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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 4
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Ein schwedischer Vorschlag über die Zukunft der Museen
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Sammlungen - Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0115

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Kunft politik

Sammlungen — Ausheilungen

paner, fonft fo zurückhaltend, haben mit Eifer
und zu anftändigen Preifen franzöfifche Kunft
zu fammeln angefangen.
(Hie fteßen wir Deutfcßen diefer franzöfifchen
üätigkeit gegenüber, diefer unendlich rührigen
Kulturpropaganda? üngefcßickter als wir es in
künftlerifchen Dingen dem Auslande gege»über
getan haben, konnte man fich nicht gut be-
nehmen. Es ift oft davon die Rede gewefen,
wie fcßlecßt wir es verbanden, aus der Be-
teiligung an internationalen Husftellungen für
uns Kulturpropaganda herauszufchlagen. Hlir
haben faft alle folche günftige Gelegenheiten,
wenn wir uns überhaupt daran beteiligt haben,
ungenußt vorübergehen laffen, ja wir haben uns
im Gegenteil durch fie gefchadet. Nicht daß wir
fremde Kunft importierten, war unfer Feßler,
das war im Gegenteil einer unferer fympatifcß-
ften 3üge, woßl aber daß wir fo fcßlecßt die
geeignete deutfcße Kunft zu exportieren ver-
banden. Es foll hier nicht in die übliche Pjeße
gegen die Akademien eingeftimmt werden, fie
haben ihre Notwendigkeiten. Aber die Kunft
der Akademien ift in keinem Lande die Kunft,
die für die Kulturpropaganda im Auslande ge-,
eignet ift. Nur Frankreich hat das eingefeßen
— England übrigens ebenfowenig wie wir —,
und darum ift Frankreich der Vorkämpfer für
die künftlerifcße Kultur in den Augen der ganzen
Hielt. Man darf den Fremden nicht das nüß-
licße alltägliche Brot anbieten — das haben fie
felbft zu ßaufe genug —, man muß ißnen den
Kuchen darreichen, den man fich zu häufe für
die Feiertage aufhebt, und fo tun, als ob man

felbft nie etwas anderes ißt. So gut wir für
unfere Mufik in der ganzen Hielt zu werben
wußten, fo fcßlecßt haben wir das für unfere
bildende Kunft gekonnt.
Es ift, fo abfurd es klingen mag, eine Cat-
fache, daß die ganze Hielt nicht einmal etwas
davon weiß, daß Deutfcßland — mit Ausnahme
der zwei, drei ganz berühmten Meifter — eine
alte Kunft von Rang befißt. In des Franzofen
Reinacß an fiel) ausgezeichneter und außerordent-
lich weit verbreiteter Kunftgefcßicßte „Apollon“,
in diefem kleinen, populären und feßönen Büch-
lein, ift von der alten deutfeßen Kunft in einer
nebenfäcßlicßen und abfpreeßenden Art und
Hleife die Rede, die einen befeßämt. Das ift
nießt Reinacßs Schuld, fondern die unfrige. Noch
vor wenigen Jahren hat man auf den Parifer
großen Auktionen HIerke etwa Cilman Rie-
menfeßneiders für 1000 und 2000 Frcs. das Stück
kaufen können. Es fehlt vollkommen an einer
nießt rein wiffenfcßaftlicßen, fondern populären
Literatur, die geeignet ift, den fremden Völkern
überhaupt die Augen darüber zu öffnen, was
das alte Deutfcßland in der Kunft geleiftet hat.
Ja, wir haben uns nießt einmal felbft bisher die
Entwicklungslinie aufzeießnen können, die in
Deutfcßland jene eigenartige Kunft hervorge-
bracht ßat, die den ßöcßften künftlerifcßen Forde-
rungen gerecht wird.
HIas wir für die alte Kunft verfäumten, haben
wir auch für die lebende nießt geleiftet. Damit
begingen wir eine Qnterlaffungsfünde, die fiel)
bitter rächte, und die wieder gutzumacßen uns die
jeßt kommende 3eit dringend nötigen wird. K.

Sammlungen
Berlin
Die Nationalgalerie, deren Leitung nach
den Lagen der Revolution, einem klugen Inftinkt
folgend, ßinficßtlich der Neuerwerbungen ent-
fcßloffen in die jüngfte Kunft hinübergriff (war
es Opportunismus oder Überzeugung?) ßat zu
den bereits angekauften HIerken junger deut-
feßer Expreffioniften neuerdings zwei weitere
hervorragende Arbeiten jüngfter Kunft erworben :
Das Bild von Oskar Kokofcßka „Die Freunde“
(feeßs Figuren um einen Cifcß verfammelt) und
Ernft Barlach s fjolzrelief „Die Verlaffenen“.
Ausheilungen
Berlin
DasKünftlerßaus vereinigt zurzeit den Nach-
laß des im vorigen Jaßr verftorbenen Berliner

Ciermalers Ricßard Friefe zu einer intereffanten
Ausftellung, die durchaus die Grundlagen für
eine gerechtere HIertung des oh einfeitig ver-
kannten Malers darbietet. Man erkennt hier
vor allem an Fjand der zahlreichen Studien das
Streben eines Künftlers, der beinahe altmeifter-
licß bemüht war, den Dingen der Natur naeßzu-
geßen und fie in perfönlicßer Form zu gehalten.
Auch der Verfucß, die Einzelerfcßeinung des
Cieres monumental zu erfaffen, ift oft und zu-
mal in der frühen 3eit, mit Glück gelungen.
Das Kupferftießkabinett der Berliner Mu-
feen ßat neuerdings das Fjolzfcßnittwerk Albrecßt
Dürers zu einer glänzenden Ausftellung ver-
einigt, die feßr dazu angetan ift, die Kennt-
nis von der Entwicklung des Graphikers Dürer
zu vertiefen. Die Berliner Sammlung befißt ein
ebenfo vollftändiges wie erftklaffiges Material
fämtlicßer Folgen des Meifters. Darunter be-
finden fiel) einige ünika, die vor allem die Kunft

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