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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

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3. Heft
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0135

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SAMMLUNGEN o AUSSTELLUNGEN

Werkes Tizians der S. S. Giovanni e Paolo-
Kirche; mehr eine Studie, aber voller Talent
und Bravour. Andrea Sdiiavone ift ein noch
in der Kunftgefchichte behandeltes Stiefkind,
einige Truhenmalereien oder Orgelflügel, meift
Dußendarbeit, werden ihm oft zugefprodhen. Das
Mufeum ift jedoch fo glücklich, eine Maria mit
Kind zu befißen, ein erftklaffiges Werk. Die
Madonna ift hier ganz menfchlidi im Ausdruck,
zart und duftig, breit flüffig hingemalt, hell-
blond, rofig im Fleifchton — tief faftigrot ift die
Bekleidung. Man denkt an Tizian, an Rubens
erfte Manier. Nachgedunkelt ift die Landfdiaft,
die ein faftiges Chiaroscuro mit fein abgewoge-
nem Maffengefühl befißt. Im achten Saal tri-
umphieren die Tiepolos. Von Gian Battifta prangt
hier „die Enthauptung Johannes des Täufers“,
ein Bild, das fich unlängft in der S. Giacomo-
Kirche zu Vicenza befand. Dann hat fich das
Mufeum mit einem fchönen Altarbild des Piazzetta
bereichert, „die Ekftafe des heil. Francesco“,
ein helleuchtendes, geiftreidi komponiertes Bild.
Carpioni, Padovanino, Cignaroli fchließen fich
diefen Meiftern des 18. Jahrh. an. Nicht uner-
wähnt will ich eine feine Skizze des Sebaftiano
Rizzi laffen, die brillant und duftig in der Farbe
wirkt. Im zehnten Saal begegnen wir dem uns
bekannten, erft fignierten Werk Cima da Co-
neglianos „Madonna vor der Weinlaube“, das
in feinem Silberton ganz apart wirkt. Hierfelbft
audi der Chriftus des Antonello da Meffina.
Es folgen die Palmezano, Bronzino, Majeneri
da Parma, der etwas holländifchen Einfluß auf-
weift, zwei Bernardo Paretino, ein Dalmatiner,
der in Vicenza ftarb. Das Seicento ift reich an
Luca Giordano, Garbieri und der Sirani. Vom
18. Jahrhundert verfemen uns in die Grazie und
helle Malerei diefes Zeitalters zwei Landfchaften
von Zeis; auch Zucarelli fehlt hier nicht, wie Marco
und Sebaftiano Rizzi mit zwei großen heroi-
fchen Landfchaften. Hier haben fich auch zwei
graziöfe Lutenburg hin verirrt, wie ein Paulus
Brill. Der letzte Saal beherbergt einen zweifel-
haften Van Dyck, eine Skizze Van derLeys nach
feinem Bild, das fich in der Tolentino-Kirche zu
Venedig beßndet, dann den fraglichen Memling
und fchließlich das Porträt eines Mannes mit
Nelke von Chriftoph Amberger. — Im ganzen
ift es jeßt erfreulich, durch die hellen fchönen
Räume des Mufeums zu wandeln, deffen Lei-
tung alle diefe Schäle mit Würde und Gefchmack
zu ordnen gewußt hat. L. Br.

WIEN In den Räumen des K. K. ÖSTER-
REICHISCHEN MUSEUMS FÜR KUNST UND
INDUSTRIE findet in diefem Frühjahr eine Aus-
heilung „neuer Qualitätsarbeiten der öfterreichi-

fchen Kunftgewerbe“ ftatt, der fich eine Aushei-
lung der Kunftgewerbefchule diefes Mufeums
anfchließen wird. Die modernen Tendenzen,
die in der Weihnachtsausftellung des Mufeums
fowie in den gelegentlichen Spezialausftellungen
feiner Fachfchulen allenthalben in erfreulicher
Weife fich geltend machten, fanden in den wei-
teften kunftliebenden Kreifen die verdiente An-
erkennung. So darf man den Plan der Früh-
jahrsausftellung freudig begrüßen.

WIESBADEN Prof. Th. Fifcher, München,
weilte am 24. Januar in Wiesbaden, um in ge-
heimer Stadtratsfißung die Pläne und Modelle
des ihm übertragenen Neubaus des ftädtifchen
Mufeums vorzulegen. Es handelt fich um einen
groß angelegten Bau, der eine Reihe von mo-
dernen, mittelalterlichen und archäologifchen
Sammlungen, den Kunftverein, einen Bibliotheks-
raum und einen Vortragsfaal umfaffen foll. Alle
jeßt in der Stadt in verfchiedenen öffentlichen
Gebäuden untergebrachten, zum Teil fehr wert-
vollen Kunftfchäße werden in diefem neuen Haufe
vereinigt werden. Der Neubau beginnt in diefem
Frühjahr und muß laut Vertrag 1915 beendet
fein. Die Lage des Mufeums ift eine fehr
günftige. Das Terrain befindet fich an der neu-
angelegten Kaiferftraße, der fogenannten via
triumphalis Wiesbadens, der Fortfeßung der als
Promenade berühmten Wilhelmftraße. Für das
gegenüberliegende Eckterrain ift der Neubau
des Regierungsgebäudes geplant, das durch einen
die Straße überfpannenden Torbogen mit dem
Mufeum zu einer Baugruppe vereinigt werden
foll. Die ganze Anlage ift, foviel man bis jeßt
beurteilen kann, vielverfprechend. In der reichen
Bürgerfchaft Wiesbadens macht fich auch bereits
ein ftarkes Intereffe, insbefondere für die Ge-
mäldegalerie, der fchon verfchiedeneSchenkungen
in Ausficht gestellt wurden, geltend. cb.

AUSSTELLUNGEN

FRIEDRICH DER GROSSE IN DER
KUNST Am Tage des zweihundertjährigen
Geburtstages des großen Preußenkönigs eröffnete
die Berliner Kgl. Akademie der Künfte ihre
Gedächtnisausftellung zur Erinnerung an den
alten Friß. Der Gedanke derfelben iftvomKaifer
ausgegangen und Prof. Artur Kampf hat mit
dem ihm eigenen großen organifatorifchen Ge-
fchick binnen kurzer Zeit etwas zu Wege ge-
bracht, das einem für immer unvergeßlich in der
Erinnerung haften muß. Denn gerade für den
kritifchen Beurteiler, der gewohnt ift, auch der-
artige Veranftaltungen mit dem Maßftab des

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