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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 14.1900

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3. Heft
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Stimmungen
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Belitz, ...: Training zur Regatta
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https://doi.org/10.11588/diglit.22226#0049

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MODERNE KUNST.

45

(Stimmunqcn.

[Nachdruck verboten.]

cfoSCK cfofllO SatZ aU^' UnC* 'St C'el" w'c'lt;'Se Abend da, dann trägt Jarno in jeder Tasche

mindestens eines seiner Amuletts: Seine wertvollste Reliquie ruht an seinem

ist jetzt erst 30 Jahre alt, und bereits trotzdem Darsteller, Bühnendichter, Busen; sie stammt von dem Champagnerglase, das am Premierenabend seines

Direktor und Regisseur. Im Winter ist der als Bonvivant und im Charakter- Schwankes „Aschermittwoch" auf der Bühne durch Zufall zerbrochen wurde

fach so hervorragende Künstler Schauspieler, allenfalls auch noch Autor, im und dessen Teile der Dichter-Schauspieler sorgfältig zusammen siegelte. Die

Sommer ausserdem noch Direktor und Regisseur. Wie muss ihm um die Novität fand eine sehr beifällige Aufnahme. Die Glasscherben, die der Künstler,

Zeit zu Mute sein, da er alle vier Berufsarten in sich vereint, da er von Autor, Direktor und Regisseur vor wichtigen Ereignissen bei sich trägt, mögen

jeder dieser Berufsarten abhängig ist und ein Erfolg des Direktors nicht ohne ja sehr wirksam sein, aber es ist doch immerhin ganz gut, dass Josef Jarno

den Autor, ein Erfolg des Autors nicht ohne den Schauspieler und ein günstiges für all diese vier Berufsarten nebenbei auch ein hervorragendes Talent besitzt.
Gesamtresultat nicht ohne den Regisseur zu erzielen ist. „Die grösste Angst

und Aufregung bereitet mir der Autor", meint der Vierteilige. Das ist auch O _ • -T"l • _

durchaus logisch, denn der Bühnendichter ist schliesslich für unsere Theater * v-'<ov-'?

doch die wichtigste Person. Der Direktor kann sich noch so viel Unkosten die gefeierte Wiener Soubrette, die Künstlerin des urwüchsigen Humors, des

machen, der Schauspieler noch so hervorragend sein, der Regisseur noch so keck Parodistischen, des genialen Uebermutes, ist vor jeder neuen Rolle ein

meisterhaft inscenieren, alle Mühen wären vergebens, wenn das Stück nicht still leidendes, ruhig ergebenes Wesen. Sie sitzt zu Hause ohne ein Wort

gefiele. Die Bangigkeit des zu sprechen, sie begiebt

Autors Jarno spornt natur-------sich in das Theater, lässt

gemäss den Regisseur an, _ sich von der Garderobiere

der auch in des Direktors ankleiden, ganz mecha-

Interesse alles auf das \^ / N. nisch, sie sieht nicht in

heit und Eindringlichkeit' ' ^^^^^^^^^ ^^^^^^ ^ ^^^^^^V ihm. Nicht um alles in
aber auch voll Aufregung / $ '' . \ / \ der AVeit würde sie, wenn
und manchmal allzu tem- I ' f \ I \ sie etwas vergessen hätte,
peranicntvoller Erregting j M ' ""(''' einmal umkehren;
vertritt. Der Schauspieler j ) • und wird ihr in der Theater-
Jarno steht einer neuen j ««flhk^ garderobe an einem Klei-
Rolle kampfgerüstet ge- ajj -*w |k Wk \ ';$SjP95v»^ ' J^M] dungsstück irgend etwas
genüber, hier kennt er \ . j .'vJw \ t j 'j aufgerissen, dann würde
nicht Angst und Zweifel, \ / \ Jm sie den Schaden, und
sondern nurdasBestreben, \ / \ I * ' se' er nocn so klein und
zu kämpfen und zu siegen. \ / \ » / leicht, nie reparieren
Josef Jarno, dieser \ ~Wm- / \ \ / lassen, wenn sie das Kleid
scharf intelligente, mit \ / \ t j' sShIh^B / noch am Körper hat.
Energie und Geist arbei- \ / V / Dieses muss ausgezogen
tende Künstler, neigt \. / \. ) 7 und darf dann erst repa-
auch wie so manche \. riert werden. Nur so

Bühnengrösse zum Aber- '- - kann „das Hängen" auf

glauben. — Vor jedem___;___der Bühne verhütet, nur

bedeutsamen Ereignisse IT . so die Künstlerin vor dem

Joseph Jarno. Hansi Niese,

seines Berufes füllt er Steckenbleiben bewahrt

sich sämtliche Taschen mit zerbrochenen Glasuntersätzen an. Von jedem werden. — Das Glockenzeichen ertönt, der gefürchtete Moment ist da, Hansi Niese

Glase, das in seiner Gegenwart zerbrochen wird, bewahrt er sich den Unter- muss hinaus, und Gott sei Dank, jetzt hat sie ihre Sprache wieder. AlfredHolsbock.

[Nachdruck verboten.]

^lljährlich, sobald die Lenzsonne mit ihren alles belebenden Strahlen die Die schönsten Stunden am Tage bedeuten dann für den Trainierenden die

Natur zu neuem Grünen und Blühen erweckt, beginnt auch die gemäch- Uebungsfahrten im Boot selbst, die er mit seinen Kameraden allabendlich nach

lichere Zeit der Winterruhe in den Rudervereinen einem geschäftigen Erledigung der Berufsarbeit unternimmt. Pfeilschnell fliegt das Boot, getrieben

Leben und Treiben den Platz zu räumen und unsere schönen Ströme bevölkern von den kraftvollen und kunstgerechten Ruderschlägen, über den abendlich

sich mit den eifrig übenden Jüngern des Rudersports. stillen, friedlichen Strom, dessen Ufer von den glühenden Strahlen der zu

Schon lange vorher hat man im vertrauten Kreise des Vorstandes eifrig Rüste gehenden Sonne vergoldet werden, und fröhlicher Zuruf begrüsst die

Beratungen abgehalten, welche Mannschaften man für die kommende Regatta- flotten Ruderer vom schattigen Uferwege aus, auf dem die Bewohner des

saison wohl aus jüngeren Klubmitgliedern zusammenstellen könne, hat neue Städtchens nach des Tages Last und Hitze sich ergehen. Dazwischen tönt dann

Schul- und Rennboote bestellt und die im Stillen Auserwählten auf sonntäglichen und wann ein kurzes lautes Kommandowort, das der den Booten auf einem

Ausfahrten heimlich beobachtet, ob sie in langer Winterszeit auch nicht zu viel Zweirad am Ufer folgende Trainingsleiter den Mannschaften zuruft. Um besser

Elastizität und Frische eingebüsst oder gar zu viel Fett angesetzt haben. Dann verstanden zu werden, bedient er sich dabei eines Sprachrohrs, dessen Töne

folgt eine Zeit fleissigen Uebens, bis eines Tages der feierliche Akt der Ablegung den Lärm der munteren Knabenschar noch überbieten, die unter lautem Hallo

des Trainingsversprechens erfolgt, das neben völliger Unterordnung des Einzelnen einen Wettlauf mit den rasch dahinschiessenden Booten improvisiert hat. Aber

unter den Willen des Trainingleiters auch vom Ruderer selbst Enthaltsamkeit das gegebene Beispiel wirkt und im Stillen malen sich die jugendlichen Gemüter

und gewissenhafte Einhaltung vieler kleiner Vorschriften in Bezug auf Ernährung, schon aus, wie schön es sein wird, wenn sie selbst erst, dem Zwange der

Trinkgewohnheiten und geselligen Verkehr fordert. An sich sind diese Regeln Schule entwachsen, das schlanke Rennboot mit kräftigen Schlägen durch die

im allgemeinen zwar nur darauf hinzielend, den Rudersmann bis zur Regattazeit Fluten zwingen werden.

in solche Körperverfassung zubringen, dass er das Höchste an Kraft und Ruder- . Ist die abendliche Uebungsfahrt beendet, so versammeln sich die Trainings-
geschicklichkeit zu leisten vermag und die grosse Anstrengung gut ertragen genossen nach einem kalten Douchebad zu gemeinsamer Abendmahlzeit im Gesell-
kann, welche das Rudern im Renntempo bedeutet — dennoch ist damit vielfach schaftszimmer des Boothauses und nach kurzem geselligen Beisammensein wandert
das Aufgeben gewohnter Genüsse verbunden, und es ist nicht leicht für den man in die Schlafsäle, die . sich; in jedem guteingerichteten Boothause befinden,
Anfänger, allen Lockungen zu widerstehen. zu erquickendem traumlosem Schlummer nach des Tages harter Arbeit. Belitz.

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XIV. 3. IV.
 
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