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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 14.1900

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7. Heft
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Holzbock, Alfred: Weihnachten am Theater
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Unsere Bilder, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22226#0161

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u4 M ODERNE K UN ST.

„Stille Nacht, heilige Nacht" mit Klavierbegleitung wird gesungen. Herr- Frau mit markierten, verschmitzten Zügen ist am gerührtesten, sie ist von
liehe Stimmen und so ganz musikalisch! Wirklich ein künstlerischer Genuss. dem Star in reichster Weise beschenkt worden, und sie weiss für die Gross-
Und doch wie ganz anders drang bei jenem Schmierenkomödianten der weihe- mut dieser grössten aller Künstlerinnen nicht genug Worte überschwenglichsten
volle Sang aus dem Herzen ins Herz, wie ungekünstelt und doch wie erschütternd Dankes zu finden. Innerlieh grollt und hadert sie, innerlich möchte sie vor
Und hier diese kostbaren Geschenke, und dort diese armseligen Gaben. Strömte Neid und Wut bersten, auch sie, die jetzt Garderobenfrau sein und die Unter-
das Gefühl selbstloser Liebe mehr aus den kostbaren Geschenken oder aus den würfige spielen muss, war einst jung und schön, und durch ihre junge Schön-
armseligen Gaben?! — heit ein „Star" wie — diese da. Die Jugend ging dahin, die Schönheit schwand,
Allein auch beim Herrn Kammersänger waren am Weihnachtsabend alle sie ist ohne Talent und Begeisterung zu besitzen, am Theater alt, ein lästiges,
schliesslich sehr zufrieden und sehr glücklich. bemitleidenswertes Nichts geworden.

Da geht es bei den Familienfeiern der Komödianten und Komödiantinnen, In einer bescheidenen Stube sitzt ein junges Mädchen. Man merkt es ihren
die an einem sicheren Provinztheater ihr auskömmliches Engagement haben, feinen, verhärmten Zügen an, dass sie etwas Besseres ist. Sie hat Vater, Mutter,
doch ungenierter zu. Die Kneipe wird auch heute der Häuslichkeit vorgezogen, Geschwister verlassen, um ihr Ideal erfüllen, um zum Theater gehen zu können,
denn für dieses Theatervölkchen ist der erste Weihnachtsabend ein freier fröh- Als Tochter anständiger Leute hatte sie es zu Hause so gut, jedoch es trieb sie'
licher Abend, dessen Charakter eigentlich nur durch den Weihnachtsbaum ange- auf die Bretter. Wenige Monate ist sie erst dabei, und schon hat sie Ent-
deutet wird. Und selbst der Baum deckt sich in seiner Ausschmückung durch- täuschung auf Enttäuschung erlebt, ist von ihren Illusionen nichts mehr übrig
aus nicht mit dem, was eine Weihnachts- geblieben. Die wundervollen Phantasiebilder,

Stimmung erzeugen kann, allerlei Ulksachen __—^.^.^ _ ... . , .. ......, die Träume von Ruhm und Kunst sind durch

und nicht immer reinliche Scherzgegenständc die Wirklichkeit, die am Theater so entsetz-
hängen neben den bunten Marzipanherzen und fof tP' ^-*^S^3H^S88BBSBaSry^ ^jl^ w** l" ^ lieh rauh und hässlich sein kann, zerstört

den vergoldeten Aepfeln und Nüssen. Es ist WBI^^^^^^BKKSUtK^tB^k ' -V»4/ J worden. Sie ist einsam, sie will auch niemanden

die Weihnachtsfeier der lustigen Heimatslosen, «JpSjf, •"^ÄSf sehen, gerade am heutigen Abend nicht, andern

die ihr Beruf in jeder StifMin ntnirrswi. er • .4»' ' ' 1 , * **. , sie das, was sie durch ein selbstgeschaffenes,

fuhrt, d»' -trh niel i :;;eieli ihren e,r>>-<, ' -"' ' , . "f. ' "*S~'*j trügerisches Phantom verloren hat, in dumpfem

Kollegen einen ständigen Wirkungskreis erobern «iM'jljSjjflHB H^^KStePl Schmerze empfindet.

konnten. In der Künstler-Stammkneipe wird ytl ' ' :H^Hbk1>W Vor einem Jahre! Licht und Freude,

das Fest gefeiert, der Win >cliin<>i~si (ane «<flP? fch '" /e.4 :HJHjLf -*sj>. Liebe und Zufriedenheit, Eltern und Geschwister,

Bowle, lustige Lieder werden gesungen, ein fSSBP*" <HEL iSw* Jj^^^HW^a ein fröhliches, sorgenloses Heim, ein Glück,

Abend ohne Stimmung und Weihe. Es ist, .'Hfedi F v TWmf wie es nur die, zu denen man gehört, schaffen

als ob man zur unrechten Zeit Sylvester feierte. >'•.--► Ä ' *" KMuS können. Damals im trauten Kreise der Familie,

heute in der Fremde, enttäuscht, verkannt. Da

In ihrem prächtigen Salon hat der „Star" |l 'iH ^\ % IL "^^jlB^Wfl, t| lösen und erleichtern Thränen die Dumpfheit

des Theaters die Freunde und Verehrer ver- - k^f^H| ihr.-- Sclniinv-. Ja, iieute hat sie erkannt, wo

sammelt. *w^w^Hj w|B Jl^H^^B Jrm ihr Platz ist, wo sie ihr Glück wieder suchen

Der Glanz der Kerzen am Weihnachts- l+BSiHBr '* Wm mmf1' uns- mui auch linden wird /u llan-.e, m

bäum wird durch den Glanz der Juwelen ein - rHHHPKH^HHHHj 'jMflHw H^m 5B der Familie, bei den geliebten Eltern und

dunkelt, die in zärtlicher Aufmerksamkeit von \rjflRa*V*^B RhBjL z wjjflMr. f ^ hb "' » Geschwistern, dir' sie mein vergessen haben,

-eichen, ilie 11 ic i 11 a 11 >1 wc ■ n I eu, verehrt wurden. .■, ,■ ';] «Iii ihrer gerade am heutigen Abend gewiss

Sie lächelt huldvoll, sie hat für jeden einen 1 ■ • '., m verzeihender Liehe und Sehnsucht grdrnken.

gnädigen, viehaudieisseiiden 1 ländedniek, di.....an - Wrß yi ' * Sic hat den rechten Weg gefunden, und nie

Bedeutung jeder auf sich bezieht. Eine ältliche "'HB»' ^HtjX^^Tm^^^ <iw* ^ . ^^Jjjsy mehr feiert sie „Weihnachten am Theater."

Ht)sepe /'HL-■ • -^yJrmm Ä''d«

^ T ■ ■ *
...

^din Gebirge, in der Ebene, im Walde und " HB' 'kß * LgJ Fluren und auch in das Gemüt des Mädchens ist
xf) im Felde, in der Umgebung menschlicher ■ J^HBHHHi *Sf>n\i üftYi MMt* jene beseligende Ruhe eingezogen, die die rechte
Behausung, in der Stille des Friedhofes, in 3k<üiS?ä5fili<»^ Stimmmung bildet für ein stilles Deingedenken.
Wiesen und Moorflächen, an Seeen und Bach-
strömen, überall ist Reineke zu Hause, überall <^fie „heilige Katharina", die so oft in
findet er sein Feld bestellt, überall den Tisch Sch.P3.lH f'cl bildenden Kunst dargestellt wurde, haf
gedeckt. In E. Ottos trefflichem Bilde „Fest- den Herpen den mächtigen König" der Ehren." K' Schleibner etwas abweichend von der
braten in Aussicht" sehen wir den Erz- . gewöhnlichen Form zur künstlerischen Veran-
gauner auf der Pirsche an ein Schoof Wild- ^lls ein Meisterwerk der Plati noty pie. von dessen schaulichung gebracht. Er hat ihr die Märtyrer-
enten, welches in der Luhme des Schilfwassers ganz hervorragender Schönheit auch der Maler desselben palme in die Hand gegeben, während sie sonst
sich ahnungslos herumtummelt, während der hoch entzückt war, zugleich als vorzüglicher Wandschmuck oft neben dem Rade, durch welches sie hin-

r--ii.;-s ,,t.,, , , ■ und herrliches Festgeschenk muss die Reproduktion des . . , „. , r.

ausgeteimteste aller W ilderer bereits unhemi- & ^ gerichtet werden sollte, gemalt wurde. Fin

,. , .' .... • , , weihevollen Bildes von A. Schräm empfohlen werden, ., , . . , ... . T . ,, .

hch nahe herangeschlichen, um mit kühnem, , , . , ,, , Abglanz holder Keuschheit, reiner Innerlichkeit

1 ' dessen Schönheit an dem vorstehenden Abzug erkannt wer- n

selten fehlenden Sprunge seine Beute zu den kann Dasselbe ist in Imperial (Kartongrösse 70 : 8S cm) Yle^ auf lhren Zü§en und macht das Blld zu
erhaschen. Es ist kalt, der Schnee hegt fuss- auch als Photographie für verhältnismässig billigen Preis e,nem stimmungsvollen Kunstwerke,
hoch, die nahen Dorfglocken läuten die geweihte VOn Rieh. Bongs Kunstverlag in Berlin W., zu beziehen. a * *

Nacht ein, die ganze Christenwelt bereitet sich 4^onrad Kiesels grosse Meisterschaft im

in weihevoller Stimmung zum Kirchgang vor, nur Reineke der grosse Sünder Malen schöner, ausdrucksvoller Frauenköpfe ist bekannt; die Zahl seiner voll-
ist anderen Sinnes, ihm läuft das Wasser bereits im Fange zusammen, leise endeten Kunstwerke ist eine sehr grosse. Von besonderem Reize ist sein neues
schlägt die buschige Lunte den Schnee und schon macht er Miene zum Bild „Apfelblüte". Mit höchstem Gelingen sind die zarten Farben, der süsse
Sprunge, mit welchem er sich seines saftigen Weihnachtsbratens versichert. W. A. Reiz der Apfelblüte auf die schmiegsame Gestalt eines holden Mädchens über-

* :|: * tragen. All der Duft, der rosigen Apfelblüten entströmt, der holde, reine
1. v. Courten. „Ein Traum". Dämmernd senkt sich der Abend auf Menschenknospen umsehwebt, weht aus dem Kunstwerke entgegen, das uns

die Flur. Der Hirt hat die Heimkehr vergessen; leise schleicht sich ein Traum in anmutet wie ein schönes formvollendetes Gedicht,
seine Seele und zaubert ihm das Bild der schönen milden Himmelskönigin vor, die * ,6 *

sich zu ihm neigt und gütig mit ihm spricht, mit ihm, dem armen Schafjungen. <p. Sturtevant. Auf schneeiger Höhe. Hoch über dem Qualm der
Der wallende Schleier der Königin verliert sich im Abendnebel,, der sich über die Städte über eine weite im flimmernden Glänze des Schnees liegende Land-
Wiese legt, während fern am Horizonte die Türme der heiligen Stadt aufsteigen. Schaft blicken zu können, welch ein Genuss! Während dies früher fast nur

* :i: dem Manne, dem kräftigen Bergsteiger beschieden war, kann auch jetzt die Frau,
Gussows Bild „Abendfrieden" giebt einer poetischen Stimmung einen sofern sie dem modernen Sporte huldigt, dieses Vergnügens teilhaftig werden.

höchst künstlerischen Ausdruck. Es ist Feierabend geworden, draussen bei den Für Schneeschuhläufer giebt es keine verschneiten Wege, kein Versinken in

Arbeitern auf dein Felde; ein stiller Hauch des Friedens senkt sich über Wald und weiche Schneemassen mehr; auf glatten Schneeschuhen .gleiten sie über weite

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