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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 14.1900

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18. Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.22226#0446

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MODERNE KUNST.

295

2 ick- 2acf(.

|as Innere der griechischen Kapelle in Darmstadt. r Liebreiz ins Feld fahrten. Natürlich war Handel und Wandel völlig
In Heft 8 der „Modernen Kunst" konnten wir unseren in der Frauen Herrschaft gegeben. Der „Poststall", den Akademie-
Lesern ein Bild der neuen griechischen Kapelle in Darmstadt, die jt professor Herterich famos eingerichtet, leistete in Beförderung
der russische Kaiser sich daselb.-l Jmt erbauen bissen, vorführen, | von Paketen und Liebesbriefen, welche die von Herterich
heute sind wir Dank dem Entgegenkommen des Schöpfers dieses \ **V \ „ schwarz-gelb mit feschem Dreispitz und Federbusch uniformierten
Bauwerkes, des Architekten Friedrich Ollcrich in Darmstadt, der J „Postlerinnen" gewünschten Falles auch gleich schrieben, Treff-
nach Planen des Professor Benois in Petersburg die Kapelle fEaA liches, von männlicher Konkurrenz Unerreichbares. Zum Be-
erbaut hat, in der Lage, auch das prächtige Innere derselben im ^\j3f >,. ' weis der Vorzüglie'hkeit dieser Postlerinnen führen wir die

Bilde wiederzugeben. Der c in- ..l'osinieisionu" in voller Aus-
schiffige Kirchenraum der Ka- j rüsümgim Biklevor. Hübsch!
pelle trennt sich in zwei Teile, |fc I Nicht wahr? Aber auch das
den Hauptraum und den nur K 1 altmünchner Bürgermädchen,
einige Stufen höhergelegenen BBr "WS' SBhI ^as 'n unhewusster Anmut
Apsis-oder Altarraum; beide HB sein Kaffeebrett kredenzt,
Räume sind durch eine sehr Um kann sich sehen lassen. Das
reiche Bilderwand von ein- WM ' ] ist ein echtes Münchner Kind;
ander getrennt, die ein Mei- | 1 einem alten IDäucrgesehlecht
sterwerk der Holzschnitzkunst ; •nisiamitnuHi kam: die med-
darstellt und mit den kost- ! liehe Kleine als ein Prototyp
barsten Gemälden geschmückt L < ' | der immer seltener werdenden
ist, die vom Maler Neff ans- ;i ■ au-d 1 1 rinn. Die
geführt sind. Dieselbe ist Dritte im Bunde der Damen
■ein Geschenk der Herzogin *'w,18BBSi'- ■-MSBiHHi vom Lustheimer Gartenfest
von Koburg, Grossfürstin von ist eine Blumenverkäuferin
Russland. Haupt- und Altar- _ aus der Empirezeit. Die

räum sind mit massiven elegante und vornehme Er-

, .... ... , . Altmünchnerin, 2. Hallte des . . . , ,,

Kuppelgewölben uberdeckt, 1g Jahrhunderts scheinung, gleichfalls als die

von denen aus durch mäch- Nach einer Photographie von Hof- Enkelin alteingesessenen Be-
tige Bogenfenster das Innere photograph Ad. Baumann, München. amtenadels, als liebenswür-
der Kapelle ihr Licht erhält. In der Mitte des diges heimisches „Original" zu betrachten,
Hauptraumes hängt weiterhin ein reicher, echt repräsentiert den Teil der Festteilnehmerinnen
vergoldeter Lustre mit 48 Kerzenlichten zur von Lustheim, welche die napoleonische
Beleuchtung der Kapelle. Ueber der Vorhalle Mode bevorzugten. Alex Braun.
am Haupteingang, die vom Hauptraume durch * u *
eine reich durchbrochene, vergoldete Thür ge- Das Münchener Kindermaskenfest
trennt ist, befindet sich der Chor der Sänger, im königlichen Odeon. Kein Ball, kein
der gleich der Vorhalle nach dem Hauptraume Theater, keine Kasperliade — aber alles zu-
zu durch ein mannigfach gegliedertes Innen- gleich in einem gefällig zusammengestellten

portal aus schueeweissem Sandstein umrahmt Programm ist das von 1831 bis jetzt unverändert

Vornehme Münchnerin aus der . . ... . . . „ , . , , t , f..u v- j , r . • tv 1 . 1 Münchner Postlerin. Kostümentwurf

ist, ein architektonischer Schmuck, der das fortgeführte Kmdermaskenfest im Prachtsaal

napoleonischen Zeit. ' von Prof. L. Herterich.

Nach einer Photographie von Hof- Innere in wirksamster Weise belebt. Die Aus- des königl. Odeon. Zierlich kostümierte Kinder Nach einer Photographie von Hof-

photograph A. Baumann, München. schmückung der Kapelle ist noch nicht voll- erfreuen durch heitere Gesangvorträge, durch photograph Ad. Baumann, München,

endet: Reiche Malereien unter Verwendung von echter Vergoldung, Glas- anmutige stilgerechte Reigen und Tänze, durch dramatische Scherze jung und

mosaikgemälde für den Altarraum und vieles andere mehr sind dazu be- alt. Das Publikum erscheint, soweit es der Kindheit angehört, gleichfalls in

stimmt, den stimmungsvollen Eindruck, den die Kapelle ihrem Aeusseren wie Maskentracht, von deren „Echtheit" wir etliche hübsche Proben im Bilde geben.

Inneren nach schon jetzt hervorruft, noch zu erhöhen und ein Bauwerk Charakteristisch für den Wert und Reiz des Gebotenen ist, dass z. B. Clara Ziegler

herzustellen, das seines Stifters würdig ist. J. M. zu den Stammgästen der Vorstellungen gehört. Auch sonst nehmen verschiedene

* „ * Künstler von Bedeutung regelmässig teil an dem Jubel, der. Kinder, und die

Die am 22. März in der Berliner Siegesallee enthüllte neue Gruppe, die jüngsten Prinzen und Prinzessinnen des bayrischen Königshauses fehlen nie

Heinrich das Kind als Mittelfigur erhalten hat, ist schon aus dem Grunde bei dem Feste, dessen Grundton Humor und Gemüt angeben. — n.

bemerkenswert, weil sie zu den wenigen Denkmälern gehört, die einem Kinde * :i. *

gewidmet sind. Regeres Interesse verdient die Gruppe aber noch wegen Nicolo Paganini. Kein Engel und kein Dämon, kein Zauberer und kein

der meisterhaften Durchführung, die der Bildhauer ___ ^^^^^^^^^^^^^^^^^ Mörder, doch ein Künstler, bei dem sich höchste

August Kraus der anmutigen und liebenswür- Genialität mit Charlatanerie mischte, ein Mensch
digen Knabcngestalt des jungen Fürsten hat zu ' ";! ''ig'-niümlichem Aenssern, leidenschaftlichem
Teil werden lassen. Als Nebenfiguren sind der ^**9"V wSr'J^y Charakter und abenteuerlichem Leben — das war
Gruppe eingefügt die Büste des Pommernherzogs »•% Nicolo Paganini. Am 18. Februar 1784 in Genua
Wratislaw IV., der die Vormundschaft für den m JU "L , _> boren, wurde er von der I Iabsuehtseiries Vaters,
jungen Markgrafen führte, und die des Ritters H '' flR^aHT W :w4HHH der sein Talent erkannte, schon als kleiner Knabe
Wodigo von i'lotho. Dnsei'e Abbildung zeig! den j zu eifrigem Ueben veranlasst. Sein Ehrgeiz kam
Bildhauer in seinem Atelier, inmitten der zu dem WL mWämWSmW ; hinzu und Iiess ihn nicht auf seinen Körper Rück-
Denkmale gehörigen Modelle und Skizzen. j i sieht nehmen. Trotz oft eintretender Erschö-
* ■»* *W*^*flBH l nlimg spielie er täglich zehn bis zwölf Stunden,
Münchnerinnen aus der Gesellschaft. fj |HHL i^HPM in den ersten Jahren auf der Mandoline, später
Neunzehnhundert scheint für München ein Kometen- HT A _ auf dci Duitai-re und endlich auf dem Instrument,
jähr weiblicher Schönheit zu sein. Mit freudiger K SBk j, Üfc Hl das ihm einen unsterblichen Namen machen sollte.
Bewunderung konnte man auf Bällen und anderen MB V & wflHJk Als siebzehnjähriger Jüngling trat er zuerst als
festlichen Karnevalveranstaltungen bemerken, dass HHH| B ^ WjEr HJ§ - i iuo-e auf iiml erwarb sieh in Malland, Bologna,
sie heuer ganz besonders gedeiht. Am glänzendsten . H Florenz und Pisa reiche Lorbeeren. In Livorno
zeigte sich's beim „Gartenfest zu Lustheim", K Tgj BP VHHJ machte ihm ein Kunstliebhaber voller Enthusias-
wo in altmünchner Tracht meist aus kurfürst- B '^^^■fcgBg' I mit?» ' ine tluarncrigeige, auf der Paganini ge-

lieher Zeit junge Frauen 1111.! Mä<l> I» 11 \i..... Ii HHJHHJHJ spielt, zum Geschenk. In den Jahren 1805 bis

nvi (desell-ehafi zum lie-nu ......a- von Äbijor . ■■■ HJ 1808 hielt sich der junge Künstler am Hofe der

Dr. Hohe ins Leben gerufenen Sanatoriums Bp BBHI Fürstin Elise Baccioehi, der Schwester Napoleons,

für Lungenkranke mittlerer Stände all ihren «•-•---Jal^BBBBHBl BHBhB^HhBH^BHHIBh als Soloviolinist und Orchesterdirigent auf. Iiier.

Vom Münchener Kindermaskenfest.
Nach I'hotographieen von llofphotograph Ad. Baumann, München.
 
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