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Großherzoglich Badische privilegirte Heidelberger Tageblätter für Verkündigung, Politik und Unterhaltung (36) — 1842

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No. 151 - No. 160 (4. Juni - 13. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42549#0643

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No. 157.

Kammerverhandlungen.

Karlsruhe, 7. Juni. 9. offentl. Sitzung der 2. Kammer.
Alterspräſident und Regierungskommiſſäre wie in den früheren
Sitzungen. Es wird Bericht erſtattet (durch v. Itzſtein) über
die Wahl der Stadt Konſtanz, welche auf den Literaten Carl
Mathh gefallen war, mit dem Antrag, die Wahl für unbean—
ſtandet und gültig zu erklären. In der Diskuſſion wird der
Antrag auf Beanſtandung geſtellt, und von Trefurt zwei
Gründe hervorgehoben: es ſeh nicht klar, ob er badiſcher Staats—
bürger ſey, und liege im Zweifel, ob er nicht Bürgerrecht in
Grenchen, im Kantoͤn Solothurn, erworben habe; und ferner
ſey Gewicht auf den politiſchen, oͤffentlichen Charakter des Ge—
wählten zu legen, gegen den vor mehreren Jahren Verhaftbe—
fehl erlaſſen worden, worauf der Gewählte landesflüchtig ge—
werden ſey. Es ſeh dies von ſolcher Bedeutung, daß die
Kammer nicht leichtfertig darüber weggehen könne! Baſſer—
wmann führt an: Mathh ſeh unſchuldig verfolgt worden, dieß
aber koͤnne an dem öffentlichen Charakter eines Mannes keinen
Wakel zurücklaſſen. Sander: Der Ausſpruch zweier Gerichts—
höfe liege vor, daß kein Grund zu einer Unterſuchung vorhan—
den ſey. Auch ſey die Zeit mildernd dazwiſchen getreten. Er
erinnert an die Amneſtiedekrete. v. Itzſtein, Sander und
Welcker verbreiten ſich tadelnd über den Vorwurf eines Wakels,
den man aus früheren Vorgängen dem Gewählten ankleben
wolle.
für die Beanſtandung: Es handle ſich hier nicht blos von ein—
fachen politiſchen Faͤrbungen, ſondern von politiſchen Verbin—
dungen ganz anderer Art, wie ſie in Deutſchland und aͤnder—
wärts vorkamen. Auch habe Mathh im Lande keinen feſten,
keinen notoriſchen Erwerb, er ſey nicht durch einen Erwerb an
das materielle Intereſſe des Landes gebunden Auch ſeine ſtaats—
bürgerfiche Eigenſchaft halten ſie für zweifelhaft. Regierungs—
kommiſſär geh. Ref. Eichrodt: Dieé Regierung habe Kennt—
niß und dringende Vermuthung, daß die ſtaatsbürgerliche Eigen—
ſchaft Mathys zu bezweifeln fey. Staatsrath Frhr.9. Nuͤdt:
So viel ſey gewiß, daß die Gemeinde Grenchen dem Gewaͤhl⸗
ten das Bürgerrecht gegeben habe. Das nächſte Erforderniß
ſey, daß in dieſer Kammer nur badiſche Staatsbürger ſitzen.
Mathy Lwelcher geſtern eingetreten) erklärt auf eine an ihn
geſtellte Frage: Er habe ſein Bürgerrecht in Mannheim weder
aufgegeben, noch das in Grenchen angenemmen. Auch ſeh er
nie in einer politiſchen Verbindung gexeſen. Bekk: Auf dloße
Behauptungen hin, ohne daß deren Beweis aus den Wahlak—
ten hervorgehe, könne er ſich bei dieſer Wahl ebenſo wenig,
wie bei fruͤheren, für Beanſtandung erklären. Bader ſchließt
ſich dieſer Anſicht an. Nach zweiſtündiger Debatte wird die
Wahl Mathhs durch Stimmenmehrheit für unbeanſtandet
erklärt. Mathy ergreift ſofort das Wort. Er ſpricht über
die ihm widerfahrenen Verfolgungen und hofft, daß er im
Laufe der Lammergeſchaͤfte Gelehenheit finden werde, das gegen





ſeinen Eharakter Erwähnte zu widerlegen. Frhr. v. Küdt:
Die Regierung haͤbe eine Pflicht erfüllt, daß ſie vor der Be—
rathung über dieſe Wahl in der geſtrigen Sitzung ihre Beden—
ken gegen dieſelbe durch mehrere Vorlagen zur Kenntniß der
Kammer gebracht. Die allgemeine Stimme habe ſich mit Er—
ſtaunen über dieſe Wahl ausgeſprochen, was Niemand in Ab—
rede ziehen koͤnne. Damit wird dieſer Gegenſtand verlaſſen.
Die Tagesordnung führt zur Präſidentenwahl, über deren
Reſultat wir ſchon geſtern berichteten.

Karlsruhe, 6, Juni. Das Intereſſanteſte in Beziehung
auf den Gang des Landtags iſt, daß ſich in Der Mitte
der Abgeordneten unter dem Namen: der Bürgerverein, eine
Anzahl von 18 Mitgliedern dahin verſtändigt hat, daß ſie
ſich von dem Einfluſfe beider Parteiextreme ftei erhalten und
lediglich in der Weiſe ſtimmen wollten, daß ſtrenge auf der
Verfaſſung gehalten, abex jede muthwillige Verictzung der Ne—
gierung und jede zweckloſe Herausforderung verniieden werde.
Es iſt nicht zu bezweifeln, daß bei den Abſtimmungen diejenige
Meinung die Mehrheit erhalten wird, für welche fich der Vüt—
gerverein entſcheidet. Es wäre nicht unmöglich, daß ſich an
dieſen Kern nach und nach noch ſo viele Mitglieder enſchließen
oder wenigſtens ſeine Richtung auch zu der ihrigen machen,
daß zuletzt nur noch S— 10 Ultras von beiden Seiten übrig
Leiben. — Nach der den Abgeordneten zugeſtellten, von dek
Oberpoſtdirektion im April d. I. verfaßten, Nachweiſung über den
Betrieb der Mannheim-Heidelberger Eifenbahn
vom Beginn des Dienſtes (12. Sept. 1840 bis zum 31. Dez.
1841 betrug in dieſer Zeit von 15 Monaten und 18 Tagen
die Einnahme des Betriebs 112,157 fl., die Ausgabe 8t, 258 fl.;
es ergab ſich within ein Einnahmeuͤberſchuß von 30,899 fl.
und eine Verzinſung des Bau- und Betriebskapitals im Be—
trag von 1,417,617 fl. von 1’%0o pCt. Da jedoch der
Druttoertrag der Bahn in den leßten Monaten bedeutend zu—
genommen hatte und ſein Steigen nach bewirkter Einrichtung
für den Gutertransport und bei einer Fortſetzung der Bahn
mit Zuverſicht angenommen werden darf, ſo'kann man das
obige Reſultat ein ſehr befriedigendes nennen.

Karlsruhe, S. Juni. Tie von dem Abg. Mathh redi—
girte Landtagszeitung hat bis zetzt 6 neue Nmmern heraus—
gegeben. Ihre Berichte haben zwar aus Gründen, welche die
Ledaction nicht beſeitigen konnte, bisher einige Verzögerung
erlitten; allein ſie bringt in der letzten (51.5 Nummer die
Anzeige, daß ſie die Berichte von nun an immer den Tag nach
der betreffenden Sitzung liefern werde.

— 8. Juni. Die heutige Oberdeutſche Zeitung enthält in
einem Artikel: Der Köiner Dombau, Foͤigendes: Kährend
dei, uns einzelne in Rückſtändigkeiten defangene Geiſter den
Koͤlner Dom eine Ruine bleiben laſſen möchten, weil es ihnen
Lbex den Horizont ihrer Unternehmungsbegriffe geht, doß ein
Volk von ſechsunddreißig Millionen neben' dem Wiederaufban






 
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