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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 14.1900

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10. Heft
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Misch, Robert: Der Adelsmensch, [8]: Roman
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Römer, Alwin: Hildegards Krankheit: eine heitere Sylvestergeschichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.22226#0250

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,5g MODERNE KUNST.

„Ich glaube nicht, dass das viel helfen wird," erwiderte der Fabrik- Dir ja noch immer sagen. Ich wusste ja, dass ich's Euch bald werde

besitzer achselzuckend. — „Solche Frauen wie Meta bekehrt man nicht wiedergeben können. Aber dass Meta einen solchen Streich machen

durch Worte; die ändert nur die Zeit und das Leben." würde —"---„Ich absolviere Dich feierlich von jeder Schuld."

„Hm ... so ... na ja .. . wie Du willst! — Aber sie hat sonst „Aber nicht von meinen Schulden."

immer auf mich gehört . . . und weil ich doch eigentlich Schuld daran „Was die an mich betrifft, so mach Dir darum keine Kopfschmerzen!

bin . . . mit der Wechselsache." Kannst Du sie zahlen — gut! Kannst Du sie nicht zahlen — auch gut!"

„Ach, das war nur der äussere Anlass. Meta hatte zuviel von mir „Was denkst Du denn von mir? Ich werde Dir doch nichts schuldig

erwartet. Wie oft fällt mir jetzt Deine Frage von damals ein: „Sind bleiben. — Wenn's sein muss, kann ich sofort —"

Sie ein Adelsmensch?" — Jede Ehe bringt wohl für beide Teile nach Etwas gekränkt, dass ihn der Schwager für gar so insolvent hielt,

einiger Zeit eine kleine Enttäuschung mit sich. Die Ehekrise! Meta wird riss er die Brieftasche heraus und präsentierte einige Tausendmarkscheine,

wohl länger dazu brauchen. Aber schliesslich hoffe ich doch , , ," „Mir scheint, Du hast noch mehrere „letzte" Streiche begangen?"

Eine kleine Pause trat ein, in der Beide über das Gehörte nach- „Ach, Du meinst — im jeu? Irrtum! Ehrlich gepumptes Geld!"

dachten. Dann rief der Assessor, als wenn er einen langen Gedanken- „Dein Kredit hat sich also wieder gehoben?" lachte der Schwager,

gang fortspänne: „Na natürlich — je näher die Hochzeit rückt!" . . ,

„Na ja — hoffen wir! — Uebrigens, ich muss mich doch noch recht- „Das hat ja aber Zeit . . , Ich habe die Lappalie Gottlob nicht nötig

fertigen oder wenigstens entschuldigen. Es war ja ein — ein dummer — wenn man auch freilich Geld immer brauchen kann."

Streich, aber es war mein letzter. Na, einmal muss man doch einen „Na weisst Du — für Dich war's eigentlich nicht bestimmt. — Das

letzten dummen Streich machen." kommt vom Protzen."

Der Fabrikbesitzer lachte: „Etwas spät, lieber Albert!" „Ach so?! Der letzte Streich soll erst noch'kommen? — Du willst

„Die Dummheit lag ja mehr darin, dass ich mich nicht gleich an Dich es hier in Berlin verjubeln?" — „Ich will es verschenken."

gewendet habe. Aber ich wollte Dich nicht belästigen und dachte, ma „Wa—as?" — „Oder besser gesagt: mir meine Freiheit damit erkaufen."

sceur wird doch einige Ersparnisse haben — schlimmstenfalls kann sie's „Kannit verstahn." [Fortsetzung folgt.]

ildecjafds <3p,Fankheit.

Eine heitere Sylvestergeschichte von Alwin Römer.

[Nachdruck verboten.]

n.....

"Seine Kopfschmerzen vertreibt der Sylvesterpunsch! Komm nur mit, um sich den Mysterien der Punschmischung zu widmen. — Stadtrat Schramm

Hildegard!" mahnte etwas ungeduldig der Fabrikant Lohberg seine machte ein höchst unzufriedenes Gesicht, als Lohbergs ohne Hildegard kamen.

Aelteste, die mit schmerzüberschattetem Antlitz in der Sophaecke sass. Pastor Tegtmeyer war sein Neffe, für dessen Beweibung er zu sorgen

„Stadtrat Schramm hat Dich doch speciell eingeladen . ." beschlossen hatte. Und da Hildegard Lohberg nicht nur hübsch und häus-

„Des Pastor Tegtmeyers wegen! Ich weiss es wohl!" ergänzte Gusti, das lieh war, sondern auch eine tüchtige Mitgift erhielt, so war seine Wahl als

fünfzehnjährige enfant terrible der Familie dreist. — „Halt Dein unnützes . , ." Frau Pastorin auf sie gefallen und er hatte geplant, die Verlobung in der

„Aber Eduard!" fiel ihm seine Gattin Pauline strafend ins Wort. feierlichen Mitternachtsstunde kundzuthun. Mit dem Vater war er schnell einig

„Sprechorgan!" endete Papa Lohberg seufzend seinen Satz. Er sprach so geworden, da dessen Ehrgeiz, gleich ihm Stadtrat zu werden, durch diese Ver-

gern „deutsch" und kam ausserhalb der Fabrik so selten dazu. „Also willst Du bindung dem heissersehnten Ziele bedeutend näher rückte. An Anspielungen

wirklich nicht, Hilde?" fragte er noch einmal. dem Mädchen gegenüber hatte er es ebensowenig fehlen lassen, wie der Pastor

„Aber so lass sie doch, wenn ihr nun einmal nicht wohl ist! Dergleichen an zarten Aufmerksamkeiten. Ein Fehlschlagen ihres Planes wäre also gar nicht

dauert seine Zeit! Und wenns dem Herrn Pastor so darum zu thun ist, so denkbar gewesen, wenn nicht diese dumme Krankheit dazwischen gekommen wäre,

wird er schon eine andere Gelegenheit finden! . . ." erklärte die Mutter. „Vielleicht bessert sich's noch und sie kommt später! Ich könnte ihr ja

„Ich habe es aber dem Stadtrat versprochen, dass Hildegard mitkommt!" einen Wagen schicken!" erkundigte sich der Stadtrat.

„Auch wenn sie krank ist? Ich glaube, Du Barbar bekämst es fertig, das Papa Lohberg zuckte die Achseln,

arme Wurm trotz aller Schmerzen zu zwingen! Schäme Dich, Eduard!" ent- „Fragen Sie sie doch einmal per Telephon!" sagte er. „Ich habe uns für

rüstete sich die Gattin. „Schick lieber zum Arzt!" die Nacht verbinden lassen!"

„Aber das ist wirklich nicht nötig, Mutter!" erklärte Hildegard. „Sehr richtig! . . . Ich werde also nachher mal sehn! . . . Jetzt, bitte, lassen

„Nun, so lass wenigstens telephonische Verbindung zwischen Schramms Sie sich die paar jungen Herren vorstellen, die mein Junge sich eingeladen hat,

und uns für die Nacht herstellen, damit man mal nachfragen kann! Gusti, Du damit wir Alten nicht einschlafen . . . Hier, Herr Assessor Rebenhold . . . und

bleibst auf, auch wenn sich Hildegard hinlegen sollte! Draussen steht Punsch- hier, Herr Doktor Volkmann! . . Herr und Frau Fabrikant Lohberg!"

essenz. Darfst Dir ein Glas zurecht machen! Aber nicht zu früh! Und nicht „Ihr Fräulein Tochter ist leidend?" fragte Pastor Tegtmeyer bedauernd,

zu stark, dass Du nicht schwach im Kopfe wirst!" „O, wie mich das betrübt!"

„Respektive molum!" erläuterte Papa Lohberg, was ihm jedoch einen ziem- „Wirklich schade!" meinte der Sohn vom Hause, ein flotter Kerl, dem die

lieh strengen Blick seiner Pauline eintrug. Er machte sich daher schnell daran, häusliche Sylvesterfeier so schon nicht gerade verlockend geschienen hatte,

die gewünschte Telephonbrücke für die Nacht zu bestellen. Nun fehlte auch noch die schöne Hildegard! Es war zum Auswachsen! Und

Als das besorgt war, verliess er mit der Gattin das Haus. angelegentlich tuschelte er darauf mit seinem Spezialfreund, dem Assessor, während

„Pastor Tegtmeyer wird ein höllisch langes Gesicht machen, wenn Du nicht Doktor Volkmann sich etwas befangen bei Papa Lohberg erkundigte, ob das

mitkommst!" meinte Gusti, verschmitzt zu ihrer Schwester hinüberblinzelnd. „Na, Leiden des Fräuleins ernsthafter Natur sei. — „Weiberlaunen!" murrte der Alte,

verdenken kann ich Dirs nicht; reichlich langweilig ist er. Da giebt's doch „Sagen Sie das nicht!" mischte sich der Hausherr ein. „Hildegard hat mir

wirklich andere Männer! . . ." nie den Eindruck gemacht. Ich werde übrigens jetzt mal anfragen; vielleicht

„Sei so gut und behalt Deine Weisheit für Dich!" sagte möglichst gleich- kommt sie doch noch!"---

mütig Fräulein Hildegard, deren schmerzverzerte Züge sich seit dem Abschied Gusti hatte just ihr Punschgebräu, das übrigens quantitativ wie qualitativ

der Eltern merklich aufgehellt hatten. durchaus nicht den mütterlichen Vorschriften entsprach, ins Zimmer gebracht,

„Ja doch, ja doch, Fräulein Tugendsam! Aber wenn dieser semmelblonde als die Telephonklingel ertönte. Hastig sprang sie an den Apparat.

Pastor nicht Deine halbe Krankheit war, so will ich eine alte Jungfer werden „Der Stadtrat lässt fragen, wie Du Dich jetzt befindest!" sagte sie leise zur

und Möpse nudeln, bis sie wie Dudelsäcke aussehn!" — „Ich verbiete Dir . . ." Schwester. „Nicht wahr, es geht Dir besser?" „Durchaus nicht!"

„Natürlich! die Wahrheit will keiner hören! Ich schweige ja auch schon, „Er will Dir aber einen Wagen schicken!"

trotzdem ich es durchaus nicht nett finde, dass Du gegen Deine beinah gleich- „Ich gehe zu Bett! Also auf keinen Fall!"

altrige Schwester so hochfahrend bist! Könntest wirklich ein bischen liebens- „Bon, mein Fräulein! Wenns auch nicht wahr ist!"

würdiger sein! Wer weiss, ob ich die andere Hälfte Deiner Krankheit nicht „Sie kann wirklich nicht kommen!" erklärte Stadtrat Schramm darauf seinen

auch kenne!" Gästen. „Aber das soll uns dann schliesslich doch nicht in unserer Gemütlich-

„Nun lass mich aber endlich in Ruhe!" sagte Hildegard und verbarg das keit stören. Trinken wir das erste Glas auf ihre Gesundheit! Fräulein Hildegard

merkwürdig rotgewordene Antlitz im Taschentuch, wohl weil sie von einem er- Lohberg hoch!"

neuten Anfall ihrer Schmerzen gepeinigt werden mochte. Gusti aber ging hinaus, „Hoch, hoch und nochmals hoch!" stimmte die kleine Gesellschaft ein.
 
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