No. 1214.
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„Heidelberg. Es muß befremden, daß wir in unſerin
geſegneten Baden noch keine landwirihſchaftliche Schule haben,
während ſich Wuͤrtemberg nicht nur in — eines blühen⸗
den derartigen Inſtitutes erfreut, womit zugleich eine für groͤ⸗
ßere Güter berechnete Landbauſchule verbunden iſt, ſondern in
den von Hohenheim entferntern Landestheilen noch zwei andere
praktiſche Landbauſchulen errichtet werden ſollen. Selbſt in
Frankreich beginnt man nun nach ſolchen Muſtern mehr für
Tie Landüirthſchaft zu thun. So berichtet Dr. Ed. Dürre
in @yon über Die neue Landbaufghule bei Cgon Folgenz
eg in der Y Z.: NMach langen Mühen und Kämpfen gegen
zie Unverfländigen hat endlidh Lefaire Nivierve einen Minis
{terialbefchluß vom 2. März erlangt, dem zu Folge ſeine in
%a Saulſdie (Dep. de l'Ain) auf eigene Koſten erxichtete
Landbauſchule koͤnigl. Inſtitut geworden iſt. Schon auf ſeiner
Keiſe in Deutſchland hat Niviore, beſonders in Potsdam, ſeine
Grundſätze üder große Kultur in Frankreich und über Vorbe—
reitungoſchulen zu derſelben ſeine Weinung abgegeben. Gewiß
Woglin dem Franzoſen reiche Ausbeute geliefert, der Plan
feinel Anſtalt iſt aber neu und eigenthümlich. Es iſt eine
Landbauſchule für Verwalter und reſp. Beſitzer größerer Güter.
So hält ſie eine glückliche Mitte zwiſchen den ſogenannten
hoͤheren Inſtituten Möglin, Eldena, Hohenheim u. ſ. w. und
der nur für Bauerngüter berechneten Landbauſchule Hohenheims.
Ein Zoͤgling der Hohenheimer Schule, Theoder Jäger von
Stuttgart, der in La Saulſaie dem praktiſchen Unterricht der
ſungen Leute vorſteht, während ein Schüler Moͤglins, v. Schlott—
feld, mit einem andern Theil derſelben Gutsverwaltung be—
auftragt iſt, verweilt im Augendblicke in Würtemberg, um
Hohenheimer Ackergeräthe und Pferde einzukaufen und tüchtige
Facharbeiter für die kleine halbdeutſche Kolonie in der Breſſe,
La Saulſaie, zu engagiren. (Der Artikel verbreitet ſich ſofort
weitlaͤufig über die Einrichtung der neuen Landbauſchule.)
»Heidelberg, 2. Mai. Sicherm Vernehmen nach wird
das junge fürſtliche Ehepaar, deſſen Trauung heute in Karls—
ruhe ſtait findet, den 10. d. M. unſere Stadt auf der Durch—
reiſe mit einem Beſuche erfreuen. Ob noch ſonſt Jemand von
unſerer großherzoglichen Familie daſſelbe hierher begleiten wird,
iſt zur Zeit noch ungewiß.
Heidelberg, 3. Mai. Eine Anſtalt, wie die Dampf—
ſchiffahrt zwiſchen Heidelberg und Heilbronn, verdient nur
dann die Theilnahme des Publikums, wenn ſie ihren Zweck
erfüllt, das heißt im gegebenen Fall, wenn ſie möglichſt für
Bequemlichkeit und Annehmlichkelt der Reiſenden ſorgt.
Dieſem Zwecke entſpricht aber genannte Anſtalt nicht, in—
dem ſie den Landungs- und Abfahrisplatz ihrer Schiffe an den
Hausacker verlegt.
Thatſachen ſind das wirkſamſte Mittel zur Abſtellung ſolcher
Mißgriffe. Die Bewohner Heidelbergs dürfen ſich nuͤr dahin
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vereinigen, ven dieſer Reiſegelegenheit keinen Gebrauch zu
machen, — weder für Keiſen noch Luſtfahrten — bis ein Lan—
dungsplatz an der Stadt gewählt iſt, und bald wird die Dampf—
ſchiffahrtsgeſellſchaft begreifen, an welche Bedingungen ihr Ge—
deihen geknüpfſt iſt.
Stuttgart, 30. April. In der geſtrigen Sitzung der
Kammer der Abgeordneten kam der Antrag des ritterſchaftli—
chen Abgeordneten Frhrn. v. Hornſtein auf Einführung von
Geſchwornengerichten zu Aburtheilung von Preßvergehen zur
Berathung. Die Kemmiſſion, deren Referent Hr. v. Scheurlen
war, beantragte, daß dieſem Antrage keine Folge gegeben
werde, was auch die Kammer der Abgeordneten mit 51 gegen
27 Stimmen annahm. Noch vor der Abſtimmung hatte der
proviſoriſche Chef des Juſtizdepartements, Staatsrath v. Prteſer,
erklärt, daß ſich die Regierung mit dem v. Hornſtein'ſchen
Müuchen, 29. April. Löwe des Tags im vollſten Sinne
des Wortes iſt ſeit geſtern bei uns ein unglücklicher Schneider—
religiöſe Skrupel gebracht, ſich den Tod im Waſſer gegeben
hat. Der junge Mann, für deſſen Leumund die beſten Aus—
ſagen gemacht werden, befand ſich unter jenen Proteſtanten,
die in der verwichenen Woche zur kaͤtholiſchen Kirche überge—
treten ſind. Ein vorwurfsvoller Brief ſeiner in Pappenheim
domizilirenden Mutter oder anderer Verwandten, man fügt zu,
auch eine ſtrenge Admonition von Seite des proteſtantiſchen
Beichtvaters ſollen jedoch ſchon am zweiten Tag nach jenem
Uebertritt ſolche Zwetfel und Irrungen in ſeinem Gemüthe
veranlaßt haben, daß er ſie nur durch einen freiwilligen Tod
beſchwichtigen zu koͤnnen vermeinte. Ich gedenke des Vor—
falles abſichtlich, da es kaum fehlen wird, daß er in hieſigen
Blättern gar nicht, und in auswärtigen ebendarum mehr eder
weniger entſtellt beſprochen wird. (S. II
Nüruberg. Die Dorfzeitung gibt über die bereits ven
uns berichtete gräßliche Morthat, welche in Nürnberg verübt
ward, folgenden Bericht: Eine ſchauderhafte Geſchichte, die
ſich in Nürnberg zutrug, mag gegen den Pietismus
abermals ein ernſtes Zeugniß ablegen. Der Bruder eines
Nürnberger Geiſtlichen, ein Ritimeiſſer, heirathete eine reiche
Wittwe. Dieſen Umſtand wahrſcheinlich benützend, machte eine
eifrige Beſucherin der Conventikelſeiner alten wohl—
habenden, bereits ſechzigjährigen, aber doch noch verliebten
Betſchweſter weiß, auch ſie wolle ein Rittmeiſter heirathen.
Man lockte ihr, unter allerlei Vorgeben, mehrere Summen ab,
die dem erdichteten Rittmeiſter als Neiſegeld und zur Gewinnung
von Proteetionen dienen ſollten. Damit der Betrug nicht ent—
deckt werde, lockte man am Syhlveſterabend oder kurz verher
die alte verliebte Närrin auf das Zimmer und ermerdete ſie.
Stückweiſe wurde von der anderen Betſchweſter, die jetzt die
Schuld des Mordes auf ihren kürzlich verſtorbenen Mann ſchiedt,