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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 14.1900

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23. Heft
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Vollmar, H.: Hubert von Herkomer: wie er denkt und schafft
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https://doi.org/10.11588/diglit.22226#0538

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ubert

von Merkomen

Von
•pf. Vollmar.

Qy

ie er denkt

und

schafft.

Hubert von Herkomer. Nach einer Photographie von E. Bieber, Hofphotograph, Berlin 1900.

ie grosse Menge lässt der Individualität _ werden mit Hilfe einer sorgfältigen Einteilung
des Künstlers zu wenig Geltung, sie Wf- '4* swJ yr—meiner täglichen Arbeit viel vollständiger aus-
Gx ist Sklavin des Althergebrachten und gefüllt als bei den meisten Menschen. Zu dieser
sobald jemand danach strebt, natürlich zu sein, Einteilung gehört eine Stunde vollständigen
wird er als excentrisch betrachtet. Es giebt hunderte von Künstlern, die Ausruhens. Ferner fordert mein Temperament Abwechslung in der
imstande sind, alles das auszuführen, was ich that, aber ich glaube, es Beschäftigung. Ich kann nicht lange bei einer Sache bleiben. Ich muss
existieren nur sehr wenige, die mit einer solchen Befähigung für die Arbeit abbrechen und dann wieder zu ihr zurückkehren, bis sie vollendet
ausgestattet sind, wie ich es bin. Arbeit ist mein Leben — alles muss ist. Das mag vielleicht eine geistige Unzulänglichkeit sein, aber durch
ihr aus dem Wege gehen und ich habe unter meinen Kollegen noch nie meine Art zu arbeiten, kann ich sie ausgleichen. Mein Leben lang habe
einen getroffen, der so vollständig einem Evangelium der Arbeit huldigte, ich versucht, mich von diesem Fehler zu befreien, aber er ist zu sehr
wie ich es thue. Das ist allerdings reine Sache des Temperaments, und mit meiner Eigenart verwachsen, als dass ich viel daran ändern könnte,
wenn Sie in mein Leben und seine Arbeit hineinblicken könnten, so deshalb musste meine Arbeitsmethode mich in den Stand setzen, mit der
würden Sic nichts natürlicher finden, als dass ich viele Zweige der mir eigentümlichen Art das Bestmöglichste zu leisten; — und Wechsel
Kunst in das Programm meines ganzen Lebenswerkes aufnehmen musste. in der Arbeit ist deshalb eine absolute Notwendigkeit für mich geworden.
Wie Sie wissen, wurde ich an meines Vaters Schnitzbank zum Hand- Aus dieser meiner Eigenart folgt, dass mein Dasein allmählich mit
werker erzogen und als Knabe besass ich nur das Spielzeug, welches Gelegenheiten für viele verschiedene Arbeiten umgeben wurde, was
ich mir selbst fertigte. Eine angeborene rastlose Energie, die körperliche wiederum einen Stab von wohlgeschulten Hilfsarbeitern erfordert. Ich
Leiden niemals unterdrücken konnte, zwingt mich, alle Augenblicke meines thue absolut nichts an den äusseren Vorbereitungen für meine Arbeiten,
Lebens mit Arbeit auszufüllen. Wie aber kann man jede Stunde des denn ich würde meine Kraft dabei in dem verschwenden, was andere
Tages und Abends mit Malen allein zubringen? Ich glaube, das würde ebenso gut thun können. Wenn ich zu malen habe, sind alle Dinge -
schlimm sein für beide — Maler und Publikum. Ich male während des bis auf die richtige Lage der Palette — bereit für mich. Zu welcher Arbeit
ganzen Vormittags, mehr kann ich nicht; aber da ich immer in Gedanken ich mich auch später wende, stets finde ich alles vorbereitet. Ich
für das Werk, welches gethan werden soll, vorbereitet bin, so schaffe kenne in der That keinen Künstler, der so gerüstet ist zur Arbeit, wie
ich in kurzer Zeit sehr viel. Dann bin ich - - in dieser Richtung — ich es bin. Meine Privat-Werkstätten enthalten alles für Holz- und
erschöpft. Aber was nun beginnen? In den Stunden vom zweiten Früh- Metallarbeitcn Erforderliche und da ich von Natur sehr zur Ordnung-
Stück bis zum Zubettgehen um 10 Uhr? Sic müssen ausgefüllt werden, und und zum planmässigen Vorgehen neige, so ist ersichtlich, dass ich mit

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