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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 14.1900

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10. Heft
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Moritz von Reichenbach: "Wanderndes Volk"
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https://doi.org/10.11588/diglit.22226#0238

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llfnseren Lesern können wir mitteilen, dass wir soeben den neuesten, hochinteressanten Roman des bekannten und beliebten Autors

Boritz von l^eichenbach: „Ränderndes \)olk"

erworben haben und mit dem Abdruck desselben in Nummer 14 der „Modernen Kunst" beginnen werden.

Die Redaktion der „Modernen Kunst".

rp, j WS A haben, welche in Berlin und Köln in Castans Panoptikum fechterei. Es ist nämlich, ähnlich wie bei den Geister-
ilj0O6f''nC LAy Lt 11 ClG t•. grosses Aufsehen erregt hat, nämlich der erscheinungen, eine grosse, stark belegte Spiegelscheibe
Von H F. O. Suhr rs hl «1 „Keptuna". von ca. 3 m Länge und 2 m Breite, von hinten nach
<• ■ • • ■ c iiss.| erblickt, nachdem der Vorhang verschwunden, eine vorn, also gegen die Zuschauer geneigt, deren Ränder
Ausser der Galathe werden mit dem früher ge- grottenartige, hell erleuchtete Bühne, deren Hintergrund in die grottenart'gen, mit künstlichem Gestein bedeckten
schilderten Apparat noch viele andere Verwandlungs- das Meer mit untergehender Sonne darstellt. Nachdem Seitenwände der Bühne eingelassen sind. Letztere ist
illusionen dargestellt, wie z. B. Santa Graziella, Iphigenia, der Vorführende die Zuschauer begrüsst, hält er etwa etwa l'ijra hoch, besitzt jedoch keinen Boden. Gerade
Daphne, Fionnula u. s. w. folgenden Vortrag: „Sobald die sinkende Sonnenscheibe unter der Spiegelscheibe ist der Hintergrund flach auf
„Daphne" ihren letzten Strahl auf die entschlummerte Erde warf, dem Saalfussboden ausgebreitet und findet seine Wieder-
Nymphe der Diana und Tochter des Flussgottes Peneios tummelten sich die Töchter Poseidons auf den schäumen- gäbe in dem Spiegel, so dass er senkrecht stehend
oder des Ladon, floh, von Apoll verfolgt, und rief in den Silberwogen des Meeres und trieben ihr Spiel beim in diesem erscheint und die Rückwand der Bühne
ihrer Not die Erde, nach anderen Sagen ihren Vater Schein des Mondes. Neptuna war die graziöseste unter bildet. Etwa 50 cm über diesem Hintergrund ist eine
um Hülfe an und ward von diesem in dem Augenblicke, ihnen, sie war es aber auch, die dem Vaterherzen den kreisrunde, durchsichtige Glasscheibe von ca. 2 m
wo Apollo sie zu fassen glaubte, in einen Lorbeerbaum grössten Schmerz bereitete. An einem herrlichen Früh- Durchmesser in der Weise angebracht, dass sie um sich
verwandelt. Der Lorbeerbaum fängt langsam an zu lingsabend, als sich Neptuna, wie gewöhnlich, mit ihren selbst gedreht werden kann. Der Rand dieser Glas-
blühen und trägt Früchte, diese Früchte sind Glocken, Geschwistern auf der wogenden Flut befand, erschallten scheibe ist durch eine passende Dekoration verdeckt,
welche Musik ertönen lassen. Als Apollo den Baum plötzlich glockenreine Töne durch die Luft. Neptuna In entgegengesetzter Richtung von den Zuschauern be-
erblickt hat und zertrümmern will, ist der Baum ver- lauschte und am Strande umherblickend, gewahrte sie findet sich neben dieser runden Glasscheibe und zwar
schwunden und ein Skelett stehtauf seinem Platze. Apollo einen jungen Burschen in kleidsamer Fischertracht, der, in gleicher Höhe mit derselben, ein zwei Meter langes
flieht und aus dem Skelette ersteht wieder Daphne, welche an einer Felswand lehnend, seiner Flöte die lieblichsten und fünfzig Centimeter breites, sehr glattes Brett. Aul
niederkniet und für ihre Rettung dankt, während Peneios Töne entlockte. Als er Neptuna erblickte, überkam ihn diesem Brett liegt anfangs die darstellende Dame, aus-
in Gestalt eines grossen Adlers über ihr schwebt, um sie eine nie geahnte Sehnsucht. Er umschlang sie mit gestreckt auf dem Rücken, den Kopf der Glasscheibe
auch in Zukunft zu schützen. Die Verwandlungen ge- seinen Armen und drückte ihr einen innigen Kuss auf zugekehrt. Soll nun Neptuna den Fluten des Meeres
schehen in der schon bekannten Weise. Das Erscheinen den Mund, wodurch in Neptunas Seele der schwach entsteigen, so nimmt der Gehilfe einen aus Holz ge-
der Blumen an dem künstlichen Lorbeerbaume und das glimmende Funke der Liebe zur mächtigen, hell auf- fertigten Delphin, stemmt denselben gegen die Füsse der
Verwandeln derselben in Früchte und Glocken wird lodernden Flamme angefacht wurde. Unterdessen ward Dame und schiebt letztere auf die Glasscheibe, zieht als-
durch Ziehen an Fäden bewirkt. Ferner befindet sich Neptuna von ihren Geschwistern vermisst. Düstere dann den Fisch zurück, während die Dame in der Mitte
in dem Lorbeerbaume ein elektrisches Glockenspiel, Wolken banger Sorge lagen auf der Stirn Poseidons, der Glasplatte liegen bleibt. Der gegen den Spiegel
welches der Gehülfe im geeigneten Moment erklingen er riss sein Kind aus den Armen jenes Burschen und sehende Zuschauer glaubt die Dame schwebe frei in der
lässt. — Wir kommen nun zu schwang wütend seinen Dreizack. Der Himmel ver- Luft, da er die runde Glasscheibe, worauf dieselbe liegt,
„Fionnula, der Wasserfee." finsterte sich, der Donner rollte und ein verheerender nicht wahrnehmen kann, auch ahnt er ja nicht, dass sich
Von Fionnula erzählt eine altirische Sage folgendes: Blitz traf das Haupt des Verführers, der zerschmettert der ganze Vorgang unterhalb der Bühne abspielt und
In grauer Vorzeit lebte einst in den durch ihre romanti- zu Boden sank. Das war Poseidons Rache. Neptuna dass das, was er erblickt nur ein Spiegelbild ist. Soll
sehen Ufern berühmten Seen von Killarney in Irland jedoch vergass ihren Geliebten nie. Allabendlich, wenn nun die Dame mit dem Kopf nach unten wieder ins
eine Wassernixe, Fionnula mit Namen, die in heisser die sinkende Sonne am fernen Horizonte verschwindet, Meer sinken, so dreht der Gehilfe die Glasscheibe so
Liebe zu einem jungen Fischer entbrannt war. Als aber dann verlässt Neptuna ihre Gespielinnen und Schwestern, weit herum, bis der Kopf der Dame dem Brett zu-
diese Liebe keine Erwiderung fand, da der junge lässt sich von einem Delphin emportragen, steigt höher gekehrt ist, (der Zuschauer sieht nun das Spiegelbild
Bursche bereits unter den Schönen seines Dorfes ge- und höher in die Lüfte." Bei diesen Worten entsteigt der Dame auf dem Kopfe stehen) worauf letztere beide
wählt hatte, wandte sich Fionnula in ihrer Liebessehn- eine junge lebende Dame, in enganschliessendem Phan- Arme über den Kopf streckt, wobei die Hände von der,
sucht an ihren Vater, den Wassergott, und bat ihn, er tasiekostüm, auf einem Delphin stehend, den künstlichen die runde Glasscheibe umgebenden Dekoration verdeckt
möge ihr einen Trank bereiten, der ihr des Jünglings Meeresfluten, nachdem der Delphin die Dame übers werden. Der Gehilfe erfasst nun die Hände der Dame
Herz zuwende. Der Gott jedoch geriet ausser sich, als Wasser gehoben, taucht er unter, während die Dame und zieht letztere von der Glasplatte herunter, auf das
er von dieser Liebe hörte, da er von einer Verbindung frei ohne jede sichtbare Haltung oder Stütze in der Luft daneben befindliche Brett. — In neuerer Zeit gelangt
seiner unsterblichen Tochter, mit einem gewöhnlichen schweben bleibt. „Hier weilt sie einsam. Wehmütige dieses Schaustück in verbesserter Auflage, vielfach unter
Sterblichen, natürlich nichts wissen wollte. Als aber Blicke richtend nach dem Strande, ängstlich spähend dem Namen

dennoch Fionnula in treuer Liebe verharrte, wurde sie nach jener Felswand, nach dem Denkstein ihres ver- „Undine, die Feengöttin"
von ihrem unerbittlichen Vater zur Strafe in einen lorenen Glücks. Doch vergebens, alles ist vergebens, zur Aufführung. Die Verbesserung besteht darin, dass
Schwan verwandelt. Seit jener Zeit nun taucht, wenn den Geliebten findet sie niemals wieder und schmerz- die scheinbar in der Luft schwebende Dame (Undine)
der Vollmond sein mildes Licht auf die Seen ergiesst, bewegten Herzens taucht sie wieder in die Flut, bittere sich in verschiedene Figuren als: Loreley, Germania etc.
plötzlich aus den Fluten ein herrlicher weisser Schwan Thränen weinend, die zu kostbaren Perlen verwandelt, verwandelt, auch langsam verschwindet. Statt der be-
auf, majestätisch schwimmt er dem Ufer zu und auf dem Meeresgrund in den Sand rollen." Dann sinkt legten Spiegelscheibe, kommt hier eine unbelegte zur
schüttelt sein prächtiges Gefieder, um sich dann in eine die Dame, den Kopf nach unten und die Füsse nach Anwendung, im übrigen ist der ganze Apparat so
grosse, von weissen Wasserrosen umschlungene Schilf- oben gerichtet, ins Meer zurück. — Dieses Experiment kompliziert, dass es sehr schwer ist, denselben in ver-
pflanze zu verwandeln. Die Blätter und Blumen nehmen beruht gleich den vorgenannten ebenfalls auf Spiegel- ständlicher Weise zu beschreiben,
dann langsam menschliche Formen an, es kommt

Leben in die Gestalt, und die Wassernixe erscheint in -------- . ------ , --- -----

wunderbarer Schönheit mit einer Lvra in den Händen,

weSe^thit Eiiibantlclecken zu den Jahrgängen Hill der „Modernen Kunst"

rückverwandelt. — Versetzen wir uns wieder in Ge-

danken auf den Jahrmarkt zurück: „Hier ist zu sehen, <|Jif machen darau{ aufmerksam, dass verschiedene minderwertige Einbanddecken für die

das grosste Wunder der Welt, er«

Ben Akiba, der durchsichtige Türke!" „Moderne Kunst" von anderer Seite angeboten werden, für deren

schallt uns das kräftige Organ eines vor einer Schau- Haltbarkeit wir nicht bürgen können. Im Gegensatze zu diesen
bude stehenden Ausrufers entgegen. Im Innern der

Bude befindet sich ein in ein türkisches Kostüm ge- minderwertigen Decken sind unsere Einbanddecken mit nur echtem

kleideter Mann, in dessen Brust sich scheinbar eine Golde hergestellt und innen mit dem Aufdruck
Oeffnung befindet, durch welche man sehen kann,
was hinter demselben vorgeht. Der angebliche Türke
hatte nämlich unter seinem weiten Kostüm ein halb um
den Leib führendes Blechrohr, welches vorne und

hinten in einen rechten Winkel umbiegt, verborgen. , : . ' v «"» • , a
Im Innern dieses Rohres waren vier kleine belegte versehen. Sie sind Muster einer vornehmen und soliden Aus-
Spiegelgläser in der Weise befestigt, dass das von dem stattung und Technik. Wir bitten ausdrücklich, unsere Original-

ersten Spiegel aufgenommene Bild auch auf alle übrigen r- , , , -, , n . . \, , , . „ , ,/ . , r> 1 1 ji

c • 1 t- 1 Tsr j ~d 1 i. » ^ tc Einbanddecken, deren Preis 4 Mark betrafft, bei der Buchhandlung

Spiegel fiel. Wurde z. B. an der hinteren Oeffnung > ö ' s

des Rohres ein brennendes Licht gehalten, so glaubte zu bestellen, durch welche der Bezug unserer Zeitschrift erfolgt,

jemand, der durch die vordere Oeffnung sah, durch ßei direktem B e von der unterzeichneten Verlagshandlung sind
das ganze Rohr, oder vielmehr durch die Brust des

Türken sehen zu können, ohne zu ahnen, dass er nur dem Betrage von 4 Mark noch 30 Pf. für Porto beizufügen,
in einen Spiegel sah, auf welchen das Bild des brennen-
den Lichtes von den drei anderen übertragen wurde. — Berlin, Leipzig, Wien, Stuttgart.

Wir wollen diesen Aufsatz nicht schliessen, ohne zuvor .

noch einer reizenden Illusion Erwähnung gethan zu V6T13.Q VOH JvlCll. JJOllg.

Original Einbanddecke der Verlagshandlung


 
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