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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 14.1900

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12. Heft
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Helmeck, Georg: Ein Corpsheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.22226#0295

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i82 MODERNE KUNST.

iin ^orpsl|cim.

Von Georg Helmeck.

allscitigstcn treuherzigem Entgegenkommen waren
so gross, dass im Nu der Bau eines ordentlichen
Ieims gesichert war. Als die Hofbräuhausbau-
frage erledigt war, da war auch diese Frage
bereits erwogen und nun hatte es sich gut ge-
troffen, dass das alte, feuchtfröhliche Torggel-
taus, der braven Künstler schöner Sammelpunkt,
wegen des Umbaues fallen musste, und dass der
Besitzer, Herr Eberspacher, in dem Corps Rheno-
Palatia Gegenliebe fand, sich mit ihm zu ver-
binden, — 19,5 m Front und fast ebenso viel
Tiefe war eigentlich ein wenig gar viel Platz.
Man beschloss die feuchtfröhlichen Räume in
das Erdgeschoss zu verlegen. Noch im Winter
1898/99, am 4. Februar, war die frohe Stätte
deutscher Zecher in ganz neuem Glänze er-
standen, ein eigenartiges, germanisches Heim,
F. Bayerlein: Frühschoppen im Corpshaus der Rheno-Palaten zu München. ein von deutschem Geiste durchdrungener Bau

mit gemütlichen Innenräumen war dem Corps
geschaffen worden; es hatten sich eben die rechten Leute getroffen, die' das
rechte Wort am rechten Ort zu sagen im Stande waren. Was die Torggelstube
— eine Neuauflage der Bozener Torggel- (Kelter-) Stube — anlangt, so ist sie
an und für sich-sehenswert; die Fenster mit den gemalten Wappen von Bayern
und Oesterreich-Tirol (H. Eberspacher ist Kgl. bayerischer und K. K. österreichi-
[XachA-uck verboten,] scher Hoflieferant) fallen, obschon ganz in den Rahmen des Stiles sich fügend,

'uf weltbekanntem „Platzl" zu München besitzen die Rheno-Palaten auf. Die ganze Aussenseite des Corpsheims ist, fern von jeder Aufdringlichkeit,
nunmehr ihr eigenes Corpsheim, ein gar schönes und gemütliches von fascinierender Schönheit und Wärme; in die wohl disponierte Fassade mit
Haus, schon von Aussen so recht bedeutungsvoll durch Art des dem herrlichen Erker sind das Wappen der Rheno-Palaten, die Insignien der
Baues und Zierart den Zweck bekundend. Es erhebt sich gerade gegenüber Studenten, Schläger und Symbole der Weisheit (Eule), dann die der technischen
ihrem früheren gemieteten Kneiplokale, dem sogenannten ,,Hotel zur Leber- Wissenschaften (Maschinenbau, Architektur, Chemie u. s. w.) artig verteilt;, durch
wurst" und steht nachweisbar auf dem klassischen Boden der herzoglichen leichte Kolorierung wurde sie noch ansprechender; nicht wenig zum Effekt
Kantorei, wo Orlando di Lasso die Singknaben unterrichtete. Palast um Palast tragen auch 'die beiden Schlussfiguren über der Aufgangsthür bei: der aktive
wurde auf dem Platze in der letzten Zeit errichtet, lauter Prachtbauten, die aber Rheno-Palate und über der Eingangsthür zur Bozener Torggelstube Baurat
furchtbar in die Höhe streben; dadurch auch, dass der Neubau des kgl. Hof- Grässel, als Philister und Schöpfer des Prachtbaues. . Wie alles aussen so
bräuhauses ein Stockwerk höher wurde, ist der grosse Raum nach Norden zu freundlieh und anheimelnd wirkt, so ist es auch im Innern. Es ist aber auch
lrei geworden; drei Corps haben dort sieh häuslich niedergelassen. Als erstes kein Wunder, denn die Liebe der Rheno-Palaten, ihre stramme Brudertreue schuf
gingen die Rheno-Palaten voran, wodurch sie „Pfadpfiuder" wurden. Als das ihr Haus; Viribus unitis ist das Heim aus dem Innern herausgewachsen. Die
Corps den Platz einmal besass, wurde sofort mit der Niederlegung der alten Rheno-Palaten haben thatsächlich ihr Haus selbst gebaut. Neben Baurat
Gebäulichkeiten begonnen. Pfingsten 1898, das liebliche Fest, war gekommen; Grässel, der nach alter Sitte, wie wir sahen, verewigt ist, haben Architekt Exter,
mit solenner Feier, studentisch schöner und überaus herzlicher, war die Grund- Architekt und Baumeister Ziebland, der den Bau aufführte, u. v. A. ihre Krähe
steinlegung unter grossem Jubel und ausserordentlicher Teilnahme vollzogen in den Dienst der Corpsbrüder gestellt; Ingenieur Reinhardt ferner, der die
worden. Ende 1899 stand das Haus schon fix und fertig da, eine Sehens- elektrische Installation, die Herren Pfister und Schmidt, die die übrige Installation
Würdigkeit Münchens in jeder Hinsicht. — Der Gedanke, den Aktiven ein sicheres besorgten, alle die Herren sind Corpsbrüder. Die Arbeit floss munter fort; so
Corpsheim zu gründen, lag allen eigentlich schon lange nahe; es ist nicht un- kam es, dass schon heute das Haus fix und fertig eingerichtet, wie eines
interessant, zu verfolgen, wie sich die Angelegenheit von der Idee zur That um- ganz behäbigen Patrizier gemütliches Heim dasteht. Es hatten sich eben
setzte; den Anstoss und die direkte Gründung eines Fonds gab der Uebersehuss, die rechten Leute zusammengefunden, die Hand in Hand gingen,
den die Corpsschwestern nach Uebcrgabe der von ihnen gewidmeten Fahnenbänder Dass dem Studenten der Rebensatt wie das Pauken neben dem Studium

1893 noch hatten; es waren 300 Mark; ein Philister, Notar Dr. Kaspar, hatte gut anstehen, dass die Torggelstube demnach ein nötiges Aggregat des Corps-
den guten Gedanken und riet, diese Summe als Grundstein . für ein Corpsheim heim ist, also innerlich auch dazu passt und eine Ergänzung bildet, ist klar,
zu deponieren; das war ein kleines Samenkorn, aber es gedieh und trug viel- Weiter kann man anmerken, dass im Aeusseren, wie im Inneren, alles für die
fältige Frucht; der Gedanke hatte gezündet; schnell, bildete sich ein Corpsheim- echt studentische Stimmung so recht sorgt; alles ist zweckentsprechend, bekundet
Verband; die Begeisterung der alten Herren und freundliche Aufnähme mit den engen geschwisterlichen Verband von Kunst und Wissenschaften, die das
 
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