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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

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11. Heft
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Rundschau - Sammlugen
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0466

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RUNDSCHAU — sämmlungen

DER CICERONE IST STÄNDIGES PUBLIKÄTIONSORGÄN FOLGENDER MUSEEN: WÄLLRÄF-
RICHÄRTZ-MUSEUM ZU KÖLN / STÄDELSCHES INSTITUT UND STADT. GALERIE ZU
FRANKFURT a. M. / MUSEUM FÜR KUNSTGEWERBE ZU LEIPZIG / KAISER FRIEDRICH-
MUSEUM ZU POSEN / GROSSHERZOGL. MUSEUM ZU SCHWERIN / STADT. MUSEUM DER
BILDENDEN KÜNSTE ZU LEIPZIG / HERZOGL. MUSEUM ZU BRAUNSCHWEIG / PROVINZIAL-
MUSEUM IN HANNOVER / KAISER WILHELM-MUSEUM ZU KREFELD / STADT. MUSEUM
ZU BRAUNSCHWEIG / MUSEUM JOANNEUM IN GRAZ / KUNSTGEWERBE-MUSEUM ZU
FRANKFURT a. M. / KUNSTHÄLLE ZU MANNHEIM / KUNSTGEWERBE-MUSEUM ZU DÜSSEL-
DORF / ALTONÄER MUSEUM / MAXIMILIANS-MUSEUM ZU AUGSBURG / FOLKWANG-
MUSEUM ZU HAGEN i. W. / DAS DEUTSCHE MUSEUM FÜR KUNST IN HÄNDEL UND
GEWERBE ZU HAGEN i. W / KUNSTGEWERBE-MUSEUM ZU OLDENBURG i. Gr. / GROSS-
HERZOGLICHES LANDESMUSEUM IN DARMSTADT

DIE HUGO v. TSCHUDI-GEDÄCHT-
NISSTIFTUNG Wie fchon früher verlau-
tete, hat, das Andenken des Dahingegangenen
zu ehren, nach dem Tode Hugos von Tfchudi,
eine Anzahl feiner Freunde und Verehrer, eine
Reihe jener Werke neuerer Kunft erworben, von
denen bekannt war, daß ihnen Tfchudis befon-
deres Intereffe gehörte, und diefe find unter dem
Titel einer „Tfchudigedächtnisftiftung“ dembaye-
rifchen Staat als Gefchenk angeboten worden.
Spezielle Verdienfte hat fich bei diefer Gelegenheit
der Konfervator an der Kgl. alten Pinakothek in
München, Dr. Heinz Braune, erworben, deffen
Initiative es vorab zu danken ift, daß die Stif-
tung fo reichlich bedacht wurde. Die Sammlung,
aus etwas über ein halbhundert Bildern und
Plaftiken beftehend, ift jeßt definitiv vom bayeri-
fchen Staate angenommen worden und foll bei
der bevorftehenden Neuordnung der neuen Pina-
kothek diefer einverleibt werden. Bis dahin
find die Kunftwerke jedoch einftweilen in dem
Raume untergebracht, der das Bureau des ver-
dorbenen Konfervators an der alten Pinakothek
und Direktors der neuen, Prof. Äug. Holmbergs
bildete und fie find dort allen jenen zugänglich
gemacht, die ihr fpezielles Anrecht auf eine
Befiditigung geltend machen können. Zweifels-
ohne wird die Kollektion, wenn fie einmal all-
gemein fichtbar ift, von größter Bedeutung für
das Kunftleben Münchens werden, vereint fie
doch, und zwar in teilweife hervorragender
Vertretung lauter foldie Kunftfchöpfungen, die
gerade für die Gegenwartskunft von vitalftem
Werte find. Tfchudis Spezialidee war es ja,
das feinem Ermeffen nach Befte zu fammeln,
was in der derzeitig führenden Kunft, der fran-
zöfifchen, zu bekommen war und in diefem Sinne
enthält dieTfchudigedächtnisftiftung natürlichauch
hauptfächlich franzöfifche Werke. Von den großen
Franzofen des 19. Jahrhunderts und denen, die
in ihren Kreis gehören, ift als Vorläufer der

Fontainebleauer G. Michel mit einer feiner
fchlichten Landfchaften hier fehr gut vertreten,
die Barbizoner dagegen felbft, fehlen aus leicht
begreiflichen Gründen leider. Von Daumier
ift das „Drama“ erworben, ein erftklaffiges
Werk. Cour bet ift gleich mit vier Arbeiten
vertreten, darunter dem eindringlichen Porträt
Olliviers, einem pompöfen Äpfelftilleben und
einer fehr ruhevollen, aber lebendig empfun-
denen Landfchaft von 1865. Das „Frühftück
im Atelier“ von Manet gehört zu den erlefen-
ften Schäden der Stiftung, Tfchudi hat diefe
Malerei mit Recht fehr gefchäljt, obgleich fie
nicht eigentlich den entwickelten Impreffioniften
repräfentiert, fondern eine Vorftufe dazu, den
Manet, den noch deutlich fichtbare Fäden mit der
älteren Tradition verbinden. Monets „Brücke von
Ärgenteuil“ ift ficherlich einer der delikateften Mo-
nets, die exiftieren, von Renoir wird vermutlich
das „Frauenbildnis“ ftärkere Bewunderung finden
wie das Herrenporträt, obgleich letzteres mehr
von dem eigentlichen Wefen des Künftlers in
fich birgt wie erfteres. Der „Markusplaß“ von
dem gleichen Künftler ift, obgleich ein klein wenig
zuckrig, ein fehr gutes Stück der Spätzeit. Ganz
prächtig ift der „Bahndurchftich“ von Cezanne,
ein Werk, deffen Qualität fich vielleicht nicht
jedem ohne weiteres erfchließt, das aber an
Wirkung wächft, je öfters man es betrachtet.
Ähnlich gut find Cezannes Stilleben, eine Arbeit
von wundervollen malerifchen Details, und das
„Selbftporträt“. Auch Van Goghs „Sonnen-
blumen“ und die „Landfchaft bei Arles“ ge-
hören den Prima werken der Folge zu, am
leidenfchaftlichften bringen jene das Tempera-
ment des Malers zum Ausdruck. Touloufens
„Herrenporträt“ halte ich ebenfalls für eine der
Perlen der Kollektion; die unerbittliche Charak-
teriftik, die es zeigt, verbunden mit der kraftvoll-
fchweren Malerei ift von fuggeftiver Einwirkung
und läßt den Eindruck fo leicht nicht wieder

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