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Großherzoglich Badische privilegirte Heidelberger Tageblätter für Verkündigung, Politik und Unterhaltung (36) — 1842

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No. 51 - No. 60 (21. Februar - 2. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42549#0213

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ageblätter




— 2—












Kammerverhandlungen.

Karlsruhe, 18. Febr. Nach Eröffnung der heutigen
Sitzung der zweiten Kammer erſtattete vorerſt Weller Bericht
über die an die Stelle des Abg. Peter vorgenommene Wahl
im 16. Aemter⸗Wahlbezirk, woͤnach der penß Hofgerichterath
Wetzel gewählt wurde. Die Wahl wird rückſichtlich des dabei
beobachteten Verfahrens nicht beanſtandet, allein deßhalb an—
gefochten, weil der Auftrag zur Vornahme der neuen Wahl
in dem Augenblicke ſchon erfolgte, ehe Peter ſeine Wahl nie—
dergelegt hatte.
Wahl nicht erfolge, die vorige Wahl als gültig erſcheine, und
deßhalb die Erlaſſung einer Vollmacht zur neuen Wahl rechtlich
nichtig ſey, ſo müſſe auch die darauf gebaute Wahl eine nich—
tige ſeyn. Trefurt erſtattet Namens der Minorität Bericht,
wonach aus dem Grunde die Wahl für gültig erklärt wird,
weil Peter, ehe die Wahl ſelbſt ſtatthatte, ſeine Stelle wirk—
lich niederlegte, und dadurch das voraus ergangene Mandat
zur neuen Wahl gültig gemacht wurde. St. R. v. Küdt
ſucht ausführlich die Gültigkeit der Wahl zu behaupten nnd
nachzuweiſen, daß die Vollmacht zur Wahl' zum eigentlichen
Wahlakt gar nicht gehöre, und daher die Gültigkeit der Wahl
Aoſt von der Vollmacht nicht abhängig gemacht'werden koͤnne.
Miniſter v. Blittersdorf erklärt, daß die Anordnung einer
neuen Wahl von Seite der Regierung blos eine Konfequenz
ihrer bisherigen Anſicht war, und etwas Anderes, als Konſe—
quenz auch in dieſer Sache könnte die Kammer ſelbſt von der
Negierung nicht erwarten. Die Negierung wolle aber auch der
Anſicht der Kammer nicht zu nahe treten, und er glaube, daß
Regierung und Kammer auf einem Punkt jetzt angekommen
ſeten, auf dem man allſeitig die vorgenommene Wahl für
gültig annehmen koͤnne. Diefer Punkt ſey der Umſtand, daß
Peter ſein Mandat niedergelegt habe, dieſes noram ermaͤchtige
vollauf die Kammer, ohne Äufgeben ihrer bisherigen Anſicht
die Wahl für gültig erklären zu können.
tie Negierung würden hienach, jedet Theil aus anderem


3beorie des Orn. Miniſters fuͤr gefährlich, da danach die Re—
gierung auf ihrer bisherigen Anſicht mit voller Konſequenz
beharre, und die Kammer kurch Gältigkeitserklärung der Wahl
das Lecht der Regierung anerkenne. Solle die Kammer durch
ein Nachgeben von ihrer bisherigen Anſicht durch Auerkennung
der Wahi der Negierung etwas entgegenfommen , fo folle auch
die Regierung von ihrer Theorie, d. h. von ihrem Nechte des
Urlaubs, absehen und der Kammer éntgegenkommen. Nach—
Am nach uber dieſe Frage, und zwar für die Gültigkeit der
Wahl die Abgeordneten Weizel, Chriſt, Baumgartner,
Schaaf, Zentner, ſo wie nochmals Trefurt, — gegen
die Gültigkeit Mördes, Welcker, Sander,' Knapp,
Kuenzer, Rindeſchwender, v. Itzſtein, ſowie abermals



der Berichterſtatter geſprochen hatten, wird die Wahl mit 31
Stimmen gegen 26 für gültig erklärt.

Nun erhebt ſich von Itzſtein: Sie wiſſen bereits,
meine Herren, welche Maaßregeln, von der Beurlaubung
der Kammer an bis zur heute geprüften Wahl ich zur Sprache
bringen, und daß ich auf den Grund derſelben und namentlich
des Manifeſtes vom 5. Aug. 1841 eine Frage an die Miniſter
ſtellen will. Fürchten Sie aber nicht, meine Herren! daß ich
dadurch eine abermalige Erörterung der, trotz mehrmaligen Käm—
pfen unentſchieden gebliebenen Urlaubsfrage herbeiführen will. —
Mein Standpunkt iſt ein Anderer! ich werde nur Gebrauch machen
von der, jedem einzelnen Deputirten verfaſſungsmäßig zuſtehenden
Befugniß, Maßregeln zur Sprache zu bringen, durch welche er die
Verfaſſung und die Rechte der Kammer gefährdet erachtet. Davon
ausgehend, habe ich aus den Urlaubsverhandlungen einfach
hieher zu bemerken, daß die Kammer, ſich ſtützend auf die
Verfaſſungsurkunde, das von der Regierung behauptete Kecht
der Urlaudsderweigerung nie anerkannt, vielmehr in wiederhol—
ten Beſchlüſſen ſtets widerſprochen hat. Es gehoͤrt ferner hieher,
daß die Kammer ſofort, nachdem ſie noch den Antrag verworfen
hatte, ſich wegen ihrer unvollſtändigen Zuſammenbekufung und
wegen Verletzung ihres verfaſſungsmäßigen Beſtandes für inkoͤmpe⸗—
tent zu erklären, alle ihre vorliegenden Arbeiten ohne Aufenthalt erle—
digte, und das von der Regierung geforderte halbjährige ſtarke Bud—
get einſtimmig bewilligte In Uebereinſtimmung mit der Regierung
trat nun ein mehrmonatlicher Urlaub ein; — aber kaun hatten
die Deputirten die Reſidenz verlaſſen, ſo erſchien zum allge—
meinen Erſtaunen in dem Regierungsblatte das Manifeſt voͤnn


Kammer ausſpricht, ſondern auch andere ebenſo wichtige als
folgenſchwere Verfügungen enthaͤlt! Bald nach dem Erſcheinen
des Manifeſtes zeigten ſich in den Bezirken der beiden Depu⸗
tirten, denen die Regierung den Urlaub verweigert hatte, Be—
wegungen, um die Wahlmäͤnner zu einer Bitte um Anordnung
einer neuen Wahl zu beſtimmen. Alle Nachrichten aus den
beiden Bezirken zufolge, ſcheinen dieſe Bewegungen nach einem
großen Maßſtabe mit Beihülfe der Beamten durchgeführt worden
zu ſeyn, und es ſollen Eiſenbahn und El;kanal, Acciſorftellen
und Verlegung dex Amtsſitze eine bedeutende Nolle geſpielt
haben. Auch die Cenſur wirkte treulich mit, indem fie, un
jede die Bewegung hemmende Anſicht nieder zu halten, der ein—
fachen Erklärung zweier Wahlmänner, daß fie weder die Auf—
forderung an Peter zum Nücktritte von der Deputirtenſtelle,
noch die Bitie an das Staatsminſterium um eine neue Wahlunter?
ſchrieben hätten, die Aufnahme in die Freiburger Zeitung ver—
weigerte; und während in dem Bezirke Bonndorf eine Vor—
ſtellung an das Staatsminiſterium uin Vornahme einer neuem
Bahl von jungen Staatsdienern und Aerzten in die Häuſer
der Wahlmänner zur Unterſchrift umgetragen werden durfte,
nahu die Behörde eine, ſchon mit vielen Unterſchriften bedeckta

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