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Mannheimer Zeitung — 1824

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No. 32 - No. 60 (1. Februar - 29. Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44352#0153

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Mit Großherzoglich badischen O;



Zeitung.

gnädigſt. ausschl. Privilegium.

P 313,-

Samſtag, den 7. Februar

182%.

Politiſche Zeitgeschichte.



Y Vo m Main , den 4. Febr.

* Zu den Unternehmungen der neueſten Zeit, die be-
ſonders in unsern Gegenden ein gewiſſes Aufsehen er-
regten, ein mehrſeitiges Urtheil hervorriefen, und über
welche ſpätierhin vielfältige oft einander widerſpre-
chende Gerüchte in Umlauf gesetzt worden sind , ge-
hört das braſilianiſche Coloniſationsproject der HH.

î_ Saueracker und Weyler. Wir haben ein Schreiboe

aus Caſtelnuovo, einem Orte in der Nähe jener An-
pslanzungen, vor uns liegen, welches thatſächliche Um-
ſtände über die Lage jener Coloniſten enihäit, ſa wie
solche, nach bereits erfolgtem Eintreſfen des erſten und

zweiten Transports derselben beſchaffen war; wir .

theilen unsern Lesern hier einen Auszug des Schrei:
bens mit, ihnen ſselbſt üderlaſſend, darnach ihre An-
ſichten über den befragten Gegenstand zu beſtimmen,
Zur Begründung der Authenticität unserer Quelle,
glauben wir noch voranſchicken zu müſſen, daß der
Briefſteller sich an einen berühmten Menſchenfreund
wendet, um ihn zur Hilfsleiſtung ſür die Urberreſte
einer der ausgewanderten deutſchen Familien aufzus
fordern, die durch den Tod ihrer Eltern beraubt, ſich
gegenwärtig dem Elende in jener fremden Zone Preiß
gegeben sieht. Nachdem derselbe in dieser Beziehung
das Erforderliche geſagt, geht er in die allgemeinere
Darſtellungen über, und äußert ſich deéfalls wie folgt:
„„ Sämmiliche Coloniſten des erſten Transports. die
„noch nicht ihrem Schicksale unterlagen, bieten das
nämliche traurige Gemälde dar. Fieber und Verſto-
Pfungen, ia selbſt der Hunger, werden bald dem
Elende der noch übrigen drey Viertel ein Ende ma-
chen. Von den 98, die hier angekommen, ſind 30
geſtorben, und es iſt Alles zu beſorgen, daß das näm-
liche Schickfſal dem zweyten Transporte von 161 In-
dividuen bevorſteht, die mit dem Schiſfe Anna Louiſe,
Capitän Knaack, eingetroffen sind, wenn keine ſchnelle
Hilfe sie noch recht zeitig dem Elende und dem Tode

entreißt. Diese hat ein gewiſſer Thomming, ein ges-
borner Engländer, nach Una, 8 Stunden ſüdlich von

Ilheos gelockt; allein die Mittel dieses Mannes ſind

viel zu beſchränkt, um der Voraussetzung Raum zs
geben, sie könnten dort cin Fortkommen finden oder
etwas Anders thun, als zum Nutzen dieſes Indivi-
duens arbeiten. Immerhin muß man zugeben, daß

es beſſer für dieſe armen Coloniſten in ihrer derma-

ligen Lage war, für Thomming zu arbeiten, als für
Weryler, von dem, so vieler niedrigen Handlungen ſchul-
dig, man Betrügereyen erwarten kann. Ueber-
dieß erhalten ſie ben Thomming Reis und Manioe,
indeß bey Weyler der erſte Transport nicht ein Hen-
nis, nicht eine Maniocewurzel fand, die zu dem Un-
terhalte aller dieſer zahlreichen Coloniſten, die man
verlangt hatte, dienen ſollten. Die Narrheit und Un-
menſchlichkeir dieſer Seelenverkäufer überſteigt allen
Glauben. Ich kann es Ihnen gar nicht beſchreiben,
mit welchem Unwillen die in dieſer Gegend angesie-
delten achtungswertheu Fremden erfüllt wurden, ſos
bald sie von dem lächerlich lügenhaften Proſpectus

îKenniniß erhielten, den dieſe angeblichen Colonienſtif-

ter die Dreiſtigkeit hatten , nach Europa zu überſchi-
>. n. Und Alle sind deshalb vornehmlich auf Sauers
acker ungehalten, der bey dieſer Angelegenheit einen
Leichtſino, eine auffallende Inconsequenz an den Tag
legte, indem er von seiner Feder und ſo vielen Kunſts.
griffen Gebrauch machte, um Hunderte von Menſchen
in das ſchrecklichſte Elend zu ſtürzen. Ich ſage In-
conſequenz, weil, wie ich glaube, Saueracker in der
Folge hinläuglich bewieſen har, daß er nicht abſicht-
lich so viel Unheil angerichtet; allein dieſe bey ihm
natürliche Scrgloſigkeit, diese Nachläſſigkeit, die ihn
ſogar hindert nachzud.nken, wie ich oft davon den
Beweis gehabt habe, und demnach das Bedürfniß für
die Gegenwart zu sorgen. und mehr noch für die Folge,
haben ihn in diese unglückliche Sache geſtürzt, welche
ihm als sehr voriheilhaft vorzuſtelen, Weyler durch
seine Lügen geglückt war. Aber jetzt iſt er ſelbſt ſehr
beklagenswerth ; er hat das Gesicht verloren und be-
finder sich in dieſem Zuſtande ohne Zufluch1smittel.
 
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