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MODERNE KUNST.
neu stählte, brachte das fertig. Mit heiligem Ernst ftfljlMjm Er illustriert mit holdem Ton da
weihte er den Vollgehalt <vino< LH .»•).> .i.z.-i ' ! , Die Poesie'n der Frau Hironda,
splittert durch gesellschaftliche Zerstreuungen H H Und bringt dann nach der Heimat wieder,
seiner Kunst. Schon in dein jungen Schulgehilfen " • lOD •! Schön komponiert ein Dutzend Lieder,
war der Drang nach Dctliiitigung seine:-, uiiiehti^ei. Und weil ein Mann in seinen Jahren
musikalischen Talentes auf der Bühne rege, und PPlrwIrMirTO r Vom Leben doch so viel erfahren,
eine der in Oberbayern von altersher heimischen Hl^^i^^i^MP^gngSl^^MH Probiert er seine Geistesstärke
^' : -:::; :'■laHHy ' An einem hochdramat'schen Werke,
V ^^^^^M^i^BBHMWürf^^M^a^Elll^^MiBi^aB^I^^B^Si^BI hn fünfzigsten suae aetatis
-^^S^^^^H[j^^^^^Ei|S[^^H|^^^^^^|^a| Macht er 'ne Oper, die ein Staat is.
r/lyxtx^lv^W^^tl^^^Si^^^^^WnHM Wm — — Doch welch ein Künstlerapparat
In der naiven Freude an seiner Prachtstimme liess XiQy_5fe<^ Ward auch bestellt für diese That?
er zum Gaudium der Gemeinde am nächsten Sonn- ^"SBRHHHgB^J^LLvft \ Bf MF ~~\ Der Eingeweihte nur kann wissen,
tag, noch ehe der Gottesdienst zu Ende, ein jubeln i.:i^^Ä^Saüi Wie redlich alle sich beflissen!
des Schnaderhüpfl mit dem Refrain „Der Heini von s 1 '-VHBH Wies Lautenschläger und Hans Frahm
Steter" vom Chor erschallen. Der ergrimmte geist- ' ~ ' ^ (der Theatermaler)
liehe Herr Schulinspektor beantragte die Strafver- Graf v' Goluchowski u"d Graf v. Bülow fahren durch die Berliner Siegesallec. In liebevolle Hände nahm?
Setzung des Uebermütigen, aber dieser hatte mittlerweile schon unter Lachner ^as unser berregisseur
Volksaufführungen gab ihm Gelegenheit, als Joseph
von Aegypten sich selbst Probe zu singen. Von
nun an war's beschlossen: er wollte zum Theater.
einen einträglicheren Posten gefunden. Der Generalmusikdirektor fand in Vogl
einen durch und durch musikalischen Sänger so recht nach seinem Herzen. Nur
Geleistet zu des Werkes Ehr?
Wie sorgsam allseits es studiert
Wie glänzend reich es insceniert!
eines musste gelernt werden „Hochdeutsch singen", und mehr Mühe als das Ein- __Was dann der Freund und Intendant
studieren der ganzen Partie machte es dem Vorstadtmünchner, statt von „Liab" pür d;esc Oper aufgewandt,
und „Drei" von „Liebe" und „Treue" zu singen. Sobald er den Dialekt besiegt Der Kundige sieht's mit Entzücken." — —
hatte, was ihm später in tadellos klarer, vorbildlicher Textaussprache gelang, Diese feenhafte Ausstattung und liebevolle Einstudierung mit dem Kompo-
trat er ohne anderweitige Schulung als Max auf, wurde unverweilt engagiert, nisten selbst und Milka Ternina in der Titelrolle haben, getragen von der Dank-
sang in wenig Wochen den Nurredin in „Lalla Roock" und 1869 den Tristan. barkeit des Publikums für den Sänger,
Seine markige Stimme, deren Mittellage „aller Süsse reich" und die in all ihren einen triumphalen Erfolg hervorgerufen,
Registern von bestrickend warmem Klange war, befähigte in ihrer Kraft und der Vogl völlig berauschte. Er prüfte
Ausdauer ihn vor allem zum Wagnersänger, und den Stil des Wagnerschen den Beifall nicht nach dessen Ursachen,
Gesangs hat Keiner besser getroffen, reiner ausgeprägt als Vogl, aber auch sein sondern arglos wie ein Kind, überwältigt
Florestan, Ottavio, Tamino, Orest sind so unvergesslich wie unersetzlich. Viel- von der Menge, der Wärme der Huldi-
leicht aber war das Oratorium das eigentlichste Feld seiner Begabung. Wäre gungen, überglücklich nahm er ihn als
er nie etwas anderes als Sänger geblieben! Er geizte nach den Lorbeeren des bare Münze, als den Zoll der Anerken-
Komponisten, die ihm zum Leben kürzenden Giftkraut geworden. Gelegent- nung für eine künstlerische That, an der
liehe, meist von ihm selbst mit Erfolg gesungene Liederkompositionen hatten sein Herzblut hing, und die ihn, weil
ihn verlockt, sich an eine „eigene Oper" — ein Musikdrama germanisch-mytho- sie die Summe seines innersten Sehnens
logischen Inhalts natürlich — zu wagen. Jahrelang hat er „seinem Werke", zu und Strebens zog, nicht unwert däuchte,
dem Felix Dahn ihm den Text gedichtet, den Schlaf der Nächte, die Ruhe den Faden des Wagnerschen Werkes
des Herzens geopfert, bis am 7. Mai 1899 der „Fremdling" auf der Hofbühne weiter zu spinnen. Er hatte seine Kraft
seiner Vaterstadt, an der er fast vier Decennien als beliebtester erster Tenor daran aufgerieben, dass die Scheere der
gewirkt, in Scene ging. In dem sehr charakteristischen, launig geistreichen Trink- Norna leicht traf. Was Wunder, wenn
spruch, den Hoftheaterintendant von Possart beim Festdiner in seinem Hause bei einem Bühnensänger, der ein Leben
nach der mit Ehrungen sondergleichen aufgenommenen Premiere ausgebracht, lang Jahr aus Jahr ein Wagners Helden-
und dessen Wortlaut hier zuerst veröffentlicht wird, heisst es von Vogl: gestalten verkörpert, die Reminiscenzen
„Ein gottbegnadeter Tenor,
Schulmeister einst im strengen Joch, —
wie Steinchen eines Kaleidoskop zu einem
buntgleissenden Bilde zusammentreffen!
(Man merkt es manchmal heute noch; Als die siegeszuversichtlich ausgesandte
Der singt sich so im Lauf der Jahre Oper mit bitterlich sehrenden höflichen
Wohl einige Tausende Hektare Geleitworten von allen Bühnen unver-
Von Feld und Wald, mit Buchen, Eichen, richteter Dinge ihm zurückkehrte, empfand
Mit Bauernhäusern und mit Teichen der von der Gunst der Oeffentlichkeit ver-
Et caetera bequem zusammen, — wohnte Sänger die Enttäuschungen wie
Doch schlägt sein Ehrgeiz höh're Flammen, _ Demütigungen, die an seiner Gesundheit
Nicht ruhen will sein Genius!
nagten. Missgestimmt legte er die im Jubel
des Erfolges rasch entworfenen Pläne
einer zweiten Oper bei Seite, mutete
sich gegen den Rat der Aerzte und die
Bitten der Freunde die grössten, die
schwersten Aufgaben zu, Eben von einer
Erholungsreise im Süden heimgekommen,
kaum genesen, sang er den Siegmund,
und der letzte Glücksstrahl seines Lebens
war es wohl, als er mit dem Aufgebot
seines ganzen Ich wiederum zeigte, was Deutsche Silberarbeiten auf der
er konnte und das Publikum zu brausen- Pariser Weltausstellung: „Münzhumpen".
, „ t • • ,,. „, , Ausgestellt von A.Schönauer, Hamburg.
der Begeisterung hinnss. Vier Wochen
später betrat er in den Bajazzi zum letzten Male die Bühne, und nachdem der
eiserne Vorhang ihn dem Applaus entzogen, schritt er langsam zur Garderobe, wo
ermüde und düster Canios Schlusswort wiederholte: „Es ist aus." Er „hatte sich
gefühlt", während im Publikum sein unvermuteter Tod wie ein Blitzstrahl jähen
Schrecken verbreitete. Bei der Bestattung in Tutzing und mehr noch bei dem
Requiem in der Frauenkirche erkannte man, was er der Bühne nicht nur, sondern
auch dem Volke galt. Die sämtlichen weiten drei Schiffe des Doms waren von
Angehörigen aller Stände gedrängt voll, „wie bei der Auferstehungsfeier" am
Osterfest. Neben den Kränzen mit den Widmungen der Prinzen, der Akademie
der Tonkunst wie der Kriegsakademie, die dem „Sangesfürsten" gewidmet waren,
lagen schlichte Sträusse aus Himmelschlüssel, die für den „Vogl Heinrich" gepflückt
und die mit Thränen und „Weihbrunn" bethaut waren. „Schön singas" meinte
eine Frau mit dem Kopftüchel über dem grauen Scheitel, den Rosenkranz in den
Händen, „aber so wie er singt halt Koaner 's „Requiescat in pace". Alex Bratm.
Deutsche Silberarbeiten auf der Pariser Weltausstellung: „Fischpokal".
Ausgestellt von A. Schönauer, Hamburg.
MODERNE KUNST.
neu stählte, brachte das fertig. Mit heiligem Ernst ftfljlMjm Er illustriert mit holdem Ton da
weihte er den Vollgehalt <vino< LH .»•).> .i.z.-i ' ! , Die Poesie'n der Frau Hironda,
splittert durch gesellschaftliche Zerstreuungen H H Und bringt dann nach der Heimat wieder,
seiner Kunst. Schon in dein jungen Schulgehilfen " • lOD •! Schön komponiert ein Dutzend Lieder,
war der Drang nach Dctliiitigung seine:-, uiiiehti^ei. Und weil ein Mann in seinen Jahren
musikalischen Talentes auf der Bühne rege, und PPlrwIrMirTO r Vom Leben doch so viel erfahren,
eine der in Oberbayern von altersher heimischen Hl^^i^^i^MP^gngSl^^MH Probiert er seine Geistesstärke
^' : -:::; :'■laHHy ' An einem hochdramat'schen Werke,
V ^^^^^M^i^BBHMWürf^^M^a^Elll^^MiBi^aB^I^^B^Si^BI hn fünfzigsten suae aetatis
-^^S^^^^H[j^^^^^Ei|S[^^H|^^^^^^|^a| Macht er 'ne Oper, die ein Staat is.
r/lyxtx^lv^W^^tl^^^Si^^^^^WnHM Wm — — Doch welch ein Künstlerapparat
In der naiven Freude an seiner Prachtstimme liess XiQy_5fe<^ Ward auch bestellt für diese That?
er zum Gaudium der Gemeinde am nächsten Sonn- ^"SBRHHHgB^J^LLvft \ Bf MF ~~\ Der Eingeweihte nur kann wissen,
tag, noch ehe der Gottesdienst zu Ende, ein jubeln i.:i^^Ä^Saüi Wie redlich alle sich beflissen!
des Schnaderhüpfl mit dem Refrain „Der Heini von s 1 '-VHBH Wies Lautenschläger und Hans Frahm
Steter" vom Chor erschallen. Der ergrimmte geist- ' ~ ' ^ (der Theatermaler)
liehe Herr Schulinspektor beantragte die Strafver- Graf v' Goluchowski u"d Graf v. Bülow fahren durch die Berliner Siegesallec. In liebevolle Hände nahm?
Setzung des Uebermütigen, aber dieser hatte mittlerweile schon unter Lachner ^as unser berregisseur
Volksaufführungen gab ihm Gelegenheit, als Joseph
von Aegypten sich selbst Probe zu singen. Von
nun an war's beschlossen: er wollte zum Theater.
einen einträglicheren Posten gefunden. Der Generalmusikdirektor fand in Vogl
einen durch und durch musikalischen Sänger so recht nach seinem Herzen. Nur
Geleistet zu des Werkes Ehr?
Wie sorgsam allseits es studiert
Wie glänzend reich es insceniert!
eines musste gelernt werden „Hochdeutsch singen", und mehr Mühe als das Ein- __Was dann der Freund und Intendant
studieren der ganzen Partie machte es dem Vorstadtmünchner, statt von „Liab" pür d;esc Oper aufgewandt,
und „Drei" von „Liebe" und „Treue" zu singen. Sobald er den Dialekt besiegt Der Kundige sieht's mit Entzücken." — —
hatte, was ihm später in tadellos klarer, vorbildlicher Textaussprache gelang, Diese feenhafte Ausstattung und liebevolle Einstudierung mit dem Kompo-
trat er ohne anderweitige Schulung als Max auf, wurde unverweilt engagiert, nisten selbst und Milka Ternina in der Titelrolle haben, getragen von der Dank-
sang in wenig Wochen den Nurredin in „Lalla Roock" und 1869 den Tristan. barkeit des Publikums für den Sänger,
Seine markige Stimme, deren Mittellage „aller Süsse reich" und die in all ihren einen triumphalen Erfolg hervorgerufen,
Registern von bestrickend warmem Klange war, befähigte in ihrer Kraft und der Vogl völlig berauschte. Er prüfte
Ausdauer ihn vor allem zum Wagnersänger, und den Stil des Wagnerschen den Beifall nicht nach dessen Ursachen,
Gesangs hat Keiner besser getroffen, reiner ausgeprägt als Vogl, aber auch sein sondern arglos wie ein Kind, überwältigt
Florestan, Ottavio, Tamino, Orest sind so unvergesslich wie unersetzlich. Viel- von der Menge, der Wärme der Huldi-
leicht aber war das Oratorium das eigentlichste Feld seiner Begabung. Wäre gungen, überglücklich nahm er ihn als
er nie etwas anderes als Sänger geblieben! Er geizte nach den Lorbeeren des bare Münze, als den Zoll der Anerken-
Komponisten, die ihm zum Leben kürzenden Giftkraut geworden. Gelegent- nung für eine künstlerische That, an der
liehe, meist von ihm selbst mit Erfolg gesungene Liederkompositionen hatten sein Herzblut hing, und die ihn, weil
ihn verlockt, sich an eine „eigene Oper" — ein Musikdrama germanisch-mytho- sie die Summe seines innersten Sehnens
logischen Inhalts natürlich — zu wagen. Jahrelang hat er „seinem Werke", zu und Strebens zog, nicht unwert däuchte,
dem Felix Dahn ihm den Text gedichtet, den Schlaf der Nächte, die Ruhe den Faden des Wagnerschen Werkes
des Herzens geopfert, bis am 7. Mai 1899 der „Fremdling" auf der Hofbühne weiter zu spinnen. Er hatte seine Kraft
seiner Vaterstadt, an der er fast vier Decennien als beliebtester erster Tenor daran aufgerieben, dass die Scheere der
gewirkt, in Scene ging. In dem sehr charakteristischen, launig geistreichen Trink- Norna leicht traf. Was Wunder, wenn
spruch, den Hoftheaterintendant von Possart beim Festdiner in seinem Hause bei einem Bühnensänger, der ein Leben
nach der mit Ehrungen sondergleichen aufgenommenen Premiere ausgebracht, lang Jahr aus Jahr ein Wagners Helden-
und dessen Wortlaut hier zuerst veröffentlicht wird, heisst es von Vogl: gestalten verkörpert, die Reminiscenzen
„Ein gottbegnadeter Tenor,
Schulmeister einst im strengen Joch, —
wie Steinchen eines Kaleidoskop zu einem
buntgleissenden Bilde zusammentreffen!
(Man merkt es manchmal heute noch; Als die siegeszuversichtlich ausgesandte
Der singt sich so im Lauf der Jahre Oper mit bitterlich sehrenden höflichen
Wohl einige Tausende Hektare Geleitworten von allen Bühnen unver-
Von Feld und Wald, mit Buchen, Eichen, richteter Dinge ihm zurückkehrte, empfand
Mit Bauernhäusern und mit Teichen der von der Gunst der Oeffentlichkeit ver-
Et caetera bequem zusammen, — wohnte Sänger die Enttäuschungen wie
Doch schlägt sein Ehrgeiz höh're Flammen, _ Demütigungen, die an seiner Gesundheit
Nicht ruhen will sein Genius!
nagten. Missgestimmt legte er die im Jubel
des Erfolges rasch entworfenen Pläne
einer zweiten Oper bei Seite, mutete
sich gegen den Rat der Aerzte und die
Bitten der Freunde die grössten, die
schwersten Aufgaben zu, Eben von einer
Erholungsreise im Süden heimgekommen,
kaum genesen, sang er den Siegmund,
und der letzte Glücksstrahl seines Lebens
war es wohl, als er mit dem Aufgebot
seines ganzen Ich wiederum zeigte, was Deutsche Silberarbeiten auf der
er konnte und das Publikum zu brausen- Pariser Weltausstellung: „Münzhumpen".
, „ t • • ,,. „, , Ausgestellt von A.Schönauer, Hamburg.
der Begeisterung hinnss. Vier Wochen
später betrat er in den Bajazzi zum letzten Male die Bühne, und nachdem der
eiserne Vorhang ihn dem Applaus entzogen, schritt er langsam zur Garderobe, wo
ermüde und düster Canios Schlusswort wiederholte: „Es ist aus." Er „hatte sich
gefühlt", während im Publikum sein unvermuteter Tod wie ein Blitzstrahl jähen
Schrecken verbreitete. Bei der Bestattung in Tutzing und mehr noch bei dem
Requiem in der Frauenkirche erkannte man, was er der Bühne nicht nur, sondern
auch dem Volke galt. Die sämtlichen weiten drei Schiffe des Doms waren von
Angehörigen aller Stände gedrängt voll, „wie bei der Auferstehungsfeier" am
Osterfest. Neben den Kränzen mit den Widmungen der Prinzen, der Akademie
der Tonkunst wie der Kriegsakademie, die dem „Sangesfürsten" gewidmet waren,
lagen schlichte Sträusse aus Himmelschlüssel, die für den „Vogl Heinrich" gepflückt
und die mit Thränen und „Weihbrunn" bethaut waren. „Schön singas" meinte
eine Frau mit dem Kopftüchel über dem grauen Scheitel, den Rosenkranz in den
Händen, „aber so wie er singt halt Koaner 's „Requiescat in pace". Alex Bratm.
Deutsche Silberarbeiten auf der Pariser Weltausstellung: „Fischpokal".
Ausgestellt von A. Schönauer, Hamburg.