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Großherzoglich Badische privilegirte Heidelberger Tageblätter für Verkündigung, Politik und Unterhaltung (36) — 1842

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No. 141 - No. 150 (25. Mai - 3. Juni)
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No. 150.

— —

Kammerverhandlungen.

Karlsruhe, 31. Mai. 4. offentl. Sißung der 2. Kammer.
Fortſetzung der Wahlprüfangen. Unter dem Vorſitze des Al—
rerspräfidenten Wekel. Auf der Negierungsbauk befinden ſich
Staatsrath Frhr. v. Rüdt und Geh. Referendär Eichrodt.

Die geſtlige Berathung über die Wahl der Aemter Neckar⸗
gemünd und Wiesloch hatte große Aufregung veranlaßt, ſo
daß die Sitzung ein ſtürmiſches Ende nahm. Heute ergreift
nun nach Veeibigung der beiden neueingetreienen Apg. Bett
und Hermann der Abg. v. Itz ſtein das Wort, rügt zuvoͤr⸗
derſt einige Ausdrücke des Abg. Trefurt als mindeſtens unpar⸗


die beiden Beamten von Neckargemünd und Wiesloch ſich Miß⸗
brauch der Amtsgewalt hätten zu Schulden kommen laſſen, zu
bekräftigen. Nach näheten Erklärungen des Abg. Trefurt,
welcher eingeſiand, daß er ſeinen geſtrigen Vortrag mit ſichi—
lichet Entruͤſiung gehalten und nach einigen Gegenäußerungen
des Abg. Mörded wird dieſer Gegenſtand verlaſſen.

Hietauf berichtet Abg. Martin noch über die Wahl von
Fauth; 2 Lenz, welche für unbeanſtandet erklärt wurden.
Sodann wuͤrde auf Bericht des Abg. Regenauer für unbe—
anſtandet erklärt die Wahlen von 3. Maierz 4. Wetzelz 5.
Leiblein; 6. Metzger; 7. Rindeſchwender. Hierauf
berichtete derſelbe Abgüber die zweite Wahl des Landamtsbe—
zirks Pforzheim (Oekonomierath Herrmann). Darüber ent—
ſpann ſich eine ſehr lebhafte Diskuſſion. Es wird die Eingabe
bon zwolf Wahlmännern dieſes Bezirks verleſen, worin ſie be—
haupten, das Geheimniß der Abſtimmung und damit die Frei⸗

heit der Wahl ſey durch den Wahlkominiſſär (den als Reg.⸗
Kommiſſär in der Kammer anweſenden geh. Neferendär Eich—
rodt) dadurch verletzt worden, daß er ihnen nicht geſtattet
habe, aus dem Wahlzimmer abzuſreten, um unbeobachtet die
Wahlzettel zu ſchreiben. Geh. Referendär Eichrodt wird deß—
halb von den Abg. v. Itzſtein, Sander und Rindeſchwen—
der heftig angegriffen, von Trefurt und Regenauer ſein
Verfahren vertheidigt. Er gibt zu daß er nach Abgabe der
Wahlzettel verlangt habe, die Wahlmänner ſollen den Saal
oder wenigſtens die oberen Räume des Rathhauſes nicht ver—
laſſen, mit dem Beiſatze, er habe ihnen überlaſſen, in ein an—
ſtoßendes Zimmer einzutreten, ungeachtet in dem Wahlſaal ſelbſt
hinlänglicher Naum und an vier Tiſchen Gelegenheit geweſen
ſey, die Wahlzettel zu ſchreiben, ohne daß ein Anderer habe
ſehen kennen, was heſchrieben werde; er veruft ſich auf den
deutlichen Wortlaut des fehlerfreien Protekolls, als einer un—
beanſtondeten offentlichen Urkunde, darauf, daß die Wahlmän—
ner dadurch, daß ſie nachher im Wahlzimmer ſelbſt geſchrieben
und keine Einwendung Zegen den Wahlakt erhoben haben,
deſſen Legalität anerkannt haben; allein der Antrag des Abg.
Bekk, daß der Beſchluß über die Güttigkeit der Wahl in ſo
lange ausgeſetzt bleiben ſolle, bis über die Angabe der prete—


*

ſtirenden zwölf Wohlmänner und die Gegenerklärung des Wahl—
kommiſſärs eine nähere Unterſuchung gepflogen und der Kam—
mer vorgelegt worden, wird, wie wir bereits geſtern berichteten,
mit 34 Stimmen angenommen.

Karlsruhe, 1. Juni. In der heutigen Sitzung der 2.
Kammer wurden die Wahlprüfungen fortgeſetzt. Mit großer
Spannung ſah man der Entſcheidung über die wegen Wahl—
beſtechung angefochtene Wahle von Fabrikinhaber Völker ven
Laͤhr entgegen! Lebhafte Debatten hatten ſich deßfalls entſponnen.
Endlich würde die Wahl mit 31 gegen 22 Stimmen für un⸗
beanſtandet erklaͤrt, jedech eine Unterſuchung über die ſraglichen
Thatſachen beſchloſſen.

»Heidelberg, 1. Juni. In einer franzöſiſchen Zeitung
wird folgende Thatſache erzählt: Ein Savoyardenknabe von zehn
Jahren, Balthaſar Garin mit Namen, der ſich mit Stiefelputzen
ernährt, hatte ſich am 21. Mai in der Nähe von Fro—
tignan zwiſchen den Schienen der Eiſenkahn niedergeſetzt, um
den Deckel an ſeinem Wichskaſten, der aufgegangen war, wie—
der zurecht zu machen. Kaum war unſer Junge mit dieſer
Ardeit fertig, als ihn der Schlaf überwältigte. Wenige Mi—
nuten ſpäter kommt ein Wagenzug von Montpellier. Von


ciwas auf der Bahn liegen. Sie halten es für den Lams
eines Bahnwaͤrters: erſt in der Nähe gewahren ſie, daß es ein
ſchlafendes Kind iſt und wollen den Zug anhalten. Allein es
iſt zu ſpät; erſt als die Locomotive, der Tender und fünf
Wagen über den ſchlafenden Jungen weggegangen waren, ge—
lang es, den Zug anzuhalten. Man ſpringt von dem Wagen,
um zu iehen, was aus dem Kneben geworden, und fiehe —
man zieht ihn geſund und unbeſchädigt und noch feſt ſchlafend
unter den Wagen herver. Sein Kaſten war zertrümmert, ihm
ober bloß das linke Bein eiwas geritzt. Die Reitung des
Kraben erſcheint um ſo wunderbarer, wenn man erwägt, daß
zwiſchen der Lokemotive und dem Boden, auf dem er lag,
dloß ein Raum von nicht mehr als einem pariſer Fuß befind—
lich war.

Bei unſern ſorgfältigern Anordnungen auf der Eiſenbahn
könnte übrigens ſo etwas am hellen Tage nicht leicht vorfallen.

O Schwetzingen, 30. Mai. Es iſt nun gewiß, daß am
3 Juni d.J. die Offiziere des S. Armeekerps hier zuſammen—
kommen, um ein Feſt zu feiern, das in uns, nie in jedem
deutſchen Fürſten- und Vaierlandsfteunde, die Erinnerungen
an die herrlichſten Tage des Menats Septemter 1840 neu
velebt. Es wird ven Seiten der Feſtgeber Alles aufgeboten,
um dieſe Feier würdig und glänzend zu begehen, und auch
die Bewehner Schwetzingens werden nichts verſäumen, um ihre
innige, freudige Theilnahme an einer Feſtlichkeit u bewähren,
die den ſchenſten Neminiscenzen in den Annalen iyrer Stadt
gewidmet iß.

Von der obern Donau, 27. Mai. Mit dem Ulmer
 
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