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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 14.1900

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12. Heft
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Misch, Robert: Der Adelsmensch, [10]: Roman
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Ein Festmahl bei Hofe
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https://doi.org/10.11588/diglit.22226#0302

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MODERNE KUNST.

Ein feines Ohr konnte einen gewissen Unmut heraushören. Und rief Rohdc, während er Hermine seine leere Tasse zum Füllen hinhielt.

Rohde besass dies feinere Ohr. Uebcrrascht horchte er auf, Meta, der — »Wir unterhalten uns schon."

er jetzt so grenzenlos gleichgiltig war, kümmerte sich um solche Dinge, «Hm, das sehe ich! — Aber es ist doch wohl schon etwas spät

schien sich darüber zu ärgern? Merkwürdig' Ein befriedigtes Lächeln geworden", sagte Meta gereizt, während sie ihre Uhr befragte. —

umspielte seine Lippen, als er seelenruhig erwiderte: „Ehe ich hinkomme, ist die Sitzung bald aus. Dann arbeite ich lieber

„Ja, wir haben es uns hier ganz gemütlich gemacht!" — Und die noch zu Hause."
Pantoffeln, die Pfeife und den Schlafrock mit einem lustigen Blicke Sie legte Hut und Mantel ab, streifte die Handschuhe herunter und
betrachtend, fügte er beissend hinzu: „Hermine wünschte es so. Sie schenkte sich eine Tasse Thee ein. Rohde, der vorher so Lustige, wurde
kennt nun mal meine Schwächen und hat Nachsicht mit denselben. plötzlich ernst und schweigsam. Das Gespräch fristete sich noch ein
Natürlich, unter so guten Freunden! Wenn es Dich übrigens geniert, Weilchen mühsam weiter; dann zog sich der Fabrikant mit einer Ent-
ziehe ich mich zurück. Vermutlich gehst Du aber gleich wieder in Deinen schuldigung, dass er die Luft mit seiner Pfeife nicht verpesten wolle und
Verein?" Meta wurde feuerrot; ihre Stimme zitterte leicht: noch etwas arbeiten möchte, in sein Zimmer zurück. Meta und Hermine

„Ja — ich gehe sofort wieder . . . ich will Euch nicht stören." machten es ihm bald nach.

„Oh, bitte — durchaus nicht!" fuhr Rohde in demselben spöttischen Meta kam jetzt öfter des Abends unerwartet heim, einen früheren.

Tone fort. — „Es wird uns ein besonderes Vergnügen sein, wenn Du Schluss der Versammlungen vorschützend, oder sie blieb ganz zu Hause.

uns einige Augenblicke die Ehre Deiner Gegenwart schenken willst. Auch des Mittags erschien sie jetzt regelmässig zu den Mahlzeiten.

Gegessen hast Du jedenfalls schon auswärts? Aber vielleicht eine Tasse Herminen, die ihrer Verwunderung darüber Ausdruck gab, erwiderte sie

Thee? — Bitte, liebe Hermine, eine Tasse Thee für meine Frau!" ziemlich schroff:

„Lass nur — ich danke! — Ich wollte eigentlich — ja, ich wollte „Ich kann mich doch nicht aufopfern für das Allgemeinwohl. Es ist

Hermine mitnehmen Sie war so lange nicht da." übrigens sehr nötig, dass ich zu Haus nach dem Rechten sehe."

„Mein Gott, ich habe doch erst neulich eine grössere Summe"... * ..... *

„Mit Geld allein ist's da nicht abgethan; man muss sich auch persönlich (Aus Metas Tagebuch.)

der Sache annehmen. Es ist heute eine sehr wichtige Sitzung; es wäre So sehr ich mich auch dagegen sträube, ich kann mich der Erkenntnis

angebracht, wenn Du mitkämest. Ich warte hier bis Du fertig bist." nicht mehr verschliessen, dass Hermine und Ernst miteinander kokettieren.

Hermine blickte unentschlossen auf. Ich kann einen fürchterlichen Verdacht nicht los werden. Dass es

„Ach Gott, weisst Du . . . allzu grosse Lust habe ich nicht. Ich mehr als blosse Gefallsucht von ihrer Seite ist, dass sie darnach strebt,

langweile mich immer recht gründlich dabei. Und zu sagen weiss ich sich an meine Stelle zu setzen.

auch nichts Rechtes , . , Ich höre doch bloss zu, wie die Anderen reden. Und was ihn betrifft, so habe ich vor wenigen Tagen eine Ent-
ich bin nun einmal fürs Haus geschaffen." deckung gemacht, d. h. ich habe in seinem Schreibtisch seine alten Papiere

„Ist auch nicht zu verachten , . . besonders für den Gatten", warf und Reliquien durchstöbert und dabei ein Gedicht gefunden: „An

Rohde spöttisch ein. Ein peinliches Schweigen entstand auf diese deut- Hermine" — ein Gedicht, so schwärmerisch und innig, wie ich es ihm,

liehe Anspielung. Meta lächelte jedoch nur stolz und verächtlich. „Du dem trockenen, nüchternen Geschäftsmann, nie zugetraut hätte,

kommst also nicht mit?" „Gerne nicht! Aber wenn Du darauf bestehst!" Mich hat er nie angedichtet. Wie muss er sie geliebt haben! Und

„Bestehen — nein!" — „Aber lass Dich durch uns nicht abhalten", ich denke mir, solch eine Jugendneigung stirbt nie ganz ab. [Schluss folgt.]

---0.0---

Mm Itesfanaßl ßci Hofe.

*** [Nachdruck verboten.]

illiam Pape, der bekannte und vortreffliche Schöpfer des herrlichen dem üblichen Vortritt, Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin, die sich —

Gemäldes, welches die historische Scene im Weissen Saale des König- nach allen Seiten die bereits versammelten Gäste huldvollst grüssend — zu

liehen Schlosses zu Berlin, anlässlich der fünfundzwanzigjährigen Jubelfeier der ihren Plätzen begeben und sich dann auf den Sesseln niederlassen. Findet das

Wiederaufrichtung des Deutschen Reiches, wiedergiebt, führt uns in seinem Festmahl im Weissen Saale des Königlichen Schlosses zu Berlin statt, so haben

vorliegenden Bilde eine jener Hoffestlichkeiten vor Augen, bei'welchen stets ein die Majestäten ihre Plätze stets vor dem in der Mitte der Fensterseite desselben

besonderer Glanz entfaltet wird, und zu denen geladen zu werden immer als aufgerichteten Thronbaldachin. Das Platznehmen des Kaiserpaares ist zugleich

eine besondere Auszeichnung zu betrachten ist. Dass das vorliegende Bild das Zeichen zum Beginn des Festmahles. Die servierenden Lakaien sind in

ein ganz besonders glänzendes Fest veranschaulicht, kann man aus der That- Gala gekleidet und jeder hat eine bestimmte Anzahl von Gästen zu bedienen,

sache schliessen, dass zu demselben neben dem Kaiserlichen Paare auch die während Ihre Majestäten nur durch die Leiblakaien und Seine Majestät der

Kaiserin Friedrich, der Prinz Albrecht und der Reichskanzler Fürst zu Hohen- Kaiser fast ausnahmslos durch die in ihrer geschmackvollen und blendenden

lohe erschienen sind. Galauniform erscheinenden Leibjäger und Büchsenspanner bedient werden.

Der Künstler hat in seinem „Festmahl bei Hofe" den Augenblick fest- Das Servieren eines „Festmahls bei Hofe" geschieht im allgemeinen sehr
gehalten, in welchem der Kaiserliche Gastgeber Sich zu einem Trinkspruch rasch und die Unterhaltung während desselben ist immer eine äusserst rege,
erhebt, dem selbstverständlich alle Festteilnehmer andächtig lauschen. Kaum ein Seine Majestät der Kaiser liebt es im Laufe der Tafel manchem hervorragenden
anderer Maler dürfte in der Lage sein, mit gleicher Naturwahrheit derartige Scenen Gaste derselben zuzutrinken; der auf diese Weise Ausgezeichnete erhebt sich
aus dem Hofleben zu fixieren, wie William Pape, der das besondere Vertrauen dann, leert sein Glas und nimmt, nachdem er sich vor dem Kaiserlichen Gast-
Seiner Majestät des Kaisers geniesst und daher auch vom Ober-Hofmarschall- geber verneigt hat, wieder Platz.

Amt stets die Erlaubnis erhält, den hervorragenden Festlichkeiten beizuwohnen. Hält Seine Majestät eine Tischrede, so geschieht dies gewöhnlich nach dem
Was einem „Festmahl bei Flofe" stets einen ganz besonderen Reiz verleiht, Braten, dem dritten oder vierten Gange. Die Gespräche, die bis dahin ganz
ist vor allem die glänzende Ausstattung der Tafel, die in den meisten Fällen zwanglos und ziemlich laut geführt wurden, verstummen wie mit einem Zauber-
haken- oder hufeisenförmig gedeckt wird und auf welcher die kostbarsten, mit schlage sobald Seine Majestät sich erhoben hat, und das „Hurrah!" oder „Hoch!",
köstlich duftenden Blumen aus den Hofgärtnereien zu Potsdam gefüllten Tafel- welches der Kaiser am Schlüsse seines Trinkspruches erschallen lässt, findet
aufsätze und die wertvollen Services des Königlichen Hofschatzes prangen. seitens der Gäste Allerhöchstdesselben stets begeisterten Widerhall.

Bei allen grösseren Hoffestmahlen haben Ihre Majestäten der Kaiser und Die Tafelmusik liefert immer ein Musik- oder Trompeterkorps der in Berlin
die Kaiserin stets die Mittelplätze der sogenannten Kopftafel inne. Die übrigen oder Potsdam garnisonierenden Gardetruppen. Ueber die zur Ausführung zu
Plätze sind immer genau nach der Rangordnung verteilt, so dass zunächst die gelangenden Mu.sikpiecen trifft des Kaisers Majestät in den meisten Fällen Aller-
Fürstlichkeitcn und diesen wieder die anderen Geladenen, je nach der Stellung, höchstselbst Bestimmung. Nach Beendigung des „Festmahles bei Hofe" wird
die sie einnehmen, folgen. Letztere versammeln sich zu einem „Festmahl bei der Kaffee in den an den Speisesaal anschliessenden Räumlichkeiten ein-
Hofe" bereits vorher in dem betreffenden Saale und erwarten den Eintritt des genommen, in denen Ihre Majestäten dann Cercle halten. Erst wenn der König-
Hofes, welcher auf eine Seiner Majestät dem Kaiser vom Ober-Hof- und Haus- liehe Hof sich zurückgezogen hat, erreicht die Festlichkeit ihr Ende und die
marschall, Grafen August zu Eulenburg, erstattete Meldung erfolgt und den Gäste der Majestäten nehmen die Abfahrt in der vom Ober-Ceremonienmeister
Gästen der Majestäten durch ein dreimaliges Aufklopfen mit dem Marschallstabe getroffenen speciellen Anordnung, die auch für die Auffahrt, welche stets ein
verkündet wird. Der Hof erscheint im Zuge, an der Spitze desselben, unter glänzendes Schauspiel für das Publikum bildet, von derselben Seite erlassen wird.
 
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