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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 14.1900

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14. Heft
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Stimmungen
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Duncker, Dora: Paula Conrad
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https://doi.org/10.11588/diglit.22226#0358

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225

Htt)ri)üt)§ei).

[Nachdruck verboten.]

Qvnst von tüildenbimch. fe Dich7*.aus; 7™ ich mich zumfArbeitstis:* setze' ;m zu fireiben-

dann ist alles m mir fertig, einen Entwurf zu einem Roman oder em bcenarmm

ang ist's her, dass Ernst von Wildenbruch mit einem neuen Werke auf zu einem Drama kenne ich nicht, alles muss vor meinem geistigen Auge fest-

dem Spielplan des Kgl. Schauspielhauses vertreten war, jetzt kehrt er stehen, dann erst beginne ich mit der Arbeit, und sie strömt dahin wie

wieder zu der Stätte zurück, an der er mit seinen „Quitzows" und dem Lava, die sich aus meinem Innern ergiesst." — In den stillen Seitenalleen des

„Neuen Herrn", den Hohenzollerndramen voll Kraft und Schwung, die grössten Berliner Thiergartens kann man gar oft den Dichter einsam wandeln sehen,

Erfolge errungen hat, sein neues Drama „Der Sohn des Erasmus" gelangt an hier arbeitet sein Geist durch, was die Phantasie beschäftigt, hier sucht er Samm-

der Kgl. Bühne zur ersten Aufführung. 'ung, hier findet er Stimmung. Wildenbruch trug seit der Vollendung seines

Der Dichtersmann forschte gerade nach einem in Südamerika Verschollenen, Dramas „Das neue Gebot" den Heinrich-Stoff in sich herum. Er grübelte und

als ich ihn im Auswärtigen Amt besuchte. In der Wilhelmstrasse Geheimer grübelte, allein er fand keinen Ausgangspunkt, von dem aus er das Werden und

Legationsrat, in der Hohenzollernstrasse __..... __________....._____________.....___________.....________..........._______________________ ________________ den Charakter Heinrichs hätte entwickeln

im behaglichen Heim Poet, das ist die I können. Und doch wollte, musste er

örtlicheEinteilungderzwiespältigenThätig- j etwas schaffen, was seinen Gegnern, die

keit Ernst von Wildenbruchs. Akten, sich unter den Vertretern der damals

nichts als Akten, stossweise türmen sie ^^^■HHMHBS^^j. j neu aufstrebenden und ringenden, jetzt

sich vor dem Geheimen Legationsrat auf, ^Hk ! erfreulicherweise allmählich siegenden

und, wenn Wildenbruch, der äusserlich "Äl modernen Richtung befanden, sein Wollen

alles genial Gemachte vermissen lässt, ! und Können in grossen Zügen offen-

so in den Akten herumstöbert, dann baren sollte. Eines Tages machte er nach

gleicht dieser Mann mit dem engan- Rückkehr von einer Reise wieder seinen

liegenden, dünnen Haar, mit den durch- Spaziergang durch den Tiergarten, und

aus nicht scharfen Gesichtszügen und g§ >. siehe da, plötzlich stand der junge Hein-

den matten Augen, die eine scharfe Brille ; <4 *» rieh vordem geistigen Auge des Dichters,

bedeckt, eher einem hohen Beamten, als HHRHE^HfK 1|8k*-4*< Tfc. er hatte den Ausgangspunkt, „Heinrich,

unserem schwungvollen Dichter. j£ j/gmm' das Kind", das war der Schlüssel.

„Man glaubt immer", so klagte 1H^9|^L Wildenbruch ist durch und durch
Wildenbruch, „der Geheime Legationsrat |HBp%jli Poet, er glaubt an seine Schöpfungen,
sei für mich eine Sinecure, nein, er ist j denn er weiss, er hat ihnen sein Bestes
für mich mit einem Ressort voll Arbeit gegeben. Er besitzt, wie seine Dichtungen
und Verantwortlichkeit verknüpft. Ich Tfc ; ''*"WJ\»H offenbaren, ein urwüchsiges, hinreissen-
habe das Ressort der Hinterlassenschaften ^Mjfaifa des, feuriges Temperament, und mit dem
von deutschen Staatsangehörigen, die in Feuer der Ueberzeugung und der Leiden-
Amerika, Australien oder den englischen a^i^^^lH^fll^^H^i^ZT^'^i^tats Ti schaft liebt er diese Dichtungen, und er
Kolonien verstorben sind, fernerhin habe 'Jl „ n/; liebt sie um so mehr, je weniger sie
ich die Recherchen nach den in diesen dem Geschmack des Publikums zusagen.
Erdteilen verschollenen Deutschen zu Jtr Er muss für seine Werke begeisterte An-
leiten. Sic haben Recht, wenn Sie Fi;'.' ^ • ^^■Äl '• ••..*"^' •^Bfclfc erkennung haben, findet er diese nicht,
meinen, dass dieses Ressort manches P ^Jp dann ist er niedergedrückt, denn er
Romantische zu Tage fördern müsse, und empfindet, dass man das Edelste, das er
ich habe thatsächlich durch meinen ohne erkünstelte Reflexion aus seinem
amtlichen Beruf manch tiefen Eindruck Innersten heraus voll Enthusiasmus giebt,
empfangen, manchen Einblick inMenschen- nicht verstehen, nicht würdigen will.
Schicksale gewonnen." Und, wie er so mit hinreissendem
„Waren einzelne dieser Eindrücke so Eifer von seinem Sehnen und Schaffen
stark, dass Sie durch diese zu einer dich- sprach, da überragte sein Haupt die Akten-
terischen Schöpfung angeregt wurden?" Ernst von Wildonbruch. stösse, da rötete sich sein Gesicht, da
t-. , ■ i ^ j i • Nach einer Lithographie von Prof. Hans Fechner. , , , • , • ~j.. , i ,
„Eigentlich nicht, denn bei mir ent- belebten sich seine Zuge, da wehte ein

wickeln sich Gestalten und Stoffe von Innen heraus, selten, dass ich durch Hauch der Begeisterung durch das nüchterne Amtszimmer, da war der Geheime

ein äusserliches Vorkommnis beeinflusst werde. Ich arbeite auch nie vorher Legationsrat der flammende Poet Ernst von Wildenbruch. Alfred Ho/sbock.

>?^* <£)aula Conrad. -o*^-

-- [Nachdruck verboten.]

s Paula Conrad, ein sehr junges Mädchen noch, in den Verband des einst behauptet, und sie denkt und fühlt heut als reife Künstlerin nicht anders,

Berliner königlichen Hoftheaters eintrat, schien ihr das Komödienspiel als jene damals dachte und fühlte. Sie ist sich der Verantwortung voll bewusst,

das natürlichste und einfachste Ding von der Welt zu sein. Sie war jung und mit der sie dem Publikum gegenüber für den Dichter eintritt, und das Gefühl

talentvoll, sie wurde beliebt und verhätschelt, es war kein Grund vorhanden, dieser Verantwortung lastet auf ihr, wie auf jeder ehrlichen, ernsten Künstlerin,

sich besonderen Aufregungen, Sorgen und Aengsten um das Gelingen ihrer und macht sie bangen und zagen. Aber bei dem ersten Klingelzeichen ist die

Aufgaben hinzugeben. Da machte es sie, die trotz aller Begabung immerhin Unsicherheit, die Angst wie fortgeweht; sie denkt nur noch ihrer Aufgabe,

noch bescheidene Anfängerin, betroffen, dass die von ihr über alles verehrte dessen, was sie zu vertreten hat.

Altmeisterin des Instituts, Minona Frieb-Blumauer, die in allen Sätteln gerechte Paula Conrad geht wohl vorbereitet in die Schlacht. Oft, ja zumeist ist schon

grosse Künstlerin, vor neuen Aufgaben in fliegende Aufregung geriet. Die der erste Eindruck, den sie beim Lesen von einer Rolle empfängt, maassgebend

kleine Paula beobachtete ihr vergöttertes Ideal eine Weile, dann fasste sie sich für sie. Während des Studiums freilich kommt sie dann, wie das natürlich ist,

ein Herz und fragte die verehrte Frau gradheraus, wie es möglich sei, dass eine des Oefteren zu anderen Anschauungen. Schwankungen, Zweifel stellen sich ein,

so grosse Künstlerin, die so fest in der Gunst des Publikums stehe, immer aufs was zuerst als das einzig Richtige erschien, will es plötzlich nicht mehr scheinen,

neue so heftigen Erregungen vor dem Auftreten unterworfen sei. Die Frieb bis sie sich am Ende auf Umwegen wieder zu dem ersten Eindruck zurück

aber lächelte still, mit ihrem feinen, klugen, leicht ironischen Lächeln und findet und nun unbeirrt bei der Erkenntnis bleibt, dass sie mit ihrer ersten

meinte: „Wenn das aufhört, Kind, dann thut man gut, selbst aufzuhören, denn Empfindung für die Rolle das richtige getroffen hat.

dann ist man keine echte Künstlerin mehr." Und mehr und mehr denkt sie sich hinein in die darzustellende Persön-

Seither ist manches Jahr vergangen. Paula Conrad-Schlenther steht heut— lichkeit, bis diese ihr völlig in Fleisch und Blut übergegangen ist, bis sie eins

obwohl in einem weit anderen Fach — an einem Ehrenplatz, wie ihn die Frieb mit ihr geworden ist. Etwas ganz Besonderes giebt es aber noch für Paula

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