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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 14.1900

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25. Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.22226#0601

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400

MODERNE KUNST.

Dora Hitz: Mutterglück.

Groningen, ihrer Vaterstadt, wurde sie die Frau des
e j Bankiers II. \V. Mesdag. Dieses Eheleben entwickelte

g 1 beide Gatten zu Künstlern. Sie studierten gemeinsam

■fe ''- in Brüssel und arbeiteten so intensiv, dass sie, wenn

i auch spät, ein um so reiferes Künstlertum erreichten.

-r-^-V Tiermalerei.

Soeben ist der künstlerische Nachlass der Rosa
: i Souhcur I Iii- ein bedeutendes Vermögen in alle Winde
verstreut worden. Mancherlei Frauenbände sind mit
Äfe der Darstellung des Tieres weiter bei der Arbeit.

jEjfc ■ Sie begnügen sieh meist mit einer Art häuslichen

4V- Genres und bevorzugen die Katze, den Hund und die

'7 \'öl'.< I. W 11' ki'MUll en ;i II -e,e/.eie 1i :e>, \[ n;> l _ l .,. i

jJK ; dieser Specialität in Fanny Moody, Frau Ronner,

Frl. A<lnm nennen. Wir beschäftigen uns jedoch mit
der sliirkMeii Individualität, mit der würdigen Nach-
folgerin Rosa Boniteurs, der jungen Engländerin
■Hk Lucy Kemp-Welsch.

v¥i, • Sic ist die Lieblingschülerin Professor Merkomers

" I und gilt als Stern der JJushey-Akademie. In Londoner

! Kreisen beobachtet man ilire Entwickelung mit ge-
] spanntester Aufmerksamkeit. Sie selbst hält sich dem

-------------.........---------------— 1 zerstreuenden Gese'lschaftsleben konsequent fern und

lebt streng im Dienst ihrer Kunst. Sie belauscht das
Tier, vor allem das Pferd, im Freien. Der Neue Wald bei Bushey ist ihr Studien-
Tina Blau, gebiet, weil sich hier Pferde ohne Zaum und Zügel tummeln. Innerhalb des Land-
ebenfalls eine Wienerin, erscheint von männlicherem, kraftvollerem Gepräge. schaftsrahmens erfasst sie ihre Objekte und durchdringt sich, ehe sie an eine
Mit klarem Blick schaut sie uns an, um den energischen Mund ein Zug, der auf Schöpfung geht, so vollkommen mit dem gesamten Naturbild, dass sie es gleichsam
stark niedergekämpfte Schwierigkeiten deutet. Ein festes Wollen und eine ge- vor der Reproduktion als ein Teil ihres Innern in sich trägt. Sie ist eine aus-
sunde Kunst! In einem der von der Wiener Weltausstellung übrig gebliebenen gesprochene Realistin. Mit einem Schlage machte sie sich durch ihre „Füllenjagd"
Pavillons im Prater hat Tina Blau ihre einsame Atelierstätte aufgeschlagen. So berühmt, die staatlich angekauft wurde und heut eine Zierde der britischen National-
hat sich auch das Schaffen der Künstlerin unabhängig ei halten, den guten Alten galerie ist. Lucy Kemp-Welsch, die früh als Waise in der Welt stand, stammt
wie den guten Neuen ist sie zuzuzählen. Sie malte in lichten Farben, als noch aus Bournemouth.

das beliebte - Braun vorherrschte. Für ihr starkes Empfinden hat es niemals -~*=- Stillleben. ~ar~

Konzessionen gegeben. Die heimatliche Scholle war ihre erkorene' Domäne, Es giebt heut gerade auf diesem Gebiet eine ganze Reihe besonders tüchtiger

und ihren Wienern hat sie alle Lieblingsstätten im Bilde gespendet. Eine intime Malerinnen. Kein Wunder, dass dieses Genre auch die Frauen reizt, es hat seine
Natur mit starkem Stimmungsgehalt zieht sie an. In breitem, temperamentvollen Anziehung auf die grössten Meister aller Zeiten bewiesen. Die naturc morte
Vortrag, freizügiger Zeichnung und energischem Ton, spricht sie sich aus. Aus , lässt sich mit Geist und Geschmack zu einer nature vivante, zu einem individuellen
eigner Kraft bahnte sich die Tochter des Militärarztes ihren Weg nach München, Dokument gestalten.

wo Wilhelm Lindenschmidt ihre Anschauung erweiterte. Medaillen verschiedener Elise Hedinger

Länder verschafften ihr Käufer und Aufträge. Ein Ehebund mit dem Schlachten- malt mit der Festigkeit eines Mannes. Mit der Gediegenheit ihrer Arbeit verbindet
maier Heinrich Lang in München schuf ihr das vollste Menschenglück. Von der Gunst sich ein vornehm gebildeter Geschmack. Jedes ihrer Bilder erscheint ganz natür-
des bairischenLandesfürsten unddesöstreichischenKaiserswurden ihr verschiedene lieh komponiert und ist doch mit vorsichtigstem Abwägen geschaffen. Sie erstrebt
Beweise. In den vornehmsten
Kunstgalerieen hat man ihr Werk
der Aufnahme würdig befunden.

Sientje Mesdag - Van Houten,
die Holländerin, vertritt die ent-
schieden moderne Richtung in der
Landschaftsmalerei. Auch sie malt
wie Frau Begas und Tina Blau
häufig Stillleben und Blumen, doch
ist die Wiedergabe des Erdant-
litzcs ihr höchster Ehrgeiz. Als
eine schlichte, kernige Persönlich-
keit erscheint uns diese Künstlerin.
Ein massiver Kopf mit offenen,
treuen Augen, das ergraute Haar
glatt gescheitelt, kein Schimmer
von etwas Aesthetisierendem an
ihr. Aus ihren Landschaftsbil-
dern strömt der frische Geruch
der Erdscholle, des Moorbodens
und Heidelandes. Etwas Stilles,
Schweres, Kulturunberührtes ist
ihrbevorzugtesDarstellungsgebiet.
Durch ihre holländische Land-
schaft weht die feuchtgesunde
Heimat-Atmosphäre, die die Sinne
weitet. „Stüud ich, Natur, vor dir
ein Mensch allein," tönt ihr Sehn-
suchtsruf. Sic ist die echte Tochter
der Niederlande. Die Subtilität
ihrer früheren Heimatgenossen
der vom Neer und Hobbema ist
nicht ihre Art. Sie hat etwas den
Worpswedern Verwandtes. In

Gräfin Kraszewska: Der Kampf um das Steuer.
 
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