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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 14.1900

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24. Heft
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Langguth, Adolf: Ein fürstlicher Dichter
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https://doi.org/10.11588/diglit.22226#0581

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390 MODERNE KUNST.

in fürstlicher Richten.

-

--<••»-- [Nachdruck verboten.]

#s ist eine bemerkenswerte Erscheinung Geist, ihren ernsten litterarischen Interessen und eigenen dichterischen Versuchen,
unserer Zeit, dass vielfach gekrönte vor allem aber durch rege Anteilnahme an allen die Zeit bewegenden Fragen
Häupter und Mitglieder fürstlicher Familien und voller Hingabe an alles Hohe und Schöne für ihn ein wahrer Schatz wurde,
in die Litteratur eingetreten sind und mit Damals, am 20. Juni 1884, sang der Jungvermählte zu Krasnoje Selo:
klarem, weitschauendem Blick in edler, oft
klassischer Sprache Werke von bleibendem
Wert schufen. Der enge Kreis der Fein-

Nun duftet schon die Weichselblüt1, Mag tönen dann mit Gotteskraft

Schon schlägt die Nachtigall Mein Lied in jeder Brust,

O lass mich, holde Nachtigall, Mag's Allen tönen immerdar,

In Deine Schule gehn, Stets lieben Tag um Tag —

Lass lernen mich den Zauberschall Wie erste Weichselblüt1 im Jahr,

Tief fühlen und verstehn! Wie Nachtigallenschlag.

Grossfürstin Jelisaweta.

Und schmettert ihr Ziküt, Ziküt Belobend, quellend, sonnenhaft,

sinnigen, die sich an den Schriften König Im Stromwald überall. Erweckend Liebeslust.
Oskars II. von Schweden erbauen, er-
weitert sich, und noch mancher andere
fürstliche Schriftsteller oder Dichter kann
hier mit Ehren genannt werden, voran
Grossfürst Constantin Constantinowitsch

von Russland. Mit gleicher Begeisterung, wie der Sohn des Nordens von seinem Russland

Als Sohn des Grossfürsten Con- singt, huldigt er allem Edlen und Schönen in Leben und Kunst, wovon ich meist

stantin Nicolajewitsch und der Grossfürstin selbst Zeuge war, z. B. als der Grossfürst, von einem Besuch der Dresdener

Alexandra Josephowna, geb. Prinzessin Galerie zurückkehrend, seine Eindrücke schilderte. Damals, am 23. Mai 1885,

von Sachsen- entstand auch folgendes Gedicht:

Altenburg,am ( ' Vor der sixtinischen Madonna.

22. (10.) Au- i ♦ Wer je vor dies Altarbild hingetreten,

gust 1858 zu Strielna geboren, vermählte er sich JL T ' » T Auf seinen Lippen starb des Wortes Mut,

am 27. (15.) April 188 ! zu Altenburg mit Prinzessin ^ jx jHp mÖ°bte unwillküriich beten'

Moritz, Schwester des kiiiw^iiiinü'-ii l l.-rz..^ — - Kbeugen möchtest Du im Entzücker,,

, TT r zr : i' 11 . : Gerührt, unwürdig, demutvoll,
russischen Hofes.

Dass der GrossfürM ein tüchtiger Soldat ist, HHHH Grossfürst Constantin hat auf seiner Leyer
beweist die hervorragende militärische Stellung, die HH noch andere Saiten und jeder weiss er mit der-
er bereits einnimmt, noch bezeichnender für seine JH.I HH3H selben Meisterschaft herzerfreuende Töne zu ent-
Geistesrichtung aber war seine Neigung zu den H fjj ':k • PH! B locken, ob er in der Lagunenstadt mit den Tauben
Wissenschaften, und in gerechter Würdigung der ■ von San Marco poetische Zwiesprache hält, seine
Verdienste, die er sich auf geistigem Gebiete er- HH H Lieder aus dem russischen Lagerleben singt, dem
worben, wurde er zum Präsidenten der Kaiserlieh HHK \ ffl er eigenartige Reize abgewinnt, oder auf dem
russischen Akademie der Wissenschaften ernannt. HHH Ff^^H^^Hj Schlosse zu Altenburg dem Frühling entgegenjubelt.
Weniger bekannt ist seine Neigung zur 1 )iehtl;un-i. ^SS Ausser Stimmungsbildern, Reiseeindrücken,

}. H^Ufec , Landschaftsscenen und erotischen Klängen finden

„Ich bin des Schicksals Günstling Mnumien. Wm ihn zAZz eZ z z . , ., . T, . ,

,„. , ••. •• -ueii i<ii hische ii],,] 1V;:, \ e11eii:u11ehe Liegten, Episteln,

In meiner Wiege schon der höchste Rang, ° *

c. , • j • u d- j ^SßsS ■Hk Bilder aus dem Soldatenleben, die Fortsetzung des

Sie sparten mir des Daseins schwere Bürden, 4EP((3 '

Allein, was liegt an Geld, an Macht, am Prunken? HHSH^^. jflf worin der seelische Zustand des Manfred im

Lischt nicht uns allen bald der Lebensfunken? J*/ . Ijj» rF»*^P^ jenM'itii;en Lebi-n dargestellt w ird nicht zu

Hinsinkt der nicht'ge Menschenglanz in Nacht. i < J^/JH vergessen, welches den Schluss des ersten Bandes

Schönheit und Ruhm und Grösse sind versunken, e . . ,,. ,. . der ( U-.lidile bilde!. < >b dickes phantastische Drama

Doch giebt es eine Gabe ohne Gleichen, ^Kr ^Ktf^^^^^M^S^-jM entzieht sich meiner Beurteilung, wohl aber hat

Die göttlich ist — die heiligste fürwahr. ijf" . m',' Z ')%', Gnxvfiirsl Conzluntin zieh auch alz Vermittler

Nie können sie in meiner Brust, der reichen, -HK' unserer deutschen Klassiker in Petersburg einen

Ersetzen alle Schätze wunderbar. — ^ HHHHHH^ Namen gemacht. Zur Zeit meiner ersten Bekannt-

In alle Herzen zaubern Maienzeit, ! , t-^~ j tj t\/t • i

■ setzung der Chore aus , der Braut von Messina be-
schäftigt, die ausserordentliche Schwierigkeiten

._iJ bereitete. Mit der Uebersetzung des „Hamlet" ins

Kein Geringerer als Julius Grosse war es, der Grossfürst Constantin als Hamlet Russische und der Darstellung der Titelrolle auf

die Uebersetzung der Gedichte des Grossfürsten der Bühne des Kaiserlichen Privattheaters in dem

übernahm und in dem Vorwort seines Buches, gefesselt von dem „Zauber Schlosse Eremitage zu St. Petersburg, wo vor ungefähr 100 Jahren die Kaiserin
wahrer Lyrik", das Verdienst für sich in Anspruch nimmt, eine solche dichterische Katharina die denkwürdigen Aufführungen eigener Stücke veranlasste, hat der
Erscheinung der Weltlitteratur, wie Goethe sie verstand, eingereiht zu haben. fürstliche Dichter ebenfalls
Mit welchem Recht mag das vorstehende, am 30. März 1883 zu Athen entstandene einen grossen Erfolg erzielt.
Gedicht darthun. Sowohl der russische Hamlet

Kein Zweifel, dass wir es hier mit einem Dichter zu thun haben, der es mit der Musik Tschaikowskys,
versteht, mit warmer Empfindung und farbiger Frische seine innere Welt — und als die Darstellung des Dänen-
diese Welt ist mit reichen Schätzen gesättigt — in eigenartiger Weise zum Aus- prinzen durch den Gross-
druck zu bringen. So redet nur ein in ernstem, einsamem Denken gereifter fürsten — das Stück spielte
Mann, und wer die Gedichtsammlung in der musterhaften Uebersetzung Grosses bei glänzender Inscenierung
eingehender prüft, wird überall die Fähigkeit des fürstlichen Sängers bewundern, von 9—2 Uhr nachts — wird
die freudigen und traurigen Empfindungen mit Frische und Ursprünglich- von kompetenten Beurteilern,
keit, mit leisen Zügen von Schwermut und einem öfter wiederkehrenden trotz gewisser Ausstellungen
pessimistischen Hauch zum Ausdruck zu bringen. im einzelnen, als meister-

Neues Leben erblühte dem Grossfürsten, als er in der deutschen Prinzessin haft geschildert und flocht
Elisabeth aus dem altehrwürdigen sächsischen Stamm der Ernestiner eine kon- dem Grossfürsten ein neues
geniale Lebensgefährtin von idealer Richtung des Sinnes und grosser Tiefe des Reis in den wohlverdienten
Gemüts fand, die mit ihrem lebendigen, durch gediegene Bildung geschulten Lorbeerkranz. Ad. Langguih.

Den Kummer heilend in des Lebens Enge,
Dem Glücklichen verklärend auch das Leid."

Grossfürst Constantin am Schreibtisch,
 
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