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Großherzoglich Badische privilegirte Heidelberger Tageblätter für Verkündigung, Politik und Unterhaltung (36) — 1842

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No. 31 - No. 40 (1. Februar - 10. Februar)
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No. 3,








Kammerverhandlungen.

Karlsruhe, 28. Jan. Den Gegenſtand der heutigen
Sitzung der zweiten Kammer bildete der Bericht des Abge—
ordneten Martin über das Budget des Miniſteriums der aus⸗
wärtigen Angelegenheiten. Völker anerkennt die große Thä—
tigkeit und Umſicht, mit welcher die Regierung überall im
Poſtweſen zu Werke zeht, und wünſcht, daß dieſelbe in dieſem
löblichen Streben nicht erkalte. Zentner beantragt, die Taxe
für Poſtwagen herabzuſetzen, weil im Sommer Niemand mehr
zu Wagen, ſondern nur mit den Dampfſchiffen auf dem Rhein
reiſe. Regierungscommiſſär v. Mollenbeck erwiedert, daß,


nicht in der Höhe der Taxe, ſondern in dem Umſtande liege,
daß die Reiſenden eben die Annchmlichkeit der Dampfſchiffahrt,
das Kühle und das Bequeme der Fahrt zu Waſſer den Be—
ſchwerlichkeiten der Neiſens zu Land weitans verzögen, und daß
deßhalb die Herabſetzung der Taxe keinen Einfluß äußern
koͤnnte. Welcker dringt auf Herabſetzung aller und jeder
Poſttaxen, da der öffentliche Verkehr dieß erfordere, und ein
Ausfall nicht zu berürchten ſtehe, indem die Vermehrung der
Neiſeluſt auch bei herabgeſetzter Taxe eine Steigerung herbei—
führen müßte. Gleiches gelte bei den Brieftaxen und jenen
für Packete. Das Poſtmonopel ſeh nur erträglich, wenn es
zugleich eine wahre Wohlthat für das Publikum ſeg. Reg.
Kommiſſär v. Mollenbeck: Die Poſt ſey kein Monopol fuͤr
Reiſende, indem neben derſelben die Privatunternehmungen be—
ſtünden, und nur, wenn man dieſe abſchaſſe, wofür er ſey,
ſo werde die Poſt die Reiſetaxe, aber auch nur in dieſem Falle,
herabſetzen. Die Brieftaxe aber könne nicht eher herabgeſetzt
verden, bis alle Regierungen gemeinſchaftlich zu Werke gingen.
Miniſter v. Blittersdorf: Der Staat beſchäftige ſich ernſt—
lich mit dem ganze Reiſepoſtweſen, allein er glaube, daß man
ſo lange jetzt noch zuwarten müſſe, bis die Eifenbahn vollendet
und im Gange ſey. Sander entwirft ein düſteres Bild vom
deutſchen Poſtweſen, hält aber eine durchgreifende Verbeſſerung
ſo lange nicht fur möglich, als vielfach das Poſtunternehmen
noch in anderen Händen als denen der Staatsverwaltung ſehg,
wodurch es komme, daß man ſich weniger um eine zweck—
mäßige Verbindung zwiſchen den Hauptpunkten, als um eigenen
Vortheil im Erträgniß kümmere. Es werde einmal eine Zeit
kommen, wo man ebenſo wenig den jetzigen Zuſtand des Poſi—
weſens begreifen werde, als man jetzt feſon darüber ſich wun—
dere, wie jemals in Deutſchland Schiagbäume, die den Handel
und Verkehr beſchränkten, beſtehen koͤnnten. Baſſfer hann
deſchwert ſich bei der Poſition der Eiſenbahnen insbeſondere
daxüber, daß die Verwaltung unſerer Eiſenbahn 83 pCt. koſte,
rährend die Verwaltungskoͤſten der Fürther Bahn 40, der
Taunusbahn 340, die der Leipzig-Dresdener 58, der FParis · St.
Germainer 50, der Braunſchweiher 56, der Engliſchen Bahnen
54 — 60, der Belgiſchen nur 34 — 56 pCt. betragen, und

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dennoch wären unter den 83 pCt. Koſten unſerer Bahn noch
keine Bureau- und Abnützungskoſten begriffen. Miniſter v.
Blittersdorf erwiedert, daß theils die Angabe dieſer frem—
den Verwaltungskoſten nicht ganz richtig ſey, theils aber die
Größe der unſerigen darin ihren Grund habe, daß unſere Bahn
noch zu kurz ſeh, indem eine Menge Koſten ganz dieſelben
bleiben, ob die Bahn lang oder kurz ſey. Ueberdieß ſey die
jetzige Angabe unſerer Koſten noch nicht ganz ſicher, indem
die Zeit des Betriebs noch zu kurz ſey, daher bloß annähernde
Vermuthungen ſtatt eigentlicher Rechnungsergebniſſe gegeben
werden koͤnnten. Ueberdieß werden ſich die Verwaltungskoſten
in demſelben Verhältniſſe mindern, als die Einnahmen ſich
mehren, und dieſe werden ſich mehren, ſobald die Bahn bei
uns fortgeſetzt werde. Die Fürther Bahn beweiſe nichis, weil
dort ganz andere Verhältniſſe und namentlich weit groͤßere
Frequenz beſtehe. Sander ſieht den Grund unſerer theuren
Verwaltung in dem Umſtande, daß der Staat den Betrieb der
Bahn ſelbſt habe, während er denſelben den Privaten überge—
ben follte. — Bei der Poſition Bundeskoſten ſpricht Wel cker
üder den Zuſtand Deutſchlands zum Auslande und glaubt daß
ſo lange Preßfreiheit nicht beſtehe und der oͤffentliche Rechts—
zuſtand nicht allwärts geſichert ſey und ſo lange die polizeilichen
Maßregeln wie ein Alp auf die Deutſchen drückten, auch die
Nation noch nicht die moraliſche Rüſtung hätte, den Anſer-
derungen des Auslandes mit Nachdruck begegnen zu können.
Sander klagt, daß der deutſche Bund zugebe, daß man in
einem deutſchen Bundesſtaate, in Luxemburg, die deutſche
Sprache abſchaffe. Schaaf dedauert, daß der Feſtuͤngsbau
zu Naſtadt noch immer nicht beginne. Miniſter v. Blitters—
dorf erwiedert dem Abg. Welſcker, daß die Zeit dieſer Ab—
ſtraktionen und hohler Allgemeinheiten vorüber ſey, und daß
das Volk mit den materiellen Intereſſen, mit Handel und
Wandel, mit Induſtrie und Eiſenbahnen ſich beſchaͤftigt wiſſen
wolle. Man richte praktiſche Fragen an ihn, ſtaͤtt ſolcher Re—
densarten, und er werde ſich damit beſchäftigen. Damit ſchließt
ſich die Verhandlung, in welcher alle Buͤdgetſätze des Wini—
ſteriums der auswärtigen Angelegenheiten angenommen wurden.



Aus der bairiſchen Pfalz, vom 28ſten Januar.
Großes Aufſehen hat dieſer Toge Jeine Perſonalveränderung—
im kirchlichen Gebiet im ganzen Kreiſe hervorgebracht. Det
proteſtantiſche Zekan, Pfarker Wagner, von Speher, wurd—
nämlich ganz unerwartet von dieſer Stadt nach Bergzabern ver—
ſetzt. Einer bei Gelegenheit der letzten Generalſynode von ihm
gehaltenen Nede mißt man ſeine jetzige Verſetzung bei. Wie
man hört, ſind nun von verſchiedenen Seiten Petitionen um
Belaſſung des Pfarrers Wagner in ſeiner bisherigen Stellung
an den Koͤnig gerichtet worden, worunter eine, die von allen
proteſtantiſchen Notabeln in der Pfarrei Speyer ohne Ausnahme,
etwa 400 an der Zahl, unterzeichnet ſeyn foll. — Das Loos
 
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