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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 14.1900

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25. Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.22226#0610

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ungeheuer und seltsames Seegetier lugt und kriecht aus wir glücklich den Glutaugen dieser kleinen deutsch-

DQS Y6FCtnilQUnCtS6Ck QUl Q6f den Korallenriffen und Felsspalten hervor. Darinnen chinesischen Teufelinnen, so passieren wir vor einem

hat die Sektkellerei Bussard ihr Lager inmitten einer alten chinesischen Tempel zwei mächtige Bronzelöwen,

dßUtSChBÜ ß9Ü9USSt6llUDQ ZU ÖFGSdßtl. der ganzen Situation angepassten Einrichtung auf- deren drohender Ausdruck uns leider die schrecklichen

geschlagen und bietet eifrig einen gut mundenden Zustände im fernen Ostasien unwillkürlich in Erinnerung
Dresden steht im Zeichen der Ausstellungen aller Tropfen dar. bringt. Doch fort von diesem Gedanken an der Stätte
rt, seitdem die Stadt den grossen Ausstellungspalast Anschliessend gelangen wir in das durch seine des Vergnügens, des Sichgehenlassens procul negotiis!
rbaut, der in seiner herrlichen Lage am Grossen Garten Kuppel hervorragende „Künstlerhaus", welches als seinen Im modernsten Stil erhebt sich der Pavillon des
u einem wertvollen Schmuck unserer Residenz geworden Inhalt inschriftlich angiebt: Bildnerei, Baukunst, Malerei, „Handels", an seiner Aussenseite mit einer Anzahl
st. Kaum hatte die Gartenbau-Ausstellung ihre Spuren Griffelkunst. Wir sitzen darinnen am Urquell dieser grösserer Gemälde geschmückt. Wir finden darunter
erwischt, als schon die deutsche Bau-Ausstellung mit Künste, — pardon des besten Pilsener Bieres, das hier Beziehungen auf den Handel in den deutschen Kolonien
ren imposanten Bauten eine ausserordentliche Rührig- für dürstende Künstler- und andere modernen Seelen unter dem Schutz der Flotte, auf den Eisenbahnverkehr,
keit entwickelte. Vor wenigen Tagen ist nun dieselbe fliesst. Das Erdgeschoss besteht aus einer stilvoll aus- die Binnenschiffahrt in sinnreicher Weise verwebt. —
eröffnet worden und lockt zahlreiche Besucher von allen geführten Halle mit Nebenräumen, während sich im Das Gesamtbild des Vergnügungseckes sehen wir vom
eiten an. Obergeschosse Maler-und Bildhauerateliers mit hübschen römischen Thore aus, welches die altgermanische An-
Wenn man von der Sachlichkeit und Gediegenheit Wandmalereien, zum lustigen Zechgelage anregend, be- Siedlung mit ihren pittoresken Bauten abschliesst. Dem
der Ausstellung selbst überrascht ist, die ein ganzes finden. Der folgende kleine Giebel kennzeichnet die gegenüber strebt nun stolz und kühn in machtvollen
Studium der interessanten Materie zulässt, so zieht uns „Architektenmühle", von deren rauchgeschwärzten Formen der imposante „Reichsbau" empor und dient
danach das durch eine elektrische Tunnelbahn rasch Wänden wir an das „Bergwerk" oder der „Bergwerks- dem Ganzen als wirkungsvoller Abschluss.
erreichte Vergnügungseck nicht minder in seinen Bann. Industrie" gewidmete Gebäude stossen, in dessen Stollen- Das geeinigte deutsche Reich verkörpert dieser Bau
as dort von den Architekten baulich geschaffen, über- eingang stets reges Treiben in Gambrinus Zeichen in dem Ausdruck seiner machtvollsten Formen. Zwei
agt bei weitem durchschnittliche Ansprüche. Es sind herrscht. riesige Eichstämme ragen mit knorrigen Aesten, deren
nur passagere Bauten zwar, zu denen das leichteste Zurückgreifend tritt linker Hand der „Landwirt- Laub vergoldete Eichelfrüchte trägt, zur Rechten und
Material auf Wiederabbruch verwandt wurde, aber schaftliche Pavillon" auf; er spricht schon in seinen Linken und umschlingen die Wappenschilder der deut-
künstlerisch gruppiert, in sich malerisch gestaltet und Emblemen zu uns, ein Hahn auf dem Dache ein Ochsen- sehen Bundesstaaten, welche entsprechende Inschriften
mit Raffinement dabei ausgenutzt. Wenn wir die heutige schädel an der Frontlinie. Die landwirtschaftlichen Er- wie: Einheit, Freiheit, Treue und Frieden aufweisen.
Abbildung des Vergnügungseck näher betrachten, so Zeugnisse des Pavillons sollen grossen Beifall finden. Aus dem Eichenlaub heraus schaut uns das gewaltige
sehen wir zuerst rechter Hand „die Schiffahrt", den Reizvoll und malerisch sind die farbenprächtigen Bauten Hünenhaupt des ersten deutschen Reichskanzlers Fürst
Rumpf eines gestrandeten Schiffes, S. M. S. Bussard, der kleinen „chinesischen Ansiedelung"- Durch das Bismarck entgegen, darüber erhebt sich der imposante
hineinragen, dessen Kiel eine gewaltig modellierte Wasser- Thor schreiten wir auf eine Brücke und gelangen in die Turm mit dem deutschen Reichsadler und endet mit
nixe schmückt. W°hnung eines Mandarinen, der uns in seinem Aeussern dem Aufbau der Kaiserkrone hoch oben, welche all-
Wir sind auf dem Meeresgrund mit dem Bussard selbst sehenswert, freundlich schmunzelnd und mit dem abendlich in feenhaftem elektrischen Lichte erstrahlt und
festgefahren und die Wogen haben Grotten und Höhlen dicken Leibe wackelnd, empfängt. Umschwirrt von in weiter Ferne schon sichtbar wird. Von der oberen
ausgewaschen, so dass man durch die grossen Riesen- einer Anzahl hübsch kostümierter Theemädchen, an Galerie des Turmes aus geniesst man einen entzücken-
muscheln der Fenster weit in das Innere schauen kann. deren Import wir allerdings berechtigten Zweifel hegen, den Rundblick über Dresden und seine Umgebung bis
Die Höhle schillert in grünen und blauen Farben, Meer- ladet er uns zu einer Tasse echten Pecco ein. — Entrinnen weit ins schöne Elbthal hinein. — Der von den Archi-

Das Vergnügungseck auf der deutschen Bauausstellung zu Dresden.

XIV. 25. B.
 
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