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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 14.1900

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15. Heft
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Braun, Alex: Im Hofbräuhaus
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https://doi.org/10.11588/diglit.22226#0378

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234

MODERNE KUNST.

ab und thut zur Erläuterung
seiner Mitteilungen dem Be-
gleiterBeschcid. Prost,leben
soll'ns und fidel sein!" Die
Maass wird geleert und unter
der anregenden Wirkung des
„Bockes" setzt man die Wan-
derung „nach oben" fort.

Den Festsaal mit seiner
kühngespannten durch allerlei
sinnreiche Schildereien in
Gold und kräftigen Tönen
verzierten Tonnenwölbung,
von der mattgoldene Lichter-
kränze herabhängen auf die
braungebeizten Eichentische
und Stühle, zeigt Herr Huber
mit besonderem Stolze. An
der Ausstattung diesesPracht-
raums hat auch er, trotz
seiner beinah spiessbürger-
lichenEinfachheit, er, ein nam-
hafter Vertreter des den Alt-
münchnern in Fleisch und
Blut sitzenden heimischen
Kunstgewerbes, mitgearbei-
tet. Er macht den Fremden
auf die wirksamen, dem „baye-
rischen Trunk und der baye-
rischen Treue" gewidmeten
Wandgemälde von Ferdi-
nand Wagner mit der Dar-
stellung der für die Kinder
ihres Kurfürsten sich opfern-
den Oberländer Bauern, auf
die Ansichten vom früheren

„Bockstall" im alten Hofbräu-
haus von Charles Palmie,

das Kolossalporträt des Prinz-
regenten von Rud. Wimm er

und andere beachtenswerte

künstlerische Einzelheiten

aufmerksam. „FamoseWirts-
stube nicht?" lacht Huber.

„Wohl auch teuer genug,"

meint der andere. „Kann

ich Ihnen zufällig genau

sagen, denn s' sind meine

paar hundert Markerl auch

dabei. Der ganze Neu- und

Umbau, den Heilmann und

Littmann 1896/97 ausgeführt,

kostet 727182 Mk. und 35 Pf.,

was für denKubikmeter g'rad'

16 Mark 74 Pfennig macht.

ausser mit allerhöchster Ver-

günstigung noch koa Bürgers- FffOIlk tÜPCbbOCb I Del? gVOSSQ Saol

MODERNE KUNST.

235

(Dünchenep ßoßbpäubous.

mann a Tröpferl Hofbräu
kriagt, während jetzt der
Herr Finanzminister, dem 's
Hofbräu 's liebste in seinem
ganzen Ressort is, nöt nur
für die ganze gebildete Welt,
die an Geschmack hat für's
Bier und den Bock, sondern
sogar schon für die Wilden
in Afrika sorgt und dös so
für an Art bayerische Kultur-
mission anschaut."

Indess hatte Huber ein
leeres Winkelchcn an einer
der ungedeckten glänzend
gehöhnten Eichentafeln wahr-
genommen und es rasch mit
Beschlag belegt. „Da stellt
wohl das Hofbräuhaus an der
Spitze des Münchner Brau-
betriebes", meinte, sich nie-
derlassend angesichts des
auch hier ringsum herrschen-
den Getümmels, der Fremde.
Huber lachte: „Bewahre, die
grösste Haus- und Gassen-
schenke der Stadt und viel-
leicht der Welt ist's, aber von
den hiesigen Bräuereien erst
die dreizehnte. Im vorvor-
letzten Jahre hat das Hofbräu-
haus 33570 Hektoliter Malz
versotten, also ungefähr74000
Hektoliter Bier gebraut, wäh-
rend der Löwenbräu, der die
allererste Münchner Brauerei
is, 226640 und der Spaten,
der von alle, dö nit auf Aktien
ganga, obenan marschiert,
217042 Hektoliter Malz ver-
braucht haben. Der Staat will
ja auch den Privaten durchaus
keine Konkurrenz machen,
sondern wie im Preis so im
,Stoff nur quasi a Musterbicr
herstellen, das für Bräuer und
Publikum eine gewisse Norm
ist." „Und wieviel von diesem
,Normalstoff trinkt der Mün-
chener täglich?" scherzt der
Gast. „So viel d' Kassa leid't
und der Kopf vertragt," lautet
die prompte Antwort, der ein
schmunzelndes „No a Massl
auf unser Beider Wohl?"
sich anreiht. Der junge Kö-
nigsberger widerspricht dem
alten Münchner nicht und
kräftig klingt in der Mundart
des Südens und Nordens der
Trinkspruch, als die beiden
mit einer frischen Maass an-
stossen und sich's bei Bier
und Würstel, die am Ende
nicht fehlen durften, wohl
sein Hessen im gemütlichen
Hofbräuhaus. Alex Braun.
 
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