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Großherzoglich Badische privilegirte Heidelberger Tageblätter für Verkündigung, Politik und Unterhaltung (36) — 1842

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No. 121 - No. 130 (4. Mai - 13. Mai)
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No. 129.

— —⏑

Heidelberg, 11. Mai. Der geſtrige Tag war für unſere
Stadt ein wahrer Freudentag. Im ganzen Lande nahın man
herzlichen Antheil an dem freudigen Ereigniſſe der glücklichen


Koburg-Gotha mit J. H. der Prinzeſſin Alexandrine
don Baden, laber in keiner Stadt konnte die Theilnahme
allgemeiner und herzlicher ſeyn als hier. Es war daher ganz
im Sinne der geſammten Buͤrgerſchaft, als der löbliche Magi⸗
ſtrat ſich bewogen fand, die hohen Neuvermählten einzuladen,
daß Sie Sich bei Ihrer Reiſe zux künftigen Reſidenz in hieſiger
Stadt, wenn auch nur kurze Zeit, verweilen möchten, und
mit der größten Freude wurde die huldoolle Annahme cer
freundlichen Einladung vernommen. Die Kunde war, voraus
gegangen, daß Sie als geſtern nach zwei Uhr hier ankommen
wuͤrden, und ſchon am Vormittage war eine freudige Bewegung
durch die ganze Stadt bemerkbar, wobei Alles um ſo froͤhli—
cher ſchien! weil das Wetter, das vorher trübe zu, werden
färchien ließ, ſich von Stunde zu Stunde mehr aufheiterte.
Das reitende Bürgermilitär ritt nach 1 Uhr dem fürſttichen
Ehepaar entgegen und um halb drei Uhr verkündete Glocken⸗
geläute und Käͤnonendonner Ihre Ankunft. . Am Mannheimer
Thore, welches einfach geſchmückt und mit den beiden Wappen
des koburgiſchen und badiſchen Hauſes geziert war, bewillkommte
Sie eine Deputation der Stadt, ſo wie das Bürgermilitär zu
Fuß. Umgeben von einer wogenden Menge fuhren die hohen
Gefeierten uͤnter Glockengeläute und dem Donner des Geſchützes
durch die Stadt bis zum Gaſthauſe zum badiſchen Hoſe, wo
Sie abſtiegen und naͤch einer kurzen Mahlzeit die Aufwartung
der Depufirten von Seiten der Univerſität, der ſtaats amtlichen
Stellen der hieſigen Stadt ſo wie auch von der Stadt Mann⸗
heim anzunehmen geruhten. Die Juriſtenfakultät machte ſich
die Freude, Sr. Du dem Erbprinzen das juriſtiſche Doc—
tordiplom zu überreichen, was Ihm große Freude und auf
alle Anweſende um ſo tiefern Eindruck machte, als der Vete—
ran der Fakultät Herr Geheimerath Zachariä die Ueber—
reichung mit einfachen aber tief bedeutſamen Worten begleitete,
die der edle Fürſt eben ſo huldvoll aufnahm, als er ſie freund⸗
lich erwiederte. Gegen 5 Uhr fuhren die hohen Gäſte, be—
gleitet von mehreren Wagen, welche von den Deputationen
deſetzt waren, auf das Schloß. Vor dem Thore am Eingange
zum Schloßhofe begrüßte Sie eine mit den Anfangsbuchſtaben
A und E, fo wie init einem heitern „Willkommen“ gezierte
Ehrenpforte; in dem Schloßhofe kam Ihnen eine Anzahl weiß—
gekleideter, theils mit den koburgiſchen, theils mit den dadi—
ſchen Farben gezierter Mädchen aus den verſchiedenen Schulen
der Stadt entgegen und eine derſelbe überreichte ein zum frohen
Willkomm verfaßtes Gedicht, welches zugleich im Innern der
Schloßkapelle von dem Liederkranz gefungen ward; und im
Schloßkeller, der ebenfalls ausgeſchmuͤckt war, hatte man Vor—
ſorge getragen, daß auch das große Faß einen erfriſchenden


— —

1842.

2

Trunk ſpenden konnte. Nach Anhörung des eigenthümlich er⸗
greifenden Geſanges und nach Veſichtigung eines Theils der
Schloßruine begad ſich dann das fürſtliche Ehepaar nebſt Be—
gleitung durch den Schloßgarten auf die Texraſſe, wo faſt
fämmtliche Profeſſoren und Docenten der Univerſität verſammelt
waren und wo das Fürſtenpaar bei einem Gouter, welches
die Univerſität in dem mit paradieſiſcher Ausſicht nach der
Ebene geoͤffneten, mit Blumengewinden ſchön verzierten acht—
eckigen Gartenhauſe hatte bereit ſetzen laſſen, etwa eine Stunde
in heiterer Unterredung zubrachte, worauf Sie dann etwa um
7 Uhr über den Wolfsbrunnen nach der Stadt zurückfuhren.
— Bei dem Beginne der Duntelheit erglänzten am achteckigen
Thurme der Schloßruine die farbig erleuchteten Buchſtaben E
und A, und der vordere Theil der Ruine war nicht nur durch
den ringsum mit Lampen illuminirten Altan, ſondern auch
durch die von Zeit zu Zeit erglänzenden bengaliſchen Feuer,
wenn auch nicht mit reicher Pracht, doch immerhin ſo ſchön
beleuchtet, daß es mit Freuden geſehen wurde. Nach 9 Uhr
endlich ſetzte ſich ein Zug von mehreren Hunderten hieſiger
Studirenden mit Muſik und Fackeln in Bewegung, zog erſt
ven dem Ludwigsplatze gegen das Karlsthor und zurück ver
den badiſchen Hof. Dort wurde eine Deputation derſelben ven
dem Fürſten, der über dieſe Huldigung ſehr erfreut war, äußerſt
freundlich aufgenommen; ein donnerndes Lebehoch ertönte dem
edlen Fürſtenpaare und mit dem bekannten Liede: „Stoßt an,
Heidelberg lebe ꝛc“ zog dann die muntere Schaar der Wuſen—
ſöhne wieder von dannen bis zum Ludwigsplatze, wo unter dem
Abſingen des nie, veraltenden Liedes: „Gaudeamus igitur die
aufgehäuften Fackeln verbrannt wurden. So endigte etwa um
halb elf Uhr die Feier eines ſchönen Tages, welcher noch lange
den Bewohnern Heidelbergs in froher Erinnerung bleiben wird.

Heute um 8 Uhr ſetzten die hohen Reiſenden unter dem
Nachhalle des Kanonendonners und Glockengeläutes ihre Reiſe
auf dem Neckardampfſchiffe bis Eberbach und von da nach
Amorbach weiter fort. Die Dampfſchiffahrtscommiſſion hatte
nämlich das Dampſſchiff zur Dispoſition des fuͤrſtlichen Ehe—
paars geſtellt, und ſchon geſtern während deſſen Aufenthaltes
auf dem Schloſſe mit dem Donner des Geſchützes auf dem
Neckar ſalutirt.

Karlsruhe, 8. Mai. Die hier anweſenden höchſten
Herrſchaften haben geſtern einem zu Ehren der durchlauchtigſten
Neuvermählten veranſtalteten glänzenden Hofballe beizuwohnen
geruht. (K. 3. )
Karlsruhe, 9. Mai. Ihre Durchlauchten der Fürſt und
die Fürſtin von Leiningen ſind heute Vormittag um 8 Uhr
wieder von hier abgereist. (K. 3.)

Berlin, 2. Mai. Seit langer Zeit hat keine Nachricht
aus Rußland ſo viel Aufſehen gemacht, als der kaiſerliche
utos vom 14. v. M., durch welchen die ruſſiſchen Guts beſitzer
zu Verträgen mit ihren Leibeigenen, um dieſe zu freien Bauern


 
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