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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 14.1900

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20. Heft
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Braun, Alex: Die Einweihung des Münchner Künstlerhauses
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Bartolomäus, Richard: Sinnsprüche
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https://doi.org/10.11588/diglit.22226#0492

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MODERNE KUNST.

315

linnsprüc^e.

[Nachdruck verboten.]

Sei's, dass sie selbst es hergestellt, | j)em ändern nur das bunte r^leid,

Sei's, dass von ändern sie's erhielt. pas ihn an die Grossen der €rde reiht.

R. Iiartolomäiis.

hier geborgen vor des Tages Lärm und Zwist ein Altar „jeder wahren Kunst dem Barett, giebt mit Humor und Witz von einem der zehn Gänge zum andern

geweiht" sein sollte, in begeistert gesprochenen Versen Ausdruck liehen. Mit seine Weisheit hübsch gereimt zum Besten. Ehrendamen in weissem reich ge-

Sang und Lautenspiel zogen die Frauen ein zu gutem Zeichen. Ehe ihr Lied rafften atlasschimmernden von Prof. Rud. Seitz gezeichnetem Feststaat, einen

verklang, waren der Meister und der Jüngling zur Stelle und der zielbewusste, Fliederkranz mit flatternden lichtgrünen Bändern auf dem lockigen Haar, kre-

am Studium der Alten gereifte Künstler bedeutet dem neuerungsbedürftig in die denzen vierchörig a capella das von Maler Söhn gedichtete, von Prof. Heinrich

Weite schweifenden, dass Schwartz komponierte Weinlied singend, dem Prinzen und den Ehrengästen

„Unzerreissbar der goldene Faden, die von Eckel gespendete, dem Deidesheimer Kieselberg entsprossene „Perle

Der aus der Kindheit unseres Geschlechts der Pfalz" im rebenumwundenen Pokal. In markigem Wort verheisst der älteste

Sich bis zu diesem Tag herüberspinnt. Enkel des Regenten im Sinne König Ludwig I. der Tradition seines Geschlechtes

Am Webstuhl mühet sich die ganze Menschheit, .

„ . ... „ . -, , getreu die Kunst zu pllcircn und zur Antwort ertönt ein jubelndes „Heu der

Das duftige Gewebe fortzusetzen; ° 10 j »

Kein neues Stück ward jemals noch begonnen, Kunst, Gott erhalts" von aller Lippen als Weihespruch des neuen Münchner

Doch, wen ein Gott mit Phantasie begabt, Künstlerhauses. Alex. Braun.

Der fügt ein neues holdes Muster ein."

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Der weltenflücht'gen Muse zum Asyl, eine Muschel für die Perle „Kunst."
ist . . . dies Haus. Auf des Meisters Wink tauchen die Grazien wie auf Botticellis
Frühlingsbild sich umschlungen haltend auf und mahnen
„Innig hängt am Frühling alle Kunst"
gleich wie er ist sie, ewig aus sich selbst sich verjüngend, jeder Mode fremd
und gleich ihm übt sie unwiderstehlichen Zauber, dessen Kraft jedem das Herz

rührt, der hier der Schönheit sich mitfreuen will. glicht, wie du bist, urleilt die "Welt; Dem €inen ist das jdeal

„Was Hohes je und Edles ward ersonnen, Sie urteilt nur nach deinem fjild, . j)es Tjerzens üust, des Gerzens Qual,

Wir lassen zu erlesenem Genuss
Es neu erstehen"

gelobt der Meister und ruft die Grossen der Vergangenheit, Venetiancr und
Florentiner, den Ritter im blinkenden Harnisch und den Spanier im schwarzen
Sammtkollet herbei in ihrem Geiste dieses Haus zu weihen. Sie nahen, die Frauen
mit der Laute erheben sich von ihren Marmor-
bänken, und bei ihres Liedes Klängen krönen
sie den Meister wie den Jüngling mit den von den
Kindern dargereichten Kränzen. Dann schreiten
sie in ihren märchenhaft funkelnden bauschigen,
schleppenden, von Otto Hierl-Deronco phanta-
stisch prächtig entworfenen Gold- und Seiden-
gewandern herab in den Saal, begleitet von den
Künstlern des Festspiels. Unsere, vom Hofphoto-
graphen Baumann in malerisch geschmackvoller
Gruppierung aufgenommenen Bilder zeigen den
anmutigen Genius der Kunst in der schirmenden
Hut des gepanzerten Ritters, den Jüngling wie er
mit seiner Laute süssen Tönen das Ohr einer
Holden bestrickt und die übrigen Hauptagierenden
des Festspiels und Prunkmals.

Mit einem imposanten künstlerisch ausge-
stalteten Schau- und Festessen schloss am 31. März
die Feier. Pagen in dunkler Allongeperrücke,
den breiten Spitzenkragen über dem goldgelben
Sammetwams, aus dessen Schlitzen die Falbel-
fülle des feinen weissen Hemdes hervorquoll, den
gelbseidenen Strumpf zur Pluderhose und dem
Schuh mit dem roten Stockei, versahen, als Söhne
der Künstlerschaft, den Ehrendienst und geleiteten
den Prinzen Rupp rech t, der den Regenten beim
Male vertrat, an die Ehrentafel, wo er zwischen
Lenbach und Ferdinand von Miller Platz nahm.
Nun walteten die Ceremoniare (Maler Söhn und
die Leutnants Pixis und Freiherr von Pernwerth)
im rotsammtnen, pelzverbrämten und wappen-
bestickten Mantel, den goldenen Lorbeer um das
schwarze Barett geschlungen, würdevoll ihres
Amtes. Die goldbeschlagenen Stäbe pochten, und
mit dem ersten Schaugericht auf den Schultern
kamen die von Prof. Papperitz in orientalische
Pracht gekleideten Mohren. Sie trugen, während
die Musik italienische Tafelweisen aus dem sechs-
zehnten Jahrhundert und andere erlesene alte
Stücke spielte, die meist von Seidl entworfenen
kunstreich aufgebauten Speisen langsam und
gravitätisch durch den Saal, zuerst ein Schiff, hoch-
beladen mit Kaviarfässern, dann die Suppe, deren
„Genius", ein gar appetitliches, pausbäckiges
Bürschlein, den Schöpflöffel geschultert, eine auf
allerlei Frühlingsgemüsen ruhende Riesenschild-
kröte zügelte. Diener in Venetianertracht folgten
mit Körben aus denen langstielige goldbraun
gebackene Rosen aus Brot aufragten und servierten
die durch die von den Mohren geschleppten Schau-
gerichte versinnbildlichten wirklichen Speisen. Der
„Lustige Rat" (Hofgoldschmied Heiden) im rot-

.gelben Sammtwams, die langgespreizte Feder auf Von der Einweihung des Münchner Künstlerhauses: Gruppe vom Festspiel.

Nach einer Originalaufnahme von Ad. Baumann, k. bayr. Hofphotograph, München.
 
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