No. I4.
1842.
Kammerverhandlungen.
Der Brief des Oberhofgerichtsraths Peter zu Mannheim
an den Bürgermeiſter zu Kenzingen, die Niederlegung ſeiner
Stelle als Abgeordneter betreffend, dürfte in mehrfacher Hin⸗
ſicht das Intereſſe der Freunde des eonſtitutionellen Lebens in
Anſpruch nehmen. Fürs erſte erſehen wir daraus, wie nur
die veraͤnderte Haltung des Wahlkollegiums von Kenzingen
ſeinen Rücktritt deranlaßte; fürs andere enthält er in mancher
Beziehung ein politiſches Glaubensbekenntniß des zurücktretenden
Abgeordneten, und endlich ſind in dem Briefe Behauptungen
und Andeutungen enthalten, zu deren Begründung ſich leider,
beſonders in neuerer Zeit faſt in allen konſtitutionellen Staaten
traurige Belege finden laſſen. Es iſt nicht zu läugnen, daß
der Blief geelgnet iſt, zu ernſten Betrachtungen Veranlaſſung
zu geben. Wir glaubten die drei den fraglichen Nücktritt be—
ireffenden Briefe, wie ſie der Kammerpräſident in der Sitzung
yom 10. d. M. vorgeleſen, unſern Leſern nicht vorenthalten zu
dürfen; da ſie in der wieder zur Sprache kommenden Urlaubs—
frage von Bedeutung ſind.
Hochverehrliches Präſidium
der hohen zweiten Kammer der Landſtände!
Anzeige des Oberhofgerichtsraths Peter
zu Mannheim; ſeinen Zurücktritt von der
Stelle eines Abgeordneten betr.
Indem ich das im Auftrage der Wahlmänner des 16. Be—
zirks an mich ergangene Schreiben des Bürgermeiſters Nau—
daſcher zu Kenzingen vom 5. (oder 7.) des vorigen Monates
ſammt meiner heute darauf ertheilten Antwort in den Beila—
gen 1 und Babſchriftlich onſchließe, erſtatte ich dem Präſi—
dium der hohen Kammer ehrerbietig die Anzeige, daß ich von
meiner Stelle eines Abgeordneten anmit zurücktrete.
Da meine Wahl eine von denjenigen geweſen iſt, an welche
ſich die neueſte Geſchichte des Urlaubsſtreits knüpft, und
da dieſer noch unbeendigte Streit die Aufmerkamkeit und die
Theilnahme des Landes mit Recht in hohem Grade erregt hat
und zu erregen nicht aufhören wird, ſo muß ich zu meiner
Rechtfertigung wünſchen, daß es dem Präſidium gefallen wolle,
dei der Mittheilung diefer meiner Anzeige die hohe Verſamm⸗
lung vom Inhalte der vorerwähnten zwei Beilagen in Kennt—
niß zu ſetzen, damit meine Mitbürger in und auͤßer der Kam—
mer erfahren mögen, wie die Umſtände beſchaffen waren, un—
ier welchen ich die Niederlegung meines Amtes als Volksdepu—
tirten für nothwendig erachtet habe
Eines hochverehrlichen Präſidiums
Mannheim, den 1. Januar 1842.
2 gehorſamſter (gez.) Peter.
Die in dieſem Schreiben anhezogenen 2 ſind fol—
genden Inhalts:
Beilage t.
Hochwohlgeborner hochzuverehrender
Herr Oberhofgerichtsrath!
Man verlangt aͤllenthalben im hieſigen Wahlbezirke die Ver—
tretung auf dem nächſten Landtage und — da leider keine
Ausſicht vorhanden ſey, daß Euer Hochwohlgeboren Urlaub
zum Beſuche des naäͤchſten Landtoges erhalten, ſo wünſchén
die Wähler, um aus einer peinlichen Lage herauszukommen,
fatalen Lage den Rücktritt zu verlangen.
Ich bedaure im Auftrage der Wähler Euer Hochwohlge—
boren leider darum bitten zu müſſen, — und einer hochgefaͤl⸗
ligen Erklärung entgegenſehend, verharre ich gewiß mit aller
Hochachtung und Verehrung.
Euer Hochwohlgeboren
Kenzingen, den 7. Dezember 1841.
gehorſamſter Diener,
(gez) Nandaſcher, Bürgermeiſter.
Beilage 2.
Geehrteſter Herr Bürgermeiſter!
Nachdem auch die bei der Wiedereinberufung der Stände—
mitglieder fortgeſetzte Uebergehung des Abgeordneten des 16.
Wahlbezirks bewieſen hat, wie feſt der Wille der großherzogl.
Regierung ſteht, mich vom Beſuche des Landtages ausgeſchloſ—
ſen zu halten, ſo zögere ich nicht länger, auf Ihr an mich
gerichtetes Schreiben vom 5. oder 7. v. M. entſcheidende Ant—
wort zu geben:
Sie ſprechen von einem in dem dortigen Wahlbezirke allent—
halben ſich offenbarenden Verlangen, auf dem naͤchſten Land—
tage vertreten zu werden; von der Abweſenheit jeder Ausſicht,
daß ich den Urlaub zum Beſuche deſſelben je erhalten werde;
von meinem Zurücktritt als dem einzigen Mittel für den Be—
zirk aus dieſer fatalen, verwirrten Lage herauszukommen, und
von dem an Sie ergangenen Auftrage der Wahlmänner, mich
um dieſen Schritt anzugehen.
Haben Sie die Güte, mein geehrteſter Herr Bürgermei—
ſter, denſelben zu eröffnen, daß ich den Wunſch meiner Herren
Kommittenten achte, ohne eine nähere Angabe ihrer eigentlichen
Gründe zu erwarten; daß es mir, deſſen Ernennung ebenfalls
nicht auf einer Stimmenetnhelligkeit beruht, an dem Wunſche
der Mehrheit der Wähler genügen muß; daß nach meinen
Begriffen von dem, was Billigkeit und Anſtand fordern, für
mich, dem Wahlbezirke gegenüber, der an der Verkümmerung
meines Nechtes keine Schuld tragt, nunmehr die moraliſche
Nothwendigkeit eingetreten iſt, meinem Amte eines Abgeerdne—
ten zu entſagen, und daß ich meinen Entſchluß hierwegen
dem Präſidium der zweiten Kammer der Landſtände heute an—
gezeigt habe. *
Dabei werden Sie mir die Verſicherung erlauben, daß ich