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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 14.1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.22226#0335

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Ds~*. . sy • am Arm oder gar an den Händen zu erfassen. Und

Iß V?)IOt-donO OPUnO^KeieF. p--~^äHEHHHflT I doch musste Ihre höchst unsicher auf den Schlitt-
schuhen stehende Majestät gehalten und geführt werden,

Am 17. Februar 1900 sind es dreihundert Jahre, dass a ! oder eine Serie ungraziöser und vielleicht folgenschwerer

einei- der grössten Philosophen, einer der begeistertsten ^"J ■ Jwl Niederlagen wäre das Resultat gewesen. Da kam Mon-

Pioniere der Wissenschaft, den Märtyrertod starb. Dort, sieur Cartier, der König der Schlittschuhläufer, den be-

wo sich auf dem Campo de Fiori in Rom heute das HSS^-^ drängten Lehrmeistern der jungen Kaiserin mit einer

stolze Denkmal von der Hand Ferraris erhebt — dort ' . genialen Krfindung zu Hilfe. Diese bestand in einem

schlugen an jenem verhängnisvollen Tage die Flammen ziemlich starken anderthalb Meter langen Holzstab, der

des Scheiterhaufens über Giordano Bruno zusammen. ;••> mit Watte unigeben und mit rotem oder blauem Sammet

Und das römische Volk und ein hoher Adel freuten sich 1*X i . bezogen wurde. Jeder der beiden Lehrer hielt ein

des erbaulichen Schauspiels, während der Fanatismus : Hk | j Knde der Balancierstange und so leiteten sie die Schritte

des erlöschenden Mittelalters erleichtert aufatmete. • '"'flHIwi der distinguierten Schülerin, die sich fest auf die Mitte

Der Name des grossen I'amhcistcii und Gegners der l 'WmSjT des Stabes stützte, über die glatte Fläche. Als Ihre

römischen Kirche schien nahezu vergessen, als er in Majestät längst ohne Hilfe über das Eis dahinschWebte,

den 80er Jahren plötzlich zum Panier der italienischen 1 wurden die „Bätons de velour" von ihr und den Damen

Liberalen wurde. In jener Zeit des Kulturkampfes am -'äSSMMSSfi&sHHI' ihres Hofstaates beibehalten. Man konnte sich auch

Tiberstrand hatte man beschlossen, dem Vatikan ein 1 kaum ein reizenderes Bild denken, als das, welches die

Trutzdenkmal gegenüberzusetzon, und weicher Name " bezaubernde FranzoscnkaDerin und die Schönen des

eigllete sich für diesen Krieg der Geister als Losung Second Knipire boten, wenn sie zu Dreien ••- je eine

besser als der des Philosophen von Nola? Gedarbt, j l ;.„ ■ Dame und zwei stattliche Kavaliere - graziös die far-

gethan — das Brunodonkmal erstand, allein ,1er da- j dd'V ' higen Sanunetstöcke bahtnciei'cnd, über die schimmernde

mals noch überwiegend klerikale Gemeinderat ver- Bahn glitten. Einen nicht minder hübschen Anblick

weigerte die Hergabe des Platzes, desselben Campo 1 I gewähren die eleganten Schlittschuhläuferinnen von

de Fiori, wo Giordano Bruno den Flammentod erlitten. ! heute, die in Gesellschaft ihrer ergebenen Bewunderer

Erst als ein durch die Provokationen Krankreich- ge- . j mit diesen lumtbekleideten Stäben in den Händen kom-

schürter antiklerikaler Sturm das Municipio von An- I I pikierte „Pas de trois" auf dem Eise ausführen,

hängern des Vatikans „gesäubert" hatte, konnte am j | Echt französisch ist der neueste Einfall eines nam-

9. Juli 1889 die Aufstellung des Denkmals erfolgen. | haften Pariser Juweliers, dessen Kunden ausschliesslich

Seitdem ist die antiklerikale Bewegung in Italien, wie der rovalistischen und klerikalen Partei angehören. Der

so manches andere, vergessen und verschollen und 1 geniale Mann „erfand", wie aus Paris geschrieben wird,

der Gedächtnisfeier des 17. Februar wird in Rom nur j ein allerliebstes Berloque, das einen winzigen goldenen

eine kleine Gemeinde erlesener Geister anwohnen. Die • J Zvlinderlmt vorstellt, an dem der Kopf wie von einem

grosse Masse der Enthusiasten von 1889 ist indifferent s» _ ■__ ;. j Stockhieb eingedrückt erscheint. Dieses niedliche Ding,

und still geworden. Dr. Hans Barth-Rom. das der Juwelier „le chapeau d'Auteuil" getauft hat,

1<=4*=-. Das Giordano Bruno-Denkmal auf dem Campo di Fiori zu Rom. wird jetzt von allen Freunden und Gesinnungsgenossen

des Barons Christiani, des „Helden" von Auteuil, an der

iC "^CiriSßr Wodeil enfstfeßeil mehr gesehen wurden. Diese blauen und Scharlach- Uhrkette getragen. Wie man sich erinnern wird, spielte

K ' ' farbenen Sammetstöcke sind einst von keiner geringeren der Baron die hervorragendste Rolle in jenem Skandal

Die Besucher der ausschliesslich von der vornehmen Persönlichkeit, als der Kaiserin Eugenie in Mode ge- bei dem Rennen von Auteuil, indem er dem Präsidenten

Welt frequentierten Eisbahn auf dem „Hufeisenteich" bracht worden. Als die Dame es sich in den Kopf Loubet den Hut vom Kopfe schlug. Diese noble That,

im Bois de Boulogne in Paris bemerken in diesem setzte, den Eissport zu erlernen, waren die Herren, die über die nachzudenken der Aristokrat seither hinter

Winter das Wiederaufleben der „Bätons de velour", man mit dem Unterrichte betraute, in peinlichster Ver- Schloss und Riegel Gelegenheit hat, ist nun in dem

die seit den Glanztagen des zweiten Kaiserreiches nicht legenheit. Die Etikette verbot es, die erlauchte Schülerin kleinen Bijou verewigt worden. Man weiss, wie sehr

R. Pohle; bcliaüt Amor

XIV. 13. B.1.
 
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