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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

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9. Heft
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Ausstellungen
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Denkmalpflege
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AUSSTELLUNGEN ° DENKMALPFLEGE

Pole, Georg Merkel, zeigt jungfranzöfifche Schu-
lung. Er gelangt zu einer Art Kuliffenmalerei,
da er ohne Verzicht auf räumliche Tiefe eine
großzügige Flächendekoration erftrebt. In der
rhythmifchen Farbengliederung der Fläche wie in
dem gefchloffenen Kontur der Einzelform erweift
fich die Stärke feiner Begabung. Anregungen
von Mailoli, Denis, aber auch von den Florentiner
Quattrocentiften erfcheinen in diefen Bildern, die
mir perfönlich das wenig überzeugende Senti-
ment arg verleidet, eigenartig verarbeitet. Ein
Stück edelfter Feuerbachfcher Klaffik, gefehen
durch ein flavifches Temperament, gibt der junge
Prager Obrovsky in feiner „weißen Figur“,
einem verheißungsvollen Frühwerk. Die oftafiati-
fchen Studien Böhlers verraten ein anfchmieg-
fames, leife von Klimt beeinflußtes, graziöfes
Zeichentalent, das freilich einen bedenklichen
Hang zur Süßlichkeit zu bekämpfen hat. Mitbe-
fonderer Freude begrüßt man endlich einige Jung-
wiener, die derfelbe Bund, der ihnen im vorigen
Jahr die erfte „Sonderausftellung“ ermöglicht hat
(vgl. Cicerone III, Heft 4, S. 146/47), nunmehr
nachdrücklich als ebenbürtige Mitkämpfer an-
erkennt. Aufs neue erweift Kolig in farben-
glühenden Stilleben und Landfchaftftudien feine
ftarke koloriftifche Begabung; der kaum minder
begabte Faiftauer ift diesmal allzu unfrei ge-
blieben, während R. Anderfen und Paris von
Gütersloh erftaunliche Fortfehritte gemacht ha-
ben. Ja, felbft E. Schiele, der fein Talent fo oft
in fremder Maske mißbraucht hat, zeigt in zwei
merkwürdig ftilifierten Landfchaften nun endlich
fein eigenes Geficht. — Die Plaftik ift nur mit
wenigen Werken vertreten. Die intereffanten
Porträtbüften des Schweden Edftröm find ftark
von verwandten Arbeiten Rodins beeinflußt
(„L’homme au nez cassel“), deffen Zeichenkunft
wiederum auf Lendecke eingewirkt zu haben
fcheint. Barwig bringt einige feiner gefälligen
Holzfchnißereien und Kleinbronzen; die Arbeiten
Stemolaks erfcheinen nach feiner „Sufanna“
allzu flau und weichlich.

Die zielbewußte Leitung des Hagenbundes hat
dem Katalog diefer Ausftellung, die aus den
eingangs erwähnten Gründen vielleicht die leßte
des Bundes bleiben wird, ein fchönes Geleit-
wort vorangefchickt, das umfo größere Beach-
tung verdient, als hier das Wort vielen künft-
lerifchen Taten folgt. Nachdrücklich betont es
„noch zum Schluffe ein wahrhaft künftlerifches
Moment: Die Freude am Werdenden“. Mögen
diefe Worte, die keinen Epilog, fondern eine Ver-
heißung künftiger Taten enthalten, kräftigen
Widerhall finden; dann wird der gegenwärtige
unhaltbare Zuftand des Bundes nur eine jener
Übergangskrifen des Entwicklungsalters bedeu-

ten, aus denen ein jugendkräftiger gefunder
Organismus in erneuter Schönheit fiegreich her-
vorgeht. In jedem Falle bleibt dem Hagenbunde
unfer aller Dank gewiß, die wir es als höchftes
Glück betrachten, offenen Sinnes an der leben-
digen Kunftentwicklung teilnehmen zu dürfen:
Denn nur „wer fertig ift, dem ift nichts recht zu
machen; ein Werdender wird immer dankbar
fein.“ K. R.

WIESBÄDEN Im RATHflUSSAALE ver-
anftaltete die „Wiesbadener Gefellfchaft für bil-
dende Kunft“ eine Gedächtnisausftellung für
Hans Brühlmann f (1878 — 1911). In diefem
durch ein tragifches Gefchick der Welt leider
fchon fo früh entriffenen Künftler verlor die
Kunft einen bedeutenden Meifter. Er kam aus
der glückhaften Hoelzelfchule und entwickelte
fich in Stuttgart und Paris an Karl Hofer und
Cezanne weiter. Seine monumental auslegende
Kunft führte ihn dem Gebiete der Wandmalerei
zu, auf dem er wohl berufen gewefen wäre,
das Erbe Marees anzutreten. Seine Arbeiten
in den Pfullinger Hallen und der Erlöferkirche
in Stuttgart beweifen das. Die Wiesbadener
Ausftellung bringt über 70 Gemälde, zum Teil
aus Privatbefiß, und eine Reihe von Zeichnungen.
Die großen Akte wirken in ihrem fchroffen Na-
turalismus mehr oder minder ftudienhaft. Sie
find harte Niederfchriften erfter Gedanken, über
denen wolkenhaft fchwer Pläne gewaltiger Auf-
gaben brüten. Ein Niederfchlag der in diefen
Akten dämmernden Größe macht fich auch in
den mehr nebenher gemalten Landfchaften gel-
tend. Endlich eröffnen die Stilleben, in denen
ein durch ftrengfte Vereinfachung der Mittel zu
faszinierenden Wirkungen treibender, vitaler
Kolorismus triumphiert, weite Perfpektiven in
das Land neuer Möglichkeiten. ch.

DENKMALPFLEGE

DRESDEN Die Königl. Sächfifche Kom-
miffion zur Erhaltung der Kunftdenk-
mäler erftattet foeben in einer 222 Seiten Groß-
lexikonformat umfaffenden, mit 52 Abbildungen
gefchmückten Schrift Bericht über ihre Tätig-
keit in den Jahren 1909—1911. Unter den
Mitteilungen befinden fich viele, die für die
Kunftwiffenfchaft von Intereffe find. Wir heben
in nachftehendem das Wichtigfte hiervon hervor:
Das unter der Leitung des Kommiffionsmitgliedes
Prof. Dr. Bruck ftehende Königl. Sächfifche
Denkmalarchiv hat auch in der Berichtszeit
wieder große Förderung erfahren, vor allem
durdi reiche Zuwendungen, die ihm vom Königl.

Der Cicerone, IV. Jahrg., 9. Heft. 26

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