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Großherzoglich Badische privilegirte Heidelberger Tageblätter für Verkündigung, Politik und Unterhaltung (36) — 1842

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No. 81 - No. 90 (23. März - 3. April)
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No. 84.









Heidelberg, im März 1842.

Karlsriihe, 23. März. Bei der heute ſtattgehabten Wahl
der Wahlmänner für den fünften Diſtrikt wurden ernannt:
Erbprinzenwirth Hofmann (nicht Bürſtenmacher Kamm), Bier—
brauer Eiſele, Gemeinderath B. Schweig, Kunſtgärtner Männing,
Baͤckermeiſter C. Vorholz, Kaufmann Goll, Gemeinderath
Mallebrein und Strickermeiſter Nagel. (K. 3.)

Darmſtadt, 18. März. Duͤrch die öffentlichen Blätter
iſt bereits der Schluß des Antrags des Abg. Glaubrech, den
offentlichen Nechtszuſtand Deutſchlands, insbeſondere jenen des
Koͤnigreichs Hannover betreffend, bekannt geworden. Derſelde
iſt ſeitdem im Druck erſchienen. Er iſt ſehr umfangreich und
beginnt mit allgemeinen Betrachtungen über die Beſtimmung
und die Lage Deutſchlands, ſo wie die Verſprechungen, die es
im Befreiungskriege erhalten. „Nach dieſen Belrachtungen
uhr der Redner fort) erwarten Sie, meine Herren, vielleicht
von mir, daß ich Ihnen alle diejenigen Wünſche des deutſchen
Volks aufzähle, deren Erfüllung daſſelbe im Intereſſe des ge—
meinſchaftlichen Vaterlands entgegenſieht. Sie erwarten vielleicht
Aoſt Klagen über manchen Rückſchritt oder getäuſchte Hoffnunß.
Doch nicht dies iſt der Zweck meines heuſigen Antrags, wie
begründeter Anlaß dazu auch vorhanden ſehn möchte! Dieß
alles tritt in Den Hintergrund gegen das eine traurige Ereig—
‚niß, welches wir unter dem Naſnen der hannoͤber'ſchen Vel⸗
faſlungsangelegenheiten begreifen. Hier ſehen wir die groͤßte
und enpfindlichſte Wund?, welche dem öffentlichen Rechte
Deutſchlande und allen deuiſchen Verfaſfungen gefchtagen wor—
iſt Tieſe Wunde ſteht noch imimer offen im Hetzen von

Deutſchland; nichts geſchieht für ihre Heilung, ſie wird größer
von Tag zu Tag.“
ſtände von Hannover, das Benehinen des Bundestags, der Re—
gierung, der Staͤnde, der Korporationen. Dann ſchließt er
mit den Worten: „Welches deutfche Herz wird nicht von dieſem
tragiſchen Schauſpiele ergriffen! Wie lange, ſo fragt ſich jeder
aufrichtige Freund des Vaterlandes mit' tiefer Bekummerniß,
ſoll dieſer Zuſtand noch fortwähren? Soll er ſo konge dauern,
bis der zu ſtraff angezogene Bogen zerbricht? Oder ſoll das
deutſche Volk ſeinen Glaͤuben an die Heiligkeit der Eide, an
die Heiligkeit von Geſetz und Verfaſſung aufgeben! Verhüte
Gott, daß es ſo weit komme, denü auͤf ihm deruhen Thron
und Altar, auf ihm beruht das Glück und die Wohlfahrt un⸗
ſers Vaterlandes. . .. Der Tag wird nicht ausbleiben, wo es



Der Preis des vierteljährigen Abonnements
G. Reichard.

— —

ſers Vaterlandes gegen außen nicht bloß in den ſtehenden
Heeren liegt, ſondern daß die moraliſche Kraft der Nation das
mächtigſte und ſicherſte Vertheidigungsmittel derſelben iſt. Wehe
unſerm Vaterlande, wenn dann mit dem Glauben an Geſetz
und Recht die moraliſche Kraft der Nation vernichtet ſeyn
würde! Zwei mächtige Nachbarn, Rußland und Frankreich,
ſtehen an unſern Marken und wer vermag die Buͤrgſchaft zu
übernehmen, daß nicht ein Tag des Bündniſſes unker ihnen,
ſey es gegen Deutſchland ſelbſt, ſey es gegen England, kom—
men koͤnne, als deſſen Preis Frankreich jene herrlichen Provin—
zen zurückbegehrte, die es einmal unſerm Mutterlande entriſſen
hatte, deren Verluſt es nicht verſchmerzt hat, und nie verſchmer—
zen wird. Was koͤnnte und würde in einem ſolchen Falle
Deutſchland retten, wenn es nicht die moraliſche Kraft der
Nation thun ſollte? Ich bin ein Bewohner jener, Gottlob, nach
faſt zwanzigjähriger Trennung wieder mit dem Mutterlande
vereinten Provinzen und freue mich aufrichtig mit allen meinen
Landsleuten jenſeits des Rheins dieſer Wiederdereinigung. Allein
was iſt es, was uns allen dieſe Wiedervereiniguͤng ſo werth
und theuer macht? Laſſen Sie mich Ihnen diefes ohne Rück⸗
halt geſtehen — ich befürchte nicht von meinen Landsleuten
deßhalb einen Widerſpruch zu erfahren — es iſt der Glaube an
ein großes gemeinſames deutſches Vaterland, die Hoffnung, daß
das große Nationalband, welches alle Deutſchen umſchließt, im—
mermehr erſtarke, daß die deutſche Bundesakte in allen Theilen
vollzogen, daß die Bundesgeſetzgebung ihre Entwickelung auf
eine der Zeit und den Beduͤrfniffen der Nation gewäße Weiſe
erhalte und daß endlich die Inſtitutionen, deren wir uns er—
freuen, in ihren weſentlichen Grundſätzen gewahrt und geför—
dert werden. Wögen all? deutſchen Regierungen und Stände
hiezu und ſomit auch zur kräftigen Aufrechthaliung des Art. 56
der Wiener Schlußakte zunächſt hier in feiner Anlvendung auf
Hannover das Ihrige beitragen. Noch darf die deutſche Ration—
dieß von ihren Ragierungen, noch darf ſie von hoher Bundes—
verſammlung ein endliches Einſchreiten in jenein unſeligen
Kampf, eine endliche Rettung des hannöver'ſchen Volkes hoffen.
Denn daß die im Jahr 1859 von hoher Bundesverſaminlung
erfolgte adlehnende Entſcheidung keine definitive geweſen'
darüber kann wohl heute kein Zweifel mehr veßehen. . . .
Bem hat ſich bei dem unglücklichen hannöver'ſchen Verfaſ—
ſungsſtreite nicht ſchen der Gedanke und die Ueberzeugung
aufgedrängt, daß wenigſtens in einer Beziehung, nämlich be
 
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