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MODERNE KUNST.
steht. Ob er sie nun feiern mag oder nicht, die Wiener haben seines Humors, der im Gefühl geboren ist, aber durch Gedanken-
alle Ursache, dieses Jubiläum des Gewinnes eines echten und *" ■ •. arbeit erzogen und in die Ausdrucksformen geprägt erscheint. In
rechten Jungbronnens, als welcher für den von der wilden Jagd des - '(■k keiner Rolle ist Thimig der professionelle Lustigmacher, der clown-
modernen Erwerbslebens an allen Nerven geschüttelten Menschen massig in Spässen plätschert; er ist allzeit der treue Knappe des
der göttliche Humor angesehen werden muss, mit Herzens- Dichters, dessen heitere Gestaltung er ausrundet und verlebendigt,
freudigkeit zu begehen, und sie werden es auch gewiss nicht ; aber immer im Rahmen des Menschlichen. So hat er eine lange
unterlassen. Kaum einem anderen Künstler ist das Schicksal 1 :: Reihe komischer Gestalten geschaffen, die dem unvergesslich
gleich hold gewesen. Er war noch nicht zwanzig Jahre alt, als sind, der sich daran ergötzen durfte, und seine Komik hat Schule
er die geweihten Bretter der Wiener Hofbühne — damals das / gemacht, man findet heute bewusste und unbewusste Thimig-
letzte und höchste Ziel jedes deutschen Schauspielers — als Gas! Nachahmer auf allen deutschen Bühnen. Heinrich Glücksmann.
betreten durfte, und einige Monate später trat er schon als herz-
lich willkommen geheissenes Familienmitglied in den Kreis jener ''JBf-; > Man ist gewöhnt, sich die Königin von England als
Meistermimen. Als ein Würdiger steht Thimig seit einem Viertel- ' Greisin vorzustellen; um so mehr Interesse dürfte unser neben-
jahrhundert in diesem Elitekorps der Kunst. Er hat sich da stehendes Bildchen erregen, das die betagte Herrscherin über
rasch einen Platz im Vordergrunde errungen, und seit dem Hin- < \ das britische Reich als junges Mädchen darstellt. Es stammt aus
gang Meixners ist er der erste Humorist des Hauses und im /?," der ersten Zeit ihrer Regierung und zeigt die Königin in der
Reiche der Wiener Komik, die trotz der bösen Zeiten immer Uniform, in der sie ihre erste Revue nach ihrer Thronbesteigung
noch die munterste und erheiterndste ist. Dieses Los ist ihm Die Königin von England bei ihrer im Jahre 1838 abhielt.
nicht an der Wiege gesungen worden, die in der guten Stube ersten Revue. * ^ *
eines ehrsamen Dresdener Handschuhmachers stand. Des Vaters Geschäft ging Der Deutsche Kaiser in der Strassburger Kunstgewerbe-Schule,
gut, und so sollte denn der Sohn gleichfalls Kaufmann werden, wogegen er sich Bei seinem letzten Aufenthalte in der „wunderschönen" Stadt besuchte Kaiser
auch garnicht sträubte. Aber bald hatte er heraus, dass es nicht sein Beruf Wilhelm auch die Kunstgewerbe-Schule. Nach kurzer Begrüssung übernahm
Der Deutsche Kaiser in der Strassburger Kunstgewerbe-Schule,
war, hinter dem Verkaufstisch einer Materialwarenhandlung zu stehen, junge und Prof. Seder, der Direktor der Anstalt, die Führung durch die Sammlung von
alte Dienstmädchen für die Ware seiner Firma zu begeistern oder in minder Arbeiten der Schüler dieser Anstalt. Besonders wohlthuend empfand, wie die
heissen Stunden fingerfertig Düten zu drehen. Er fühlte sich zu etwas Höherem „Strassburger Post" schreibt, der Monarch, dass überall die Natur mit ihren
geboren. Die Eltern nahmen ihn aus der Handlung und setzten niemals eckigen oder unschönen Formen zum Vorwurf bei
ihn auf die Schulbank — einer Handelsakademie, wohl um ''\Si:^^m\ ^en Arbeiten diene und dass alle Arbeiten das Bemühen ver-
ihm die geistige Seite des Standes zu offenbaren, für den sie nHtbItBI rieten, die Natur zu erreichen. Dieses Streben schütze vor
ihn bestimmt hatten und ihn dadurch von Träumen abzu- unförmlichen Uebertreibungen und vor unschönen oder ge-
lenken, die ihnen nicht recht gefallen mochten. Das Experiment M^SsSb suchten Seitensprüngen. Grosse Freude hatte der Kaiser an
misslang. In der Handelsschule wurde Hugo Thimigs schau- MMmSm^fb**. einem Photographiealbum, das ihm die Stadt Rosheim zum Ge-
spielerisches Talent entbunden, sein Litteraturprofessor wurde mmutStMm JSm schenk machen will. Nach einstündigem Aufenthalt überreichte
dessen Entdecker und machte ihn zürn Komiker. Erfolge auf Jg«fflN^. der Kaiser beim Abschied dem Direktor für seine Verdienste
einer kleinen Liebhaberbühne festigten den Drang zum Ent- um die Hebung des Kunstgewerbes den Kronenorden 3. Klasse,
schluss; Ferdinand Dessoir fand Gefallen an dem Bürsch-
chen, das keck zu ihm kam und für den Fall einer wirklich ffi&Wm :\ ":ff Reinecke mit Lampes Fell. Dem lobenswerten Streben,
vorhandenen Begabung seinen Beistand forderte, diese Be- «SlRv* | auch die gewöhnlichen Dinge des Lebens künstlerisch zu ge-
gabung zu künstlerischer Leistungsfähigkeit zu erziehen, und ifflWfäm^ ^-l'leZ^VZl f| stalten, verdankt der nebenstehende Entwurf zu einer Speise-
er that ihm seinen Willen. Unter seiner Leitung machte er Jv8§#|»^. ** karte seine Entstehung. Er ist gelegentlich einer Forstmänner-
die ersten Schritte in den neuen Beruf. Am 15. Oktober 1872 m'S^MÖ^iV 'T* Versammlung von einem Forstmanne, dem mecklenburgischen
trat er am Bautzener Theater zum ersten Male als Lahcelot A$^"% '- 11 Forstmeister Freiherrn Henning von Stenglin in Schelf-
Gobbo („Kaufmann von Venedig") auf, und zwei Jahre später tSSHHSS^^^ ^"^ptatrO* werder gezeichnet worden. Der originelle Entwurf zeugt
— fast auf den Tag genau — eroberte er sich schon in der- MT^^8^^^^p|k^^^^^^fe"|. • von der frischen Erfindungsgabe seines Verfertigers, der
selben Rolle die Gunst des Wiener Burgtheaterpublikums, .■~'^^9i^lS3^%^^£^ff^^^r^fJ^:: von Jugend auf mit Wald und Wild vertraut, genügend
die ihm seither treu geblieben ist wie der Frühlingszauber ^/j- -r Gelegenheit hatte, Studien nach der Natur zu machen.
Entwurf zu einer Speisekarte für Forstleute.
MODERNE KUNST.
steht. Ob er sie nun feiern mag oder nicht, die Wiener haben seines Humors, der im Gefühl geboren ist, aber durch Gedanken-
alle Ursache, dieses Jubiläum des Gewinnes eines echten und *" ■ •. arbeit erzogen und in die Ausdrucksformen geprägt erscheint. In
rechten Jungbronnens, als welcher für den von der wilden Jagd des - '(■k keiner Rolle ist Thimig der professionelle Lustigmacher, der clown-
modernen Erwerbslebens an allen Nerven geschüttelten Menschen massig in Spässen plätschert; er ist allzeit der treue Knappe des
der göttliche Humor angesehen werden muss, mit Herzens- Dichters, dessen heitere Gestaltung er ausrundet und verlebendigt,
freudigkeit zu begehen, und sie werden es auch gewiss nicht ; aber immer im Rahmen des Menschlichen. So hat er eine lange
unterlassen. Kaum einem anderen Künstler ist das Schicksal 1 :: Reihe komischer Gestalten geschaffen, die dem unvergesslich
gleich hold gewesen. Er war noch nicht zwanzig Jahre alt, als sind, der sich daran ergötzen durfte, und seine Komik hat Schule
er die geweihten Bretter der Wiener Hofbühne — damals das / gemacht, man findet heute bewusste und unbewusste Thimig-
letzte und höchste Ziel jedes deutschen Schauspielers — als Gas! Nachahmer auf allen deutschen Bühnen. Heinrich Glücksmann.
betreten durfte, und einige Monate später trat er schon als herz-
lich willkommen geheissenes Familienmitglied in den Kreis jener ''JBf-; > Man ist gewöhnt, sich die Königin von England als
Meistermimen. Als ein Würdiger steht Thimig seit einem Viertel- ' Greisin vorzustellen; um so mehr Interesse dürfte unser neben-
jahrhundert in diesem Elitekorps der Kunst. Er hat sich da stehendes Bildchen erregen, das die betagte Herrscherin über
rasch einen Platz im Vordergrunde errungen, und seit dem Hin- < \ das britische Reich als junges Mädchen darstellt. Es stammt aus
gang Meixners ist er der erste Humorist des Hauses und im /?," der ersten Zeit ihrer Regierung und zeigt die Königin in der
Reiche der Wiener Komik, die trotz der bösen Zeiten immer Uniform, in der sie ihre erste Revue nach ihrer Thronbesteigung
noch die munterste und erheiterndste ist. Dieses Los ist ihm Die Königin von England bei ihrer im Jahre 1838 abhielt.
nicht an der Wiege gesungen worden, die in der guten Stube ersten Revue. * ^ *
eines ehrsamen Dresdener Handschuhmachers stand. Des Vaters Geschäft ging Der Deutsche Kaiser in der Strassburger Kunstgewerbe-Schule,
gut, und so sollte denn der Sohn gleichfalls Kaufmann werden, wogegen er sich Bei seinem letzten Aufenthalte in der „wunderschönen" Stadt besuchte Kaiser
auch garnicht sträubte. Aber bald hatte er heraus, dass es nicht sein Beruf Wilhelm auch die Kunstgewerbe-Schule. Nach kurzer Begrüssung übernahm
Der Deutsche Kaiser in der Strassburger Kunstgewerbe-Schule,
war, hinter dem Verkaufstisch einer Materialwarenhandlung zu stehen, junge und Prof. Seder, der Direktor der Anstalt, die Führung durch die Sammlung von
alte Dienstmädchen für die Ware seiner Firma zu begeistern oder in minder Arbeiten der Schüler dieser Anstalt. Besonders wohlthuend empfand, wie die
heissen Stunden fingerfertig Düten zu drehen. Er fühlte sich zu etwas Höherem „Strassburger Post" schreibt, der Monarch, dass überall die Natur mit ihren
geboren. Die Eltern nahmen ihn aus der Handlung und setzten niemals eckigen oder unschönen Formen zum Vorwurf bei
ihn auf die Schulbank — einer Handelsakademie, wohl um ''\Si:^^m\ ^en Arbeiten diene und dass alle Arbeiten das Bemühen ver-
ihm die geistige Seite des Standes zu offenbaren, für den sie nHtbItBI rieten, die Natur zu erreichen. Dieses Streben schütze vor
ihn bestimmt hatten und ihn dadurch von Träumen abzu- unförmlichen Uebertreibungen und vor unschönen oder ge-
lenken, die ihnen nicht recht gefallen mochten. Das Experiment M^SsSb suchten Seitensprüngen. Grosse Freude hatte der Kaiser an
misslang. In der Handelsschule wurde Hugo Thimigs schau- MMmSm^fb**. einem Photographiealbum, das ihm die Stadt Rosheim zum Ge-
spielerisches Talent entbunden, sein Litteraturprofessor wurde mmutStMm JSm schenk machen will. Nach einstündigem Aufenthalt überreichte
dessen Entdecker und machte ihn zürn Komiker. Erfolge auf Jg«fflN^. der Kaiser beim Abschied dem Direktor für seine Verdienste
einer kleinen Liebhaberbühne festigten den Drang zum Ent- um die Hebung des Kunstgewerbes den Kronenorden 3. Klasse,
schluss; Ferdinand Dessoir fand Gefallen an dem Bürsch-
chen, das keck zu ihm kam und für den Fall einer wirklich ffi&Wm :\ ":ff Reinecke mit Lampes Fell. Dem lobenswerten Streben,
vorhandenen Begabung seinen Beistand forderte, diese Be- «SlRv* | auch die gewöhnlichen Dinge des Lebens künstlerisch zu ge-
gabung zu künstlerischer Leistungsfähigkeit zu erziehen, und ifflWfäm^ ^-l'leZ^VZl f| stalten, verdankt der nebenstehende Entwurf zu einer Speise-
er that ihm seinen Willen. Unter seiner Leitung machte er Jv8§#|»^. ** karte seine Entstehung. Er ist gelegentlich einer Forstmänner-
die ersten Schritte in den neuen Beruf. Am 15. Oktober 1872 m'S^MÖ^iV 'T* Versammlung von einem Forstmanne, dem mecklenburgischen
trat er am Bautzener Theater zum ersten Male als Lahcelot A$^"% '- 11 Forstmeister Freiherrn Henning von Stenglin in Schelf-
Gobbo („Kaufmann von Venedig") auf, und zwei Jahre später tSSHHSS^^^ ^"^ptatrO* werder gezeichnet worden. Der originelle Entwurf zeugt
— fast auf den Tag genau — eroberte er sich schon in der- MT^^8^^^^p|k^^^^^^fe"|. • von der frischen Erfindungsgabe seines Verfertigers, der
selben Rolle die Gunst des Wiener Burgtheaterpublikums, .■~'^^9i^lS3^%^^£^ff^^^r^fJ^:: von Jugend auf mit Wald und Wild vertraut, genügend
die ihm seither treu geblieben ist wie der Frühlingszauber ^/j- -r Gelegenheit hatte, Studien nach der Natur zu machen.
Entwurf zu einer Speisekarte für Forstleute.