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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

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22. Heft
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Ausstellungen
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Denkmalpflege
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AUSSTELLUNGEN ° DENKMALPFLEGE

Der Senef elder Club [teilt Originallithogra-
phien feiner Mitglieder in den STHFFORD
GALLERIES aus. Jofeph Pennells Blätter
vom Panama Kanal ziehen durch ihre energifche
Bändigung des Themas und die Lebendigkeit
des Vortrages fofort die Äufmerkfamkeit auf [ich.
Neben ihnen kann [ich faft nur noch Frank Brang-

wyn halten. * *

*

Messrs. SHEPHERD BROS. (27, King Street,
St. James’s Square) haben ihre Winterausftellung
meift altbritifcher Meifter eröffnet und bieten
wieder des künftlerifch und kunfthiftorifch Inter-
effanten vieles. Unter den nichtbritifchen Wer-
ken fällt eine große Allegorie eines italianifie-
renden Vlamen auf, die rechts Chrifti Auferftehung
mit Gläubigen, links ein lofes Haus mit Zechern
und Liebenden in gar naiver und doch nur zu
gewollter Kontrahierung vorführt. Das Bild tut
dar, bis zu welchen Tiefen Maler fallen können,
die ohne jede Phantafie und ohne Gefühl grade
phantafievolle und durchgefühlte Werke zu
fchaffen fich vornehmen. Sehr fchön in der
warmen Farbe und kräftig im Vortrag ift ein
alter John Crome, ein kleiner Gainsborough, fo-
dann eine Art Paraphrafe Gainsboroughs in
wundervollen filbrigen Tönen über das große
Reiterbildnis Karls I. von Van Dyck. Erwähnt
feien ferner noch: der faft völlig unbekannte
Porträtift J. Keenan, deffen Frauenporträt (Nr.
106] an Raeburn erinnert, W. Dobfon (Nr. 96);
ein früher Reynolds, zwei Landfchaften von
R. Wilfon u. a. m. Intereffant ift es einem
größeren Bilde des Rivalen W. Blakes, Th. Stot-
hard zu begegnen. Seine „Venus mit Kupido“
ift ein füßliches Surrogat aus akademifchen Re-
zepten zufammengebraut. F.

MÜNCHEN Am 3. November wurde hier in
Königinftr. 44 der NEUE KUNSTSALON mit
einer Kollektiv-Ausftellung von Emil Nolde
und einer Rede von Prof. Botho Graef (Jena)
über diefen Künftler eröffnet. Die Wahl fcheint
programmatifch nicht ungefchickt, infofern das
neue Unternehmen die fortfchrittliche, durch die
Sonderbundausftellung in Köln charakterifierte
Kunft vertreten will und Nolde zweifellos einer
der Stärkften unter den Neueren ift — in Deutfch-
land [icherlich der Stärkfte und innerlich Aus-
gereifte. Das trat in Köln nicht hervor, es
wurde aber offenbar in diefer ausgewählten
Kollektion von meift neueren Arbeiten. Der
große neunteilige Zyklus aus dem Leben Chrifti
mit einer grandiofen Kreuzigung als Hauptbild
— bekannt durch die oftentative Zurückweifung
von der Brüffeler Ausftellung 1912 — und andere
religiöfe Gemälde der letzten Zeit offenbarten

eine fo hohe, von modernem Geift getragene
Auffaffung tieffter menfchlicher Probleme, daß
man hier von einer wahren „Ausdruckskunft“
fprechen kann. Noldes Stil ift herb und nicht
leicht zugänglich, weil er Natur und Phantafie-
erlebnis gleicher Art in hoch ft perfönliche Formen-
fprache überfetjt. Wer aber einmal in die Sym-
bolik feiner gewaltigen ftarken Farben und in
das Wefen feiner Vereinfachungen eingedrungen
ift, den wird die ungewohnte Kraft feiner
Phantafie nicht mehr entfetten. Es ift eine ab-
folut malerifche Phantafie. Vielleicht kann man
Nolde in feinen merkwürdigen „exotifchen“ Still-
leben und humorvollen Capriccios verftehen,
die in erfter Linie köftliche farbige Malerei find.
— Viel zum Verftändnis Noldes trug der vor-
treffliche Vortrag von Prof. Graef (Jena) bei, einem
Archäologen, der mit dem Herzen vollkommen
auf feiten der modernen Kunft und ihren un-
abfehbaren Möglichkeiten fteht; ein Beweis, wie
ftarken Umwandlungen der alte Typus des
Kunfthiftorikers unterliegt. Die gut beleuchteten
Räume des Neuen Kunftfalons find in Anlage
und Urfprung (ehemalige Mafchinenfäle) nicht
ohne Originalität und werden uns hoffentlich
noch manch wertvolle Kunftdinge vermitteln.
Es waren noch tüchtige Bilder von Erbslöh,
Kanoldt, Bechtejeff, Jawlenski, Fricke, E. Scharff,
frühe fchöne Stücke von Gauguin und Picaffo,
fowie Plaftiken von Matiffe (fehr merkwürdig),
M. Kogan und Barlach nebft einigem Kunft-
gewerbe, Arbeiten von Lotte Primel ufw. zu
fehen. x.

DENKMALPFLEGE

BRIXEN (Tirol) Der berühmte Kreuzgang
der hiefigen Domkirche erfcheint feit längerer
Zeit durch die Unbilden der Witterung fchwer
bedroht. Die wertvollen mittelalterlichen Fresko-
malereien des Kreuzganges haben durch Feuch-
tigkeit, die von allen Seiten eingedrungen ift,
ernften Schaden gelitten; hier und da begann
bereits der Malgrund abzubröckeln. Vor kurzem
hat nun eine vielgliedrige Kommiffion unter
dem Vorfi^e des Hofrates der Innsbrucker Statt-
halterei Dr. Freiherr von Schwind eine gründ-
liche Unterteilung des Bauzuftandes vorgenom-
men. Als dringlichfte Maßregel wurde zunächft
die Trockenlegung des ganzen Bauwerkes ein-
geleitet. Für die Zukunft wurde eine ftändige
Überwachung diefes hervorragenden Denkmales
fowie die genaue photographifche Aufnahme
aller Fresken als unbedingt erforderlich bezeich-
net. — Der Brixener Domkreuzgang mußte be-
reits zweimal einer gründlichen Reftaurierung

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