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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

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17. Heft
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Lohmeyer, Karl: Frankenthaler Porzellan aus Heidelberger Privatbesitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0700

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FRÄNKENTHÄLER PORZELLAN AUS
HEIDELBERGER PRIVATBESITZ

Mit 9 Abbildungen Von KARL LOHMEYER

Das alte Barockpalais aus kurpfälzifcher Zeit, das den reichen Beftänden der Heidel-
berger Sammlungen einen [o ftimmungsvollen Rahmen gewährt, hat für die Mo-
nate Juli und Äuguft eine Sonderausftellung von Frankenthaler Porzellanen in [ich auf-
genommen.

Es galt einmal zu zeigen, was die alte Hauptftadt von Kurpfalz noch allein an
Kurpfälzifchem Porzellan zufammenbringen konnte; ein guter Stamm war bereits in
den Beftänden der Sammlung felbft vorhanden und mit ihnen wurden allerdings in
energifcher Auswahl zahlreiche hervorragende Stücke aus Heidelberger Privatbefiß ver-
einigt. Daß eben troß diefer Auswahl 1004 ausgefuchte Stücke zur Aufteilung ge-
langen konnten, beweift die Reichhaltigkeit der noch immer in Heidelberg vorhandenen
und dazu gefammelten Kunftfchäße.

Die ganze vordere Zimmerßucht des erften Stockwerkes, einft die Repräfentations-
räume des alten Patrizierhaufes, mußte der Ausftellung Raum bieten und in diefen teils
in lichten Stuckdekorationen gehaltenen, teils mit Wandmalereien und Seidentapeten
behangenen Prunkgemächern konnten die auserlefenen Porzellane dann mit Leichtigkeit
zu intimer Wirkung gebracht werden. Als bildnerifcher Schmuck wurden nur Gemälde
des die Manufaktur befördernden Fürftenpaares verwandt, folche von der Hand des
kurpfälzifchen Hofmalers Brand, des älteren J. H. Tifchbeins und des Römers Pompeo
Batoni fchmücken die Seidentapeten des letzten Ausftellungsraumes, dem alte Eichen-
holzfchränke, rofenholzeingelegte Vitrinen, Perferbelag und zierliche Rokokomöbel ein
behagliches, warmes Gepräge verleihen.

Als erfreuliches Refultat der Veranftaltung find eine große Reihe unbekannter figür-
licher Darftellungen zum Vorfchein gekommen, folche, die auch das verdienftvolle Werk
„Frankenthaler Porzellan von Friedrich H. Hofmann, München 1911“ noch nicht enthält.
Auf fie foll in dem folgenden kurz hingewiefen werden.

Es ift ein befonderes Verdienft des Hofmannfchen Werkes, endlich einmal in dem
Chaos der Modelleure die Bahnen vorgezogen und den Anteil der einzelnen Künftler
voneinander gefchieden zu haben. Bisher kaum genannte Meifter, die am Anfang der
Entwicklung der Manufaktur ftehenden Modelleure Lanz und auch der ältere Lück,
feiern eine herrliche Auferftehung und triumphieren über die bisher vielgenannten
Künftler aus klaffiziftifcher Zeit.

Diefe frühe Epoche nun, die den Höhepunkt der Frankenthaler Porzellankunft be-
deutet, ift auf der Heidelberger Ausftellung befonders gut vertreten, fowohl in be-
kannten Stücken in vorzüglicher Erhaltung und Qualität, wie auch im Zufammenßnden
einer ganzen Reihe von unbeachteten Werkftücken, von denen hier unter Nennung der
mutmaßlichen Modelleure die wichtigeren aufgeführt fein mögen.

Von den Figuren, die als Marke das feltene bayrifche Rautenfchild in blau unter
der Glafur neben dem eingedrückten Blindftempel PH tragen, eine Signatur, wie fie
die lokale Tradition allein dem erften Brand zufchreiben will1, ift eine Triangelfpielerin
{Modell J. W. Lanz) vorhanden, ähnlich dem „fißenden Mädchen mit Mandoline“, das
Hof mann unter Nr. 108 abbildet und das auf der Heidelberger Ausftellung ebenfalls
vertreten ift (Katalog Nr. 244). Die als Putten von J. W. Lanz ausgebildeten Sinne
(Hofmann, Tafel 5) ßnden im Gehör einen Zuwachs. Die oft etwas derbbarocken

1 Hofmann, 1. S. 27.

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