Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 14.1900

DOI Heft:
9. Heft
DOI Artikel:
Georgy, Ernst: Ilses Ball-Erlebnisse
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.22226#0215

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
MODERNE KUNST.

135

hineinversetzen. Aber sie mühte sich doch, Anteilnahme zu heucheln. — „Nun, sehr gross und einen dunklen Schnurrbart hat er auch!"--„So," — sagte

also, was gab es alles?" — fragte sie daher.---„Denke nur, beim Souper Olga — „jetzt wären wir ja endlich so weit und auf dem bewussten Hammel.

----das Essen war vom Koch und die Tafel von zwei Lohndienern ent- Jetzt frisch von der Leber runter, Ilslein! Warte, ich werde Gerichtshof spielen!

zückend gedeckt — — — also, wie gesagt: beim Eis hielt Bernd von Brandau Also: Zeugin Auer, haben Sie den Angeklagten Feldten seit der Tanzstunde

einen Toast. Dabei flüsterte Hede Lisser mit Lene Spengel und goss sich den häufiger gesehen?" — Ilse nickte. — „So, das ist ja recht heiter!" — sagte Olga

ganzen Rotwein aus ihrem Glase auf ihr hellblaues Kleid!"-----„So . . o?" — ernst. — „Wo, wenn ich fragen darf?" — „Zufällig, wahrhaftig, zufällig, — so

sagte Olly gedehnt. Ilse ereiferte sich. „Ja, — — und Burgens, Du weist doch, dachte ich bis vorgestern noch, im Museuni, im Tiergarten, in Rügen und im

der Chemiker, plauderte hinter der vorgehaltenen Serviette immer mit Anna Theater. Sogar auf den Wegen zur Gesangstunde zuweilen!" erwiderte Ilse

Stetten. Mein Vetter Karl hat deutlich gehört, dass er ihr eine Liebeserklärung zerknirscht. Olga lachte: „Also zufällig fast überall und fast wöchentlich, Du

gemacht hat. Du, Olly, an der offenen Tafel, ist das schon einmal dagewesen?"-- ahnungsloser Engel, Du! Nun, und wer war Euer gütiger Zufall? Zeugin

„Ein bischen gewagt ist es ja!" — erwiderte die Angeredete gelangweilt. — Auer, antworte!"
„Na und ob!" — bestätigte Ilse, ihre Erlebnisse weiter auskramend — „Fanny Diese Frage schien bei Schön-Uschen den Bann zu brechen. Sie taute
hatte von dem Leutnant Gade, er war aber in Civil, einen himmlischen Strauss plötzlich auf und erzählte fliessend und hintereinander der aufmerksam
bekommen. Er hat fast die ganze Nacht nur mit ihr getanzt. Natürlich: — Am Lauschenden: „Denk Dir, Olly, er hatte meinen Bruder Heinz ins Vertrauen
Golde hängt, zum Golde drängt doch alles! — Und das Unglückswurm redet gezogen. Der Bengel fühlte sich dadurch so geehrt, dass er all meine Ausgänge
sich ein, er liebt sie, der Don Juan! Pah! Beim Contre und der Quadrille hat an Kurt meldete, ohne je dessen Geheimnis zu verraten. So haben wir uns
er mir die tollsten Komplimente gemacht und immer die Geschichte so ein- denn furchtbar viel gesehen und gesprochen. Ich war natürlich selig darüber
gerichtet, dass wir vis-a-vis tanzten. Aber ich habe ihn gehörig geschnitten!" — und habe ihn immer lieber gewonnen, ach, so unmenschlich lieb! Aber trotz-
fügte sie entrüstet hinzu. — „Und Hans Meyer, den wir immer den ,Unglücks- dem ich seine Verehrung schon von der Tanzstunde her ahnte, erhoffte, durfte
raben Huckebein' nannten, hat Selma Bericke die Spitze abgetreten und der ich doch nie darüber sprechen! Denk doch nur, Olly, er hat mir ja nie ein
Frau Geheimrätin zwei Gläser, einen Teller und eine Vase zerschlagen. Dafür offenes Wort darüber gesagt. Von Heinzens Vermittlung ahnte ich doch nichts!
hatte seine Flamme Irma sich die Tasche mit Konfekt vom Dessert vollgestopft, — — — Na, und das himmlische Bouquet dunkelroter Rosen mit weisser

daran vergessen, sich drauf gesetzt--Du!" — sie lachte — — „Und der Schleife, zu meinem Kleide passend, erhielt ich auch anonym! Da war ich aber

Kladderadatsch war fertig. Ihr Tüllkleid klebte von all dem Zeugs!"-- ausser mir über die Hinzieherei und beschloss, mich an seiner Schüchternheit

„Sage 'mal, Ilse," — unterbrach sie die Lauscherin ungeduldig, — „konntest zu rächen! Sieh', er war doch jetzt fertig und angestellt und von seinem Onkel

Du mir dies alles nicht bei Dir oder bei uns daheim erzählen? Musste ich hat er soviel geerbt! Und fünfundzwanzig ist er auch schon! Vater hat in

um dieser Wichtigkeiten willen meine Arbeit in der Königlichen Bibliothek auf- seinem Alter geheiratet und hatte kein eigenes freies Vermögen, nicht wahr?"

geben und hierher kommen? Da steckt doch etwas anderes dahinter! Wozu---Sie sah dunkelrot aus.---„Wie hast Du es denn angestellt . . .?"

also diese Abschweifungen?" — ---„Ach, ganz einfach, Olly", sagte Ilse, „ich habe mit Doktor Tilgner

Ilse ass hastig und sehr verlegen ihren ganzen Kuchen auf einmal auf. derart kokettiert, dass ihm angst und bange wurde. Ihn liess ich links liegen

„Nein!" — rief sie endlich errötend, „Ich habe Dir etwas zu ge—stehen!" - und dankte Tilgner für den Strauss und that, als ob ich ihm nicht glaubte, dass

„Na, dann haben wir es ja!" — meinte Olga erleichtert — „Raus damit!" er von einem anderen sei! Einfach! Und beim letzten Walzer vor dem Souper

„Friedel Heike war wieder festgeschraubtes Mauerblümchen, ich musste" zog ich mich in Frau Geheimrats Boudoir zurück und schmollte. Am liebsten

- „Na, nun höre endlich mit all den fremden Menschen auf und sprich hätte ich geheult! Und da sass ich auf dem Divan, bis er kam. Gestottert hat der

von Dir!" — unterbrach sie Olga ärgerlich — „Du bist mir von dem ganzen arme Kerl vor Aufregung. Ich musste ihm immer einhelfen! — —Was dann kam,

Kreis die einzig Interessante. Schweif daher nicht immer ab, sondern bleib weiss ich nicht mehr---es war zu himmlisch! Und als ich wieder zum

bei Dir, ' verstanden?" — — Ilse spielte mit ihren Knöpfen am Hand- Bewusstsein kam, hatte ich diesen Ring auf, den er seit Wochen bei sich trug,
schuh. Man fühlte, dass ihr der richtige Anknüpfungspunkt fehlte. Olga und sass an der Tafel neben ihm. Und das Scheusal — der Brandau — hat wohl
beobachtete sie und , den Rummel ge-
lachte zuletzt, ^^^^^mJB—^^^ merkt; denn in sei-
zwischen Aerger ^<8Bfcj|^^^k^^ H^HHBjk nemToaste sprach er
und geheimem Ver- von — roten Rosen
gnügen schwankend. und kommenden

„N'ii. Il-ieiu, ich glücklichen Ueber-

iihne iiikI wci'iii Ihr raschungen. — Dabei

zu Hille kommen!" ■.■ sah er uns immer so

nieinte sie gut- niederträchtig über

mutig. — „War der . "' "' JBHB seinen Zettel an.

SnaBH^BEL' ^^^^^^^H^^^H Aber

Kurt K< Miel;, Ihhii unsere Verlobung

iiliei' -eh tu Kirnier erst Sonntag den

:vi gegenseitigen Eltern

Du hast mir so lange tJH I^Kfllt mitteilen. Das heisst,

nichts von ihm er- »^gpP^™*" ^^^<S|p sie ahnen es ja schon

jetzt noch garnieht jj^^^^^^^^^^^^j. ^^^^^^^^^^t^ '• ^^^^ ^ Olga^

; iinie zu neehei !" Hann /her wies He

hf d' I Uh D

F. Müll er-Münster: „Ob er es wohl heute wagt?"
 
Annotationen