Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

DOI Heft:
23. Heft
DOI Artikel:
Balet, Leo: Das alte Zinngiesserhandwerk in Ulm a.D.
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0931

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
DÄS älte zinngiesserhändwerk

IN ULM a.D. Mit 4 Äbbildungen / Von LEO BÄLET

Die ältefte Mitteilung über die Ulmer Zinngießer ift eine aus dem Jahre 1445 [tam-
mende „Kantengießer-Ordnung“, die ich in einem 1505 datierten Manufkript vor-
fand. Das Stück ift fo intereffant, daß ich es unverkürzt folgen laffe.

Der Kantengießer Ordnung.

Wir der Burgermaifter und der Rat großer unnd clainer / der ftatt ze ulme / Be-
kennen / Als wir vor ettwauil zeytten / der kantengießer by unns ze ulme / von Ir
vlyßiger bett wegen / ain Ordnung gemacht unnd gegeben habenn Wie fy Irn zug /
machen uffgeben unnd beraitten föllen / In den felben Ordnungen ettlichen fi aber unnd
ainander ftryttig waren unnd ain tail maint / das eß alfo war unnd der annder tail
das wider fprach / unnd aber fy zu baider feyt / unns baten das wir / In / der
Ordnung ain gefchrifft gäben / wie die an Ir felb wärdn / Darumb / das fy in den
fachen wißten recht ze tond / Alfo haben wir fy der fach entfchaiden Das unnfer
mainung alfo war unnd ouch ift was fy von newem zug machendt / Es fyen kanten
mauffen / gießfaß oder annder ftück / Das das alles fin fol vermüfcht zehen pfund
zins unnd das aylfft pfund ply one alle gefärde / unnd füllen ouch des felben wercks
Das fy alfo von newen machen an weihen ftucken / das ift kains zaichnen mit dem
gutten zaichen / denn das die vorgenant müfchung behöpt unnd ouch hätt one alle
gefärde.

Item fo ift ouch fürbaß unnfer mainung / waß fy Kanten machen die hie In die
ftatt gehörent / das fy dar Inn / unnd In die alle, das ychzaichen machen füllen.

Item fürbaß fo ift aber unnfer mainung / Ob / yemat hie vonn unnfer ftatt / oder
ab dem land ald uß anndern ftötten / mit alltem gezeug / zu In kämen unnd fy
hätten den felbigen gezug wider zu verwürcken / wa zu fy denn, wölten Das fy
das wol thun mugen.

Item doch In follicher maß das fy das gut zaichen / An das felb gefchirr / Das
fy denne daruß gemacht hätten / Was das wäre / nit machen noch fchlagenn füllen
unnd uff die ayd halten.

Actum Im XIIIIC unnd In dem / XXXXV / Jar.

Aus diefem Erlaß geht alfo hervor, daß Bürgermeifter und Rat der Stadt Ulm be-
reits viel früher eine Ordnung verfaßt hatten, zu der das eben erwähnte Schriftftück
aus dem Jahre 1445 eigentlich nur eine Erläuterung ift. Bemerkenswert ift ferner, daß
man in Ulm fchon in der erften Hälfte des 15. Jahrhunderts das Zinn ftempelte und
zwar das feine Zinn mit dem „gutten zaichen“. Obgleich meines Wiffens aus diefer
Zeit kein Zinnobjekt mehr erhalten ift, kann die Annahme, daß mit dem guten Zeichen
der Städteftempel gemeint ift, keine irrige fein. Daß beim Probezinn gefeßlich unter
zehn Teile Zinn nur ein Teil Blei gemifcht werden durfte, ift fchon deshalb wohl zu be-
achten, da im Laufe der Zeit je nach dem Steigen der Zinnpreife die ftetige Abnahme
des Zinngehaltes wahrzunehmen ift. Von einer derartigen Verteuerung des Rohzinns —
vermutlich durch die Bronzekanonen, die zu Ende des Mittelalters aus 10% Glocken-
metall und 20% Zinn gegoffen wurden — berichten fchon die Ulmer Archive aus

1 Quellen: Ordnung der Schmiedezunft 1505; Lehrjungen-Verzeichnis der Schmiedezunft 1580
bis 1644; Verzeichnis der Handwerker der Schmiedezunft 1650—1700; Zufammenftellung von Be-
ftimmungen über die Zinngießer 1500—1700; Akten betr. den Steingut- und Porzellanhandel der
Zinngießer 1755—1820; Eid- und Ordnungsbuch C. (Alles Handfchriften des Stadtarchivs Ulm a.D.)

887
 
Annotationen