Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0034
DOI issue:
1. Heft
DOI article:Biermann, Georg: Karl Schuch als Landschafter
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KARL SCHUCH ALS LANDSCHAFTER
Äbb. 4. KÄRL SCHUCH, Schmiede Mit Genehmigung von
in Weßling am Ämmerfee. 1876 Karl Haberltock-Beriin
taucht ift (Mühle in Soul de Doules) u. a. m. Vor diefen Schöpfungen des Land-
fchafters mag unbewußt die Erinnerung an Jacob van Ruisdael vor uns auftauchen
und doch ftimmt die Reminiszenz nicht, fo bald man fich an das hält, was unabhängig
vom Motiv, als perfönliche Note und Qualität diefes Schaffens erfcheint. Diefe finden
in der Tat nur eine Erklärung durch die Dokumente jener zweiten malerifchen Art,
die Stillebenmalerei, die bisher ausfchließlich den Ruhm des Meifters begründet hat
und im Leuten das Refultat eines technifch unglaublich verfierten Meifters war. Man
muß die noch unveröffentlichten Notizen feines Tagebuches beim Befuche der Galerien
Hollands und Belgiens lefen, um zu begreifen, mit welcher Summe malerifchen Ver-
gehens er überall die Kunft der Alten analyfiert und für fein eigenes Schaffen frucht-
bar gemacht hat. Wie überall der konfeguente Wille zutage tritt, über diefe Vor-
bilder hinauszuwachfen und wie er faft nach den Rezepten eines mittelalterlichen
Alchemiften die Regifter der Malerei notiert und wie ihn die ganze Kunft der Alten
nur als maltechnifches Experiment intereffiert. Mit diefen fundamentalen Kenntniffen,
die für ihn wertvoller als alle akademifchen Lehren waren, hat er im Stilleben feine
eigene Könnerfchaft täglich aufs neue in grandiofer Weife erprobt und fortentwickelt;
den Künftler Schuch aber trieb es darüber hinaus immer wieder zur Natur und was
er als Landfehafter in der Tat gewirkt, fcheint denn doch die Äußerung Trübners vom
„Gegenteil der eigentlichen Begabung“ bis zu einem gewiffen Grade Lügen zu ftrafen.1
1 Vgl. Karl Hagemeifter in „Kunft und Künftler“, VI. Jahrg., Heft 4.
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Äbb. 4. KÄRL SCHUCH, Schmiede Mit Genehmigung von
in Weßling am Ämmerfee. 1876 Karl Haberltock-Beriin
taucht ift (Mühle in Soul de Doules) u. a. m. Vor diefen Schöpfungen des Land-
fchafters mag unbewußt die Erinnerung an Jacob van Ruisdael vor uns auftauchen
und doch ftimmt die Reminiszenz nicht, fo bald man fich an das hält, was unabhängig
vom Motiv, als perfönliche Note und Qualität diefes Schaffens erfcheint. Diefe finden
in der Tat nur eine Erklärung durch die Dokumente jener zweiten malerifchen Art,
die Stillebenmalerei, die bisher ausfchließlich den Ruhm des Meifters begründet hat
und im Leuten das Refultat eines technifch unglaublich verfierten Meifters war. Man
muß die noch unveröffentlichten Notizen feines Tagebuches beim Befuche der Galerien
Hollands und Belgiens lefen, um zu begreifen, mit welcher Summe malerifchen Ver-
gehens er überall die Kunft der Alten analyfiert und für fein eigenes Schaffen frucht-
bar gemacht hat. Wie überall der konfeguente Wille zutage tritt, über diefe Vor-
bilder hinauszuwachfen und wie er faft nach den Rezepten eines mittelalterlichen
Alchemiften die Regifter der Malerei notiert und wie ihn die ganze Kunft der Alten
nur als maltechnifches Experiment intereffiert. Mit diefen fundamentalen Kenntniffen,
die für ihn wertvoller als alle akademifchen Lehren waren, hat er im Stilleben feine
eigene Könnerfchaft täglich aufs neue in grandiofer Weife erprobt und fortentwickelt;
den Künftler Schuch aber trieb es darüber hinaus immer wieder zur Natur und was
er als Landfehafter in der Tat gewirkt, fcheint denn doch die Äußerung Trübners vom
„Gegenteil der eigentlichen Begabung“ bis zu einem gewiffen Grade Lügen zu ftrafen.1
1 Vgl. Karl Hagemeifter in „Kunft und Künftler“, VI. Jahrg., Heft 4.
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