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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 14.1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.22226#0084

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Mensch wäre imstande, eine so grosse Anzahl von von K. Krause: „Die Eiben im Garten des Herren-

X3ci^ ^l^OSSß IJ?61S ÜOtl ßct^lin. Aufnahmen hintereinander auszuhalten, ohne sieh zu oauses zu Berlin" wird uns aus Budapest geschrieben:

^ bewegen oder seine Stellung zu ändern. Diese In der ersten Hälfte des Monats August a. c. war ich

Für die Berliner Radfahrer war der 17. September Schwierigkeit hat man nun vermieden durch An- auf einer amtlichen Reise begriffen in Djakovär,

ein sehr wichtiger Tag; an diesem Sonntage kam der Wendung des Kinematographen. So wird in der Residenz des bekannten Erzbischofs Strossmayer in

zweite Teil des Grossen Preises von Berlin in Form kurzen Zeit einer gewöhnlichen photographischen Auf- Slavonien. Nach Besichtigung der wirklich imposanten

eines Dauerrennens über sechs Stunden im Sport- nähme von drei bis fünf Sekunden die ganze Serie Kathedrale wurde ich auf den anschliessenden, ziemlich

park Friedenau zur Entscheidung. Glücklicherweise war der erforderlichen Bilder hergestellt. Die erhaltenen grossen, aber leider sehr vernachlässigten Park äuf-

das Wetter günstig und das Rennen konnte ohne den Bilder sind allerdings sehr klein, aber es ist für merksam gemacht.

befürchteten Regenguss in Gegenwart einer grossen die Photographie eine einfache Manipulation, sie auf Sofort beim Eintritt bemerkte ich einige Baumriesen,
Zuschauermenge von statten gehen. Die Direktion des Eebensgrösse zu vergrössern. Hierbei waren jedoch unter welchen auch solche seltener Gattung, und be-
Sportparks Friedenau hatte alles aufgeboten, um dem noch viele Schwierigkeiten konstruktiver Natur an dem merkte zu meinem Begleiter, dass diese Anlage wohl
Berliner Publikum etwas noch nicht Dagewesenes zu Apparat zu überwinden; aber sie sind überwunden von einigen 100 Jahren erzählen könnte. Als seiher
bieten. Sie engagierte sämtliche „stars" und Weltrekord- worden, und das Publikum merkt bei der einfachen Zeit passionierter Botanik-Dilettant hatte ich nun während
inhaber, so dass in Voraus ein spannender Kampf und Aufnahme nicht, welche komplizierten Vorgänge sich im meines Spazierganges ein wachsames Auge, und fand
auch neue Weltrekords zu erwarten waren. Und in Innern des Apparates vollziehen. Das Relief, wie es aus zu meiner nicht geringen Genugthuung alsbald eine
der That fielen von 120 km ab sämtliche Welt- den photographisch-mechanischen Manipulationen hervor- ziemlich versteckte Gruppe von zwei hoch nebeneinander-
rekords. Unser Bild zeigt den Beginn des hoch geht, zeigt noch kleine Vertiefungen, die wie Treppen- stehenden, strauchartigen Eiben, die ich aus später klar-
interessanten Rennens; freilich haben nicht alle Be- stufen an den Konturen der einzelnen Flächen liegen. zustellenden Gründen für Taxus canad. halte. Da ich
werber um den Preis das Rennen zu Ende führen Diese Vertiefungen werden mit einer bildsamen Masse weiss, wie langsames Wachstum diese Arten haben,
können. Walters war in glänzender Form; er ging wie Thon oder Wachs zugestrichen, worauf das Modell schätzte ich gleich den stärkeren Strauch auf mindestens
nach der zweiten Stunde an die Spitze, welche er durch- fertig ist. Von diesem wird dann in üblicher Weise 300—400 Jahre, und drückte meinem Begleiter Erstaunen
weg behielt. Auch Bouhours und vor allem Joseph eine Form gemacht, die zur Vervielfältigung in im- darüber aus, dass so ein Prachtexemplar unbemerkt und
Fischer fuhren ausserordentlich tapfer; dasselbe gilt von begrenzter Zahl dienen kann. Die bisher nach diesem derart vernachlässigt blieb. Der Zufall wollte es,
Robl, der aber leider vorn Pech verfolgt war. Taylor Verfahren hergestellten Reliefs überraschen durch ihre dass ich im Laufe des Nachmittags im Lesesaal des
liess sich in den ersten beiden Stunden nicht nahe- frappante Aehnlichkeit. Wenn aber ein Künstler noch Städtchens die erste Augustnummer Ihres werten Blattes
kommen. Dagegen stoppte Köcher durchsah, und meine Aufmerk-
bald ab. Das Endergebnis des .--:--1 samkeit durch die früher be-
Rennens war folgendes: Erster schriebene Entdeckung auf den
A. E. Walters-London mit 293,135 Artikel konzentriert wurde, wel-

so enthälit"'' sie ^^0^'' durchaus ^^^^^^^^^^^^^^ Jahre. Aeste von L und II. rund

keine so sensationelle Thatsache, \ f i 100 Jahre alt. Djakovär wird jähr-

wie mancher wohl vermutet. Die ...... lieh von einer für die Entlegen*

Photoskulptur ist ein sehr altes heit des Städtchens ganz bedeu-
Verfahren, welches jetzt in neuer tenden Anzahl auch ausländischer
Form wieder auftaucht, und es ^—-—-—--—————---_______-_- Touristen besucht, weil die erz-
ist immerhin zweifelhaft, ob die Taylor. Huret'' Rouhours: Rubi. Bauge. Walters. Fischer. Köcher bischöfliche Kathedrale eine

Sache praktisch Bedeutung hat. e, „ . „ ,. . - , ,. . , Sehenswürdigkeit ist, vielleicht

,7 ,\ , . , _ f , Start zum grossen Preise von Berlin im bportpark t nedenau. . . ■ .°, , ' . „.

Vom künstlerischen Standpunkt vereint ein Liebhaber seine Bitten

aus wird jedenfalls eine derartige Uebertragung photo- etwas anderes hineinlegen will, als die blosse Aehnlicli- mit den meinigen, die ich indirekt dem dortigen erz-
graphischer Methoden auf die Bildhauerei gerade kein keit, wenn er seine persönliche Auffassung zur Geltung bischöflichen Güterdirektor vorbringen will, und es
glücklicher Griff sein. Die neue Form der Photoskulptur bringen will, so steht dem nichts im Wege, dass er das werden dann diese seltenen Exemplare Eiben die ent-
ist aber jedenfalls eine recht elegante Methode, die Modell als sozusagen punktierte Vorarbeit benutzt und sprechende, sehr lohnende Pflege und Würdigung finden,
immerhin in technischer Beziehung Interesse verdient. es nach seinem Ingenium überarbeitet. Jedenfalls sind , Hochachtungsvoll

Man wird im ersten Augenblick darüber nicht ganz ihm dann die lästigen Vorarbeiten und dem Publikum Arpäd Rönay, dipl. Eisenhütteningenieur.

klar sein, wie es möglich sein soll, mit der photo- die zeitraubenden Sitzungen abgenommen. Ausserdem _^__

graphischen Camera einen Körper nachzubilden, da sind für die Aehnlichkeit, die ja doch für ein Porträt

man gewöhnt ist, eine Photographie als ein Blatt Papier von der grössten Bedeutung ist, in den Konturen feste, Voßi ÜOFZGllänGÜßn SchllSiclßf.

zu sehen. Aber auch aus Blättern, wenn man deren unverrückbare Normen gegeben, die stets wieder her- "

nur genug aufeinanderlegt, kann man einen Körper gestellt werden können, wenn durch ein Versehen die In der Ausstellung Alt-Meissher Porzellans, die mit

bilden, wie jedes Buch beweist. Schichtet man Blätter Aehnlichkeit herausgebracht ist. So kann das Verfahren der deutschen Kunstausstellung Dresden 1899 verbunden

von ungleicher Form übereinander, so kann man jede ein sehr beachtenswertes Hilfsmittel für den Bildhauer ist, findet sich auch die berühmte Gruppe „Der

"rperliche Form gewinnen, wenn die Blätter nur ge- werden. Beim Betrachten der neuen Modelle wird man Kavalier als Schneider" die im mittleren Rokoko-

jnete Form haben. Dies ist das Prinzip, worauf die finden, dass darin eine andere Vorstellungsweise liegt, zimmer neben der Eingangsthür steht. Der Schneider

Photoskulptur beruht, da es möglich ist, jedes beliebige als man bisher bei der Plastik gewöhnt war. Es kenn- in der Tracht eines Kavaliers des ancien regime reitet

Profil auf photographischem Wege wiederzugeben. Die zeichnet sich darin ein ausgesprochener Naturalismus. auf einem riesigen Ziegenbock, an dessen Hörnern das

Schwierigkeit liegt nur darin, die zahlreichen Pro- Die Camera sieht eben noch objektiver als das mensch- Bügeleisen hängt, in der rechten Hand schwingt er die

filierungen der runden Flächen eines menschlichen liehe Auge, und wie wir durch die Photographie vieles Schere, und er schaut sich die Welt durch einen

Kopfes so hervorzuheben, dass sie photographiert sehen gelernt haben, was wir vor ihrer Verallgemeinerung riesigen Kneifer an. Im Kataloge wird er als der

werden können, und das ist durch die geistreiche Be- nicht gesehen haben, so modifiziert sich durch eine Ver- Brühische Schneider bezeichnet, in Anlehnung an die

nutzung einer scharfen Schattenlinie, die über das Ge- breitung der Photoskulptur auch vielleicht unser Sehen Anekdote, Minister Graf Brühl, der bekanntlich in

sieht geworfen wird und durch ihre Krümmungen alle körperlicher Gegenstände. Kleidern einen unerhörten Luxus trieb, habe einst in

Flächenformen abzeichnet, erreicht worden. Wenn man —einer schwachen Stunde seinem Schneider die Bitte

nun bedenkt, dass 40 bis 50 Photographieen erforderlich Al+_ Fihan gewährt, dieser solle einmal zur Hoftafel gezogen werden,

sind, um ein photographisches Relief aufzubauen, so MlLtJ __lUt?Il> Tjm cjas unerfüllbare Versprechen zu erfüllen, habe er

sollte man meinen, dass die Aufnahme einer lebenden Im Anschluss an den von der „Modernen Kunst" in schliesslich diese Porzellanfigur herstellen und auf die

Person zu den Unmöglichkeiten gehörte, denn welcher No. 19 des vorigen Jahrganges veröffentlichten Aufsatz königliche Hoftafel stellen lassen. Von anderer Seite

XIV. 4. B.
 
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