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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 14.1900

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14. Heft
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Duncker, Dora: Paula Conrad
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https://doi.org/10.11588/diglit.22226#0359

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226 MODERNE KUNST.

Fürst Pless,

Conrad, da wo es ihr für eine Rolle am Tage nur kann man ein Ganzes geben und das gehört der entscheidenden Stunde,

notwendig dünkt, zu überwinden— Natürlich ist's, dass der Grad der Intensität ihres Studiums Hand in Hand geht

ihre eigene physischePersönlichkeit. mit der Bedeutsamkeit, dem Wert des Stückes, mit der Wahrhaftigkeit der dar-

Sie bekommt eine neue Gestalt zustellenden Gestalt. — Sich selber vielleicht nicht einmal ganz bewusst, hat Paula

zum Schaffen in die Hand. Auf Conrad wohl niemals alle Kräfte ihrer starken Individualität so voll zusammen-

den ersten Blick sieht die kluge gefasst, als bei der Schaffung von Hauptmanns „Hannele". Während der ganzen

und feine Künstlerin, dass diese Zeit des Werdens lebte sie in einer völligen Suggestion. Nicht wie bei anderen

Gestalt sich mit dem, was sie Rollen, wo die Intensität des Verkörperns sich auf die Stunden des Studiums und

körperlich dafür einzusetzen hat, die Proben beschränkt, war sie dieser Suggestion unterworfen, nein, diese hatte

absolut nicht deckt. Die meisten völlig und ganz Besitz von ihr ergriffen. Wo sie ging und stand, wo sie sass und

Bedenken pflegen da auf ihre lag, fühlte sie sich als das kranke, fiebernde, von Phantasien gefolterte, in Phantasien

kleine Figur, auf ihre mehr lustig glückselige Kind. Ohne dass sie es überhaupt wusste, nahm sie zu Haus eine

als klassisch geformte Nase zu leise, gebrochene, lallende Sprache an, bis man sie darauf aufmerksam machte,

fallen. Nun giebt es einen heissen Beim Essen hielt sie den Löffel gedankenabwesend in der Hand und liess die

Kampf. Sie hat das unbeirrbare Suppe auslaufen, wie es ein armes, krankes, appetitloses Kind thut, das man

Gefühl, dass sie mit der unzuläng- zum Essen zwingt und das die Bejahung zum Leben nicht mehr stark genug

liehen physischen Form sich den empfindet, um die körperlichs Schwäche durch den Willen zu überwinden. Das

geistigen Gehalt zertrümmert. Das alles geschah absichtslos, völlig in der Hypnose und ohne, dass dieses Doppel-

also geht nicht an, das darf nicht leben die Künstlerin krank oder nervös gemacht hätte. Im Gegenteil. Nie hat

sein. Die und die Person kann sie sich wohler und frischer gefühlt, als während des Studiums des „Hannele".

nicht anders wie schlank und grad- Im übrigen hatte Paula Conrad nicht, wie es so häufig ausgesprochen ward,

nasig ge- _ das kranke, fiebernde Kind an einem lebenden Modell

dacht studiert. Einzig aus der Stärke der Impression heraus,

, .. sein,also die ihr die Dichtung gemacht, war diese ihre ureigenste

der Obcrstjagermeister des Deutschen Kaisers. ' S't;Ml»fi^-:'l:S;<>aB •

muss sie t/,* -s s[ 1 , r*'1 .<,'!*-'* tr> V^'M Schaffenskraft hervorgewachsen. Jeder Nerv, jede

wenigstens für ihre eigene Illusion schlank und grad- H Faser ihres Wesens war durchdrungen und getrankt

nasig werden, sonst ist's mit einer einheitlichen Dar- von der rührenden Leidensgestalt des sterbenden

Stellung von vornherein verfehlt. Und nun lebt sie sich ^f:p!-»;";f.''iß;"t ;'/*-rP't '"■Hrap Mädchens. So völlig entrückt, und körperlich dieser

mit einem so enormen Aufwand von Willenskraft S ^f^jB Erde enthoben, fühlte sie sich auch dem Zustand

völlig und so intim mit diesem ihrem zweiten Ich zu- i'/'.^ ""»','&t ™J:'■>' Pfi^*'' 1 des Sterbens selbst, und in der seligen Ekstase; die

sammen, bis sie auch physisch eins mit ihm geworden j '" • BF J»-/,' vi^V*- die Engelerscheinungen in dem schon fast körperlos

ist, bis sie durch Selbstsuggestion sich auch körperlich Hr'1'!,1 •av{%a;>.H gewordenen Kinde hervorrufen. — Es waren da eben

so fühlt, wie es ihr zur vollendeten Darstellung gerade 1 1 IKVWlJB.: 98 ) zwei kongeniale Naturen zusammengekommen, die ein-

dieser Figur unerlässlich dünkt. Ist sie mit alle diesem jvffj, ' * ' •' !.'-.$.BäHp "f.rß^'i^-^is', ander mit fortrissen durch die unmittelbare Gewalt des

einmal fertig, so giebt es kein Schwanken und keim- H BlfiHMK ' H " '• '" Kunstwerks selbst, denn zu einer verständigenden Aus-
Ruckfälle mehr. Am Tage der Darstellung selbst grübelt spräche zwischen Dichter und Darstellerin ist es gar-
sie dann auch nicht viel. Sie nimmt die Rolle kaum zur -v\ . ;,, : *, nicht erst gekommen. Gerhart Hauptmann und Paula
Hand, ja sie trachtet, möglichst wenig an sie zu denken, H Conrad haben über das „Hannele" vor der Auf-
umganz frisch auf dem Kampfplatz zu erscheinen. Einmal H führung niemals ein Wort gewechselt. Dora Duncker.

|ans Heinrich XL, Fürst von Pless, Oberst- B^H f"i^jjt*"y Forst. Sie ziehen als Herde durch die mächtigen Wälder,

jägermeister des deutschen Kaisers. Wenn in den (,;.&'.-• \C, ;}'■•• Li» "l*»f , alles niedertretend, und werden fürsorglich gepflegt,

Monaten August und September der orgelnde Schrei BBt " | damit ihr Aussterben wenn möglich verhindert wird.

des Platzhirsches ertönt, dann erwacht in den tiefen ■ ' ■ ' i Die Auerstiere, die bedeutend grösser sind als die Kühe,

Forsten das Leben, dann versammeln sich die Jäger in iCjHS*''' I werden in der Brunftzeit wild und bekämpfen sich zu-

der Waldeinsamkeit und das Hifthorn erklingt — die mbmmS^SJSL weilen gegenseitig

Büchse spricht -- und das Wik! liegt im Schweisse auf BM™jBM™jMMMBjBl™i»s»J•• J fiireiiterüeh.

der Strecke. — Im Südosten Schlesiens, am rechten ^ „ ^ , , , . „ die Fortpflanzung

Das Peter Mayr-Denkmal bei Bozen,

Ufer der Oder, wo der Ackerbau in dem kalten Sand- recht langsam

boden nicht mehr lohnt, liegen die ausgedehnten Wälder der Tarnowitzer Höhen. In- fortschreitet, so kommen, um die ange-
mitten findet sich das kleine Fürstentum Pless mit seinen herrlichen Jagdgründen. — messene Gleichheit gegen das Mutterwild zu
Alljährlich werden dort beträchtliche Strecken grober Sauen aufgelegt, und ausser erhalten, nur Stiere zum Abschuss. Ganz
dem Treiben wird Pirsche und Anstand ebenso gewürdigt. Selbstverständlich besonders verehrte Jäger holen sich dann
fehlt in solchen wildreichen Forsten auch das Raubwild nicht, und ausser Marder, diesen Bruch: so Kaiser Wilhelm, der vor
Iltis und Fuchs findet man Wildkatzen und Wölfe, selbst der Luchs, der von einigen Jahren einen mächtigen Stier zur
den naheliegenden Karpathen herüberstreift, ist vereinzelt anzutreffen. Die Wal- Strecke brachte. Vor zwei Jahren erlegte
düngen sind gegen 10000 Hektar gross, und der magere Boden ist grösstenteils der österreichische Thronfolger Erzherzog
mit Kiefern, Fichten, Buchen und Eichen bestanden. Fünf Oberförstereien, Pless, Ferdinand d'Este zwei Stiere dieser Ur-
Cobir, Czuof, Schwakov und Emanuelsegen, an deren Spitze der fürstliche Forst- Recken, nebst anderem auch einige ganz
meister Lasch steht, sind in Revierabteilungen eingeteilt, und Förster und Heger kapitale Hirsche. Durch seine starke Geweih-
üben die Pflege des Wildes und Waldes aus. Eine stattliche Fasanenaufzucht bildung ist der Plesser Hirsch mit dem
mit eigenen Fasanengebäuden belebt die Remisen. Ja, sogar der sonst im deut- Karpathenhirsch, dem stärksten vom Kon-
schen Reiche nirgends mehr vorkommende Auerochse (Wisent) ist hier zu Hause. tinente, zu vergleichen. Wapiti- und Kar-
Ein stattliches Rudel von 21 Stück dieser mächtigen Tiere belebt den Jankovitzer pathenhirsch sind mit Erfolg in den Plesser

Revieren zur Blutauffrischung verwandt
worden. Die vielfachen Prämiierungen der
Geweihe geben beredtes Zeugnis davon.

Amerikanische Reklame,

, Im Mai dieses Jahres soll in Bozen das
____t-, nflnk£f!R*~~* Denkmal für den Freiheitshelden

jL 19 0 3 ^|«^JBH9HHP-^> „Peter Mayr, Wirt an der Mahr" enthüllt

&2rwerden, dessen Errichtung der Bozener
Museums-Verein gelegentlich der Feier seines
10jährigen Bestehens im Jahre 1892 be-
schlossen hatte. Da es an der Stätte, wo

Ein Kaffern-Gigerl.
 
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