitsrnder wirken,
fe paradoxer ste sind. Und weil ein guter Witz und eine
gsistreiche Dsmerkung uns immer mehr Freude berciten
sclbst bei einer schwachsn Handlung, als leeres Geschwütz
in einem vollendst gebauten Theäterstück, darum darf
Oskar Wilde auch heute seinen Platz im Spielplan un-
ssrer deufichen Bühnen beanspruchen, ganz abgesehen da-
von, daß wir in ihm einen unerschrockenen Kämpfer er-
blicken dürfen gegen die Moral und die Ichsucht einer Ge-
sellschaftsschicht, bie er sslbst zwar brauchte, deren Schwä-
chen und Hohlheitsn er aber durchaus erkannt hatts.
Cines freilich ist nötig: eine Bearbeitung, die vor
allem das erheblichs Redebedürfnis dieser Menschen et-
was einschränkt und die alles das zurückschneidet, was
ebsn nur aus den Gewohnheitsn der englischen Gesell-
schaft um die Iahrhundcrtwende vsrständlich ist, uns
hcute aber allzufcrn lisgt. Wenn das in eincr so ge-
schickten Weise geschieht, wie es Karl Lerbs bei diessm
Intrigenstück mit politischem Hintergrund „Cin
idealer Gatte" getan hat, dann bekommt dicses
Schauspiel nicht allein sogar eine gewifle dramatische
Spannung, sondern auch einen sthischen Gehalt, dann
leuchtst zwischen allen dissen geistreichen Aphorismsn
auch plötzlich eine warme und tiefgehsnde Menschlichkeit
auf, die uns die Zufälligkeiten dcr Handlungsführung
vsrgeffen läßt. Dann habcn wir nicht nur unsere Freuds
an diesem Vrillantfeuerwerk eines von witzigen Äsmer-
kungen sprühenden Dialogs, wir werden auch innerlich an
dcm Gcschshsn Antsil nchmen.
Kurt Crlich hatts bei seiner vortresslichen In-
szsnierung die Akzente klug vsrteilt und damit bsiden
Seiten des Schauspiels zu ihrer Wirkung vsrholfen. Der
leichte Konversationston, bci dsm das Wort wie absichts-
los gesprochen klingt, war sbenso gut getrofscn, wie
jene tisfsr gehcnden Töne, hinter densn man den Herz-
schlaq spürts. ftnd es war ein wirklicher Gcnuß, zu ver-
solgen, wis sich ost aus dsm einen das andsre entwickclte,
wie aus Wortspielersisn plötzlich eine dramatische Si-
tuation entstand, wie dcr harmlose Vcginn eines Ge-
sprächs sich zuspihte und wie dabei die Menschen selLst
die Maske des rein Gesellschastsmätzigen abwarfen und
ihr wahres Gesicht enthüllten.
Cs war ein außerordentlich glücklicher Gsdanke, dis
sigentliche Hauptfigur des Stückss, die durchtriebene, gs-
wiflenlofe und rafsinierts Mrs. Chevelsy von Ly
Drühl spielen zu laffen. Sie erfüllt diese Rolle mit
jenem vollendeten Charme, der sis stets auszsichnet, sie
beherrscht jede Situation, sie spricht einen völlig natürlich
klingenden Dialog, ist immcr die kluge Frau, kurzum ist
stets das, was diese Mrs. Lheveley in jedem Augenblick
sein muß. Man sollte Ly Brühl öfter in unser Schau-
spiel-Cnsemble einreihen, es gäbe für sie ein neues und
sehr reiches Vetätigungsfsld. Die andere Haupfiigur des
Stückes ist der Viscount Goring, nach außen hin ein
geistrsMer Müßiggänger, in Wahrheit aber ein prächti-
ger Mensch und treuer Freund. Ihn gibt Crich
Weiland mit läfliger Cleganz, dabei in sehr aristo-
kratischer und zuglsich liebsnswürdigsr Haltung, außer-
ordsntlich englisch in dsr gewolltsn Originalität, zugleich
absr auch sshr warm und wahrhaft freundschaftlich, durch
und durch anständig und menschlich lisbenswert, eine
Leistung, die jede Änerksnnung verdient.
Als finterstaatssskrstür Sir Robsrt Chiltcrn ge-
winnt Hslmut Wittig unsere msnschlichsn Sympathien,
ohne allerdings allss gebsn zu können, was dieser freilich
nicht ganz einfachen Rolle zukommt. Cs ist, wenn man
von dem Gssamtmilieu dss Stückss ausgeht, eine Spur
von Klcinbürqertum in disscr Art der Äerkörperunq, die
auch in der Maske nicht ganz zutrefscnd erschcint. Hilde-
gard Dreyer spielt die Gattin, die in ihrem Mann
nur eine Idealfigur zu sehsn glaubt, schlicht und warm
Mehr ist aus disser Frau auch kaum zu machcn. Cinc
Meistsrin der obcrflächlichsn Konversation ist die Ladv
Markbv von Klarissa Manhof, ein liebcs, kleines
Dingelchsn die Miß Mabel von Annemarie Collin.
Clga Platter und Crna Hübschmann erscheinen
als zwei typische Vsrtrstcrinnen dsr englischen Gesell-
schaft, zu der sich auch der Carl von Cavsrsham von Arno
Hofmann rechnen darf. In kleinsrsn Rollen sind noch
Waltcr Giersch, Karl Mauthe, Robert Moser
und Bernhard Wichert tätig. Hermann Alberti
hat eine prächtigc, großräumigä Hallc und ein sehr ge-
schmackvolles Bibliothekszimm'er erstellt
Das Publikum zeigte große Freude über all die
geistreichen und witzigen Bemerkungen und bedachts die
Hauptrollenträger mit Veifall und Vlumen, Anerken-
nungen, die diese ausgezsichnete Aufführung voll und
ganz verdiente. Or. W c r n e r S ch mid t.
Der rechte Mann am rechten PlaK.
Das Ausland zur Vetrauung Görings.
Die Betrauung des Ministerpräsidenten Lfir-
mann Göring mit der Durchführung des neuen D re
jahresplans findet in der Presse des AU»
landes größte Veachtung.
In der italienischen Prefle wird u. a. darauf hmö,
wiesen, daß Göring der Gründer und Ches der Luftsay
des Dritten Reichcs sei. Cr sei der unmittelbarN
und engste Mitarbeiter des Führers E
habs autzerordentliche politische Vollmachtcn eryo
ten. . ,
Die polnische Telegraphenagentur verbreitet ern
Msldung, in der es heißt, die Crhebung des Generai-
obersten Göring zum zweiten Mann im Staat nach ve>
Kanzler sei die offizislle Bestätigung einer schon lang
vorhandcnen Sachlage und ein Äeweis, daß der preu
ßische Ministerprüsident sich des vollen Vertrauens oe
Führers erfrcue. „Polska Abrojna" schreibt in eine>
Verliner Meldung, die Aebertragung so weitgehenoe
Vollmachten an eins Cinzelpefiönlichkeit sei begrünve
durch dis Notwendigkeit, alle Anstrengungen zur Durcy'
führuna des Vierjahresplanes zu vereinheitlichfh'
der in alle Gebiste des deutschen Lebens eingreife. Wc»
ter müßten alle Anordnungen mit der Außenpolitt >
in Cinklang gebracht werden. Somit habe die Stcllung
des Generalobefiten Göring einen ungewöhnlich um-
faflenden Charakter.
Auch in dsr holländischen Prefle fand die Erncnnung
Görings große Veachtung. Der Amsterdamer „Telegral
sagt, die Crnsnnung Görings sei erfolgt, um das schwcr
Ämt des Reichsbankprästdenten Dr. Schacht zu er-
leichtern. Das Vlatt zieht in diesem Zusammcnhang
einen Vergleich mit dsr Crnennung des Ministerpray'
dentsn Göring zum Devisen- und Rohstoffkommiffar r"
Beqinn dieses Iahres. Die dadurch sich ergebende Zu-
sammcnarbeit zwischen Ministerpräsident Göring und Dr-
Schacht habe günstige Auswirkungen gebaor
Die letzte Crnennung des Führers entspreche der Ew'
schließung dieses Frühjahrs. Hitler habe wicderum di
oberste vsrantwortliche Leitung in die Hände dss M"U'
sterpräsidenten Görinq gslegt, der in hohem Maß 2ln-
sehen und Volkstümlichkeit genieße.
F»«Im«ff i« kindmeiche Famitie«.
Ab 1. November an allen deutschen Ssndern.
Verlin, 20. Oktober. Aehnlich wir die Glückwünschr
an die 90jährigen wird künftig an allen deufichen SeN'
dern einGrußan die kinderreichenFami'
lien gerichtet werden. Die Hitlsr-Iugend, dia
diese Sendung durchführt, will damit der deutschen F»s
milie, die dem Volk zahlreiche gesunde Kinder geschenn
hat, eine besondere Chrung zuteil werden laflen-
Wie der Reichsjugend-Prefledienst mitteilt, wirk'
der Gruß der Iugend an die Kinderrcichcn be-
reits ab 1. November im Rundfunk gesprochen
werden. Dsr Rundfunk will mit Hilfe der Hitler-Iugenv
dazu beitragen, das Ansehen dsr Mutterfchast und dm
gesunden kinderreichen Familie in der deutschen Dolrs'
qemeiiischast zu heben. Die Hörerschaft wird crsucht, dsm
für sie jeweils zuständigen Reichssender davon Kcnntnw
zu geben, wenn in gesunden und kinderreichen deutschc»
Familien ein neues 'Kind zur Welt kommt. Die GUM'
wünsche sollen beim sechsten Kind beginncn und wcc^
den mittags oder nachmittags in den Konzertpauscn w'
sendet.
Lustschiss „Hindenburg" heute srüh gestartet.
Der wöchentliche Ucberseedienst beginnt.
Frankfurt am Main, 21. Oktober. (Cigcne Funk'
meldung.) Das Luftschiss „Hindenburg" ist hc»^
Mittwoch um 8.30 Uhr vom Flughasen Rhein/Main K
sciner Südamerikafahrt gestartet.
Das ist die sechzehnte Fahrt des Luftschiffes
dsnburg" und gleichzsitig seine erste Südamerika
fahrt im Rahmen des jeht bcginnenden wöchsntlichc"
Ueberseedicnstes der deutschen Zsppelinluftschiffe nam
Südamerika.
An Vord des „tzindenburg" befinden sich diesmal
Fahrgäste.
Etu HMndischer Dülnyser gekeutert.
Visher noch 73 Vermißtc.
Amsterdam, 20. Oktbr. Am Dienstag früh kentcrts,
wie aus Vatavia gemeldct wird, der holländische Danrpfi^
„Van der Wijk" auf der Höhe von Tandjong Pak'
(Iava). Das Schiff hatte einschließlich der Vesahuus
etwa 250 Personen an Vord, von denen bisher noch "
vermißt werden. Der Dampfer war von Soerabafi
nach Seinarang rmtcrwcgs. „
Vereits in der Nacht hatte die „Van der 2Li>k.
808-Rufe ausgesandt. Dann verstummte der Seiidcr bc
Dampfcrs plöhlich. Zu Hilfe gesandte Dornier-FlugzcuO
der niederländisch-indischen Marine konnten an der M
fallstelle zahlreiche Schiffbrüchige.in den WA'
len wahrnehmen. Darauf eilten mehrere Schiffe zu HiM
Diese konnten bishsr 14 europäische Fahrgäste, zwei Kw
der, dcn europäischcn Kapitän, alle Offizicre, den S>
ward, drei Angestellte und 121 Cingcborcne aus der
retten. Acht Curopäer, drei europäische Kinder, dcr F"g,
ker, zwei Vüroangestellte und etwa 59 Cingeborene wc>
den noch vcrmißt.
Die „Van der Wijk" hielt den Verkehr im niederla".'
disch-indifchen Archipel aufrecht. Das Schiff wurds
gebaut und hatte eine Waflcrvsrdrängimg von
Vruttoregistertonnen. Cs qehörte der Holländisch-Könw
lichen Paketsahrtgesellschaft.'
kunst und Vrsseuschafk.
lAuszeichnung eines dcutschen Kohlensorschsrs.s
Direktor des KaisLr-Wilhelm-Institiits für Koh>c
forschung in Mülheim, Gcheimrat Profeffor Dr. F/".^
Fischer, wurde am 15. Oktobcr in London vor cü" -
orößeren Krcis führender Männer der Wiflcnschaft u>
Industrie durch dis fteberreichung der Melch
Medaille gcehrt. Die MslchLtt-Medaillc
jährlich einmal verliehen in Anerkennung hsrvorragc»^
Arbsitcn auf dcm Gcbict der Gcwinnung und Verwc
dung der Vrcnnstoffs, wcnn die Forschun'gsergsbniflc
die Allqemcinheit nutzbar gemacht wcrden könncn. fi-,.
kanntlich hat Gehcimrat Fischer zusammcn mit
Torpsck, im Iahr 1925 die Benzinsynthsse cntbcu/
die es gcstattst, ohne Anwendung von Druck aus bÄ,a
schen Rohstosfcn alle Produkte des natürlichcn Crb> 2
jynthetisch hcrzustellen. Im Ruhrgebict bssinden siä>.!s5.,
diesem Verfahren Anlagcn zur Gewinnung synthctsic^.,
Bsnzine und Schwsröle im Vau bzw. sind bcreits i»
trieb gcnommcn.
sVritische Ausgrabungsn in Gricchenland 1886
1936.1 Zur Feicr dcs fünfzigjähriqen Iubilä » ' F
der Vritischen Schule sür Ärchäologic j^
Athen wurde dieser Tage in der Königlichen Äkabc»
zu London, eine Ausstellung eröffnet, die einc» E
blick in dis britischcn Ausgrabungen in Gricchenland >"M,
rend der lehten fünfzig Iahre gibt. In systematischcr ,
ordnung werdsn die Funde der vorhcllsnischen K»'
zu Miiios auf Crcta gezeigt, Fragmente von Va»WL§
ken aus den Iahren 3500 bis 1200 v. Chr. Die FÄ,,.
aus Kreta verdankt Cngland den Arbciten des Gclfifi
ten Sir Arthur Cvans, der ein grundlcgendes Wcrk »
den Palast von Minos auf Knoflos verösfsntlichk /üg
zu dem nun dis Ausstellung eine anschauliche Cr9ii»)»fi.
bietet. In drei weitcren Räumen der Londonsr
lung findet man die Früchte der Ausgrabungcn i»
kenä, Sparta und Klcinasien, wobei cinigs kleinerc j^
zen und Opfertafeln vom Heiligtum der Artemis 0>>„^
besondsrs hervorqehoben werden. Cin Raum fü» '
wird der Vyzantinischcn Kultur gewidmet.
^ßolLOl*, OpsI-Qsnei'Llvsi'ii'btung tüi' cisn KnSis ^eiciSlbsi'g, ^ppsllisimsi-8t»-a6s 38 / Islsplion 2430
Fernsprecher-S.-A. 7351 —53.
Zerdelberger Neueste NachnchtenE — „Herdelberger Anzeiger*
Mtttwoch. 21. Ottober 1936
Nr. 247
zen und Sanktronen des Locarnogedankens ein-
schneidend zu ändern, sei jetzt noch die Tatsache der
Cnthaltung Velgiens hinzugekommen. Ncben diesen
Schwierigkeiten sei auch an den Versuch Cnglands zu er-
innern, seine Garantenstellung zu seinen Gunsten zu er-
weitsrn und dadurch Italien zu isolieren.
Auch das Völkerbundsproblem, soweit es
die durch den Sanktionsartikel geficherte kollektive
Sicherheit betreffe, habs sich, so führt das Vlatt
dann auS, erneut verschärst. Die Stellung
Deutschlands und Italiens dem Völkerbund
qegenübcr weise hsute ebenfalls eine innere Verwandt-
schaft auf. Deutschland habe den Völkerbund cndgültig
verlassen, Italien habe seine Mitarbeit de facto,
wenn auch noch nicht de jure eingestcllt. Das Fern-
bleiben bsider Großmächte gehe aüf die gleiche Art von
Gründen zurück, nämlich auf eine unausrottbare
Verständnislosigkeit des Genfer Instituts für
die Lebensinteressen beider Staaten. Disse Ver-
ständnislostgkeit bestehe wsiter und habe sich sogar noch
verschärft. Weitere Clemente dcr europäischen An-
ordnung seien in den Creigniflen in Spanien und in
dem lärmenden Auftreten Sowjetrußlands im
Londoner Nichteinmischungskomitee, sowie in der immer
mehr um sich grcifenden kommunistischcn Zerschung und
in dem Versuch zu sehen, den K l a s s e n k a m p s, der
in Italien, Deutschland und anderen Ländern zum Glück
ihrer Völker ausgerottet worden sei, in die inter-
nationalen Beziehungen hineinzutragen. Gegenüber die-
sen Versuchen wollen die starken und gesunden Völker
aktiven Widerstand auf ihrer Vertcidigungslinie
leisten. Cs sei nur natürlich, wenn diese Nationen bei
der Abwicklung ihrer täglichen Aufgaben und Arbeiten
zusammenhielten. 'Das sei aüch zwischen Italien
und Deutschland der Fall. Diese gesunde Arbeit als
nationales Recht und nationale Pflicht
stclle zwischen ihnen natürliche Veziehungen für den
Schuh dieser Arbeit und für den Austausch
ihrer Crzeugnisse her.
Dsr Aufsatz erinnert zum Schluß an das Problem
dss Donauraumes, wo außer den italienischen wich-
tige deutsche Interessen zusammenfließen, die Ita-
lien immer anerkannt habe und mit den eigenen Inter-
eflen und den allgemeinen Bedürfnifle im Donaugebiet
in Asbereinstimmung bringen wolle. Aus allen diesen
Zusammenhängen der europäischen Politik sei die Reise
des italienischen Außenministers nach Deutschland reich
an idealer Vedeutung und realpolitischen Möglichkeiten.
3m Syiegel des Auslands.
Pariser Interefle an der Reise Lianos.
Paris, 20. Oktbr. Der Reiss des italienischen
Außenministers Graf Ciano nach Verlin wird von dsr
französischen Oeffentlichkeit weitgchcnde Vcachtung ge-
schenkt. Die Prefle widmet den bevorstehenden italie-
nischen Besprechungen in Verlin und Berchtes-
gaden großes Intereffe und läßt ihre römischen und
Berliner Verichterstatter ausführlich zu Worte kommen.
Ileber die auf der Tagesordnung stshenden Fra-
gen gehen allerdings die Meinungen auseinander. Ciner-
seits will man der Reise Lianos nur einen allgemeincn
Lharakter zubilligen; andererseits „befürchtct" man, daß
Deutschland und Italien doch viellcicht irgcnd-
wie feste Vindungen eingehen könnten, deren Aus-
wirkungcn für die französischs Politik nur neue Unan-
nehmlichkeiten mit sich bringcn würden. Iedenfalls
berichten verschiedene Vlätter, daß Bsrlin dem Schwieger-
sohn des Duce einen sehr herzlichen Cmpfang
bereiten werde und daß die deutschen Zeitungen Ciano
ausführliche Vegrüßungsartikel widmcn.
Der Außsnpolitikcr des „Iournal", Saint-Vrice, stcllt
bei seinen Äetrachtungen die Reise Cianos in den großen
Zusammenhang der europäischen Politik. Cr
schreibt u. a„ daß diese Reise sich in einer an Ueberraschun-
gen so reichcn Zsit durch eine langeVorbereitung
auszeichne.
London zum Vesuch Cianos.
London, 20. Oktober. Die englischen Blätter
sehen dem Vesuch des italienischen Außenministers
Liano in Deutschland mit großcm Interefls entgegen
und stellen in Meldungen aus Rom und Verlin weit-
gehende Vcrmutungen über das voraussichtliche Ausmatz
der Vesprechungen auf.
Der Berliner Korrespondent des „Daily Telegraph"
gibt die allgemeine Auffaffung dahin wisder, daß mit
einer engeren Verständ'igung zwischen Deutsch-
land und Italien zu rechnen sei. Folgende vier Haupt-
punkte würdsn erörtert werden: dis geplanten Fünf-
mächtebesprcchungen, die Möglichkcit einer deutsch-italie-
nischen Vercinbarung über Ocsterreich, die zukünftige
Stellungnahme Verlins und Roms zum Völkerbund und
die spanische Frage. Der römischc Vertreter der „Mor-
ningpost" crwartet, daß" eine gemeinsame Front
in der Frage der Völkerbundsvcrfahren und hinsichtlich
Spaniens und Sowjetrußlands gebildet werde.
Kleine Meldungen
— Der sranzösische Außenminister Delbos hatte am
Dienstag eine neue Üntcrrcdung mit dem belgischcn
Dotschafter in Paris.
— Die Herbsttagung des ungarischen Parlaments
wurde am Dienstag feierlich eröffnet. Ministerpräsident
Daranyi und dis Mitglieder der neuen Regierung
wurden mit Beifall begrüßt. Die erste Sihung dsr bei-
den HLuser war eins Trauerfeier für den verstorbenen
Ministerpräsidenten Gömbös.
— Die Ruhe in Vombay ist wieder hergestellt wor-
den. Dem rücksichtslosen Durchgreifen der Bombayer
Polizei ist es, wie Reuter meldet, gelungen, dis reli-
aiösen Unruhen völlig n ie d e rz u s ch l a g e n.
Cine amtliche Mitteilung der Polizei besagt, daß bei den
Ilnruhen insgesamt 58 Personen getötet und mehr als
500 verletzt worden seien. An 60 an den Anruhen betei-
ligten Indern wurde die Verurteilunq zur Auspeit -
schung vollstreckt.
Drr BormarfK -er Rationallsten.
BerOelle dei ömMli ersliirml
Ein neuer Erfolg südlrch von Eibar.
Vurgos, 21. Oktbr. (Cig. Funkmeldung.) Augen-
blicklich sind die militärischen Operationen an
der Front von Aragonien von erhöhtem Intereffe.
Seit einigen Tagen wurden die katalanischen roten
Milizen in den Vergen östlich von Saragoffa von den
Truppen der Nationalisten immer mehr zurückge-
drängt. Am Dienstag nahmen nunmehr die Nationa-
listen die Vergkette von Alentisque im Sturm. Der
Gegner ist aus der Flucht und hinterließ eine große
Zahl von Toten und Verwundeten, sowie eine große
Menge Kriegsmaterial. Die Rationalisten beherrschen
nach der Croberung dieser Stellung, die von den Roten
stark besestigt war und von großer strategischer Vedeutung
ist, das ganze Gebirge von Alcubierre an der Grenze der
Provinzen Hueska und Saragofla.
Auch an der Biscaya-Front haben die nationali-
stischen Truppen einen Crfolg zu verzeichnen. Sie er-
stürmten am Montag den Berg Susquiza, der die
Straße und Vahnlinie von Mondragon südlich von Cibar
beherrscht. Die Roten wurden acht Kilometer zurückge-
drängt. Diese Stellung war durch vorzüglich ausgebaute
Schützengräben und 12 Maschinengewehrnester gesichert.
*
Die rote Madrider Flotte vor Malaga.
London, 20. Oktbr. „Daily Telegraph" meldet aus
Gibraltar daß sich die rote Madrider Flotte, die
mehrere Wochsn lang an der spanischen Nordküste zufam-
mengezogen war, jeht wieder im Mittelmeer befinde.
Die Schiffe seien im Dunkel der Nacht ungesehen durch
die Meerenge von Gibraltar gefahrsn und befänden sich
nun auf der Höhe von Malaga. Anterseeboote der
Roten seien während des Wochenendes in der Nähs von
Gibraltar beobachtet worden.
Eine Note der Madrider Regierung in London
überreicht.
London, 20. Oktbr. Der Votschafter der
Madrider Marxistenregierung in London sprach am
Dienstag nachmittag im englischen Außenministerium vor
und überreichts hierbei eine Note, die dem Vernehmen
nach wsitere Behauptungen über angebliche Ver-
lehungen des Nichteinmischungsabkommens zugunsten
der Nationalisten enthält.
10«0 rrmien ols Geisel».
Vo« den Roten in Madrid verhaftet.
London, 20. Oktbr. Der Sonderberichterstatter der
„Times" in Valencia meldet, die M a r x i st e n in M a -
drid machten neuerdings IagdaufFrauen. Inden
vergangenen Wochen seien in dem Madrider Stadtviertel
Salamanca annähernd 1000 Frauen vsrhaftet
und in zwei beschlagnahmte Häuser untergebracht worden.
Ihren Gatten und Söhnen werde nicht erlaubt, sich mit
ihnen in Verbindung zu sehen oder ihnen zu helfen. Cs
sei möglich, datz die Marxisten beabsichtigten, die verhaf-
teten Frauen im Fall einer Velagerung Madrids als
Geiseln zu verwenden. An der spanischen Grenze und in
den spanischen Häfen sei die Parole ausgegeben worden,
daß keine spanische Frau Spanien verlaflen dürfe.
In einem Leitartikel schreibt die „Times", es würde
eine katastrophale Wirkung auf die Meinung
des Auslands haben, wenn diesen verhafteten Frauen
ein Leid geschehe.
Deotscher Bes«ch i« Ailie«.
General der Flieger Milch in Turin und Mailand.
Mailand, 20. Oktober. Staatssekretär General der
Flieger, Milch, wurde, von Rom kommend, bei seinem
Cintreffsn im Flughafen Turin am Montag von den Be-
hörden dsr Stadt und Vertretern der Faschistischen Par-
tei empsangsn. Cins Chrenkompagnie hatte auf dem
Flughasen Aufstellung genommen.
Am Nachmittag besichtigte General Milch in Ve-
gleitung des italiemschen Staatssekrstärs für die Luft-
fahrt die Lingotto-Werks und unternahm darauf
in einer neuartigen italisnischsn zweimotorigen Ma-
schine einsn Rundslug übsr der Stadt. Dänn sehte
er in Begleitung des General Christiansen und des
Obsrst Adet, sowie der anderen Herren seiner Veglei-
tung im Kraftwagen die Reise nach Mailand fort.
Dis dsutschen Gästs wurden beim Cintritt der Autobahn
m die Stadt Mailand von dem Kommandanten der 4.
Vomber-Brigade bsgrüßt.
Im Lauf des Tages besichtigten die deutschen Flieger
die 4. Vomber-Vrigäde in Lonate Pozzolo, sowie die
Flugzeugfabriken in Sesto Calende. Am Abend wurde zu
Chren von Staatssekretär Milch und seiner Vegleitung
ein osfiziellss Festeflen vsranstaltet.
Im Lauf des Mittwochs werden sich die deutschsn
Fliegsr nach Desenzano am Garda-See begeben, wo sis
die dort stationierte Fliegerabteilung bssichtigen wsrden.
Von dort aus trsten sie mit dem Flugzeug den Rück -
flug nach Münchenan.
Die deutsche Polizeiabordnung in Rom.
Rom, 20. Oktbr. Die Ankunst des Reichsführsrs SS
und Chefs der deutschen Polizei Himmler wird von
der italienischen Prefle an bevorzugter Stelle veröffent-
licht. In bebilderten Verichten begrüßen die römischen
Vlätter den Reichsführer SS als eins der bekanntestsn
Persönlichkeiten der Vewegung und schildern, wie die
Abordnung der deutschen Polizei bei den feierlschen Ver-
anstaltungen zum Iahrestag der italienischsn Sichsrheits-
polizei von Muffolini und vom Außenminister Graf
Ciano mit ganz besondsrer Aufmerksamksit behandelt
wurde.
Aus den bisherigen Veranstaltungen zu Chren der
Abordnung der dsutsichen Polizei ist besonders zu erwäh-
nen ein Cflen, zu dem der Staatssekretär des Inneren
Vussarini eingeladen hatte und zu dsm sich alle
Spihen der polizeilichen, militärischsn und Zivilbehörden
Roms vereinigt hatt^n. Bei der Parade und bei den
gymnastischsn Aebungen des Corps dei Metropolitani,
das am Sonntag sein elfjährigss Iubiläum seisrte, rief
Mussolini den Reichsführcr an seine Ssite und
unterhielt sich mit ihm über den Verlauf der einzelncn
Uebungen.
Votschafter von Hassell gab zu Chren der Abord-
nung der deutschen Polizei einen Cmpsang auf der Bot-
schaft, an dem auch der italisnische Propagandaminister
Alfieri, der Leitsr der italienifchsn Polizei Vocchini, dsr
Staatssekretür im Außemninisterium, Vastianini, der Gc-
neral der Carabinieri, Milizo, und andere italienische
Veamte teilnahmen.
Anschließend folgten die Mitglieder der deutschen
Delegation und die übrigcn Gäste dcs Votschafters einer
Cinladung des Propagandaministers zu sinem Besuch
der Filmstadt zwischen Rom und Frascati, wo sie
den neuesten Aufnahmen für den Film „Scipio Africa-
nus" beiwohnen konnten.
— 100 000 Mark aus Nr. 3162. In der gestrigen
Zishung der Preußisch-Süddsutschen Klassenlotterie fiel
der 106 000-Mark-Gcwinn auf die Nummer 3162, die in
der ersten Abteilung in Achteln im Rheinland, in der
zweiten Abteilung in Vierteln in Westfalen gespielt
wird.
— Die Iäger und das WHW. Reichsjägermeister
Göring hat an die deutsche Iägerschaft einen Aufruf
erlaflsn, ihre Opferwilligkeit auch bsim diesjährigen
Winterhilfswerk zu beweisen. Cr spricht die Cr-
wartunq aus, daß in der Zsit vom 1. November bis 20.
Dezember aus jedem Revier eine Wildmenge an das
WHW. abgegeben wird, die mindestens fünf Pro-
zent der Nutzwildjahresstrecks dss Revicrs
bcträgt. Dic Abgabs hat nach Möglichksit in Schalen-
wild, Hasen, Kaninchen und Fasanen zu erfolgen.
— Eine fünfzehnfach« Giftmörderin in Vrüffel ver-
hastet. Cine 56jährige Modistin, die Witws Vackaers,
dis in Lüttich im Zusamemnhang mit einem unter
seltsamen klmständen vorgekommenen Todesfall verhaftet
wurde, steht im dringenden Verdacht, fünfzehn Per-
sonen vergiftet zu habsn. Die Witwe Veckaers,
dis bei alten allsinstehendsn Frauen als Pflegerin
disnte, soll diese vsrgiftet haben, um größsre Dar-
lehen, die sie stch geben ließ, nicht zurückzah-
len zu müflen. Außerdem soll die Veschuldigte die
Sckmucksachen der Toten geraubt habsn. Äei dsr Fest-
nahme wurde im Vesitz der Frau ein kleines Fläschchen
mit Digitalis gefunden. Das Gericht hat die Ausgra-
bung der mutmaßlichen Opfer der Giftmörderin ange-
ordnet.
— „Elisabeth..." Der 17jährige Vela Szabo,
der in einer Vudapester Drucksrei Schriftsstzer lernt,
hat sich in die Tochter seinss Chsfs verliebt, die ihm aber
einen Korb gab. Darauf setzte der Lshrling die neun
Buchstabsn des Namens „Clisabeth" in Großbuch-
staben und schluckts fis hinunter. Als er nach Feier-
abend nach Hause ging, wurde er aus der Straße ohn-
mächtig. Auf der Rettungsstelle beichtete er seinen eigen-
artigen Selbstmordversuch und eine schleunige Operation
rettete ihm das Leben.
— Das „fliegende Ehepaar" läßt sich scheiden. Die
cnglische Fliegerin Amy Mollison crlitt am Diens-
tag bei einer Notlandung in der Nähe von Orpington
einen Nassnbeinbruch und andsrs Verlshungsn. Sie
tcilte fpätsr mit, daß sie sich von ihrem Fliegergattsn
Iim Mollison getrennt habe und in Zukunft wiedsr
unter ihrem Mädchennamen fliegen werde.
— Zu Tod getanzt. In Gateshead starb der 74jäh-
rige George Smith an einem Herzschlag, nachdem
er auf Grund einer Wette mit einer jungen TLnzerin
nicht weniger als zehn Walzer hintereinander ge-
tanzt hatte.
— „Fräulein Fliegerleutnant." In der Türkei hat
eins junge Sportflregerin ihre Prüfung als Mi-
litärfliegerin abgelegt, nachdsm sie drei Monate in einsm
Militärfliegerlager geübt hatts. Dieses „Fräulein
Fliegerleutnant", wie die türkische Preffe sie
nsnnt, heißt Bayan Sahiba Gökcen und ist eins Adop-
tivtochter des Staatspräsidenten Kemal Atatürk
I -
Heidelierger ötSdtischen Theiter.
„Ein idealer Gatte."
Schauspiel von Oskar Wilde.
Heidelberg, 21. Oktober 1936.
Der englische Dichter Oskar Wilde gilt als einer
der Hauptvertreter des literarischsn Aesthstentums, als
der Repräsentant einer dskadentsn Kultur und dsr ver-
hätschelte Lisbling jener literarisch intercflierten Gssell-
schaftskreise, dencn es nichts ausmachte, wenn sis sich
selbst in einer wenig schmsichelhaften Form auf der
Bühne erblickte. Die englische Gesellschaft vsrzieh ihm
vieles, weil er Witz hatte und er konnte sich daher als
Dichter alles erlauben. Gerichtet war er freilich für sie
in dsm Augenblick, als ihn menschliche Versehlungen
schwerster Art außerhalb ihres Kreisss stellten, jenes Krei-
ses, in dsn zu kommen ihm der Dichter nur ein Mittel
zum Zweck war. Man kann Oskar Wilde einesteils nur
von der englischen Gessllschast dss ausgehcnden vorigen
Iahrhunder'ts her begreisen, in der dis sür uns heute er-
ledigte Formel der „Kunst um der Kunst willen" nicht
nur in der Dichtung, sondern auch im Lcben eine sehr
starke Gsltung hatte.
In Deutschland wurde Oskar Wilde zusrst bekannt
durch sein einaktigss Drama „Salome", das — mag man
von seincm Inhalt auch noch so sehr abgestoßcn werden
— als Bühnsnstück zweifellos ein Kunstiverk ist und alle
anderen dramatischen Vchandlungen dieses Stoffes in js-
dsr Hinsicht überragt. Hier schus Wilde ein wirklich dra-
matisches Kunstwerk, aber auch^lsieht man von der leidsr
nur Fragment gehliebenen „Florentinischen Tragödie"
ab) sein einziges. Denn seine übrigen Schauspiele und
Komödien, diese Satiren auf dis cnglische Gessllschaft,
sind vielfach unmöglich in dsr Crsindung dsr Fabsl, stnd
sogar bisweilen von einer roh zurccht gezimmertcn hand-
lung und meist sehr schwach in dcr Charaktcrzeichnung.
Aber sis haben ctwas, was uns immer wieder an ihnen
Gefallen sinden läßt: einen glänzenden Dialog von
sprühendsm, wcnn auch scharfen Witz, ein Feuerwcrk von
qeiftreichen Vemerkungen, dis um so erhsitsrnder wirken,
fe paradoxer ste sind. Und weil ein guter Witz und eine
gsistreiche Dsmerkung uns immer mehr Freude berciten
sclbst bei einer schwachsn Handlung, als leeres Geschwütz
in einem vollendst gebauten Theäterstück, darum darf
Oskar Wilde auch heute seinen Platz im Spielplan un-
ssrer deufichen Bühnen beanspruchen, ganz abgesehen da-
von, daß wir in ihm einen unerschrockenen Kämpfer er-
blicken dürfen gegen die Moral und die Ichsucht einer Ge-
sellschaftsschicht, bie er sslbst zwar brauchte, deren Schwä-
chen und Hohlheitsn er aber durchaus erkannt hatts.
Cines freilich ist nötig: eine Bearbeitung, die vor
allem das erheblichs Redebedürfnis dieser Menschen et-
was einschränkt und die alles das zurückschneidet, was
ebsn nur aus den Gewohnheitsn der englischen Gesell-
schaft um die Iahrhundcrtwende vsrständlich ist, uns
hcute aber allzufcrn lisgt. Wenn das in eincr so ge-
schickten Weise geschieht, wie es Karl Lerbs bei diessm
Intrigenstück mit politischem Hintergrund „Cin
idealer Gatte" getan hat, dann bekommt dicses
Schauspiel nicht allein sogar eine gewifle dramatische
Spannung, sondern auch einen sthischen Gehalt, dann
leuchtst zwischen allen dissen geistreichen Aphorismsn
auch plötzlich eine warme und tiefgehsnde Menschlichkeit
auf, die uns die Zufälligkeiten dcr Handlungsführung
vsrgeffen läßt. Dann habcn wir nicht nur unsere Freuds
an diesem Vrillantfeuerwerk eines von witzigen Äsmer-
kungen sprühenden Dialogs, wir werden auch innerlich an
dcm Gcschshsn Antsil nchmen.
Kurt Crlich hatts bei seiner vortresslichen In-
szsnierung die Akzente klug vsrteilt und damit bsiden
Seiten des Schauspiels zu ihrer Wirkung vsrholfen. Der
leichte Konversationston, bci dsm das Wort wie absichts-
los gesprochen klingt, war sbenso gut getrofscn, wie
jene tisfsr gehcnden Töne, hinter densn man den Herz-
schlaq spürts. ftnd es war ein wirklicher Gcnuß, zu ver-
solgen, wis sich ost aus dsm einen das andsre entwickclte,
wie aus Wortspielersisn plötzlich eine dramatische Si-
tuation entstand, wie dcr harmlose Vcginn eines Ge-
sprächs sich zuspihte und wie dabei die Menschen selLst
die Maske des rein Gesellschastsmätzigen abwarfen und
ihr wahres Gesicht enthüllten.
Cs war ein außerordentlich glücklicher Gsdanke, dis
sigentliche Hauptfigur des Stückss, die durchtriebene, gs-
wiflenlofe und rafsinierts Mrs. Chevelsy von Ly
Drühl spielen zu laffen. Sie erfüllt diese Rolle mit
jenem vollendeten Charme, der sis stets auszsichnet, sie
beherrscht jede Situation, sie spricht einen völlig natürlich
klingenden Dialog, ist immcr die kluge Frau, kurzum ist
stets das, was diese Mrs. Lheveley in jedem Augenblick
sein muß. Man sollte Ly Brühl öfter in unser Schau-
spiel-Cnsemble einreihen, es gäbe für sie ein neues und
sehr reiches Vetätigungsfsld. Die andere Haupfiigur des
Stückes ist der Viscount Goring, nach außen hin ein
geistrsMer Müßiggänger, in Wahrheit aber ein prächti-
ger Mensch und treuer Freund. Ihn gibt Crich
Weiland mit läfliger Cleganz, dabei in sehr aristo-
kratischer und zuglsich liebsnswürdigsr Haltung, außer-
ordsntlich englisch in dsr gewolltsn Originalität, zugleich
absr auch sshr warm und wahrhaft freundschaftlich, durch
und durch anständig und menschlich lisbenswert, eine
Leistung, die jede Änerksnnung verdient.
Als finterstaatssskrstür Sir Robsrt Chiltcrn ge-
winnt Hslmut Wittig unsere msnschlichsn Sympathien,
ohne allerdings allss gebsn zu können, was dieser freilich
nicht ganz einfachen Rolle zukommt. Cs ist, wenn man
von dem Gssamtmilieu dss Stückss ausgeht, eine Spur
von Klcinbürqertum in disscr Art der Äerkörperunq, die
auch in der Maske nicht ganz zutrefscnd erschcint. Hilde-
gard Dreyer spielt die Gattin, die in ihrem Mann
nur eine Idealfigur zu sehsn glaubt, schlicht und warm
Mehr ist aus disser Frau auch kaum zu machcn. Cinc
Meistsrin der obcrflächlichsn Konversation ist die Ladv
Markbv von Klarissa Manhof, ein liebcs, kleines
Dingelchsn die Miß Mabel von Annemarie Collin.
Clga Platter und Crna Hübschmann erscheinen
als zwei typische Vsrtrstcrinnen dsr englischen Gesell-
schaft, zu der sich auch der Carl von Cavsrsham von Arno
Hofmann rechnen darf. In kleinsrsn Rollen sind noch
Waltcr Giersch, Karl Mauthe, Robert Moser
und Bernhard Wichert tätig. Hermann Alberti
hat eine prächtigc, großräumigä Hallc und ein sehr ge-
schmackvolles Bibliothekszimm'er erstellt
Das Publikum zeigte große Freude über all die
geistreichen und witzigen Bemerkungen und bedachts die
Hauptrollenträger mit Veifall und Vlumen, Anerken-
nungen, die diese ausgezsichnete Aufführung voll und
ganz verdiente. Or. W c r n e r S ch mid t.
Der rechte Mann am rechten PlaK.
Das Ausland zur Vetrauung Görings.
Die Betrauung des Ministerpräsidenten Lfir-
mann Göring mit der Durchführung des neuen D re
jahresplans findet in der Presse des AU»
landes größte Veachtung.
In der italienischen Prefle wird u. a. darauf hmö,
wiesen, daß Göring der Gründer und Ches der Luftsay
des Dritten Reichcs sei. Cr sei der unmittelbarN
und engste Mitarbeiter des Führers E
habs autzerordentliche politische Vollmachtcn eryo
ten. . ,
Die polnische Telegraphenagentur verbreitet ern
Msldung, in der es heißt, die Crhebung des Generai-
obersten Göring zum zweiten Mann im Staat nach ve>
Kanzler sei die offizislle Bestätigung einer schon lang
vorhandcnen Sachlage und ein Äeweis, daß der preu
ßische Ministerprüsident sich des vollen Vertrauens oe
Führers erfrcue. „Polska Abrojna" schreibt in eine>
Verliner Meldung, die Aebertragung so weitgehenoe
Vollmachten an eins Cinzelpefiönlichkeit sei begrünve
durch dis Notwendigkeit, alle Anstrengungen zur Durcy'
führuna des Vierjahresplanes zu vereinheitlichfh'
der in alle Gebiste des deutschen Lebens eingreife. Wc»
ter müßten alle Anordnungen mit der Außenpolitt >
in Cinklang gebracht werden. Somit habe die Stcllung
des Generalobefiten Göring einen ungewöhnlich um-
faflenden Charakter.
Auch in dsr holländischen Prefle fand die Erncnnung
Görings große Veachtung. Der Amsterdamer „Telegral
sagt, die Crnsnnung Görings sei erfolgt, um das schwcr
Ämt des Reichsbankprästdenten Dr. Schacht zu er-
leichtern. Das Vlatt zieht in diesem Zusammcnhang
einen Vergleich mit dsr Crnennung des Ministerpray'
dentsn Göring zum Devisen- und Rohstoffkommiffar r"
Beqinn dieses Iahres. Die dadurch sich ergebende Zu-
sammcnarbeit zwischen Ministerpräsident Göring und Dr-
Schacht habe günstige Auswirkungen gebaor
Die letzte Crnennung des Führers entspreche der Ew'
schließung dieses Frühjahrs. Hitler habe wicderum di
oberste vsrantwortliche Leitung in die Hände dss M"U'
sterpräsidenten Görinq gslegt, der in hohem Maß 2ln-
sehen und Volkstümlichkeit genieße.
F»«Im«ff i« kindmeiche Famitie«.
Ab 1. November an allen deutschen Ssndern.
Verlin, 20. Oktober. Aehnlich wir die Glückwünschr
an die 90jährigen wird künftig an allen deufichen SeN'
dern einGrußan die kinderreichenFami'
lien gerichtet werden. Die Hitlsr-Iugend, dia
diese Sendung durchführt, will damit der deutschen F»s
milie, die dem Volk zahlreiche gesunde Kinder geschenn
hat, eine besondere Chrung zuteil werden laflen-
Wie der Reichsjugend-Prefledienst mitteilt, wirk'
der Gruß der Iugend an die Kinderrcichcn be-
reits ab 1. November im Rundfunk gesprochen
werden. Dsr Rundfunk will mit Hilfe der Hitler-Iugenv
dazu beitragen, das Ansehen dsr Mutterfchast und dm
gesunden kinderreichen Familie in der deutschen Dolrs'
qemeiiischast zu heben. Die Hörerschaft wird crsucht, dsm
für sie jeweils zuständigen Reichssender davon Kcnntnw
zu geben, wenn in gesunden und kinderreichen deutschc»
Familien ein neues 'Kind zur Welt kommt. Die GUM'
wünsche sollen beim sechsten Kind beginncn und wcc^
den mittags oder nachmittags in den Konzertpauscn w'
sendet.
Lustschiss „Hindenburg" heute srüh gestartet.
Der wöchentliche Ucberseedienst beginnt.
Frankfurt am Main, 21. Oktober. (Cigcne Funk'
meldung.) Das Luftschiss „Hindenburg" ist hc»^
Mittwoch um 8.30 Uhr vom Flughasen Rhein/Main K
sciner Südamerikafahrt gestartet.
Das ist die sechzehnte Fahrt des Luftschiffes
dsnburg" und gleichzsitig seine erste Südamerika
fahrt im Rahmen des jeht bcginnenden wöchsntlichc"
Ueberseedicnstes der deutschen Zsppelinluftschiffe nam
Südamerika.
An Vord des „tzindenburg" befinden sich diesmal
Fahrgäste.
Etu HMndischer Dülnyser gekeutert.
Visher noch 73 Vermißtc.
Amsterdam, 20. Oktbr. Am Dienstag früh kentcrts,
wie aus Vatavia gemeldct wird, der holländische Danrpfi^
„Van der Wijk" auf der Höhe von Tandjong Pak'
(Iava). Das Schiff hatte einschließlich der Vesahuus
etwa 250 Personen an Vord, von denen bisher noch "
vermißt werden. Der Dampfer war von Soerabafi
nach Seinarang rmtcrwcgs. „
Vereits in der Nacht hatte die „Van der 2Li>k.
808-Rufe ausgesandt. Dann verstummte der Seiidcr bc
Dampfcrs plöhlich. Zu Hilfe gesandte Dornier-FlugzcuO
der niederländisch-indischen Marine konnten an der M
fallstelle zahlreiche Schiffbrüchige.in den WA'
len wahrnehmen. Darauf eilten mehrere Schiffe zu HiM
Diese konnten bishsr 14 europäische Fahrgäste, zwei Kw
der, dcn europäischcn Kapitän, alle Offizicre, den S>
ward, drei Angestellte und 121 Cingcborcne aus der
retten. Acht Curopäer, drei europäische Kinder, dcr F"g,
ker, zwei Vüroangestellte und etwa 59 Cingeborene wc>
den noch vcrmißt.
Die „Van der Wijk" hielt den Verkehr im niederla".'
disch-indifchen Archipel aufrecht. Das Schiff wurds
gebaut und hatte eine Waflcrvsrdrängimg von
Vruttoregistertonnen. Cs qehörte der Holländisch-Könw
lichen Paketsahrtgesellschaft.'
kunst und Vrsseuschafk.
lAuszeichnung eines dcutschen Kohlensorschsrs.s
Direktor des KaisLr-Wilhelm-Institiits für Koh>c
forschung in Mülheim, Gcheimrat Profeffor Dr. F/".^
Fischer, wurde am 15. Oktobcr in London vor cü" -
orößeren Krcis führender Männer der Wiflcnschaft u>
Industrie durch dis fteberreichung der Melch
Medaille gcehrt. Die MslchLtt-Medaillc
jährlich einmal verliehen in Anerkennung hsrvorragc»^
Arbsitcn auf dcm Gcbict der Gcwinnung und Verwc
dung der Vrcnnstoffs, wcnn die Forschun'gsergsbniflc
die Allqemcinheit nutzbar gemacht wcrden könncn. fi-,.
kanntlich hat Gehcimrat Fischer zusammcn mit
Torpsck, im Iahr 1925 die Benzinsynthsse cntbcu/
die es gcstattst, ohne Anwendung von Druck aus bÄ,a
schen Rohstosfcn alle Produkte des natürlichcn Crb> 2
jynthetisch hcrzustellen. Im Ruhrgebict bssinden siä>.!s5.,
diesem Verfahren Anlagcn zur Gewinnung synthctsic^.,
Bsnzine und Schwsröle im Vau bzw. sind bcreits i»
trieb gcnommcn.
sVritische Ausgrabungsn in Gricchenland 1886
1936.1 Zur Feicr dcs fünfzigjähriqen Iubilä » ' F
der Vritischen Schule sür Ärchäologic j^
Athen wurde dieser Tage in der Königlichen Äkabc»
zu London, eine Ausstellung eröffnet, die einc» E
blick in dis britischcn Ausgrabungen in Gricchenland >"M,
rend der lehten fünfzig Iahre gibt. In systematischcr ,
ordnung werdsn die Funde der vorhcllsnischen K»'
zu Miiios auf Crcta gezeigt, Fragmente von Va»WL§
ken aus den Iahren 3500 bis 1200 v. Chr. Die FÄ,,.
aus Kreta verdankt Cngland den Arbciten des Gclfifi
ten Sir Arthur Cvans, der ein grundlcgendes Wcrk »
den Palast von Minos auf Knoflos verösfsntlichk /üg
zu dem nun dis Ausstellung eine anschauliche Cr9ii»)»fi.
bietet. In drei weitcren Räumen der Londonsr
lung findet man die Früchte der Ausgrabungcn i»
kenä, Sparta und Klcinasien, wobei cinigs kleinerc j^
zen und Opfertafeln vom Heiligtum der Artemis 0>>„^
besondsrs hervorqehoben werden. Cin Raum fü» '
wird der Vyzantinischcn Kultur gewidmet.
^ßolLOl*, OpsI-Qsnei'Llvsi'ii'btung tüi' cisn KnSis ^eiciSlbsi'g, ^ppsllisimsi-8t»-a6s 38 / Islsplion 2430