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Mannheimer Zeitung — 1824

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No. 212 - No. 242 (1. August - 31. August)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44352#0939

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nie In Vergeſſenheit gerathen, es sey nur zu bedau-
ern, daß er ſich durch eiue gehäßige Faction habe irre
leiten lassen.

Es y! am 6. d., daß die Regierung Napoli in
Beſitz nehmen ließ. Panos Colocotroni, der Sohn
zog mit der ſchwachen Besatzung in das Fort Pala,
mede, woſelbſt Unterhandlungen gepflogen wurden.
Allein die Regierung verwarf alle Vorſchiäge, aus-
genommen die Verwilligang einer allgemeinen Begna-
digung.

qurs 8. zeigten ſich drey franzbsiſche Schiffe ver
Napoli , welche 40,000 Talaris an Bord hatten, die
Panos Colocotroni für die Freylaſſung zweyer gefan-
genen in dem Fort befindlichen türkiſchen Paſchas

gefordert hatte. ß
(Beſchluß folgt.)



Mannigfaltigkeiten.

--



* Fr ank furt, den 13.. Auguſt 1824. Vor kurzem
fand hier ein hdöchſt sonderbarer Vorfall stait, der
nicht wenig Aufſehen erregt hat. Der Schaus-
ſpieler und Sänger G ena s vom Leipziger Theater,
hatte vor mehrern Jahren ein Capital von 10,000 sl.
bey einem hieſigen Banquier- Haus, gegen gehörige
Zinſen zu deponiren gesucht und die Sache mit dem
Buchhalter des Hauſes abgemacht, dem er auch die

Gelder, gegen eine Quittung im Namen der Prin«
zipalen, übergab. ohne mit dieſen weiter darüber zu.

ſprechen. Herr Genaſt erhielt regelmäßig bis hierher
ſelne Zinſen und bekümmerte sich um weiter nichts.
Als er vor einigen Wochen mit seiner Frau Gaſtrol-
len auf dem Darmſtädter Hofiheater gab, gefiel er
ſo ſchr, daß man ihn und Dem. Böhler engagirte.
Hr. Genaſt, der sein Geld nun zu ſeiner Einrichtung

in D. gebrauchen wollte, kündigte dem Frankfurter

Haus das Capital auf. Dieſe Herren erhalten mit
dem größten Erſtaunen die Auftündigung von Gel-
dern, von denen ihnen durchaus nich1s bewußt iſt,
und meinen, mit Hrn. G. müsse es nicht ganz richtig
im Kopfe, oder derselbe doch in cinem gewaltigen

Irrthum ſeyn ; sie ruten alsbald ihren Buchhalter,.

dem ſie die Sache mittheilenz. dieser ſtimmt ihnen
völlig bey, entfernt ſich jedoch bald darauf unter ir-
gend einem Vorwande, läuft im Gallop an den
Matin, und stürzt ſich hinein, um dadurch ſscines Le-
bens und ſeiner Schuld quiit zu werden z, er wird

aber gesehen, lcbendig wieder herausgezogen , geret-.

tet, und in Gewahrſam gebracht. Bey näherer Un-
terſuchung findet es sich, daß das Wechſelhaus ſchon seit
Iahren die Zinsen eines Capitals bezahlt habe, von
dem es nie rinen Kreuzer gesehen, und welches dec
Empfänger zum Theil mit Priieſterinnen Thaliens
und luſtigen Brüdern verjubelt h aite. – Ob Herr
Genaſt wieder- z! der m Seinigen kommen wird, iſk

bjs jetzt noch zweifelhaft, da die Sache noch nicht im.

Retnen iſt. –~ Ein anderer Proceß von komiſcherev

Natur ſchwebt ebenfalls noch bey den Gerichten. Der

Nolizenſchreiber , welcher die Bcirichie über das Frank-
furter Theater in das Offenbacher ſo ge n a n n 1 e Un-
terhaltungsblatt liefere, m a ß die Künſtler nicht
nach ihren Fähigkeiten und Talenten , sondern unters
fieng sich, ihre törperlichen Gebrechen und häuslichen
Verhältniſſe zu berühren und aufzudecken ; namenllich
ſchien er es auf Hrn. Nieser gepackt zu haben, deſſen
Namen er nicht nannte, ohne zugleich Anſpielungen
auf die auſſerordentliche Eiferſucht zu machen , von
der, wie er behauptet, deſſen Gattiinn beseſſen ſeyn
ſol, welche, ſobald sie Einfluß auf das Spiel des
Künſtlers hat, und bisweilen zu komiſchen, dem Geiſt
der Rolle ganz entgegengeſchten Situationen Veran-

laſſang gibt, allerdings ſtörend einwirki; indeſſen ben
gnüge man ſich in dieſem Fall, drn Künſtler zu tas .

deln, ohne die Ursachen davon bis in seinem Schlaf:
zimmer und hinter den Bettgardinen zu suchen. ~
Hr. Nieser hat in Begleitung mehrerer Schauſpieler
besagtem Notizſchreiber eine Viſite abgestattet, und
ihn über manches zur Rede geſtellt, wobcy die Herren

dhintereinandergekommen ſind, und sich ſogar bey den

Köpfen genommen haben sollen. Hierauf iſt die Sa-
che bey der Policey anhängig gemacht worden, und
in erſter Inſtanz zum Nachtheil des Notizenschreibers
en!ſchieden worden , der jedoch apellirt hat. Hr. Nies
ſer hatie übrigens Unrecht, einen solchen Eclat zu mg-
<en, denn das LVächerliche der Geſchichte bleibt in
jedem Fall auf ihm haften. Unterdessen enthält das
Offenbacher Unterhaltungsblatt seit der Ziii keine
Frankfurter Berichte mehr, und begnügt ſich durch-
aus mit Ab- und Nachdrücken; da es übrigens ſchon
lange an der Schwindsucht kränken, ſo iſt es als
sicher anzunchmen, daß, wenn es nicht zu Ende
di. ses Trimeſters ſeinen Geiſt –~ nein, den kann
es nicht aufgeben! –ô ſeinen Nachdruck aufgitt, es
doch mit dem Scheiden des Jahres verſcheiden wird.
~ An einer ähnlichen, chroniſchen Krankheit. leidet
unser Theater, und das Uebel iſt ſo weit gediehen,
daß eine baldige Criſis unvermeidlich wird. Zwar hat
in diesem kiitiſchen Zeitpuncte Hr. Le er s sich ent-
ſchloſſen, die Diktatorwürde zu übernehmen und mit
eiſerner Siirne und klin ge n dem Mauthe allen Ge-
fahren, Mühseligkeiten, Beschwerden und Stürmen
zu trotzen, von denen ſeine bisherigen Collegen Hr..
v Bethmann, Hr. Will mans und Hr. Düfay
zaghafterweiſe zurückgetreten ſind, und will mit kräf-
liger Hand, als geübter Steuermann, das lecke Schiff
durch Klippen führen; indeſſen iſt nur allzusehr zu
fürchten, daß auch er unterliegen, und an dem Mißs
vergnüjen der Hn. Actionnairs ſcheitern werde, wenn.
er nicht, gleich einem: zweyten Atlas, die drückende
Laſt allein auf seinen tüchtigen Schultern und noch
tüchtigerem Beutel tragen will. Die Hrn. Actionnairs
ſind es nämlich müde, ſich gleich ciner geduldigen
Hrerde Schaafe regelmäßig iedes Jahr ſehcteren zu laſ-
ſen, und für eine höchſt unordentliche und verkehrte-
Verwaltung., so wie für Sine cur en, zu. deutſch : :
Faullenzer - St ellen. von Protectionswegen,.
 
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