MODERNE KUNST.
nicht wie andere Kollegen irgend einem Studiengang einzufügen. Er mietet sein Nachdem die „Schlangenbändiger" in der Menagerie Meyerheim bereits die
eigenes Atelier und wandert bei den Berühmtheiten ein und aus. In souveränem Medaille des Salons in Paris eingetragen hatte, erklomm er auch schnell in der
Individualismus malt er seine Blau- und Weissbilder, malt Gouache, als kaum Vaterstadt die Staffel höchsten Ruhmes. Mit eminentem Können strebte sein
ein anderer Gouache kannte. Er kann sich der Modemanier nicht anschliessen, Pinsel Menschen, Tiere, Naturstücke wiederzugeben. Ist bei so reichhaltigem
die Natur nur in saucigen Farben wiederzugeben, aber das geistreiche Sonnen- Schaffen auch manches Virtuosenstück zu zählen, so vermochte der grosse
kolorit Decamps und Daubignys lichtes Frühlingsgrün entzücken ihn. In den Künstler doch niemals Verfehltes zu geben. Seine glückliche Hand für Dekoratives,
herrlichen Wäldern Fontainbleaus verbringt er köstliche Arbeitstunden mit den seine realistische Verve und die quellende Fülle seiner geistreichen und poetischen
Barbizonisten. Frühmorgens zieht er mit ihnen und einem gemeinsamen Esel, Einfälle verschafften ihm zahlreiche Aufträge. Bleibende Denkmäler hat er sich
der das Frühstück aller und ein Waldhorn trägt, an die Arbeit hinaus. Er mit dem Freskeneyklus „Die Geschichte des Eisens" in der Loggia des Borsig-
kopiert unter einem gemeinschaftlich geteilten Regenschirm fleissig mit Daubigny. sehen Hauses, wie mit den poesiereichen Wandgemälden aus den „Jahreszeiten"
Dem Schelmenblick des jungen Deutschen entgeht keine Eigentümlichkeit seiner für die Berliner Nationalgalerie geschaffen. Ein Meisterstück ist auch der humor-
französischen Kollegen. Mit demTalent, jedem künstlerischen Einfall humoristischen volle Plafond in der Villa der Frau vom Rath in Berlin, der „Morgendämmerung
Ausdruck zu verleihen, retouchiert er zum Beispiel eine Sammlung abgenutzter nach einer Kneiperei der Olympischen Götter" darstellt.
Buchdeckel, die, sorgfältig gerahmt, Rousseaus impressionistische Landschaften Mit feinem Verständnis weiss er auch treffende Abbilder der Persönlich-
charakterisieren sollten. Der Lacherfolg bei den Pariser Meistern war stark, keiten zu geben. Er studiert die Seelen nicht mit dem psychologischen Scharf-
und die Deckel hatten reissenden Absatz. Heute noch sind einige Zeugen dieser blick Lenbachs und Watts, er malt sie nicht mit der coup d'oeil Brillanz
parodistischen Laune an seiner Atelierwand verewigt. Eine besondere Be- Herkomers und Boldinis. Meyerheim gehört zu den exakten Arbeitern im Stile
handlung verdienen dereinst die Meyerheimschen Tischkarten Und Glückwunsch- Holbeins. Das Milieu ist ihm wesentlich, ist ihm ein Teil des inneren Menschen.
Paul Meyerheim mit seinen Schülern auf dem Hofe der Berliner Kunstakademie.
adressen, auf denen eine sprudelnde Fülle geistreicher Improvisationen un- So hat er seinen Vater, so den Kupferstecher Chodowiecki innerhalb ihrer Werk-
erschöpflich quillt. Wir bringen die für ein Festessen Anton Werners bestimmte Stätten in glänzender Charakteristik festgehalten. So zeigt er auf unserem Bild
zum Abdruck. Hier lenkt der Akademiepräsident das Gespann der Künste. Auf „Im Hochgebirge" einen eleganten Backfisch aus Berliner Kreisen sich ländlich
einem Wagen daneben säugt Mutter Naturä die Eleven, während der Künstler- sittlich mit einer jungen Kuh im Engadin vergnügen. Hier wie auf mancher
verein auf einem Gefährt Scherze um eine Weintonne treibt. Die Sonne Veritas ähnlichen, gleich reizvollen Schöpfung greift der Porträtist durchaus in das
überstrahlt das lustige Treiben, dem sich auch tanzende Gruppen antiker Krieger Gebiet des Genrebildes hinüber.
und preussischer Soldaten gesellen. Wenn sich an dem Maass heiterer Erlebnisse Eine der wesentlichsten Eigenschaften grosser Künstlernaturen, die Phantasie,
das Charakterbild eines Menschen feststellen lässt, gehört Paul Meyerheim zu ist dem Realisten Meyerheim in unversieglicher Fülle beschieden. Oft genug
den auserlesenen Spassvögeln. Er erzählt aus dem Reminiscenzenschatz seiner ergötzt sein Pinsel mit Gebilden aus der Märchen- und Sagenwelt. Nicht lockt
Pariser Zeit mit besonderem Vergnügen einen Vorfall, dessen Opfer sein väter- es ihn in das Reich der Nacht, wo unheimliche Spukgeister hausen, er weilt wo
licher Freund Adolf Menzel wurde. Dem Porträtisten Riccard, dessen Werk Frohsinn herrscht und sinnige Grazie. Den „Sommernachtstraum" zaubert uns
Meyerheim uneingeschränkt bewundert, war es endlich gelungen, sein Idol sein Pinsel herauf mit allem Elfenwirren und Schelmentreiben. „Iris", die
Menzel zu einer Sitzung zu bestimmen. In einem ä la Lenbach dekorierten, schimmernde Nymphe, lässt er in hüllenden Schleiern aus dem Farbenspiel der
stockfinsteren Räume sass das Modell hinter einem Velum, von welchem durch Schwertlilien emporschweben. Er will uns nicht erheben und belehren, er will
ein gelbgeöltes Loch Licht fiel. Eine gleiche gelbe Oeffnung erhellte den Stand- uns immer nur erfreuen.
ort des malenden Künstlers, so dass von vornherein eine venetianische Gelb- Wie hat es Meyerheim verstanden, schon seinem Künstlerheim in der
tönung für das Bild geschaffen war. Meyerheim wie Menzel waren über diese Hildebrandtstrasse den Stempel des Persönlichen aufzuprägen! Jeder Freund
mysteriösen Vorkehrungen höchlichst verwundert, und während der Jüngere des Schönen fühlt sich vor der Villa des berühmten Tiermalers mit besonderem
sich über die Sitzung in ägyptischer Finsternis vor Lachen ausschüttete, führte Wohlgefallen gefesselt. Die anmutige Fassade mit dem grotesken Vierfüssler-
der ernste Menzel gewissenhaft seine Modellrolle durch. In Berlin begehrte Dachfries zeugt bereits von der Originalität des Erbauers. Eleganz und frohe '
Meyerheim dann höchlich gespannt das Resultat der eigenartigen Porträtart zu Laune haben hier bis in jede Kleinigkeit zur Vollendung eines architektonischen
sehen, doch Menzel versichert bis heute: „Riccard ist sehr charmant, aber das Kleinods zusammengewirkt. Der trauliche südtiroler Charakter des kleinen
Gemälde liegt noch in der Kiste verpackt." Hauses spricht aus der blattumsponnenen Thürlaube, mit ihrem luftigen Veranda-
nicht wie andere Kollegen irgend einem Studiengang einzufügen. Er mietet sein Nachdem die „Schlangenbändiger" in der Menagerie Meyerheim bereits die
eigenes Atelier und wandert bei den Berühmtheiten ein und aus. In souveränem Medaille des Salons in Paris eingetragen hatte, erklomm er auch schnell in der
Individualismus malt er seine Blau- und Weissbilder, malt Gouache, als kaum Vaterstadt die Staffel höchsten Ruhmes. Mit eminentem Können strebte sein
ein anderer Gouache kannte. Er kann sich der Modemanier nicht anschliessen, Pinsel Menschen, Tiere, Naturstücke wiederzugeben. Ist bei so reichhaltigem
die Natur nur in saucigen Farben wiederzugeben, aber das geistreiche Sonnen- Schaffen auch manches Virtuosenstück zu zählen, so vermochte der grosse
kolorit Decamps und Daubignys lichtes Frühlingsgrün entzücken ihn. In den Künstler doch niemals Verfehltes zu geben. Seine glückliche Hand für Dekoratives,
herrlichen Wäldern Fontainbleaus verbringt er köstliche Arbeitstunden mit den seine realistische Verve und die quellende Fülle seiner geistreichen und poetischen
Barbizonisten. Frühmorgens zieht er mit ihnen und einem gemeinsamen Esel, Einfälle verschafften ihm zahlreiche Aufträge. Bleibende Denkmäler hat er sich
der das Frühstück aller und ein Waldhorn trägt, an die Arbeit hinaus. Er mit dem Freskeneyklus „Die Geschichte des Eisens" in der Loggia des Borsig-
kopiert unter einem gemeinschaftlich geteilten Regenschirm fleissig mit Daubigny. sehen Hauses, wie mit den poesiereichen Wandgemälden aus den „Jahreszeiten"
Dem Schelmenblick des jungen Deutschen entgeht keine Eigentümlichkeit seiner für die Berliner Nationalgalerie geschaffen. Ein Meisterstück ist auch der humor-
französischen Kollegen. Mit demTalent, jedem künstlerischen Einfall humoristischen volle Plafond in der Villa der Frau vom Rath in Berlin, der „Morgendämmerung
Ausdruck zu verleihen, retouchiert er zum Beispiel eine Sammlung abgenutzter nach einer Kneiperei der Olympischen Götter" darstellt.
Buchdeckel, die, sorgfältig gerahmt, Rousseaus impressionistische Landschaften Mit feinem Verständnis weiss er auch treffende Abbilder der Persönlich-
charakterisieren sollten. Der Lacherfolg bei den Pariser Meistern war stark, keiten zu geben. Er studiert die Seelen nicht mit dem psychologischen Scharf-
und die Deckel hatten reissenden Absatz. Heute noch sind einige Zeugen dieser blick Lenbachs und Watts, er malt sie nicht mit der coup d'oeil Brillanz
parodistischen Laune an seiner Atelierwand verewigt. Eine besondere Be- Herkomers und Boldinis. Meyerheim gehört zu den exakten Arbeitern im Stile
handlung verdienen dereinst die Meyerheimschen Tischkarten Und Glückwunsch- Holbeins. Das Milieu ist ihm wesentlich, ist ihm ein Teil des inneren Menschen.
Paul Meyerheim mit seinen Schülern auf dem Hofe der Berliner Kunstakademie.
adressen, auf denen eine sprudelnde Fülle geistreicher Improvisationen un- So hat er seinen Vater, so den Kupferstecher Chodowiecki innerhalb ihrer Werk-
erschöpflich quillt. Wir bringen die für ein Festessen Anton Werners bestimmte Stätten in glänzender Charakteristik festgehalten. So zeigt er auf unserem Bild
zum Abdruck. Hier lenkt der Akademiepräsident das Gespann der Künste. Auf „Im Hochgebirge" einen eleganten Backfisch aus Berliner Kreisen sich ländlich
einem Wagen daneben säugt Mutter Naturä die Eleven, während der Künstler- sittlich mit einer jungen Kuh im Engadin vergnügen. Hier wie auf mancher
verein auf einem Gefährt Scherze um eine Weintonne treibt. Die Sonne Veritas ähnlichen, gleich reizvollen Schöpfung greift der Porträtist durchaus in das
überstrahlt das lustige Treiben, dem sich auch tanzende Gruppen antiker Krieger Gebiet des Genrebildes hinüber.
und preussischer Soldaten gesellen. Wenn sich an dem Maass heiterer Erlebnisse Eine der wesentlichsten Eigenschaften grosser Künstlernaturen, die Phantasie,
das Charakterbild eines Menschen feststellen lässt, gehört Paul Meyerheim zu ist dem Realisten Meyerheim in unversieglicher Fülle beschieden. Oft genug
den auserlesenen Spassvögeln. Er erzählt aus dem Reminiscenzenschatz seiner ergötzt sein Pinsel mit Gebilden aus der Märchen- und Sagenwelt. Nicht lockt
Pariser Zeit mit besonderem Vergnügen einen Vorfall, dessen Opfer sein väter- es ihn in das Reich der Nacht, wo unheimliche Spukgeister hausen, er weilt wo
licher Freund Adolf Menzel wurde. Dem Porträtisten Riccard, dessen Werk Frohsinn herrscht und sinnige Grazie. Den „Sommernachtstraum" zaubert uns
Meyerheim uneingeschränkt bewundert, war es endlich gelungen, sein Idol sein Pinsel herauf mit allem Elfenwirren und Schelmentreiben. „Iris", die
Menzel zu einer Sitzung zu bestimmen. In einem ä la Lenbach dekorierten, schimmernde Nymphe, lässt er in hüllenden Schleiern aus dem Farbenspiel der
stockfinsteren Räume sass das Modell hinter einem Velum, von welchem durch Schwertlilien emporschweben. Er will uns nicht erheben und belehren, er will
ein gelbgeöltes Loch Licht fiel. Eine gleiche gelbe Oeffnung erhellte den Stand- uns immer nur erfreuen.
ort des malenden Künstlers, so dass von vornherein eine venetianische Gelb- Wie hat es Meyerheim verstanden, schon seinem Künstlerheim in der
tönung für das Bild geschaffen war. Meyerheim wie Menzel waren über diese Hildebrandtstrasse den Stempel des Persönlichen aufzuprägen! Jeder Freund
mysteriösen Vorkehrungen höchlichst verwundert, und während der Jüngere des Schönen fühlt sich vor der Villa des berühmten Tiermalers mit besonderem
sich über die Sitzung in ägyptischer Finsternis vor Lachen ausschüttete, führte Wohlgefallen gefesselt. Die anmutige Fassade mit dem grotesken Vierfüssler-
der ernste Menzel gewissenhaft seine Modellrolle durch. In Berlin begehrte Dachfries zeugt bereits von der Originalität des Erbauers. Eleganz und frohe '
Meyerheim dann höchlich gespannt das Resultat der eigenartigen Porträtart zu Laune haben hier bis in jede Kleinigkeit zur Vollendung eines architektonischen
sehen, doch Menzel versichert bis heute: „Riccard ist sehr charmant, aber das Kleinods zusammengewirkt. Der trauliche südtiroler Charakter des kleinen
Gemälde liegt noch in der Kiste verpackt." Hauses spricht aus der blattumsponnenen Thürlaube, mit ihrem luftigen Veranda-