Mannheimer Zeitung — 1824
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No. 273 - No. 303 (1. October - 31. October)
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- Einband
-
No. 1 - No. 31 (1. Januar - 31. Januar)
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No. 32 - No. 60 (1. Februar - 29. Februar)
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No. 61 - No. 91 (1. Maerz - 31. Maerz)
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No. 92 - No. 120 (1. April - 30. April)
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No. 121 - No. 151 (1. May - 31. May)
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No. 152 - No. 180 (1. Juni - 30. Juni)
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No. 181 - No. 211 (1. Juli - 31. Juli)
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No. 212 - No. 242 (1. August - 31. August)
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No. 243 - No. 272 (1. September - 30. September)
-
No. 273 - No. 303 (1. October - 31. October)
-
No. 304 - No. 332 (2. November - 30. November)
-
No. 333 - No. 362 (1. December - 31. December)
- Einband
- Maßstab/Farbkeil
räthlich seyn würde, wenn man bey Zeiten für die
Weihnachtstage sorgte. Auch nach Glück iſt häufige
Frage, wie der immer belagerte Glückstopf, der auch
manche Niete ſpendet, beweist Literäriſche Neuigs
feiten wurden keine zu Markt gebracht. Nicht einmal
neue A. B. C. Bücher waren anzulreffen.
nenen Streithändeln iſt nichts ausgekommen; man
müßte ein kleines Hahnengefecht unier den ſchütßenden
Fittichen der Mannheimer Zeitung darunter rechnen,
wo es auf beiden Seiten beiſſender und leidenſchaft-
licher zuging, als der Redaction lieb war.
dem war auch ein gewiſſes Frankfurter Blatt eintroffen,
in welchem ſich ein eingebornes literäriſches Waſchweib im
Schimpfen geübt hatte, welches aber vom Publicum
nach Verdienſt, d. h. mit Verachtung belohnt wurde.
Doch iſt hier für das Erdrtern dieſer und andrer
Meßgeſchichten keine geeignete Stelle und hochverrä-
theriſch wäre es, auch mehr von unſern öffentlichen
Handelsgeheimniſſen auszuplaudern. Gebe man ſich,
was Letztere betrifft, mit der Verſicherung zufrieden,
daß das Gedränge unter den Schwibbdgen des Kauf-
hauſes wie gewöhnlich, d. h. so ungeſstüm iſt, daß
nicht leicht einer Dame eine Falte am Kleide zerknit-
tert werden wird.. : t
Für Ohr und Auge bat es diesmal manche Genüſſe
gegeben. Ferdinand Cortez brauste mit ſeinen ge-
waltigen Melodieen gleich im Anfange bey uns vor-
über. Verwöhntcre Ohren wurden mit den Recita-
tige's der Lothringer Scheerſchleiferjiungen und wan-
dernder Harfeniſtinnen ergdtt.
Zwey Naturſeltenheiten : ein 2800 Pf. ſchwerer Ochſe
und ein 130 Pfund ſchwerer und nur viecrijähriger
Junge wurden und werden im Viehhof gezeigt. Im
Hirſchelſaal fährt Doctor Fauſt als Marloneite in des
Teufels Küche. Wohin wir aber Jedem Freund von
Kunst und Natur zu wallen rathen, wäre: in die
Panoramen- und Transparent: Gemälde Ausſtellung
des Herrn Fiſcher im Vogelſtrauß. Mit einem Zau-
berſchlage werden hier dem entzückten Auge paradi;ſiſche
Landſchafien erſchaffen. Conſtaniinopil zeigt sich mit
eisen Minarets und ſeiner wunderherrlichen Umgebung ;
man wird im Grdankenfluge za den Dardanclen,
nach Fiorenz, Venedig, Mrxico, Livorno, Genua,
geführr. Bey den Dardanellen glaubt man, die
Brandung wider die Felſen ſchlagen zu hören, und
bey der Auſicht von Conſtantinopel wird man den
Türken doppelt gram, well sie das ſchbnſte Land ber
ſißsen, ohne für ſeine Schönheiten Sinn zu haben.
Perspective, Colorit, Zeichnung , Alles offenbart bey
dieſcen Panoramen eine Meiſterhand. Die Transpa-
rentgemälde des Herrn Fiſcher, ſind nicht minder vor-
züglich. Ehrfurcht gebietend tritt hier der Magdebur-
ger Dom vor uns. Eine herrliche Mondlandschaſt.
Die Paulskirche in London, der Brand des Dorfes
Geriſau, der Schloßeingang zu Griethauſen, die Weſt-
münſterabtey, findet man täuſchend vergegenwärtige.
Ein römiſcher Waffenſaal verſctzt uns zwey Jahrtau-
ſende zurück, in die große Römerwelt. In einem
lieblichen Bilde hat uns der Künſtler die. Inſel
Schwanau in der Schweiz, die in neuerer Zeit durch
Auch von
Außer-
einen Bergfall verſchüttet wurde , aufbehalten. Wir
dürfen verſichern, daß Niemand unbefriedigt Herrn
Fiſchers Ausſtellung verlaſſen wird. “
Somwit wäre unſsce kleine Runde gemacht; und
unſre Pflicht erfüllt. Auf manchcs hier Berührte kon-
men wir ſpäter vielleicht ausſührlicher zurück.
Frankfurt, den 8 Oct.
I es CPrivatcorreſpondenz.) j
* Vorgeſtern wurde die neue, oder vielmehr die Inte-
rims s Börse, im Hauſe des Hn Brentano, zum güldnen
Kopf genannt, eröffnet. Sie iſt faſt ausſchlieslich
dem Papierhandel, oder vielmehr der Bank, diesem
gefährlichſten und verderblichſten aller Hazard-Spiele,
gewidmet, welches, da man die kurze Börſezeit zur
Mittagsſtande im Braunfels, wo die gewöhnliche
Börſe iſt, nicht mehr hinreichend fand um seine Spiel-
ſucht zu befriedigen, nun von Sonnenaufgang bis zu
dem Untergang betrieben wird. Dies geſchah zwar
auch bisher, indeſſen war das zu dieſem Zweck be-
ſtimmte Lokal (man ſpielte im Firkiſchen Kaffeehaus)
nicht dazu geeignet die größere und vornehmere Spie-
ler, als Kaufleute en gros und andere Matadors
aufzunehmen, und nur Juden, Méäkler und Händler
von geringerem Rang trieben daſelbſt ihr Wesen oder
Unwisen.– Um nun Perſonen jedes Standes die Gele-
genheit zu verſchaffen, ihre Spielwuth mit mehr An-
ſtand zu befricdigen, und jede Stunde des Tages hiezu
benutzen zu können , hat man den untern Theil des
g ül d nen Kopfs gemiethei und denselben zu diesem
Zweck so paſſend als mdbglich eingerichtet. Vielleicht
ſchicn den Spielern die Benennung gülden von einer
guten Vorbedeutung, und beym Kopf dachten ſie wahres
ſcheinlich, daß die , welche den ihrigen dureh Unglück
daſcloſt veilieren könnten oder viell icht gar keinen
miibrächten in briden Fällen, einen, wenn auch nur
von vergüldeiem Stein, daseitſt finden würden;. der
vielleicht dem verlornen (K. pf oder Geld?) an Werch
gleich zu ſt:llen ſey. Um zwölf Uhr wird dieſe Bank
geſchloſſen und die des Braunfels erdffuet, welches nur
wenige Schritte davon enifernt iſt, (man liebt die
Bequemlichkeit ) Man woltie die neue Börſe mit
dem Titel Stock- Börſe bechren, wogegen man aber:
Cinwendungen zu mach n für gut fand und es nicht
geſtattet. Man sieht; es iſt der Namen und nicht die:
Sache, welche man paßt. Ob man wohl auch so
nachsichtig seyn würde , wenn es irgend einem Betrü-
ger einfiele seine Betrügereven, gciſtreiche Erfindun-
gen zu nennen ?!! –~ Am meisten ucrliert bey dieſer
Translokation der Wirth des Finkiſchen Kaffcehgufes ;
warum hat er nicht ſchon lange seine Kaffeezimmer
in Pariſer Salons metamorphoſsirt, wo Jeder mit
dem größten Anſtand hingehen könnte ? ~ Doch was
dem einen ſchadet bringt dem arder: Nutzen, dies
iſt von ieher der Welt Lauf. Venliert Herr Fink, fs
gewinnen dagegen die in der groſ en Sandgaſſe ets»
blir'en Conditors, denn die, durch das Spiel erhit--
ien Gemüther, werden um ſich wieder adzukütisrwr,
Weihnachtstage sorgte. Auch nach Glück iſt häufige
Frage, wie der immer belagerte Glückstopf, der auch
manche Niete ſpendet, beweist Literäriſche Neuigs
feiten wurden keine zu Markt gebracht. Nicht einmal
neue A. B. C. Bücher waren anzulreffen.
nenen Streithändeln iſt nichts ausgekommen; man
müßte ein kleines Hahnengefecht unier den ſchütßenden
Fittichen der Mannheimer Zeitung darunter rechnen,
wo es auf beiden Seiten beiſſender und leidenſchaft-
licher zuging, als der Redaction lieb war.
dem war auch ein gewiſſes Frankfurter Blatt eintroffen,
in welchem ſich ein eingebornes literäriſches Waſchweib im
Schimpfen geübt hatte, welches aber vom Publicum
nach Verdienſt, d. h. mit Verachtung belohnt wurde.
Doch iſt hier für das Erdrtern dieſer und andrer
Meßgeſchichten keine geeignete Stelle und hochverrä-
theriſch wäre es, auch mehr von unſern öffentlichen
Handelsgeheimniſſen auszuplaudern. Gebe man ſich,
was Letztere betrifft, mit der Verſicherung zufrieden,
daß das Gedränge unter den Schwibbdgen des Kauf-
hauſes wie gewöhnlich, d. h. so ungeſstüm iſt, daß
nicht leicht einer Dame eine Falte am Kleide zerknit-
tert werden wird.. : t
Für Ohr und Auge bat es diesmal manche Genüſſe
gegeben. Ferdinand Cortez brauste mit ſeinen ge-
waltigen Melodieen gleich im Anfange bey uns vor-
über. Verwöhntcre Ohren wurden mit den Recita-
tige's der Lothringer Scheerſchleiferjiungen und wan-
dernder Harfeniſtinnen ergdtt.
Zwey Naturſeltenheiten : ein 2800 Pf. ſchwerer Ochſe
und ein 130 Pfund ſchwerer und nur viecrijähriger
Junge wurden und werden im Viehhof gezeigt. Im
Hirſchelſaal fährt Doctor Fauſt als Marloneite in des
Teufels Küche. Wohin wir aber Jedem Freund von
Kunst und Natur zu wallen rathen, wäre: in die
Panoramen- und Transparent: Gemälde Ausſtellung
des Herrn Fiſcher im Vogelſtrauß. Mit einem Zau-
berſchlage werden hier dem entzückten Auge paradi;ſiſche
Landſchafien erſchaffen. Conſtaniinopil zeigt sich mit
eisen Minarets und ſeiner wunderherrlichen Umgebung ;
man wird im Grdankenfluge za den Dardanclen,
nach Fiorenz, Venedig, Mrxico, Livorno, Genua,
geführr. Bey den Dardanellen glaubt man, die
Brandung wider die Felſen ſchlagen zu hören, und
bey der Auſicht von Conſtantinopel wird man den
Türken doppelt gram, well sie das ſchbnſte Land ber
ſißsen, ohne für ſeine Schönheiten Sinn zu haben.
Perspective, Colorit, Zeichnung , Alles offenbart bey
dieſcen Panoramen eine Meiſterhand. Die Transpa-
rentgemälde des Herrn Fiſcher, ſind nicht minder vor-
züglich. Ehrfurcht gebietend tritt hier der Magdebur-
ger Dom vor uns. Eine herrliche Mondlandschaſt.
Die Paulskirche in London, der Brand des Dorfes
Geriſau, der Schloßeingang zu Griethauſen, die Weſt-
münſterabtey, findet man täuſchend vergegenwärtige.
Ein römiſcher Waffenſaal verſctzt uns zwey Jahrtau-
ſende zurück, in die große Römerwelt. In einem
lieblichen Bilde hat uns der Künſtler die. Inſel
Schwanau in der Schweiz, die in neuerer Zeit durch
Auch von
Außer-
einen Bergfall verſchüttet wurde , aufbehalten. Wir
dürfen verſichern, daß Niemand unbefriedigt Herrn
Fiſchers Ausſtellung verlaſſen wird. “
Somwit wäre unſsce kleine Runde gemacht; und
unſre Pflicht erfüllt. Auf manchcs hier Berührte kon-
men wir ſpäter vielleicht ausſührlicher zurück.
Frankfurt, den 8 Oct.
I es CPrivatcorreſpondenz.) j
* Vorgeſtern wurde die neue, oder vielmehr die Inte-
rims s Börse, im Hauſe des Hn Brentano, zum güldnen
Kopf genannt, eröffnet. Sie iſt faſt ausſchlieslich
dem Papierhandel, oder vielmehr der Bank, diesem
gefährlichſten und verderblichſten aller Hazard-Spiele,
gewidmet, welches, da man die kurze Börſezeit zur
Mittagsſtande im Braunfels, wo die gewöhnliche
Börſe iſt, nicht mehr hinreichend fand um seine Spiel-
ſucht zu befriedigen, nun von Sonnenaufgang bis zu
dem Untergang betrieben wird. Dies geſchah zwar
auch bisher, indeſſen war das zu dieſem Zweck be-
ſtimmte Lokal (man ſpielte im Firkiſchen Kaffeehaus)
nicht dazu geeignet die größere und vornehmere Spie-
ler, als Kaufleute en gros und andere Matadors
aufzunehmen, und nur Juden, Méäkler und Händler
von geringerem Rang trieben daſelbſt ihr Wesen oder
Unwisen.– Um nun Perſonen jedes Standes die Gele-
genheit zu verſchaffen, ihre Spielwuth mit mehr An-
ſtand zu befricdigen, und jede Stunde des Tages hiezu
benutzen zu können , hat man den untern Theil des
g ül d nen Kopfs gemiethei und denselben zu diesem
Zweck so paſſend als mdbglich eingerichtet. Vielleicht
ſchicn den Spielern die Benennung gülden von einer
guten Vorbedeutung, und beym Kopf dachten ſie wahres
ſcheinlich, daß die , welche den ihrigen dureh Unglück
daſcloſt veilieren könnten oder viell icht gar keinen
miibrächten in briden Fällen, einen, wenn auch nur
von vergüldeiem Stein, daseitſt finden würden;. der
vielleicht dem verlornen (K. pf oder Geld?) an Werch
gleich zu ſt:llen ſey. Um zwölf Uhr wird dieſe Bank
geſchloſſen und die des Braunfels erdffuet, welches nur
wenige Schritte davon enifernt iſt, (man liebt die
Bequemlichkeit ) Man woltie die neue Börſe mit
dem Titel Stock- Börſe bechren, wogegen man aber:
Cinwendungen zu mach n für gut fand und es nicht
geſtattet. Man sieht; es iſt der Namen und nicht die:
Sache, welche man paßt. Ob man wohl auch so
nachsichtig seyn würde , wenn es irgend einem Betrü-
ger einfiele seine Betrügereven, gciſtreiche Erfindun-
gen zu nennen ?!! –~ Am meisten ucrliert bey dieſer
Translokation der Wirth des Finkiſchen Kaffcehgufes ;
warum hat er nicht ſchon lange seine Kaffeezimmer
in Pariſer Salons metamorphoſsirt, wo Jeder mit
dem größten Anſtand hingehen könnte ? ~ Doch was
dem einen ſchadet bringt dem arder: Nutzen, dies
iſt von ieher der Welt Lauf. Venliert Herr Fink, fs
gewinnen dagegen die in der groſ en Sandgaſſe ets»
blir'en Conditors, denn die, durch das Spiel erhit--
ien Gemüther, werden um ſich wieder adzukütisrwr,