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Großherzoglich Badische privilegirte Heidelberger Tageblätter für Verkündigung, Politik und Unterhaltung (36) — 1842

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No. 51 - No. 60 (21. Februar - 2. März)
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Kammerverhandlungen.

Karlsruhe, 18. Febr. 45. öffentl. Sißung der 2. Kammer.
Abg.v. Itzſtein fährt fort: Ich kehre nun zu dem Manifeſte vom 5.
Aug. zurück. Daſſelbe kam der Kammer zwar nicht ganz unerwar—
tet, weil einer der Herren Miniſter ſchon bei den Urlaubsver—
handlungen eine ſolche Nachſendung angedeutet hatte. Allein!
daſſelbe iſt eine Erſcheinung ohne Beiſpiel in einem Repräſen—
lativſtaate, wo die Miniſter verantwortlich ſind und kein Ma—
nifeſt, keine die verfaſſungsmäßigen Rechte berührende Verfü—
gung oder Beſchluß ohne die Unterſchrift wenigſtens eines Mi—
niſters erſcheinen darf, wie dies H. 4 unſeres Geſetzes von
1820 über die Verantwortlichkeit der Miniſter deutlich ausſpricht.
Trotz der hohen Wichtigkeit der Sache ſchwieg die Preſſe des
Landes; kein Blatt ſprach ſich darüber aus; man ſcheint Vor—
ſorge für dieſes Schweigen getroffen zu haben. Gerade deß—
wegen war es aber dringend nöthig, und ich hielt es für meine

Pflicht, die Sache hier, in dieſer Verſammlung zur Sprache
Ju bringen. Es mißbiliigt das dem Volke verküuͤdete Mani—
feſt die von der Kammer gefaßten Befchlüſſe, es ſpricht Tadel
aus gegen die Volksvertreter und beklagt ihre Verirrung, weil
iie in der Urlaubsſache die Anſichten der Negierung nicht thei—
len konnten. Die Staatsdiener werden ferner duͤrch daſſelbe
angewieſen, die irrigen Anſichten hinſichtlich dieſes Gegenſtan⸗
de zu derichtigen und, denſelben mit Nachdruck zu begegnen.
Die Faſſung dieſer Sätze könnte auf den Gedanken fuͤhren,
den ich ſogar von vielen Leuten ausſprechen hörte, daß man
durch ſolche Ausſprüche gewiſſermaßen eine endliche Entſchei—
dung der wichtigen Urlaubsfrage habe geben wollen. Allein!
die Verfaſſung ſteht hier der Kammer' ſchützend zur Seite,
Der klare Buchſtabe derſelben ſagt, daß nur durch die Ueber—
einſtimmung der drei Faktoren der Geſetzgebung, alſo der Re—
gierung und beider Kammern, welche Uebereinſtimmung aber
aicht varhanden iſt, die Urlaubsfrage entſchieden werden Lonne
Dieſe Vexfaſſung, meine Herren! müffen wir aber erhalten
und ſchützen. Sie werden aber mit mir fühlen, daß bei dem
Syſtem und bei dem Wege, welchen die Regierung betreten hat,
und den ſie, wie die Anordnung der neuen Wahl im Bezirke
Lenzingen zeigt, leider! beharrlich verfolgt, die verfaſſungsmä—
ßige Wirkſamkeit der zweiten Kammer untergehen muß, und
daß ihr, welcher das Vertrauen des Volkes eden ſo unentbehr—
lich iſt, wie der Regierung, um für das Wohl des Landes
wirken zu können, durch Verkuͤndungen in dem Negierungs—
Llalte, wie man ſie gemacht hat, durch Mißbilligung ihrer
Beſchlüſſe, durch Anſchuldigung von Verirrungen u. f. w Die-
ſes Vertrauen entzogen oder koch geſchwächt wird, ihr, die
man trotz ihrer Verirrung doch nicht auflößte, mit der man
vielmehr fortfährt, die wichtigſten Angelegenheiten des Landes
3u verhandeln. — Sie werden fühlen, moͤne Herren! daß auf
ſolche Weiſe die Verfaſſung in ihren! Grundfeſten erſchüttert
werden muß. Daher muß ich an die Herren Miniſter der

Krone die Frage richten: Ob ſie die Verantwortlichkeit für das
in dem Regierungsblatte No. 21 von 18a1 ohne Unterſchrift
eines Miniſters erſchienene Manifeſt vom 5. Auguſt v. J. über—
nehmen? Trhr. v. Blittersdorff anerkennt, daß ſſich der
Abg. v. Itz ſtein von ſeinem Standpunkte aus mit Mäßigung
über die vorliegende Sache ausgeſprechen habe, und dieß gede
ihm Hoffnung, daß auch die Kammer in gleichem Sinne fort—
fahre und die Verhandlung auf ſolche Weiſe zum erwünſchten
Ziele geführt werden könne. Der Herr Abgeordnete hat nur
die Frage an mich gerichtet: ob wir die Verantwortlichkeit für
das Manifeſt vom 5. Auguſt zu übernehmen bereit ſeyen. Ich
könnte erwidern, daß wir nicht verantwortlich ſeyen; ich könnte
ausführen, daß die Kontraſignatur eines Miniſters nicht bei
allen Verfügungen des Landesherrn erforderlich iſt z in⸗
deſſen ſind wir vollkommen bereit, die Verantwortlichkeit zu
übernehmen. Es wird ſich nun fragen, eb und welche Aufklä—
rungen der Abg. v. Itzſtein noch zu erhalten wünſcht. Ich
geſtehe, mir ſchien das Manifeſt eine ſo einfache und unzwei—
deutige Handlung, daß ich nicht begreife, wie ein Zweifel über
den Sinn deſſelben entſtehen konnte. Ich habe nur den letzten
Beſchluß der Kammer zu leſen; der Keonet verliest den Kaͤui⸗
merbeſchluß vom 127. Juli v. J. und fährt dann fort: Hier
war eine öffentliche Anklage gegen die Regierung ansgeſprochen,
die nicht ohne Erwiderung von der Regierung bleiben konutez
es wurde eine Bewegung gegen die Negierung hervorgebrocht
ſo daß ſich die Regierung ſchuldig war, wieder etwas an das
Volk gelangen zu laſſen. Es waͤr aber vielfach laut gewor⸗
den, daß nicht der Regent, ſondern nur ſeine Rathgeber die
Maßnahmen in der Urlaubsfrage gebilligt haͤtten. Es mußte
alſo feſtgeſtellt werden, daß der Großherzog es ſey, welcher
auf dem Recht der Urlaubsverweigerung beharrt. Unter dieſen
Umſtänden war es natürlich, daß die Regierung ſich veranlaßt
ſah, einer unter dem Volke verbreiteten irrigen Meinung ent—
gegen zu wirkenz der Exlaß des Großherzogs war nur die ein—
fache Antwort auf den Beſchluß der Kammer. Ich hoffe, Sie
wollen alte Wunden nicht wieder aufreißen, und dadurch den
Eindruck eines erfreulichen Ereigniſſes trüben, woran das Land
den innigſten Antheil nimmt. . Ibſtein. In Beziehung
Luſ die letzte Bemerkung des Grn. Minifters glaube ich, daß
dieſes erfreuliche Ereigniß, an welchem das Tand allerdings
den innigſten Antheil nimmt, nicht in der Kammer hätte er—
waͤhnt werden ſollen. Es ſoilen dadurch Gemüths bewegungen
hexvorgebracht werden, was nach parlamentarifchei Fakte nidı
erlaubt iſt Ich habe erwartet, daß die Herren Mintſter die
Verantwortlichkeit dieſer Maßregel übernehmen werden, weil
ſonſt gegen das Geſetz von 1830 über die Verantwortlichkeit
r Miniſter, geradezu gefehlt worden wäre. Wir konnen das
Gegentheil nicht annehmen, denn dieß würde heißen, die Ver—
faſſung vernichten. Sie haben auf die Verfaſſung geſchworen,
und haben daher Necht gehabt, zu erklären, daß Sie die Vaozs
 
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