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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 14.1900

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1. Heft
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Brandenfels, Hanna: Verkauft: Novellette
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https://doi.org/10.11588/diglit.22226#0017

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p. Ürban. Das @oId.

erlauf f. ^^^--'•^

Novellette von Hanna Brandenfels.

[Nachdruck verboten]

mässigkeit der Schrei der Unken. Ein schleifender schwerer Männertritt, kommt Korb, den ihm seine unerhört kühne Dreistigkeit im vorigen Jahr einbrachte, schon

zögernd näher und dann wie ein Misston die märchenschöne duftige Einsamkeit vergessen? Du hast ihn doch gebührend heimgeschickt — den—Lumpenköriigü"

störend — ein heiserer Ruf: „Ellinor!" Ein scharfes „Nein" kommt von den welken Lippen des Freiherrn, ehe er

Ein dunkelblonder Mädchenkopf richtet sich langsam auf und zwei ver- langsam jede Silbe scharf accentuiert weiter spricht:

träumt lächelnde Lippen sagen gedankenverloren: „Ja, Papa!" „Ich habe den Lumpenkönig nicht fortgeschickt! Ich bin gar nicht in der

räge rollt die Woge gegen den Strand. Ein leiser Südwind stösst gegen verlobt. Nun ist er auf mindestens acht Tage verreist, und sie muss warten, Freiherr von Donnersberg, der Typus eines eleganten leichtlebigen Land- Lage, ihn fortschicken zu können — ganz abgesehen davon, dass er in unsern

die schwarzgrüne Blättermauer des daran grenzenden Parkes, ohne den bis er wiederkehrt. , edelmannes, lässt seine lange Figur in einen Korbsessel fallen und wischt sich Kreisen verkehrt und demgemäss nicht in dem von Dir beliebten Tone schlank-

Glutatem dieses heissen Sommerabends im geringsten zu schwächen. Ein Hauch von Kummer verdunkelt flüchtig die hellglänzenden Mädchen- mit einem farbigen Seidentuch das Gesicht, an dem es kaum etwas zu wischen weg „gebührend heimgeschickt" werden kann!"

Schwüler, schwerer Blütenduft schwebt über der Terrasse des kleinen äugen. Acht lange Tage ohne ihn — es wäre nicht zu ertragen, wenn sie seine geben kann, denn es erscheint trotz der lähmenden Hitze seltsam trocken und Sie legt zwei Finger der Linken gegen ihren Mund und heuchelt ein Gähnen.

Schlösschens. Zwischen Kaskaden roter, weisser und gelber Kletterrosen Rosen und seine feurigen, glutatmenden Verse nicht hätte ... hat einen fahlgrünen Schein — „Ach Gott, Papa, langweile mich doch nicht damit; falls Du diesen Herrn

blinkt ein Licht unter rosig schimmernder Glaskuppel. Es leuchtet über einem Was Mama nur gegen ihn hat — Alle Welt ist vernarrt in den jungen „Ellinor!" partout mit zarter Hand berühren'willst, dann flicht ihm doch Rosen in den

stolzen Mädchenkopf, über eine in träumerischer Versunkenheit reglos ver- lyrischen Dichter, dessen Ruhm eben beginnt, leise aber sicher die Schwingen was denn Papachen!" zweiten Korb!--unglaublich, diese Unverschämtheit!

harrende Gestalt. zu regen. Bah — Mama muss sich darin finden. Mama muss! Sie, Ellinor, „Kleinmichel hat nun um Deine Hand angehalten!" „Diese Unverschämtheit ist unser Glück, meine Teure! Ich werde Herrn

Ellinor hebt die breiten Lieder und die schlanke Hand fasst nach der Schale kann nicht leben ohne ihn — und wenn auch noch kein bindendes Wort gefallen, Ein übermütiges Mädchenlachen hallt durch die Stille. Kleinmichel Dein Jawort bringen!"

auf dem Tischchen rechts, zieht eine düfteschwere, halbgeschlossene Rose aus wenn er auch noch nicht in aller Form angefragt — seine Augen haben tausend- In das Gesicht des Freiherrn tritt ein eisiger Zug. Er, der sonst stets bemüht Die hellen Mädchenaugen flammen plötzlich dunkel vor Zorn. Kerzen-

der Mitte und drückt sie an die Lippen. „Sigurd" weht es leise, wie ein Hauch mal um sie geworben, und seine Verse ... Er liebt sie, nur sie — seine Muse ist, nach allen Seiten hin ein jugendliches Exterieur zur Schau zu tragen, hockt gerade richtet Ellinor sich auf — ihr Gesicht ist mit einem Male farblos wie ihr

durch den schwülen Rosenatem. , hat er sie genannt, als ihre Blicke ineinander tauchten und ihre Seelen sich heute greisenhaft zusammengesunken im Sessel — die Frisur zeigt unverhohlen weisses Kleid.

Sigurd Rainer — der ihr vor wenigen Tagen diese Rosen gebracht, mit küssten--was Mama nur will, er kann überall anklopfen! Lili Maiburg macht die sonst kunstvoll verdeckte Glatze und von dem sonst aufgezwirbelten Schnurr- „Allen Respekt vor Deiner guten Laune, eher papa! aber Du scheinst

leuchtendem, eine Welt von Liebe zeigendem Blick nebst Handkuss und inhalt- ihm ja geradezu Avancen, und ist noch reicher wie sie, Ellinor. bart nimmt nur die linke Hälfte den kühnen Schwung nach oben, die rechte wirklich ausserordentlich scherzhaft disponiert zu sein, denn es ist wohl kaum

schwer geflüsterten: „Ellinor" — wie das glückzitternd immer noch nachbebt in Ein grosser Nachtfalter flattert mit leisem Schwirren gegen die rosige hängt als faconloses Borstenchaos über die Lippe herab. Dein Ernst, dass —"

ihrem Herzen, dieses wonnige „Ellinor" -- wäre Mama nicht dazwischen ge- Lampenglocke — am Rande der Terrasse eilen leuchtende Glühwürmchen wie „Das Lachen wird Dir bald vergehen, mon enfant." „Mein bitterer Ernst, Verehrteste," unterbricht er sie gereizt, „wir — wir

treten ganz frostige Abwehr in Blick und Ton, dann hätten sie sich sicher jetzt winzige Irrlichter hin und her und vom Schilf her tönt in monotoner Gleich- ,Es ist doch auch lächerlich, Papa! Hat dieser Herr mit der Lumpenfabrik den sind bankerott!"
 
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