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Großherzoglich Badische privilegirte Heidelberger Tageblätter für Verkündigung, Politik und Unterhaltung (36) — 1842

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No. 171 - No. 177 (24. Juni - 30. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42549#0699

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Tageblätter.




xo. 171.


1842.













Kammerverhandlungen.

Karlsruhe, 21. Juni. 13. öffentl. Sitzung der 2. Kammer.
Unter dem Vorſitze des Präſidenten Bekk. Auf der Bank der Re—
gierung die großh. Regierungskommiſſäxe, Finanzminiſter v Bo ckh,
Ztaatsrath o. Rüdi und Miniſterialrath Kühlenthal. Frhr.
v. Rüdt übergibt die Wahlprotokolle der Wahlbezirke; Eitten⸗
heim, woſelbſt Pfarrer Zittel, ſodann Schwetzingen und Sins»
heim, wo die beiden früher Erwählten, Rettig und Gaſtroph,
wieder gewählt worden. Von der erſteren Vorlage nimmt
v. Itzſtein Anlaß, zu fragen, warum die Wahlakten des Abg.
Kuenzer noch nicht vorgelegl worden; er führt aus, es ſey auf—
fallend, daß dem evang. Pfarrer Zittel ſo ſchnell der Urlaub
von der Kirchenbehoͤrde ertheilt, und jener für Pfr. Kuenzer
von der Kurie verweigert worden. Kuenzer ſey früher Abge—
ordneter geweſen und ein allgemein geſchätzter Pfarrer und
Schulviſitaͤtor geblieben; es ſey daher nicht abzuſehen, waxum
jetzt die Kurie die Ertheilung des Urlaubs verweigere; die kath.
Kirche dürfe erwarten, daß ein Mann nicht länger von dem
Eintritte in die Kammer abgehalten werde, der über ihre Ver—
yaͤliniſſe Auskunft zu ertheilen geeignet ſeh. Er verlangt, daß
jedenfolls einſtweilen das Wahlprotokoll zur Prüfung vorgelegt
werde. Frhr. v. Rüdt erwiedert, das Protokoll ſey an den
Wahlkommiſſär zurückgeſendet worden; die Sache beruhe auf
der Entſcheidung des Miniſteriums über den Rekurs des Pfr.
Kuenzer gegen den Beſchluß der Kurie, durch welchen ihm der
erbetene Ürlaub abgeſchlagen worden. — Hiernach begann die
Berathung über den Bericht des Abg. Mathy, das Yus-
ſchreiben der direkten Steuer für die zweite Hälfte des
Kalenderjahres 1842 beir. Finanzminiſter v. Böckh gab eine
umſtändliche Ausführung, worin er nachweist, daß die An—
traͤge der Budgetkommiſfion, inſofern ſie von jenen der Regie—
rung abweichen, nichts weſentliches enthalten, aber mit der ſeit—
herigen Uebung nicht übereinſtimmen. Es kommen hiebei zwei
Fragen zur Erörterung und Abſtimmung: 1) Ob von dem
Ablaufe des erſten Steuerproviſorium (1. Juli) an die Erhe—
bung von weiteren ſechs Monatsraten, nach dem Vorſchlag
der Regierung, oder von vier Monatsraten nach dem An—
trag der Budgetskommiſſion bewilligt werden ſoll. Für den
Vorſchlag der Regierung wird angeführt, daß die Steuerer—
hebung dadurch weniger vervielfältigt werde, wenn ſechs
Monate auf ein Mal und nicht vier und zwei ausgeſchrie—
ben werden; daß die kleinen Steuerpflichtigen, zumal die Aus—
märker, damit weniger beläſtigt werden, und doß die Ausfer—
tigung der Einnahmedekreturen für die Obereinnehmereien und
der Steuerzettel ohnedem auf ſechs Monate geſtellt werde;
für den Antrag der Budgetkommiſſion wird geltend gemacht,
daß ein zweites Steuerproviſorium nur eine ſeltene Ausnahme
von der Regel ſey, eine Nothhülfe für einen Nothfall, die
man nicht weiter ausdehnen ſolle, als abſolut nothwendig ſey;

da nun das Finanzgeſetz im Laufe des Monais Auguſt zu
Stande gebracht werden könne, ſo ſey auch nicht nothwendig,

4*



— —

das Proviſorium über dieſen Monat auszudehnen. Der Antrag
der Kommiſſion wurde mit 27 gegen 24 Stimmen angenom—
men. Die zweite Frage war, ob in dem bewilligenden Be—
ſchluß der Kammer auch der indirekten Steuern Erwähnung
geſchehen ſolle. Finanzminiſter v Böckh widerſetzt ſich der
Bejahung dieſer Frage, indem nur bei der direkten Steuer
die zeitweiſe Bewilligung eintrete, bei den indirekten Steuern
aber die jeweilige Bewilligung und Forterhebung ſo lange be—
ſtehe, bis ein Finanzgeſetz eine Abänderung feſtſetze. Dieſe
Behauptung wird lebhaft beſtritten, indem jedes Finanzgeſetz
nur für die Dauer der Budgetsperiede Beſtand habe und nut
hinſichtlich ſolcher indirekien Steuern eine Ausnahme ſtatuitt—
werden koͤnne, die auf Verträgen beruhen. Nachdem der Abg—
Sander ausgeführt hatte, daß die Kammer Urſache habe, iht
Recht der Bewilligung ſämmtlicher Steuern auch dei diefe
Gelegenheit ausdrücklich zu wahren, wird der Antrag der Kom—
miſſion: „Die vier Monatsraten der direkten Steuern, ſo wie
die indireiten Steuern, welche in den Monaten Jult und Auguſt
1842 zum Einzug kommen, ſſind nach dem beſtehenden Üm—
lagefuß und den beſtehenden Tarifen zu erheben“, mit Stim—


ſtein an, daß er ſeine Erinnerungen wegen der Einwirkung der
Regierung auf die Deputirtenwahlen am 1. Juli vorbringen werde.

Stuttgart. (119. Sitzung der Kaumer der Abgeord—
neten vom 20. Juni. Durch Vereinbarung der ſämintlichen
Staalen des deutſchen Bundes wurde gegen den Nachdrück
der Schriften von Jean Paul Friedr Kichter, Chriſtoph
Wartin Wiehand und Jehann Gettfried v. Hender Ten
Erben und rechtmäßigen Nachkemmen dieſer Schriftſteller ein
Schutz auf zwanzig Jahre ertheilt, wozu heute die Zuſtunmung
der Kammer der Abgeordneten erfolgte.

Das Präſidium eroffnet der Kammer eine Note des Mini—
ſteriums des Innern, wonach Se. k. M. die Ständever—
ſammlung gegen Ende dieſes Monats bis zum 14. Januar
des künftigen Jahrs zu vertagen beabſichtigen. (S. M)

Darmſtadt, 20. Juni. Dieſer Tage wird das Andenken
des am 24. Febr. 1799 zu Goͤttingen verſtorbenen Profeſſors
Georg Chriſtoph Lichtenberg in dem benachbarten Oberram—
ſtadi, wo er im Jahr 1742 geboren wurde, von einer hieſigen
Geſellſchaft gefeiert werden.

Kaſſel, 16. Juni. Unſere Landesuniverſität Marburg ver—
liert außer dem Prof. Hermann noch zwei ondere ihrer Lehrer
die Profeſſoren Kling und Sengler. Dieſer, aus der Schel—
Uing'ſchen Schule, folgt als Profeſſor der Philoſephie einem
* nach dem Auslande (Freiburg?); der Erſtere geht nach

onn.

Wien, 17. Juni. Se. D. der Fürſt Metternich, welcher
ſich übrigens vollkommen wohl befindet, wird, jetzigem Ver—
nehmen nach, nicht vor der Mitte des nächſten Monats ſeine
Reiſe nach Boͤhmen antreten. Daß er von Königswart ſpäter
nach dem Kbein gehen werde, wie man behauplen hoͤrt, iſ
 
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