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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

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22. Heft
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Die römischen Kongresse
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0901

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DIE RÖMISCHEN KONGRESSE

DER DRITTE INTERNATIONALE
ARCHÄOLOGISCHE KONGRESS,

welcher in Rom unter außergewöhnlich ftarker
Beteiligung — man zählte an 800 effektive
Mitglieder — vom 9. bis zum 16. Oktober
tagte, geftaltete fich zu einer glänzenden
Manifeftation jener Wiffenfchaft, die ihren Aus-
gang von Rom aus genommen hat. Die Er-
öffnungsfißung fand im Konfervatorenpalafte
ftatt, und die bei diefem Anlaß gehaltenen Reden
des Bürgermeifters Nathan, des Unterrichts-
minifters Credaro und des Generaldirektors Cor-
rado Ricci (diefe letztere befonders fchwungvoll)
bildeten einen Hymnus auf Rom und die Archäo-
logie. Im Namen der fremden Vertreter er-
widerte Sp. Lambros aus Athen. 26 Staaten,
-32 Univerfitäten, 11 Akademien und 23 wiffen-
[chaftliche Vereinigungen fandten ihre Vertreter.
Hier feien für Deutfchland Bulle, Delbrück, von
Duhn, Noack, Thierfch, für Öfterreich Reifch, für
die Schweiz Blümner, Herzog, für Ungarn Hampel
und Hekler, für Schweden Montelius und Sam
Wide, für Rußland Roftowzew genannt. Der
Kongreß war in zwölf Sektionen geteilt, von
denen fich einige auch zu gemeinfchaftlichen
Sitzungen verfammelten. Er umfaßte fo ein
ungemein weitgeftrecktes Gebiet, das von der
Prähiftorie bis in die frühchriftliche Zeit reichte.
Das Hauptintereffe konzentrierte fich aber auf
die prähellenifche (Kreta) und italifch-etruskifche
Archäologie und die Gefchichte der klaffifchen
Kunft. Hier feien nur folgende größere Vor-
träge erwähnt, die faft alle in der Sapienza ge-
halten wurden. Von Duhn fprach über die grie-
drifche Kunft in Unteritalien und fpeziell Lokri,
Bulle über feine Rekonftruktion der myronifchen
Gruppe der Athena und des Marfyas, Weege
über die Malereien in der domus aurea Neros,
Waldftein über einen antiken Kopf der Samm-
lung Hogarth, Frothingham über den Urfprung
des Conftantinbogens. Evans behandelte die
Klaffifikation der minoifchen Epochen, Pernier
die Ausgrabungen in Haghia Triada, Schmiße
das Fifchfymbol in der altchriftlichen Kunft, Pa-
ribeni fprach über den Urfprung des Namens
Chrift, Afhby über die vier Hauptwafferleitungen
Roms und über Ausgrabungen in Malta, Gabrici
[childerte feine Entdeckungen in Cumae, van
Deman dieVelia zur Zeit Neros, Boni das Forum
und den Flavierpalaft, A. J. Reinach fprach über
den Kult der Waffen im Mittelmeerbecken, Mon-
telius über die etruskifche Chronologie und die
der Bronzezeit in Italien, Spinazzola über feine
Grabungen in Paeftum, Cumae und Pompeji,
Roftowzew über Pantikapaion, Hampel und
Heckler über Pannonien, Noack über Eleufis,

Nogara über den Urfprung der etruskifchen
Kultur, Boni über die archaifchen Nekropolen
Roms ufw. Dies nur ein kleiner Auszug aus
dem überreichen Inhalte der Sißungen, die durch
zwei herrliche Tagesausflüge nach Cervetri, wo
die neuen Ausgrabungen Mengarellis befichtigt
wurden, und Oftia, wo man die cnergifche Tätig-
keit Vaglieris bewundern konnte, unterbrochen
wurden. Der Minifter des Äußeren gab einen
glänzenden Empfang in der Confulta, der Bürger-
meifter einen im Senatorenpalaft, das Deutfche
Archäologifche Inftitut und die british school
Empfänge, und viele Kongreffiften hatten auch
Gelegenheit, die Gaftlichkeit der Gräfin Lovatelli,
Steinmanns und Amelungs zu genießen. Nach
dem einftimmigen Urteile aller war diefer Kongreß
der am beften arrangierte aller je in Rom ab-
gehaltenen ähnlichenVeranftaltungen. DasHaupt-
verdienft an dem glänzenden Verlaufe gebührt
der Umficht und Unermüdlichkeit des Vaters der
modernen klaffifchen Archäologie in Italien Ema-
nuel Loewy und dem Generalfekretär L. Mariani.
Als Ort des nächften in drei Jahren abzuhalten-
den Kongreffes wurde Algier gewählt. L, P.

□ □ □

DER ZEHNTE INTERNATIONALE
KUNSTHISTORIKER-KONGRESS

IN ROM Wenn der heurige Kunfthiftoriker-
Kongreß in Rom kein andres Refultat hätte, fo
hat er doch das eine fehr bedeutfame: er hat die
Zukunft der Kongreffe der Kunfthiftoriker als
einer internationalen Inftitution gefichert. War
bisher der Kongreßgedanke im wefentlichen von
den Deutfchen getragen, fo mußte die römifche
Tagung ganz natürlich das Zufammenarbeiten
der Italiener und Deutfchen zur Folge haben.
Sie hat aber weiter eine fehr erfreuliche Mit-
arbeit der Franzofen herbeigeführt, und die
Einladung des nächften auf 1916 feftgefeßten
Kongreffes nach Paris zeigt, daß auch in Frank-
reich der ernfte Wille befteht, an der internatio-
nalen Organifation der Kunftwiffenfchaft fich zu
beteiligen.

Daß fich der Kongreß innerlich fo gefeftigt
hat, daß feine Fortexiftenz außer Frage fteht,
zeigte fich auch darin, daß er nicht mehr über
die Frage feiner eigenen Organifation und Auf-
gabe zu diskutieren brauchte. Auch die Fragen
der Wiffenfchaftsorganifation, die der Vorftand
zu behandeln hatte, die Frage des Jahresbe-
richts, der Photographenzentrale, der Erleich-
terung des Befudis der Mufeen wurden nur im
Bericht des Vorfißenden geftreift, ohne zur Dis-

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