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Großherzoglich Badische privilegirte Heidelberger Tageblätter für Verkündigung, Politik und Unterhaltung (36) — 1842

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No. 11 - No. 20 (12. Januar - 21. Januar)
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XO. 20.






Kammerverhandlungen.

Karlsruhe 17. Jan. 36. Sizung der zweiten Kammer.
Fortfetzung der Berathung des Brrichtes des Abgeordnezen
Trefurt üder das Budget des Miniſteriums des Innern. Bei
der Poſition der Untertichtsanſtalten ſpricht Mördes ſich über
den Uebelſtand aus, daß man den Schülern der oberen Klaſſe
der Loceen erlaube, beſtimmte, ihnen angewieſene Wirthshäu—
ſer beſuchen zu duͤrfen. Staatsr. v. Rüdt bemerkt, daß es
beſſer ſei, unter Aufſicht den Beſuch einzelner gutec Wirths—
haͤuſer den oberen Schülern zu erlauben, als den Beſuch ganz
zu verbieten, wodurch die heimlichen Trinkgelage überhand
nehmen würden. Für den Beſuch unter der angegebenen Be⸗
ſchränkung, daß nämlich ein beſtimmtes Wirthshaus angewie—
ſen und 'die Erlaubniß nur den oberſten Schülern geſtattet
wuͤrde, ſprechen ſich Sander, Trefurt, Platz, Mohr
und Zentner aus, gegen jeden und allen Beſuch aber wieder—
holt Welcker. — Zentner rügt, daß keine Gleichheit rückſicht—
lich der Schulbuͤcher in den Voltsſchulen beſtehe, und er dringt
darauf, daß dieß alsbald geſchehen möge. Staatsrath v. Rüdt
gibt theilweiſe zu, daß eine völlig Gleichheit noch nicht beſtehe,
Fbwohl für die Volksſchulen ein neues Geſangbuch und ein
Katechismus fuͤr die evangeliſchen Schulen und eben jetzt auch
ein neuer Katechismus für die katholiſchen Schulen eingeführt
werde. Weniger Gleichheit beſtünde zur Zeit noch rückſichtlich
der gelehrten Schulen, aber auch in Beziehung auf dieſe habe
das Miniſterium des Innern den Gegenſtand bereits in Bera—
thung genommen. Kuen zer glaubt, daß jetzt noch nicht die
Zeit zur Einführung gleicher Lehrbücher vorhanden ſei, indem
vorerſt eine neue allgemeine Lehrmethode angenommen und
nach derſelben die Volkslehrer ſelbſt erſt eingeübt werden müß—
ten, ſo daß es zur Zeit theils noch an guten Lehrern, theils
aber auch an guten Lehrbüchern fehle. Baſſermann iſt nicht
für gleiche Einführung der Schulbücher in den Lyeeen und
Gymnaſien, wohl aber bei den Volksſchulen. Letzteres, weil
die Lehrer auf einer niedern Stufe ſtünden, erſteres aber, weil
dieß die freie Bewegung der Wiſſenſchaft ſtöre, und dieſe Leh—
rer ſelbſt ſchon ſo hochſtünden, daß eine Bevormundung der—
ſelben nur nachtheilig wirken könnte. Regenauer ſpricht in
voͤllig entgegengeſetztem Sinne und glaubt, bei Volksſchulen
thue es wegen großer Einfachheit der Sache bei Weitem nicht
ſo ſehr Noth, als bei den gelehrten Schulen. Hier aber, bei
der ungemeinen Verſchiedenheit der Lehrbücher, ſei es dringend
noͤthig, gleiche Lehrbücher einzuführen, da auf jeder Anſtalt
jetzt andere Lehrbücher beſtünden. Benn man dagegen ſage,
man gefährde die noͤthige wiſſenſchaftliche unobhaͤuglgkeit der
Lehrer, ſo ſei dieß ein Irrthum, da das Buch nur“ den Leit—
Ven abgeben ſoll, neben und über welchem noch immer die
Biſſenſchaft des Lehrers freien Spielraum habe. Anders wäre
die Sache auf der Uniderſität, da müſſe ein völlig freier Spiel—
raum dem Lehrer gelaſſen werden. Kuenzer gnnı Ddem Ubg,

Regenauer nur unter der Vorausſetzung bei, daß auf den
Loceéen keine Philoſophie gelehrt werde; allein ſo lange dieß


unterricht der Philoſophie auf Lyceen verhalte ſich zum guten
Unierricht uͤber dieſe Wiſſenſchaft ebenſo, wie der Vortrag des
Religionsunterrichts nach dem Katechismus zum wirklichen Stu—
diun der Theologie. Sander klagt über die Organiſation des
gan zen Untexrichteweſens in unſekem Lande und bemerkt, er
werde demnächſt den Antrag begründen, ein eigenes Min i—
ſter ium des Unterrichts u. Ter Kirche zu erricten.
San der beantragt ferner, daß die Regierung für die Zukunft
die Beſiimmung der Schulgelder nur mit der Kammer feſtſe⸗
tzen könne, denn dieſe Schulgelder ſeien eine Art Steuern.
Staatsrath'v. Rüdt behauptet, daß dieß eine reine Verwal—
tungsſache ſey und alſo nicht vor die Kammer gehoͤre. Für
Sander erklären ſich Welcker und Itzſtein, gegen, ihn
Zrefurt, Kegenauer und Merk. Es wird hierauf be—
ſchloſſen, daß die Regierung beim nächſten Budget eine Vor—
ſage maͤchen möge, aus der man die Größe der Schulgelder
bei den einzelnen Lehranſtalten erſehen könne. — Bei der Po—


Kuenzer, daß ein Fond zur Penſionirung alter Lehrer vor—
züglich im Intereſſe des Unterrichts gebildet werde, und P oſſelt
zußert den Wunſch, daß die höhere Bürgerſchule in Heidel—
berg eben ſo wie die ähnlichen Anſtalten anderer Städte
einen ſtändigen Staatszuſchuß erhalte, worauf v. Rüdt
bemerkt, daß die Schule ſchen vorgemerkt ſey, übrigens auch
ſchon Zuſchüſſe erhalten habe. — Kuenzer wünſcht hierauf,
daß eine Anſtalt zu weiterer Verſorgung der Blinden, wenn
ſie aus der beſtehenden Blinden-Unterrichtsanſtalt entlaſſen
würden, gegründet werden möge, die, wenn ſie nur einmal
gegründet waͤre, gewiß auch aus Privatmitteln unterſtůtzt würde,
welche Anſicht durch Schinzinger unterſtützt wird. Bei der
Poſition Gewerbe beantragt Vogelmann, daß für Induſtrie
und Gewerbe eine Summe aufgenommen werde, da bei uns
bisher noch nichts geſchehen ſey, während Baiern 47,600 fi.,
Sachſen 21,450 Thaler, Kurheſſen 7000 Thlr., Greßherzog—
thum Heſſen 5000 fl., Württemberg 12,000 fl. dafür verwen—
den. Es ſollten aus der aufzunehmenden Summe Modelle,
Plane, Zeichnungen, Werke u. ſ. w. angeſchafft, Induſtrie—
ausſtellungen abgehalten, ein Gewerbeblatt gegründet werden
u. ſ. w. Zentner beantragt die Errichtung eines ſtatiſtiſchen
Bureaus. Sander iſt zwar für beide Gegenſtände, glaudt
aber, daß wir bei unſeren ſo beſchränkten Mitteln nichts würden
thun können, und daß es überflüſſig ſeyn werde, etwas aus
Staatsmitteln zu thun, da bereits Privatgewerbvexeine ſich ge—
bildet haben. Staatsrath v. Rüdt und v. Marſchall bemer—
ken, daß man auf beide Gegenſtände beim außerordentlichen
Budget zurückkommen werde, daher man jetzt darüber hinweg—
gehen ſolle. — Kuenzer kLemerkt bei der Poſitien Kultus,
 
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