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Großherzoglich Badische privilegirte Heidelberger Tageblätter für Verkündigung, Politik und Unterhaltung (36) — 1842

DOI Kapitel:
No. 71 - No. 80 (13. März - 22. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42549#0301

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Neo. 74.


184









Karlsruhe, 13. Maͤrz. Das großh. Staats- und Regie—
rungsblatt vom Geſtrigen, No. XI., enthält: 1. Eine Vekannt—
machung der Verträge zwiſchen den Mitgliedexn des Zolloereins
einerſeits und Hannover und Oldenburg anderſeits über, die
ſteuerlichen Verhältniſſe verſchiedener herzogl. kraunſchweigiſcher
Landestheile ſo wie auch wegen Beförderung der gegenſeitigen
Verkehrsverhältniſſe. 2. Eine Bekanntmachung den Vollzug
dieſer Verträge betreffend. 3. Mehrere Verordnungen, die An⸗
nahme von Goldmünzen an großherz. Staatskaſſen betreffend.
Eine Verordnung, daß das Hauſiren mit gebrannten Waſ—
ſern jeder Art vexboten iſt. 5. Eine Bekanntmachung, die 2.

Gewinnziehung für das Anlehen vom Jahr 1840 betreffend.
6. Eine Bekanntmachung, daß die Domänenverwaltung und
Forſtkaſſe Müllheim mit dortiger Obereinnehmerei vereinigt,
dagegen von letzterer der Amtsbezirk Staufen getrennt und

dafür eine Obereinnehmerei mit Amis- und Fluß- und Stra—
ßenbaukaſſe zu Staufen errichtet werde. 7. Erlaubniß zum

Tragen fremder Orden: Nach höchſter Ordre vom 10. Febr.
dieſes Jahrs erhielt der Oberſt und Flügeladjutant von Sel—
deneck die Erlaubniß, des ihm von Sr D. dem Herzog von
Sachſen-Koburg-Gotha verliehene Kommandeurkreuz erſter Klaſſe
des ſachſen-erneſtiniſchen Hausordens annehmen und tragen zu
dürfen. 8. Dienſtnachrichten: Se. k. Hoh. der Großherzog ha—
ben gnädigſt geruht, den geh. Referendär Regenauer zum Di—
rektor bel dem Finanzminiſterium zu ernennen, und dem Ober—
einnehmer Bermeitinger zu Hornberg die neu errichtete Ober—
einnehmerei, Amts- und Fluß- und Straßenbaukaſſe Staufen
zu übertragen. — Stelle, die zur Bewerbung bekannt gemacht
wird: Durch die Verſetzung des Univerſitätswirthſchaftsadmini—
ſtrators Schinzinger an die Stiftungsreviſion zu Naſtatt iſt die
Stelle des Uniserſitätswirthſchaftsbeamten in Erledigung ge—
kommen. Die Kompetenten um dieſe Stelle haben fich inner—
halb 4 Wochen bei dem engern Senat der Univerſität Freiburg
zu melden.





Karlsruhe, 14. März. Die heutige „Oberdeutſche Zei—
tung! enthält einen größern Artikel über „Wahlen und Wahl—
umtriebe“, der beſonders gegen unſer indirektes Wahlſyſtem
gerichtet iſt. Bemerkenswerth ſind darin folgende Stellen: Es
iſt uns immer ſeltſam vorgekommen, wenn man den Vorwurf
don Wahleinflüſſen allzuſehr urgirte, inſofern darin ein gar zu
ſchlechtes Kompliment für die Mündigkeit oder den Cherakter
der Waͤhler liegt. . Die Folgerung hängt ſehr klar zuſammen.
Ein Wähler, der ſich gehen ſeine Ueberzeugung influiren läßt,
iſt ein Hampelmann, der auch durch die alterſpitzfindigſten
Geſetzbeſtimmungen über Beſeitigung aller „Einflüſſe? nicht un—
abhängig zu machen wäre, weil ihm der innere Kern dazu
abgeht; ein Wähler aber, der gar keine Ueberzeugung hätte—

und deßhald jedem „Einfluß“ offenſtünde, der waͤre offenbar
ganz und gar nicht berufen zur Ausübung des Wahlrechtes,

und wenn ſich dieſer Mangel an den erforderlichen Eigenſchaf—
ten weiter erſtreckte, als blos über Einzelne, ſo würde unbe⸗
dingt das Wahlſyſtem dafür anzuklagen und daſſelbe als un—
praktiſch und innerlich unfruchtbar zu verwerfen ſeyn. Nach—


ein indirektes Wahlverfahren eingeführt ſe, wodurch erſt wie—
der in der Wahl von Wahlmännern der Ausdruck der eigent—
lichen Volksgeſinnung geſucht werde, fährt der Artikel ſo fort?
Was das indirekte Wahlſyſtem betrifft, ſo hat es vor Allem
den Nachtheil, keine Grundlage für einen ſtabilen Charakter
darzubieten. Die Wähler, wenn ſie die Wahlmänner ernannt
haben, fallen in ihr Nichts zurück; den Wahlmännern, wenn
der Deputirte erwählt iſt, fällt ihr politiſcher Charakter ab,
inſofern bei neuen Wahlen wieder neue Wahlmänner zu er—
nennen ſind; das ganze Wahlverfahren nimint ſich aus wie
ein Laſiwagen, der durch eine Sandwüſte faͤhrt, und hinter
dem die gezogenen Furchen wieder in haltungslofen Triebſand
zuſammenfallen. Es war vorher keine hiſtoriſche Spur vorhan—
den und es wird keine zurückgelaſfen; es iſt unnoͤglich, daß ſich
ehend Etwas von Geleiſen und regelmäßiger Faͤhrbarkeit aus—
vilde. Der Deputirte aber wird dadurch agıf feltfame Weile
von ſeinen ſogenannten Bählern iſolirt; die Waͤhlerſchaft be⸗
ſteht ſo zu ſagen nicht mehr, ſobald er gewählt iſt; die an—
gebliche Repräſentation ſteht in der Luft; der Deputirte iſt ein—
Affizier der keine Mannſchaft hinter ſich hat. - Das ganze
Syſtem der indirekten Wahlen wimmelt von Unzweckmäßigkeiten.
Die Wahlmänner eines Wahlbezirks werden naͤch Unterbezirken
gewählt; ein Kandidat zur Wahlmannſchaft kann in diefen Un—
terbezirken die entſchiedenſte Mehrheit für ſich haben, und in
jedem einzelnen dennoch in der Minderheit bieiben, weil feine
politiſchen Freunde nicht in einem Derfelben beifammen wohnen;
in dem einen Unterbezirk kann man mit 15 Stimmen Wahl⸗
mann werden, und in einem andern mit 70 Stimmen durch—
fallen, je nachdem der Zudrang zur Ausübung des Stimm—
vechtes ein verfchiedener ifl. In Etmangtung eines leitenden
Gedankens iſt es unvermeidlich, daß ſich die Stimmen zer—
ſplittern; das Reſultat iſt nur zu oft eine Art von Würfelſpiel;
eine Wahl kommt am Ende heraus, aber wenn man ſie beim
Lichte betrachtet, ſo repräſentirt ſie Nichts, als eine Fügung
von allerlei Zufälligkeiten, und der erſie uͤnd hauptſächlichſte
Zweck jedes Wahlverfahrens, daß aus den Wahlen eine wirk—
liche Vertretung des Landes, nicht eine dulch Fiktion dafuͤr
angegommene hervorgehe, iſt in die Brüche gefallen.
Hirſchhorn, 6 Varʒ. Nachdem feit mehreren Tagen
ſchon die Segelſchiffahrt begonnen hat, iſt heute auch die—


porden. Mittags 1 Uhr langte das erſte Dampfboot, von
Heilbronn kommend, bei uns an. Es wird nur noch
wenige Tage dauern, ſo wird das zweite Neckar⸗Dauipf⸗
 
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